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R 15.5 Abgrenzung des Gewerbebetriebs von der Land- und Forstwirtschaft

R 15.5 Abgrenzung des Gewerbebetriebs von der Land- und Forstwirtschaft

Allgemeine Grundsätze

(1) 1Land- und Forstwirtschaft ist die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie die Verwertung der dadurch selbstgewonnenen Erzeugnisse. 2Als Boden i. S. d. Satzes 1 gelten auch Substrate und Wasser. 3Ob eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, ist jeweils nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden. 4Liegt eine teils gewerbliche und teils land- und forstwirtschaftliche Betätigung vor, sind beide Betriebe selbst dann getrennt zu beurteilen, wenn eine zufällige, vorübergehende wirtschaftliche Verbindung zwischen ihnen besteht, die ohne Nachteil für diese Betriebe gelöst werden kann. 5Nur eine über dieses Maß hinausgehende wirtschaftliche Beziehung zwischen beiden Betrieben, d. h. eine planmäßig im Interesse des Hauptbetriebs gewollte Verbindung, kann eine einheitliche Beurteilung verschiedenartiger Betätigungen rechtfertigen. 6Sie führt zur Annahme eines einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, wenn die Land- und Forstwirtschaft dem Unternehmen das Gepräge verleiht, und zur Annahme eines einheitlichen Gewerbebetriebs, wenn das Gewerbe im Vordergrund steht und die land- und forstwirtschaftliche Betätigung nur die untergeordnete Bedeutung einer Hilfstätigkeit hat. 7Bei in Mitunternehmerschaft (→R 15.8) geführten Betrieben ist § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG anzuwenden; Tätigkeiten, die die Voraussetzungen der folgenden Vereinfachungsregelungen erfüllen, gelten dabei als land- und forstwirtschaftlich. 8Bei der Ermittlung der in den folgenden Absätzen aufgeführten Umsatzgrenzen ist von den Betriebseinnahmen (ohne Umsatzsteuer) auszugehen. 9Soweit es auf den Gesamtumsatz ankommt, ist hierunter die Summe der Betriebseinnahmen (ohne Umsatzsteuer) zu verstehen.

Strukturwandel

(2) 1Bei einem Strukturwandel vom land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zum Gewerbebetrieb beginnt der Gewerbebetrieb in dem Zeitpunkt, in dem die Tätigkeit des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs dauerhaft umstrukturiert wird. 2Hiervon ist z. B. auszugehen, wenn dem bisherigen Charakter des Betriebs nicht mehr entsprechende Investitionen vorgenommen, vertragliche Verpflichtungen eingegangen oder Wirtschaftsgüter angeschafft werden, die jeweils dauerhaft dazu führen, dass die in den folgenden Absätzen genannten Grenzen erheblich überschritten werden. 3In allen übrigen Fällen liegt nach Ablauf eines Zeitraums von drei Jahren ein Gewerbebetrieb vor. 4Der Dreijahreszeitraum ist objektbezogen und beginnt beim Wechsel des Betriebsinhabers nicht neu. 5Die vorstehenden Grundsätze gelten für den Strukturwandel vom Gewerbebetrieb zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb entsprechend.

Nebenbetrieb

(3) 1Ein Nebenbetrieb der Land- und Forstwirtschaft liegt vor, wenn

1. überwiegend im eigenen Hauptbetrieb erzeugte Rohstoffe be- oder verarbeitet werden und die dabei gewonnenen Erzeugnisse überwiegend für den Verkauf bestimmt sind

oder

2. ein Land- und Forstwirt Umsätze aus der Übernahme von Rohstoffen (z. B. organische Abfälle) erzielt, diese be- oder verarbeitet und die dabei gewonnenen Erzeugnisse nahezu ausschließlich im eigenen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft verwendet

