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Einkommensteuer: Pastoren im Ruhestand, die keine anderen Einnahmen als die Versorgungsbezüge erzielen, können Werbungskostenabzüge auch nicht mit Blick auf die Erfüllung pastoraler Aufgaben innerhalb des fortbestehenden Pfarrerdienstverhältnisses geltend machen

Urteil des 5. Senat vom 13.2.2013, 5 K 50/11, rechtskräftig. – Entscheidung im Volltext

 

FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 5 K 50/11
Urteil des Senats vom 13.02.2013
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: EStG § 9
Leitsatz: Pastoren im Ruhestand, die keine anderen Einnahmen als die
Versorgungsbezüge erzielen, können Werbungskostenabzüge auch nicht mit Blick
auf das fortbestehende Pfarrerdienstverhältnis geltend machen.
Überschrift: Einkommensteuer: Zum Werbungskostenabzug eines Pastors im
Ruhestand
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Abzug von Werbungskosten des Klägers zu 2) bei
dessen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Der Kläger zu 2), geb. … 1941, ist Pastor im Bereich der Nordelbischen Ev.-Luth.
Kirche und wurde mit Wirkung zum … 2006 in den Ruhestand versetzt. In der
Urkunde vom … 2006 (Hefter Einkommensteuerunterlagen 2005-2007 Bl. 217) heißt
es: „Mit dem Beginn des Ruhestandes ist …A…unter Aufrechterhaltung seines
Dienstverhältnisses auf Lebenszeit …der Pflicht zur Dienstleistung enthoben. Auftrag
und Recht zur öffentlichen Wortverkündigung und zur Sakramentsverwaltung werden
durch die Zurruhesetzung nicht berührt“. Im Streitjahr 2008 bezog er als Pastor im
Ruhestand Versorgungsbezüge.
Mit seiner Einkommensteuererklärung machte er im Rahmen der erklärten
Versorgungsbezüge/Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Werbungskosten in
Höhe von 4.871 € geltend, u. a. Aufwendungen für ein Arbeitszimmer (2.099 €),
Reisekosten (836 €), im Übrigen Kosten für Bücher, Büromaterial und Geschenke.
Mit Einkommensteuerbescheid 2008 vom 30.03.2010 berücksichtigte der Beklagte
neben einem Versorgungsfreibetrag in Höhe von 3.744 € den
Werbungskostenpauschbetrag für Versorgungbezüge in Höhe von 102 €, erkannte
aber weitergehende Aufwendungen mit der Begründung nicht an, dass ein
Werbungskostenabzug für einen pensionierten Pastor nicht in Betracht komme.
Den hiergegen am 30.04.2010 mit Hinweis auf den lebenslangen Auftrag eines
Pastors eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom
20.01.2011 nach Teilabhilfe hinsichtlich anderer Streitpunkte als unbegründet zurück.
Unter dem 27.04.2012 änderte der Beklagte den Bescheid nochmals zugunsten der
Kläger hinsichtlich hier nicht streitiger Punkte.
Am 23.02.2011 haben die Kläger Klage erhoben.
Die Kläger tragen vor:
Die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen seien dem Kläger im
Zusammenhang mit seiner nunmehr im Ruhestand ausgeübten Tätigkeit als Pastor
entstanden. Wie auch das Nordelbische Kirchenamt in der Bescheinigung vom 11.05.2004 bestätigt habe, bestehe das Pfarrdienstverhältnis nach dem Eintritt des
Pastors in den Ruhestand fort, auch wenn die Pflicht zur Dienstleistung entfallen sei.
