Verletzt Eintrag „–“ auf der LSt-Karte die Religionsfreiheit?

Verletzt Eintrag „–“ auf der LSt-Karte die Religionsfreiheit?

Kernproblem

Die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte dienen dem richtigen Steuerabzug. Ist in der Rubrik „Kirchensteuerabzug“ ein „–“ ausgefüllt, dann bedeutet das in der Sache nichts anderes, als dass für den Arbeitnehmer keine Kirchensteuer einzubehalten ist. Es mag merkwürdig klingen, wenn sich hier ein konfessionsloser Arbeitnehmer in seinen Rechten verletzt fühlt und mit seinem Anliegen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anhängig wird.

Sachverhalt

Ein deutscher Lektor und Rechtsanwalt hatte vergeblich in mehreren Jahren vor dem Finanzgericht geklagt, der Eintrag „–“ verletze ihn in seinem Recht, seine religiösen Überzeugungen nicht preiszugeben. Für ihn als Homosexuellen sei nicht zumutbar, an einem Steuererhebungsverfahren teilzunehmen, das gesellschaftlichen Gruppen – den Kirchen – diene, die erklärtermaßen einen wichtigen Aspekt seiner Persönlichkeit in Frage stellten und herabwürdigten. Er trage mit der Angabe dazu bei, dass das Erhebungsverfahren für die Kirchensteuer reibungslos funktioniere und unterstütze so indirekt die Kirchen, deren Standpunkte er ablehne. Revisionen beim BFH blieben ohne Erfolg und auch das BVerfG nahm eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.

Entscheidung des EGMR

Die Beschwerde scheiterte. Für das Gericht war die Verpflichtung, die Behörden über eine Nichtzugehörigkeit zu einer kirchensteuererhebungsberechtigten Kirche oder Religionsgemeinschaft zu informieren, zwar ein Eingriff in die negative Religionsfreiheit. Der Eingriff sei aber nach deutschem Recht gesetzlich vorgesehen und verfolgte den legitimen Zweck, die Erhebung der Kirchensteuer zu gewährleisten. Der Eingriff sei auch verhältnismäßig, zumal der Eintrag auf der Lohnsteuerkarte nur einen beschränkten Informationswert habe und darüber informiere, dass der Steuerzahler keiner der Kirchen und Religionsgemeinschaften angehöre, die Kirchensteuer erheben. Zudem erfolge keine öffentliche Verwendung der Lohnsteuerkarte, außer im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und dem Finanzamt.

Konsequenz

Das Gericht führt aus, dass es in der Vergangenheit durchaus Verletzungen der Religionsfreiheit festgestellt hat. Anders als im Fall des Lohnsteuerkarteneintrags habe hier jedoch ein Verlangen nach einer Erläuterung zur Nichtangehörigkeit einer Religionsgemeinschaft oder die Überprüfung der religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung vorgelegen.