und

die Erzeugnisse im Rahmen einer ersten Stufe der Be- oder Verarbeitung, die noch dem land- und forstwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen ist, hergestellt werden. 2Die Regelung gilt aus Vereinfachungsgründen auch für Produkte der zweiten (gewerblichen) Verarbeitungsstufe, wenn diese zur Angebotsabrundung im Rahmen der Direktvermarktung eigener land- und forstwirtschaftlicher Produkte abgegeben werden und der Umsatz daraus nicht mehr als 10.300 Euro im Wirtschaftsjahr beträgt. 3Ein Nebenbetrieb kann auch vorliegen, wenn er ausschließlich von Land- und Forstwirten gemeinschaftlich betrieben wird und nur in deren Hauptbetrieben erzeugte Rohstoffe be- oder verarbeitet werden, oder nur Erzeugnisse gewonnen werden, die ausschließlich in diesen Betrieben verwendet werden. 4Nebenbetriebe sind auch Substanzbetriebe (Abbauland i. S. d. § 43 BewG), z. B. Sandgruben, Kiesgruben, Torfstiche, wenn die gewonnene Substanz überwiegend im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verwendet wird. 5Der Absatz von Eigenerzeugnissen über einen eigenständigen Einzel- oder Großhandelsbetrieb (Absatz 6), die Ausführung von Dienstleistungen (Absätze 7, 9 und 10) und die Ausführung von besonderen Leistungen (Absatz 8) sind kein Nebenbetrieb.

Unmittelbare Verwertung organischer Abfälle

(4) 1Sofern die Entsorgung organischer Abfälle (z. B. Klärschlamm) im selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht im Rahmen eines Nebenbetriebs i. S. d. Absatzes 3 geschieht, ist sie nur dann der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen, wenn dabei die in Absatz 1 Satz 1 genannten Voraussetzungen im Vordergrund stehen. 2Das Einsammeln, Abfahren und Sortieren organischer Abfälle, das mit der Ausbringung auf Flächen oder der Verfütterung an Tierbestände des selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang steht, ist land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit. 3Andernfalls gelten Absätze 9 und 10.

Zukauf fremder Erzeugnisse

(5) 1Fremde Erzeugnisse sind nicht solche Erzeugnisse, die im Rahmen des Erzeugungsprozesses im eigenen Betrieb verwendet werden (z. B. Saatgut, Jungpflanzen oder Jungtiere). 2Als fremde Erzeugnisse gelten solche für die Weiterveräußerung zugekauften betriebstypischen Erzeugnisse, die nicht im eigenen Betrieb im Wege des Erzeugungsprozesses bearbeitet werden, und die nach der Verkehrsauffassung noch als land- und forstwirtschaftliche Produkte zu qualifizieren sind. 3Dazu gehören auch Handelswaren zur Vervollständigung einer für die Art des Erzeugungsbetriebs üblichen Produktpalette, wie z. B. Töpfe und Erden in einer Gärtnerei, sofern der Einkaufswert dieser Handelswaren 10 % des Gesamtumsatzes nicht übersteigt. 4Beträgt der Zukauf fremder Erzeugnisse i. S. d. Sätze 2 und 3, aus Vereinfachungsgründen gemessen an deren Einkaufswert, insgesamt bis zu 30 % des Umsatzes, ist grundsätzlich ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft anzuerkennen. 5Die vorstehende Vereinfachungsregelung findet nur Anwendung, wenn der Umsatzanteil, der auf die Veräußerung der Fremderzeugnisse entfällt, nicht erkennbar überwiegt.

Handelsgeschäft

(6) 1Werden selbstgewonnene land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse – ohne Be- und Verarbeitung in einem Nebenbetrieb – über ein eigenständiges Handelsgeschäft, z. B. Einzelhandelsbetrieb, Ladengeschäft, Großhandelsbetrieb, abgesetzt, ist zu prüfen, ob Erzeugerbetrieb und Handelsgeschäft einen einheitlichen Betrieb oder zwei selbständige Betriebe darstellen. 2Erzeugerbetrieb und Handelsgeschäft bilden einen einheitlichen Betrieb, wenn

1. die eigenen Erzeugnisse des Betriebs zu mehr als 40 % über das Handelsgeschäft abgesetzt werden

oder

2. die eigenen Erzeugnisse des Betriebs zwar nicht zu mehr als 40 % über das Handelsgeschäft abgesetzt werden, der Wert des Zukaufs fremder Erzeugnisse aber 30 % des Umsatzes des Handelsgeschäfts nicht übersteigt.

