Vertrauensschutz in den Fortbestand einer steuerrechtlichen Regelung

Vertrauensschutz in den Fortbestand einer steuerrechtlichen Regelung

Kernaussage

Nach dem Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20.12.2001 sollten die nach Einkommen- oder Körperschaftsteuerrecht außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile aus sogenannten Streubesitzbeteiligungen (weniger als 10 %) rückwirkend für das Jahr 2001 im Gewerbesteuerrecht dem Gewinn wieder zugerechnet werden. Diese rückwirkende Geltung ist nichtig, soweit die Dividenden bis zum Beschluss des Vermittlungsausschusses am 11.12.2001 zugeflossen sind.

Sachverhalt

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine Beteiligungs-GmbH, die im Streitjahr 2001 eine Streubesitzbeteiligung von weniger als 10 % des Stammkapitals an einer anderen GmbH hielt. Die Gesellschafterversammlung dieser anderen GmbH beschloss am 15.12.2001 eine Vorabausschüttung. Eine entsprechende Gutschrift auf dem Konto der Klägerin erfolgte am 19.12.2001. Das Finanzamt erfasste diesen Betrag im Gewerbesteuermessbetrag als Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb und berief sich auf die Rückwirkung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungsvorschrift. Die Hinzurechnung der Streubesitzdividenden bei der Gewerbesteuer wurde durch den Vermittlungsausschluss am 11.12.2001 aufgenommen. Der Bundestag beschloss am 14.12.2001 die Neuregelungen und der Bundesrat stimmte am 20.12.2001 zu. Das Finanzgericht legte dem Verfassungsgericht die Frage vor, ob eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung für den Erhebungszeitraum 2001 angeordnet wurde.

Entscheidung

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass die Rückwirkung der Regelung verfassungsgemäß ist, soweit der Zeitraum nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschlusses am 11.12.2001 betroffen ist. Zu differenzieren ist zwischen einer echten und einer unechten Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn das Gesetz eine bereits entstandene Steuerschuld ändert. Diese sind generell unzulässig. Entsteht die Steuer erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, wirken Rechtsänderungen nur unecht zurück. Diese sind zulässige, wenn der Steuerpflichtige mit einer entsprechenden Rechtsänderung rechnen muss und daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage hat. Bereits der Vorschlag des Vermittlungsausschlusses hatte hier das Vertrauen beseitigt.

Konsequenz

Die Entscheidung verdeutlicht, dass laufende Gesetzgebungsverfahren strengstens zu beobachten sind, da der Vertrauensschutz bereits frühzeitig zerstört werden kann. Betroffene Steuerpflichtige, die die Steuerbescheide für das Jahr 2001 offen gehalten haben, können nach den o. g. Grundsätzen mit Steuerrückzahlungen rechnen.