Archiv der Kategorie: Einkommensteuererklärung

Die Einkommensteuererklärung: Fristen, Termine sowie Einkommensteuerformulare.

Steuererklärung Arbeitnehmer

Steuererklärung Arbeitnehmer

1. Antragsveranlagung (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG)

§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG regelte bisher, dass der Antrag auf Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung bis zum Ablauf des auf den VZ folgenden zweiten Kalenderjahres durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen ist. Durch das JStG 2008 ist die Zweijahresfrist weggefallen. Nach § 52 Abs. 55j Satz 2 EStG ist diese Änderung erstmals ab dem VZ 2005 anzuwenden. Außerdem ist sie für Veranlagungszeitraum vor 2005 anzuwenden, wenn über den Antrag auf Veranlagung am 28.12.2007 (= Tag der Verkündung des JStG im BGBl 2007) noch nicht bestandskräftig entschieden ist.

Nach dem BFH-Urteil vom 12.11.2009, VI R 1/09 ist über einen Antrag auf Veranlagung am 28.12.2007 auch dann nicht bestandskräftig entschieden, wenn der Antrag auf Veranlagung erst nach dem 28.12.2007 beim Finanzamt eingegangen ist. Der BFH hat ausgeführt, dass daher einem Antrag auf Veranlagung für ein Kalenderjahr vor 2005 auch dann zu entsprechen ist, wenn der Antrag erst nach dem 28.12.2007 beim Finanzamt eingegangen ist, soweit Verjährungsfristen nicht entgegenstehen.

Die Ausführungen des BFH in den Urteilen vom 15.1.2009 (BFH/NV 2009 S. 755 und BFH/NV 2009 S. 1105), dass dem Antrag auf Veranlagung in Fällen, in denen über einen Antrag auf Veranlagung für Kalenderjahre vor 2005 am 28.12.2007 noch nicht entschieden war, unabhängig von einer Verjährungsfrist zu entsprechen ist, sind somit durch das Urteil vom 12.11.2009, VI R 1/09 überholt.

Das Urteil vom 12.11.2009, VI R 1/09 ist mittlerweile im BStBl 2010 II S. 406 veröffentlicht worden, so dass es in allen offenen Fällen anzuwenden ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in Fällen der Antragsveranlagung die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO keine Anwendung findet (vgl. unter 1.a).

a) Festsetzungsverjährung

Nach Wegfall der Zweijahresfrist kann der Antrag auf Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung innerhalb der Festsetzungsfrist gestellt werden. Diese beträgt vier Jahre (§ 169 Abs. 2 AO) und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, für das der Antrag auf Einkommensteuerveranlagung gestellt wird (§ 170 Abs. 1 AO). Der erstmalige Antrag auf Durchführung einer Veranlagung für den Veranlagungszeitraum 2005 konnte somit noch bis zum 31.12.2009 gestellt werden.

Nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist in Fällen, in denen eine Einkommensteuererklärung abzugeben ist, abweichend von § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Jahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Diese Regelung betrifft ausschließlich Fälle, in denen der Steuerpflichtige aufgrund einer gesetzlichen Regelung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet ist oder das FA ihn zur Abgabe der Steuererklärung aufgefordert hat. Die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO gilt damit nicht, wenn ohne Aufforderung durch das FA eine Steuererklärung eingereicht wird, durch die der Antrag auf Einkommensteuerveranlagung gestellt wird, vgl. AEAO zu § 170, Nr. 3.

Zwischenzeitlich hat der BFH in zwei Urteilen vom 14.4.2011 (VI R 53/10 und VI R 86/10) die Verwaltungsauffassung bestätigt, dass die Anlaufhemmung bei einer Antragsveranlagung grundsätzlich nicht anzuwenden ist. Die Bearbeitung von Einsprüchen, die bisher nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO geruht haben, wieder aufzunehmen. Eine Ausnahme gilt für Einsprüche, die Veranlagungszeitraum vor 2005 betreffen, soweit neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit andere Einkünfte erklärt werden, deren Summe den negativen Betrag von 410 EUR übersteigt.

