Umsatzsteuer: Steuerpflichtige Umsätze aus dem Betrieb eines „Eroscenters“

Erbringt ein Bordellbetreiber neben der tageweisen Vermietung von Zimmern an Prostituierte weitere Leistungen in Form von Werbung und Sicherheitsservice, die bei einer Gesamtschau ein Komplettpaket zur Ermöglichung der Prostitution darstellen, handelt es sich nicht um eine steuerbefreite Grundstücksvermietung, sondern um eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung. Das entschied der 1. Senat mit Urteil vom 7. Dezember 2017 (Az. 1 K 1921/17). Gegen das Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az. XI B 6/18).

Der Kläger betreibt ein „Eroscenter“. Das Haus verfügt über Einzelzimmer, einen Eingangsbereich mit Büro und Rezeption, ein gemeinschaftliches Badezimmer, einen Sozialraum, einen Außenbereich mit Liegestühlen und Parkplätze. Im Eingangsbereich befinden sich Automaten für Getränke, Snacks und Zigaretten. Das Gebäude ist im Flur mit Überwachungskameras und in den Zimmern mit einem Notrufsystem gesichert. Der Kläger vermietet die eingerichteten Zimmer für 70 Euro (in späteren Jahren 80 Euro) am Tag ausschließlich an Frauen, die darin Prostitution betreiben. Die Dauer des Mietverhältnisses beträgt jeweils einen Tag (24 Stunden) und kann von den Prostituierten tageweise verlängert werden. Im Büro ist stets eine Person anwesend, die die Sicherheitstechnik überwacht und als Ansprechpartner für die Kunden sowie die Prostituierten zur Verfügung steht. Das Eroscenter hat durchgehend geöffnet und wird vom Kläger im Internet beworben. Der Kläger wendet das Düsseldorfer Verfahren an und dokumentiert die Anwesenheit der Prostituierten, um die – von den Prostituierten vereinnahmten – Pauschalbeträge an die Finanzbehörde abzuführen. Der Kläger wollte die Einnahmen aus der Überlassung der Zimmer zunächst dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterwerfen. Er begehrte zuletzt, diese Einnahmen nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG als steuerfrei zu behandeln, was das FA ablehnte.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht ab. Die Überlassung der Zimmer an die Prostituierten sei nicht nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei. Die Steuerfreiheit erstrecke sich zwar auch auf die Vermietung einzelner Räume. Allerdings könnten mehrere Leistungen derart untrennbar miteinander verbunden sein, dass sie eine einheitliche (komplexe) Leistung bilden, die nicht als Vermietung von Grundstücken umsatzsteuerfrei, sondern umsatzsteuerpflichtig sei. Im Streitfall gehe es nicht darum, ob der Kläger ein Bordell betreibe, sondern ob die von ihm erbrachten weiteren Dienstleistungen der Zimmerüberlassung ein anderes Gepräge geben. Es sei unstreitig, dass der Kläger die sexuellen Dienstleistungen nicht im eigenen Namen anbiete. Das FA habe demgemäß die von den Prostituierten mit den Freiern erzielten Umsätze nicht dem Kläger zugerechnet. Vorliegend werde das Gepräge der Leistungen des Klägers aus Sicht der Prostituierten in erster Linie durch die Möglichkeit zur Ausübung der gewerblichen Prostitution in den überlassenen Räumlichkeiten bestimmt. Die Nutzung der Zimmer für diesen Hauptzweck stelle lediglich ein Merkmal der Gesamtleistung dar. Hierzu gehöre die Werbung im Internet und die Einbindung des Klägers in die telefonische Geschäftsanbahnung zwischen Kunde (Freier) und Prostituierter. Die Kunden hätte keine Möglichkeit, unmittelbar telefonisch mit der Prostituierten Kontakt aufzunehmen. Darüber hinaus erbringe der Kläger weitere Dienstleistungen, die über eine bloße Zimmerüberlassung hinausgehen. So überwache er die Flure mit einer Videoanlage. Die Prostituierten könnten über ein Notrufsystem im Zimmer den Kläger oder einen Angestellten um Hilfe rufen. Auch sonst stünden der Kläger oder ein Mitarbeiter (vom FA insoweit als „Concierge“ bezeichnet) rund um die Uhr als Ansprechpartner für Kunden und Prostituierte zur Verfügung.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 03.05.2018 zum Urteil 1 K 1921/17 vom 07.12.2017 (nrkr – BFH-Az.: XI B 6/18)