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Zeitwertkonto für einen Fremdgeschäftsführer: Wann liegt Arbeitslohn vor?

Zeitwertkonto für einen Fremdgeschäftsführer: Wann liegt Arbeitslohn vor?

Zahlt eine GmbH Beträge auf ein Zeitwertkonto zugunsten ihres Fremdgeschäftsführers ein, führt dies nicht zum Zufluss von Arbeitslohn. Das gilt zumindest dann, wenn die Einzahlungen in eine Rückdeckungsversicherung fließen und der Geschäftsführer bis zur Freistellungsphase keinen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme hat.

Hintergrund

Der Kläger ist Fremdgeschäftsführer bei einer GmbH. Diese vereinbarte mit dem Kläger, dass Wertguthaben zur Finanzierung eines vorzeitigen Ruhestands angesammelt wird und richtete deshalb ein sog. Zeitwertkonto ein. Weiterhin schloss die GmbH eine Rückdeckungsversicherung ab, um die Gehaltszahlungen in der Freistellungsphase zu finanzieren. Der Kläger verzichtete auf Teile seines Lohns, die auf das Konto der Rückdeckungsversicherung eingezahlt wurden. Versicherungsnehmer und Bezugsberechtigter aus der Rückdeckungsversicherung war allerdings die GmbH. Sie behandelte die Einzahlungen auf das Wertguthaben als steuerfreien Arbeitslohn.

Das Finanzamt erkannte die Zeitwertkonten des Geschäftsführers jedoch nicht an.

Entscheidung

Nach der Entscheidung des Finanzgerichts fließt dem Geschäftsführer mit den Wertgutschriften kein Arbeitslohn zu. Versicherungsnehmer ist die GmbH und gegenüber der Versicherung hat der Kläger zunächst keinen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme. Er kann über die eingezahlten Beträge damit nicht wirtschaftlich verfügen.

Der Einkommensteuer unterliegt aber nur zugeflossener Arbeitslohn. Arbeitslohn ist zugeflossen, wenn und sobald der Steuerpflichtige wirtschaftlich darüber verfügen kann. Das ist regelmäßig bei Auszahlung in bar oder Gutschrift auf einem Bankkonto der Fall. Auch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kann einen Zufluss bewirken. Der Gläubiger muss in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen.

Gutschriften auf einem Zeitwertkonto auch bei beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer kein Zufluss von Arbeitslohn

Dies hat der 12. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 13. März 2013 (Az. 12 K 3812/10 E) entschieden. Die Klägerin, eine GmbH, möchte ihren Arbeitnehmern flexible Arbeitszeitmodelle anbieten, bei denen in der ersten Phase ein Teil des Gehalts nicht ausbezahlt wird. Stattdessen soll die Mehrarbeitszeit auf einem Zeitwertkonto gutgeschrieben werden. In der zweiten Phase sollen die teilnehmenden Arbeitnehmer von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt werden.

Das Finanzamt erteilte der Klägerin auf Antrag eine Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) des Inhalts, dass Gutschriften auf den Zeitwertkonten nicht zum Lohnzufluss führen. Entgegen des Antrags versah es die Auskunft allerdings mit der Einschränkung, dass dies nicht für die beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer gelte. Die Klägerin begehrt demgegenüber die Erteilung der Auskunft ohne diese Einschränkung.

Das Gericht gab der Klage statt. Gutschriften auf einem Zeitwertkonto führten bei den Arbeitnehmern erst in der Freistellungsphase zu einem Lohnzufluss, da sie erst dann über die entsprechenden Beträge wirtschaftlich verfügen könnten. Dies gelte auch für die Geschäftsführer. Sie hätten es zwar aufgrund ihrer Stellung in der Hand, sich fällige Beträge auszahlen zu lassen. Der beabsichtigte Abschluss der zivilrechtlich wirksamen Vereinbarungen über das Arbeitszeitmodell führe gerade dazu, dass die Fälligkeit hinausgeschoben werde.

Das Revisionsverfahren ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 23/12 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.05.2013 aus Newsletter 05/2013 zum Urteil 12 K 3812/10 E vom 13.03.2013

Sind Einzahlungen auf ein so genanntes Zeitwertkonto eines Geschäftsführers als Zufluss zu bewerten?

Sind Einzahlungen auf ein so genanntes Zeitwertkonto eines Geschäftsführers als Zufluss zu bewerten?

Kernproblem

Arbeitgeber können mit ihren Arbeitnehmern in der Arbeitsphase die Einrichtung von Zeitwertkonten vereinbaren, die bei einer vollen oder teilweisen Freistellung von der Arbeitsleistung während des noch fortbestehenden Dienstverhältnisses ausgezahlt werden. Erst die Auszahlung des Guthabens während der Freistellung löst Zufluss von Arbeitslohn und damit eine Besteuerung beim Arbeitnehmer aus. In der Zeit der Arbeitsfreistellung ist dabei das angesammelte Guthaben um den Vergütungsanspruch zu vermindern, der dem Arbeitnehmer in der Freistellungsphase gewährt wird. Der steuerliche Begriff des Zeitwertkontos entspricht insoweit dem Begriff der Wertguthabenvereinbarungen im Sinne des Sozialgesetzbuches (sog. Lebensarbeitszeit- bzw. Arbeitszeitkonto). Keine Zeitwertkonten in diesem Sinne sind so genannte Flexi- oder Gleitzeitkonten. Die Finanzverwaltung möchte die nachgelagerte Besteuerung bei Organen von Körperschaften und beherrschenden Anteilseignern für Zuführungen ab dem 1.2.2009 nicht mehr gewähren. Das Bundesfinanzministerium hat hierzu ein Schreiben erlassen. Ist diese Ansicht rechtens?

Sachverhalt

Eine beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführerin hatte mit ihrer GmbH die Ansammlung von Wertguthaben auf einem Zeitwertkonto vereinbart. Alle von der Finanzverwaltung geforderten formalen Voraussetzungen für eine nachgelagerte Besteuerung (z. B. Zeitwertkontengarantie) waren erfüllt, aber die Organstellung lag vor. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer 2009 der Geschäftsführerin auf Basis des BMF-Schreibens unter Besteuerung der Zeitgutschriften fest. Hiergegen klagte die Geschäftsführerin.

Entscheidung

Das Hessische Finanzgericht gab der Klage statt. Trotz ihrer Beherrschung habe die Geschäftsführerin als Arbeitnehmerin nichtselbstständige Einkünfte erzielt, für die das Zuflussprinzip gelte. Die einzelnen Beträge des Zeitwertkontos seien weder bar ausgezahlt, noch einem Bank- oder Verrechnungskonto gutgeschrieben worden. Das gelte unabhängig von einem bilanziellen Verbindlichkeitsausweis der GmbH. Die Geschäftsführerin habe weder frei auf das Zeitwertkonto zugreifen können, noch das wirtschaftliche Risiko eines Verlustes getragen. Vielmehr sei das dortige Guthaben zum vertragsgemäßen Ersatz in Zeiten der Arbeitsfreistellung bestimmt gewesen.

Konsequenz

Das Urteil widerspricht der im BMF-Schreiben verfügten Verwaltungsauffassung. Die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ist bereits eingelegt. Der geschilderte Sachverhalt ist von dem grundsätzlichen Verbot der Überstundenvergütung für Gesellschafter-Geschäftsführer zu unterscheiden, weil das Zeitwertkonto kein Arbeitszeitguthaben, sondern Arbeitsentgelt ansammelt.