Zu dieser Fallgestaltung ist ein neues Revisionsverfahren gegen den Gerichtsbescheid des FG Münster vom 28.2.2011, 11 K 3311/10 E unter dem Az. VI R 17/11 anhängig. Entsprechende Einsprüche ruhen gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes.

b) Bestandskräftige Ablehnung eines Antrags auf Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung

Hat das Finanzamt einen Antrag auf Einkommensteuerveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG bereits abgelehnt, weil der Antrag nach Ablauf der bisherigen Zweijahresfrist eingegangen ist, und stellt der Steuerpflichtige nach Bestandskraft des Ablehnungsbescheides einen erneuten Antrag, kann diesem nicht entsprochen werden. § 52 Abs. 55j Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2008 regelt ausdrücklich, dass § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG i.d.F. des JStG 2008 für Veranlagungszeitraum vor 2005 nur anzuwenden ist, wenn über einen Antrag auf Veranlagung zur Einkommensteuer am Tag der Verkündung des JStG 2008 noch nicht bestandskräftig entschieden ist.

Die Bearbeitung eines erneuten Antrags auf Einkommensteuerveranlagung, der unter Hinweis auf die Verfahren 2 BvL 55/06 und 2 BvL 56/06 vor dem Bundesverfassungsgericht zur Verfassungsmäßigkeit der früheren Zweijahresfrist bei der Antragsveranlagung eingereicht worden ist, konnte bisher zurückgestellt werden. Da sich die Verfahren vor dem BVerfG zwischenzeitlich erledigt haben, weil die BFH-Verfahren, die den beiden Vorlagebeschlüssen zugrunde lagen, durch Beschlüsse vom 27.3.2008, VI R 49/04 und VI R 46/05 in der Hauptsache für erledigt erklärt wurden, nachdem die Kläger klaglos gestellt worden sind, indem die zuständigen FA unter Hinweis auf § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG i.d.F. des JStG 2008 die beantragten Einkommensteuerveranlagungen durchgeführt haben, sind entsprechende Anträge unter Hinweis auf die bestandskräftige Ablehnung nunmehr abzulehnen.

2. Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG

§ 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.d.F. vor dem JStG 2007 regelte, dass eine Pflichtveranlagung u.a. durchzuführen ist, wenn die Summe der steuerpflichtigen Einkünfte, die nicht dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen waren, vermindert um die darauf entfallenden Beträge nach § 13 Abs. 3 und § 24a EStG mehr als 410 EUR beträgt.

Mit Urteilen vom 21.9.2006 (u.a. VI R 47/05 und VI R 52/04) hat der BFH entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung auch dann erfüllt sind, wenn die Summe der nicht dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfenden Einkünfte negativ ist und der Verlust 410 EUR übersteigt. Durch das JStG 2007 wurde § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG zur Klarstellung dahingehend geändert, dass die Summe der nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Einkünfte positiv sein muss. Diese Änderung ist nach § 52 Abs. 55j EStG i.d.F. des JStG 2007 auch für Veranlagungszeitraum vor 2006 anzuwenden.

3. Antrag auf Festsetzung der Arbeitnehmer-Sparzulage

Durch das JStG 2008 ist nur die Zweijahresfrist für den Antrag auf Einkommensteuerveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG entfallen, nicht aber für den Antrag auf Festsetzung der Arbeitnehmer-Sparzulage. Zu der Änderung, die sich durch das Gesetz zur steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz) ergab, erging eine gesonderte Verfügung (vgl. Verfügung vom 29.7.2009 – S 2430 – 1002 – St 215 (OFD Rhld)/S 2430 – 16 – St 22 – 31 (OFD Ms)).

Normenkette

EStG § 46 Abs. 2