Weiterhin übernehme er, der Kläger, z. T. auf Anfrage, zum Teil aus eigener
Initiative, pastorale Aufgaben wie z. B. Gottesdienste, Predigten, Taufen, Trauungen,
Beerdigungen. Zur Vorbereitung hierauf nutze er sein Arbeitszimmer, in dem die
theologische Literatur ebenso wie Telefon, Telefax und PC untergebracht seien und
das weiterhin den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit darstelle. Darüber hinaus
bereite er hier auch seine seit einer mündlichen Absprache aus der Zeit vor seinem
Ruhestand ca. im 2-Wochen-Rhythmus erfolgenden Besuche in der
Kindertagesstätte B vor und treffe die Bild- und Liederauswahl. Über seinen PC
stehe er zudem regelmäßig … zwischen 20 und 22 Uhr dem unter www…
angebotenen Chat als Gehörlosenpastor zur Verfügung. Diese Tätigkeit beruhe auf
seinem langjährigen Engagement in dem entsprechenden Fachausschuss, dessen
Mitglied er nach wie vor sei. Schließlich habe er im Jahr 2008 die von ihm, dem
Kläger, selbst betreute Reise der C Gehörlosengemeinde nach D von seinem
Arbeitszimmer aus organisiert. Die geschilderten Tätigkeiten würden nicht vergütet.
Allerdings erhalte er für die Fachausschutzsitzungen und Konvente und anlässlich
der Dienste in der Gehörlosenseelsorge Fahrgelderstattungen. Ein wirtschaftlich
begründeter Veranlassungszusammenhang mit der fortdauernden Tätigkeit als
Pastor sei gegeben. Die von dem Beklagten gegen den Werbungskostenabzug
angeführte finanzgerichtliche Rechtsprechung greife zu kurz, zumal eine rechtliche
Verpflichtung keine Voraussetzung für den Werbungskostenabzug sei. Die Kläger
verweisen zudem auf die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu den
nachträglichen Werbungskosten.
Die Kläger beantragen,
die Einspruchsentscheidung vom 20.01.2011 und den Bescheid für 2008 über
Einkommensteuer vom 27.04.2012 dahingehend zu ändern, dass weitergehende
Werbungskosten im Rahmen nichtselbständiger Arbeit des Klägers zu 2) in Höhe
von 4.769 € berücksichtigt werden und die Einkommensteuer entsprechend
niedriger festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Seiner Ansicht nach ist ein Veranlassungszusammenhang der Aufwendungen mit
den Versorgungsbezügen des Klägers nicht ersichtlich, da die Aufwendungen nicht
auf Einkunftserzielung oder Erhaltung von Einkünften gerichtet seien.
Dem Senat haben Band II der Einkommensteuerakten, ein Hefter mit
Einkommensteuerunterlagen für 2005-2007 und Band II der Rechtsbehelfsakten
vorgelegen.
Auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2013 wird
verwiesen.Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Beklagte hat den begehrten Werbungskostenabzug zu Recht versagt.
I.
1. § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bestimmt
Werbungskosten als Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der
Einnahmen. Die Rechtsprechung hat den Werbungskostenbegriff allerdings dem
Begriff der Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG angeglichen. Werbungskosten
liegen danach über den unmittelbaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 EStG hinaus vor,
wenn sie durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen
veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver
Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur
Förderung des Berufs getätigt werden (BFH Beschluss vom 04.02.2009 VI B 77/98,
BFH/NV 2009, 760). Maßgeblich ist, dass die Aufwendungen zu einer der
Einkunftsarten i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 4-7 EStG in einem steuerrechtlich
anzuerkennenden wirtschaftlichen Zurechnungszusammenhang stehen (vgl. BFH
Beschluss vom 04. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817; BFH
Urteil vom 02.05.2001 VIII R 32/00, BStBl II 2001, 668; BFH Urteil vom 09.02.2012
VI R 23/10, BStBl II 2012, 829; BFH Urteil vom 06.05.2010 VI R 25/09, BStBl II 2010,
851). Hierfür genügt ein schlichter naturwissenschaftlicher Ursachenzusammenhang
(im Sinne einer conditio sine qua non) nicht (BFH Urteile vom 17.09.2009 und vom
06.05.2010). Entscheidend dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum
einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden
Moments“, zum anderen die Zuweisung dieses maßgeblichen Bestimmungsgrundes
zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (BFH Beschluss vom 04.
Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817 Tz. 66, 70 f. juris).
Diese Grundsätze gelten auch für nachträgliche Werbungskosten, die entstehen
können, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses
Aufwendungen im Zusammenhang mit demselben erbringt. In einem solchen Fall
muss bereits zu dem Zeitpunkt, in dem der Grund für die Aufwendungen gelegt wird,
der dargestellte berufliche Zusammenhang bestehen (BFH Urteil von 16.11.2011 VI
R 97/10, BStBl II 2012, 343).
2. Im Streitfall fehlt es an dem erforderlichen Veranlassungszusammenhang. Die
geltend gemachten Aufwendungen des Klägers sind nicht durch die Erzielung
steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst.
a) Bei dem Einkommen, das der Kläger im Streitjahr bezogen hat, handelt es sich um
Bezüge aus früheren Dienstleistungen i. S. v. § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG, um
Versorgungsbezüge i. S. v. § 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Buchstabe a EStG aufgrund
gesetzlicher Vorschriften, die beamtenrechtlichen Vorschriften gleichstehen. Sie
stellen keine Gegenleistung für Tätigkeiten nach dem Eintritt in den Ruhestand dar,
sondern nachträgliches Entgelt für die vor dem Ruhestand geleistete Arbeit, und
begründen keinen Veranlassungszusammenhang mit den hier in Rede stehenden
Aufwendungen.Dies steht im Einklang auch mit der Rechtsstellung der „Pastoren“ in der VereinigtenLutherischen Kirche Deutschlands, die in dem Kirchengesetz bzw. Pfarrergesetz
(PfG) vom 19.10.1995 in der im Streitjahr geltenden Fassung vom 15.11.2007
geregelt ist (Abl. VELDK 1995 Bd. VI S. 274, 2007 Bd. VII S. 376). Sie ist durch die
Ordination auf der einen Seite (II. Abschnitt PfG) und das Dienstverhältnis auf der
anderen Seite (IV. Abschnitt PfG) geprägt. Mit der Ordination werden Auftrag und
Recht zur öffentlichen Wortverkündigung (Predigt) und Sakramentsverwaltung
übertragen. Auftrag und Recht sind auf Lebenszeit angelegt; die Ordinierten sind
verpflichtet, sich in ihrer Amts- und Lebensführung so zu verhalten wie es ihrem
Auftrag entspricht (§ 4 Abs.1 und 2 PfG). Die in der Ordination begründeten Rechte
und Pflichten sind für Ordinierte, die in einem kirchlichen Dienstverhältnis stehen,
auch Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis (§ 4 Abs.3 PfG). Die Ordination
setzt voraus, dass ein geordneter kirchlicher Dienst übertragen werden soll, der die
öffentliche Wortverkündigung und die Sakramentsverwaltung einschließt (§ 5 Abs.1
PfG). Auch das Dienstverhältnis der Pfarrer und Pfarrerinnen ist gem. § 1 Abs. 1 S. 2
PfG ein solches auf Lebenszeit. Es wird durch die Berufung zum Pfarrer oder zur
Pfarrerin begründet, mit der die Übertragung einer Pfarrstelle oder einer
allgemeinkirchlichen Aufgabe verbunden ist (§ 23 PfG). Der IX. Abschnitt des PfG
enthält in §§ 69-80 Regelungen betr. den Schutz, die Fürsorge und Beteiligung der
Gesamtpfarrervertretung. Gem. § 70 Abs.1 PfG haben Pfarrer und Pfarrerinnen
Anspruch auf angemessenen Unterhalt …, insbesondere durch Gewährung von
Besoldung und Versorgung. Pfarrer und Pfarrerinnen treten mit Ende des Monats, in
dem sie das 65. Lebensjahr vollenden, in den Ruhestand (Abschnitt XI § 104 Abs. 1
PfG). Gem. § 109 Abs. 1 und 3 PfG sind sie mit dem Beginn des Ruhestands unter
Aufrechterhaltung des Pfarrerdienstverhältnisses der Pflicht zur Dienstleistung
enthoben und erhalten Versorgungsbezüge. Letztere sind gegenüber den
Dienstbezügen reduziert (de Wall/Muckel, Kirchenrecht 2009 S. 278; Kirchengesetz
über die Versorgung der Pfarrer…in der Evangelischen Kirche in Deutschland –
Versorgungsgesetz vom 01.07.2005 i. d. F. vom 05.12.2007, Abl. EKD 2005 S. 415
und 2008 S. 78). Im Übrigen unterstehen sie weiter der Lehrverpflichtung und der
Amtspflicht i. S. v. §§ 66-68 und damit der Lehraufsicht und der Disziplinargewalt. D.
