III B 73/15 – Terminverlegung wegen Überschneidung mit einem anderen Gerichtstermin

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 14.1.2016, III B 73/15

Terminverlegung wegen Überschneidung mit einem anderen Gerichtstermin

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 24. Juni 2015  2 K 1334/14 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist der Vater eines im Mai 2013 geborenen Kindes. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) lehnte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Kindergeld mit Bescheid vom 20. Dezember 2013 und Einspruchsentscheidung vom 4. Juni 2014 ab.
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Mit der dagegen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, dass er als … Staatsangehöriger ein Recht auf Aufenthaltserlaubnis habe und ihm deshalb Kindergeld zu gewähren sei.
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Mit Schreiben vom 6. Mai 2015 wurde der Prozessbevollmächtigte des Klägers zur auf den 24. Juni 2015  10:00 Uhr anberaumten mündlichen Verhandlung geladen. Mit Schreiben vom 26. Mai 2015 beantragte der Prozessbevollmächtigte die mündliche Verhandlung wegen einer Terminüberschneidung zu verlegen. Mit Schreiben vom 28. Mai 2015 lehnte der Einzelrichter diesen Antrag unter Hinweis darauf ab, dass die Verhinderung eines von mehreren Prozessbevollmächtigten kein eine Terminverlegung rechtfertigender Grund sei, wenn keine Umstände ersichtlich seien, die die Einschaltung eines anderen Prozessbevollmächtigten als nicht zumutbar erscheinen ließen. Ferner wurde auf die mangelnde Glaubhaftmachung des Verlegungsgrundes verwiesen. Mit Schreiben vom 22. Juni 2015 teilte der Prozessbevollmächtigte unter Angebot eines Zeugenbeweises mit, dass dem Kläger für die Zeit vom 12. Februar 2015 bis zum 11. Februar 2018 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden sei. Ferner beantragte er das schriftliche Verfahren anzuordnen und den Termin aufzuheben. Mit Telefax vom 23. Juni 2015 –beim Finanzgericht (FG) eingegangen um 15:08 Uhr– teilte der Klägervertreter mit, das Bundesamt habe die Voraussetzungen für den Aufenthaltstitel bereits im Dezember 2014 angenommen, und beantragte die Beiziehung der Akten der Ausländerbehörde. Ferner führte er aus, dass der für den folgenden Tag angesetzte Termin wegen einer Terminüberschneidung und einer dringenden Sorgerechtsangelegenheit durch den alleinigen Sachbearbeiter und Vertretungsberechtigten nicht wahrgenommen werden könne.
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Nach der in Abwesenheit der Beteiligten durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 2015 wies das FG die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung verwies es im Wesentlichen darauf, dass der Kläger in dem mit Ablauf des Monats Mai 2013 endenden Streitzeitraum nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen sei.
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Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–) und wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und daher zurückzuweisen. Soweit der Kläger Zulassungsgründe überhaupt den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt hat, liegen solche nicht vor.
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1. Die Revision ist nicht wegen Verfahrensmängeln zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
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Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) ist nicht dadurch verletzt worden, dass das FG dem Terminverlegungsantrag nicht entsprochen und die mündliche Verhandlung in Abwesenheit des Klägervertreters durchgeführt hat.
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a) Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Termin zur mündlichen Verhandlung (§ 91 Abs. 1 FGO) aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Ein erheblicher Grund liegt insbesondere nicht vor im Falle des Ausbleibens eines Beteiligten oder der Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass der Beteiligte ohne sein Verschulden am Erscheinen verhindert ist (§ 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO). Eine nicht zu beseitigende Terminüberlagerung mit einem anderen Gerichtstermin stellt einen erheblichen Grund dar, wenn die andere Sache vorrangig ist (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2012 III B 102/12, BFH/NV 2013, 573; Beschlüsse des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 31. Mai 1995 IV B 167/94, BFH/NV 1995, 1079; vom 18. April 2011 VIII B 140/10, BFH/NV 2011, 1183). Um dem Gericht die Prüfung zu ermöglichen, ob ein erheblicher Grund vorliegt, muss der Beteiligte, der eine Verhinderung geltend macht, dem Gericht mitteilen, aus welchen Gründen die Terminkollision nicht zu beseitigen und dem anderen Termin der Vorrang einzuräumen ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 1995, 1079; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler –HHSp–, § 91 FGO Rz 92, m.w.N.). Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden glaubhaft zu machen (§ 227 Abs. 2 ZPO). Wird ein Antrag auf Terminverlegung "in letzter Minute" gestellt, muss der Beteiligte von sich aus den Verlegungsgrund glaubhaft machen (z.B. Senatsbeschluss vom 10. April 2015 III B 42/14, BFH/NV 2015, 1102; BFH-Beschlüsse vom 11. Dezember 2008 XI B 42/08, nicht veröffentlicht, und vom 31. März 2006 IV B 138/04, BFH/NV 2006, 1490, m.w.N.; Schallmoser in HHSp, § 91 FGO Rz 133).
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b) Bei Anwendung dieser Grundsätze musste das FG den Termin nicht verlegen, weil der Klägervertreter gegenüber dem FG nicht hinreichend substantiiert dargelegt hat, aus welchen Gründen die Terminkollision nicht zu beseitigen und dem anderen Termin der Vorrang einzuräumen war. Der Klägervertreter hat im Schreiben vom 26. Mai 2015 nur mitgeteilt, dass eine Terminüberschneidung vorläge. Nähere Angaben zu Art und Zeitpunkt des anderweitigen Termins enthielt das Schreiben nicht. Im Telefax vom 23. Juni 2015 teilte der Klägervertreter mit, dass der Verhandlungstermin wegen einer Terminüberschneidung und einer dringenden Sorgerechtsangelegenheit vor dem Amtsgericht … nicht wahrgenommen werden könne. Es fehlen insoweit jedoch Angaben dazu, wann genau der andere Termin stattfinden soll und wieso eine Terminkollision nicht beseitigt werden kann (z.B. Verschiebung oder Wahrnehmung des anderen Termins durch ein anderes Sozietätsmitglied). Zum anderen wird aus dem Vortrag auch nicht deutlich, weshalb dem anderen Termin Vorrang einzuräumen sein soll. Insbesondere hat der Klägervertreter weder dargelegt, wann ihm die Ladung zu diesem anderen Termin zugegangen ist noch hat er die Gründe spezifiziert, weshalb es sich bei dem anderen Termin um einen besonders dringlichen Termin handeln soll.
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c) Überdies musste das FG den Termin auch deshalb nicht verlegen, weil der Kläger die Tatsachen, aus denen sich der erhebliche Grund ergibt, nicht glaubhaft gemacht hat. Ungeachtet der Tatsache, dass das Gericht nach Aktenlage bereits mit Schreiben vom 28. Mai 2015 eine Glaubhaftmachung verlangt hatte, war der Kläger unter den gegebenen Umständen wegen seines erst "in letzter Minute" gestellten Verlegungsantrags von sich aus zu einer Glaubhaftmachung verpflichtet. Dem Klägervertreter war die Terminüberschneidung spätestens seit seinem ersten Verlegungsantrag vom 26. Mai 2015 bekannt. Trotzdem hat er nähere –aber gleichwohl unvollständige (s. hierzu oben II.1.b)– Angaben zu dem anderen Termin erst am 23. Juni 2015, dem Vortag der mündlichen Verhandlung, gegenüber dem FG gemacht. Sein Telefax ging zudem erst um 15:08 Uhr beim FG ein. Der Klägervertreter musste daher unter Berücksichtigung dessen, dass auch im FG Postlaufzeiten und dringende andere Angelegenheiten einer sofortigen Bearbeitung seines Antrags entgegenstehen könnten, damit rechnen, dass sein Antrag erst gegen Ende der üblichen Bürozeiten einer näheren Prüfung unterzogen werden würde. Somit konnte er nicht damit rechnen, dass eine eventuell erforderliche Glaubhaftmachung erst noch über Nacht von ihm verlangt werden würde. Denn damit hätte das FG erst unmittelbar vor der für 10:00 Uhr anberaumten mündlichen Verhandlung über den Antrag entscheiden können, was auch dem berechtigten Interesse des anderen Verfahrensbeteiligten, rechtzeitig über die Durchführung der mündlichen Verhandlung informiert zu werden, zuwider gelaufen wäre. Dies gilt umso mehr, als insbesondere eine andere Ladung problemlos dem Antrag in Kopie hätte beigefügt werden können.
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2. Mangels Erfüllung der Darlegungsvoraussetzungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ist die Revision schließlich auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1) zuzulassen. Denn der Kläger hat schon keine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche Rechtsfrage herausgestellt, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll.
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3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 FGO.

Quelle: bundesfinanzhof.de