3Für die Zuordnung zur Land- und Forstwirtschaft oder zum Gewerbe gelten die Grenzen des Absatzes 5. 4Ein Handelsgeschäft ist selbständiger Gewerbebetrieb, wenn

1. die eigenen Erzeugnisse des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft zu nicht mehr als 40 % über das Handelsgeschäft abgesetzt werden, der Wert des Zukaufs fremder Erzeugnisse aber 30 % des Umsatzes des Handelsgeschäftes übersteigt

oder

2. die eigenen Erzeugnisse des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft zu mehr als 40 % über das Handelsgeschäft abgesetzt werden, diese jedoch im Verhältnis zur gesamten Absatzmenge des Handelsgeschäftes nur von untergeordneter Bedeutung sind; in diesem Fall ist für die Annahme von zwei selbständigen Betrieben ferner Voraussetzung, dass die Betriebsführung des Erzeugerbetriebs von dem Handelsgeschäft unabhängig ist und beide Betriebe auch nach der Verkehrsauffassung als zwei selbständige Betriebe nach außen auftreten.

5Bei Abgabe eigener Erzeugnisse des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft an das Handelsgeschäft sind diese für die Abgrenzung nach Satz 1 bis 4 mit dem Abgabepreis des Erzeugerbetriebs an Wiederverkäufer anzusetzen. 6Der Verkauf von Treibstoffen (z. B. Diesel) kann als Nebengeschäft noch der Land- und Forstwirtschaft zugeordnet werden, wenn der Verkauf wirtschaftlich von untergeordneter Bedeutung und im Übrigen nicht nachhaltig und nicht nach außen erkennbar auf einen Leistungsaustausch gerichtet ist.

Absatz eigener Erzeugnisse i. V. m. Dienstleistungen

(7) 1Bei Dienstleistungen (z. B. Grabpflege, Gartengestaltung) im Zusammenhang mit dem Absatz eigener land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse handelt es sich grundsätzlich um eine gewerbliche Tätigkeit. 2Soweit im Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen die Umsätze aus selbstgewonnenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen überwiegen und der Umsatz aus diesen Dienstleistungen 50 % des Gesamtumsatzes des Betriebs nicht übersteigt, können diese Dienstleistungen aus Vereinfachungsgründen der Land- und Forstwirtschaft zugerechnet werden. 3Liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor, ist zu prüfen, ob Erzeugerbetrieb und Dienstleistungsbetrieb einen einheitlichen Betrieb oder zwei selbständige Betriebe darstellen. 4Von einem einheitlichen Gewerbebetrieb ist auszugehen, wenn der Umsatz aus Dienstleistungen mehr als 50 % des Gesamtumsatzes beträgt.

Absatz selbsterzeugter Getränke i. V. m. besonderen Leistungen

(8) 1Der Ausschank von selbsterzeugten Getränken, z. B. Wein, stellt keine Dienstleistung i. S. d. Absatzes 7 Satz 1, sondern lediglich eine Form der Vermarktung dar. 2Werden daneben jedoch Speisen und zugekaufte Getränke verabreicht, z. B. in einer Besen- oder Straußwirtschaft, liegt insoweit eine besondere Leistung und damit grundsätzlich eine gewerbliche Tätigkeit vor. 3Übersteigt der Umsatz aus diesen Leistungen jedoch nicht 50 % des Umsatzes der Besen- oder Straußwirtschaft und nicht 51.500 Euro im Wirtschaftsjahr, sind die besonderen Leistungen aus Vereinfachungsgründen der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen. 4Absatz 7 Sätze 3 und 4 gilt entsprechend.