h. sie verletzen ihre Lehrverpflichtung bzw. ihre Amtspflicht, wenn sie öffentlich durch
Wort oder Schrift in der Darbietung der christlichen Lehre oder in ihrem
gottesdienstlichen Handeln in Widerspruch zum Bekenntnis der EvangelischLutherischen Kirche treten oder auf andere Weise schuldhaft gegen die in der
Ordination begründeten Pflichten verstoßen (§ 66 PfG). Die Regelungen in §§ 56 –
56d PfG über Nebentätigkeiten (Nebenamt, Nebenbeschäftigung, öffentliches oder
kirchliches Ehrenamt) gelten gem. § 109 Abs. 2 PfG entsprechend.
Auf der Grundlage der vorgenannten Regelungen übt der Kläger die geschilderten
Tätigkeiten freiwillig in dem Sinne aus, dass er seine Versorgungsbezüge auch ohne
die Tätigkeiten erhält. Denn gem. § 109 PfG erhält der Pfarrer im Ruhestand
Versorgungsbezüge und besteht eine Dienstleistungspflicht nach dem Eintritt in den
Ruhestand nicht mehr. Der Hinweis auf die Lehrverpflichtung bzw. Amtspflicht in §
109 Abs. 1 S. 2 PfG steht dem nicht entgegen. In Verbindung mit den in Bezug
genommenen Vorschriften in §§ 66-68 PfG wird deutlich, dass hier allein
Verhaltenspflichten im Falle der freiwillig aufgenommenen oder fortgesetzten
seelsorgerischen Tätigkeit gemeint sind. Soweit § 4 PfG allgemeine
Verhaltensregelungen für die Lebensführung enthält bzw. hieraus eine Pflicht zur
Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung abgeleitet wird (vgl. de Wall/Muckel a.
a. O. S. 269), bestehen sie zwar aufgrund des Auftrages auf Lebenszeit auch nach dem Eintritt in den Ruhestand fort. Sie beruhen aber auch unter Berücksichtigung
des § 4 Abs. 3 PfG primär nicht auf dem (fortbestehenden) Dienstverhältnis, sondern
auf der hiervon zu trennenden Ordination – auch wenn diese prägendes Element des
(fortbestehenden) Pfarrerdienstverhältnisses ist (vgl. Blaschke, Erläuterung zum
Pfarrergesetz der VELKD 1994 S. 32). Demgegenüber sind Besoldung und
Versorgung Folge des öffentlich-rechtlichen Dienst- bzw. Beamtenverhältnisses (vgl.
für die Versorgung § 4 Abs. 1 Versorgungsgesetz). So weisen auch de Wall/Muckel
(S. 267) und Stein (Evangelisches Kirchenrecht 1980 S. 110) darauf hin, dass
Ordinierte ihr Predigtamt auch außerhalb eines Dienstverhältnisses als Pfarrer
ehrenamtlich wahrnehmen können (s. a. Blaschke, Pfarrergesetz der VELKD 1994 S.
31).
