Welche Beschlusskompetenz hat eine Wohnungseigentümergemeinschaft für Eingriffe in das Sondereigentum?

Welche Beschlusskompetenz hat eine Wohnungseigentümergemeinschaft für Eingriffe in das Sondereigentum?

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft darf nicht darüber entscheiden, dass Kabel „auf Putz“ im Sondereigentum verlegt werden.

Hintergrund

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft beschloss die Neuverkabelung der gesamten Wohnanlage, um einen Kabelanschluss legen zu lassen. Die Leitungsführung sollte bei Nichtvorhandensein von Leerrohren bzw. Verlegung von Aufputzleitungen nur nach vorheriger Absprache mit Beirat und Verwaltung geklärt werden.

Gegen diesen Beschluss klagen die Eigentümer einer Wohnung. Ihrer Meinung nach ist völlig unklar, wie die Leitungen verlegt werden sollen, wenn keine Leerrohre vorhanden sind. Ein klares Verlegungskonzept fehlt. Durch Aufputzkabel wird nicht nur der Wert der Wohnung erheblich gemindert, sondern es handelt sich auch um eine optische Beeinträchtigung.

Entscheidung

Die Klage der Eigentümer hatte Erfolg. Durch eine Verlegung von Kabeln „auf Putz“ kann das Sondereigentum betroffen sein. Der Wohnungseigentümergemeinschaft fehlt jedoch die Beschlusskompetenz, um über Eingriffe in das Sondereigentum zu entscheiden.

Eine Duldungspflicht besteht nur, soweit das Gemeinschaftseigentum betroffen ist. Werden aber bei der Durchführung einer Maßnahme auch Teile des Sondereigentums (hier: Kabelverlegung auf Putz in der Wohnung) berührt, ist eine mehrheitliche Genehmigung weder erforderlich noch ausreichend.

Wohnungseigentümer, die sich einen Kabelanschluss legen lassen wollen, müssen sich mit den Miteigentümern einigen, durch deren Sondereigentum die Versorgungsleitungen geführt werden sollen. Kommt keine Einigung zustande, ist die Zustimmung zu einer solchen Maßnahme gegen den Willen der betroffenen Sondereigentümer nur durchsetzbar, wenn sich die Verweigerung als ein Verstoß gegen die Treuepflicht darstellt. Es müssen allerdings nur die Maßnahmen geduldet werden, die zur Herstellung des Anschlusses erforderlich sind. Damit sind betroffene Wohnungseigentümer berechtigt, vor Baubeginn genau zu erfahren, welche Baumaßnahmen geplant sind und wie sich diese auf ihr Eigentum auswirken.