Verwendung von Wirtschaftsgütern außerhalb des Betriebs

(9) 1Wenn ein Land- und Forstwirt Wirtschaftsgüter außerbetrieblich verwendet, die er eigens zu diesem Zweck angeschafft hat, liegt ohne weiteres von Anfang an ein Gewerbebetrieb vor. 2Verwendet ein Land- und Forstwirt Wirtschaftsgüter auch außerhalb seines Betriebs, indem er sie Dritten entgeltlich überlässt oder mit ihnen für Dritte Dienstleistungen verrichtet, stellt diese Betätigung entweder eine land- und forstwirtschaftliche oder eine gewerbliche Tätigkeit dar. 3Eine gewerbliche Tätigkeit wird typisierend unterstellt, wenn die Wirtschaftsgüter neben der eigenbetrieblichen Nutzung für andere Betriebe der Land- und Forstwirtschaft verwendet werden und die Umsätze daraus mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes oder mehr als 51.500 Euro im Wirtschaftsjahr betragen. 4Dies gilt bei Nutzungsüberlassungen oder Dienstleistungen, die nicht für andere Betriebe der Land- und Forstwirtschaft erbracht werden, wenn die Umsätze daraus insgesamt mehr als 10.300 Euro im Wirtschaftsjahr betragen. 5Werden diese Grenzen nicht überschritten, ist die Zuordnung zu einem gewerblichen Betriebsvermögen dann erforderlich, wenn der Einsatz für eigenbetriebliche Zwecke einen Umfang von 10 % unterschreitet. 6Als andere Betriebe der Land- und Forstwirtschaft i. S. d. Satzes 3 gelten auch Körperschaften, Vermögensmassen und Personenvereinigungen sowie deren Teilbetriebe, sofern sich deren Betätigung auf die Land- und Forstwirtschaft beschränkt.

Land- und forstwirtschaftliche Dienstleistungen

(10) 1Sofern ein Land- und Forstwirt Dienstleistungen ohne Verwendung von Wirtschaftsgütern seines Betriebs verrichtet, stellt diese Betätigung entweder eine land- und forstwirtschaftliche oder eine gewerbliche Tätigkeit dar. 2Eine gewerbliche Tätigkeit ist nicht typisierend zu unterstellen, wenn

1. die Dienstleistungen für andere Betriebe der Land- und Forstwirtschaft erbracht werden und

2. es sich um typisch land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten handelt, und

3. die Umsätze daraus nicht mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes und nicht mehr als 51.500 Euro im Wirtschaftsjahr betragen.

3Diese Regelung gilt auch für typisch land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten, die nicht für andere Betriebe der Land- und Forstwirtschaft erbracht werden, wenn die Umsätze nach Satz 2 Nr. 3 insgesamt nicht mehr als 10.300 Euro im Wirtschaftsjahr betragen. 4Absatz 9 Satz 6 gilt entsprechend. 5Die Sätze 2 und 3 kommen nicht zur Anwendung, soweit die Betragsgrenzen der Sätze 3 und 4 des Absatzes 9 bereits ausgeschöpft wurden.

Energieerzeugung

(11) 1Bei der Erzeugung von Energie, z. B. durch Wind-, Solar- oder Wasserkraft, handelt es sich nicht um die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens i. S. d. Absatzes 1 Satz 1. 2Ein Nebenbetrieb der Land- und Forstwirtschaft ist nicht anzunehmen, weil keine Be- und Verarbeitung von Rohstoffen und damit auch nicht eine nahezu ausschließliche Verwendung der dabei gewonnenen Erzeugnisse im eigenen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft erfolgt. 3Sind Energieerzeugungsanlagen an ein Versorgungsnetz angeschlossen, sind sie einem gewerblichen Betrieb zuzuordnen, wenn die Erzeugung für den eigenen Betrieb nicht überwiegt.

Beherbergung von Fremden

(12) 1Die Abgrenzung des Gewerbebetriebs gegenüber der Land- und Forstwirtschaft richtet sich bei der Beherbergung von Fremden nach den Grundsätzen von R 15.7. 2Aus Vereinfachungsgründen ist keine gewerbliche Tätigkeit anzunehmen, wenn weniger als vier Zimmer und weniger als sechs Betten zur Beherbergung von Fremden bereitgehalten werden und keine Hauptmahlzeit gewährt wird.