Der Kläger steht damit im Ergebnis einem emeritierten Professor gleich, für dessen
Aufwendungen der Bundesfinanzhof (BFH) einen steuerrechtlich anzuerkennenden
wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Versorgungsbezügen abgelehnt hat (BFH
Urteil vom 05.11.1993 VI R 24/93, BStBl II 1994, 238, in Abgrenzung von einer
unklaren Formulierung im BFH Urteil vom 19.06.1974 VI R 37/70, BStBl II 1975, 23;
vgl. a. FG Hamburg Urteile vom 28.02.1989 V 315/86, EFG 1989, 452, vom
20.02.1986 V 140/84, EFG 1986, 555 und vom 19.07.2012 3 K 33/11, juris; vgl. a.
FG Köln Urteil vom 24.11.2008 5 K 6417/04, EFG 2009, 1204; für Pfarrer im
Ruhestand s. a. Sächsisches FG Urteil vom 25.07.2012 8 K 2495/07, juris; FG
Rheinland-Pfalz Urteil vom 12.09.2006 2 K 1375/05, DStRE 2007, 1147; FG Berlin
Urteil vom 22.02.1980 II 315/79, EFG 1980, 388; kritisch Rößler DStZ 1995, 86;
Vogel DStR 1990, 191; vgl. a. Nds. FG Urteil vom 08.06.1993 III 211/91, EFG 1994,
141, einerseits mit Hinweis auf eine Trennung von Amt und Auftrag, andererseits in
Anlehnung an BFH Urteil vom 19.06.1974 einen Werbungskostenabzug insoweit in
Betracht ziehend als der Pfarrer im Ruhestand mit der Vertretung einer Pfarrstelle
betraut oder ihm in vergleichbarem Umfang die Wahrnehmung kirchlicher Aufgaben
übertragen wird). In Abgrenzung zu einer – seinerzeit nicht entscheidungserheblichen
– Aussage in der Entscheidung des BFH vom 19.06.1974 (Tz. 12 juris; ähnlich FG
Nds. a. a. O. Tz. 18) sind nach dem BFH Urteil vom 05.11.1993 (Tz. 9 juris) die nach
Eintritt in den Ruhestand bezogenen Emeritenbezüge auch nicht teilweise
Erwerbseinkünfte i. S. v. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG für die ohne rechtliche Verpflichtung
aufgrund des fortbestehenden Lehr- und Forschungsrechts ausgeübte Tätigkeit. Dies
beruhe darauf, dass die Bezüge nicht Gegenleistung für geschuldete
Dienstleistungen seien, vielmehr auch ohne weitere Dienstleistung gezahlt würden.
Dann könne es auch nicht darauf ankommen, ob tatsächlich freiwillige
Dienstleistungen erbracht würden. Der Umstand, dass tatsächlich erbrachte
Leistungen des emeritierten Professors mit den Bezügen als abgegolten betrachtet
werden, die er auch ohne die Leistung erhalten hätte, rechtfertige nicht die
Beurteilung, dass diese Bezüge die Gegenleistung für die tatsächlich erbrachte
Leistung sind. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung sind die Bezüge im
Gegenteil nachträgliches Entgelt allein für die in der Zeit vor dem Ruhestand
geleistete Arbeit (vgl. a. Sächsisches FG Urteil vom 25.07.2012 a. a. O. Tz. 29 juris;
FG Berlin Urteil vom 22.02.1980 a. a. O.; FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 12.09.2006
a. a. O. Tz. 15) und fehlt es an dem wirtschaftlichen Zusammenhang der Bezüge mit
den Aufwendungen für in der Zeit des Ruhestands entfaltete Tätigkeiten (BFH Urteil
vom 05.11.1993 a. a. O. Tz. 11).
Dem schließt sich der Senat an.Der gegen die genannte Rechtsprechung häufig angeführte Vergleich zu dem
Werbungskostenabzug eines Beamten auf Lebenszeit im höchsten Amt seiner
Laufbahn trägt ebenso wenig wie der – im Grundsatz allerdings zutreffende – Hinweis
darauf, dass eine Verpflichtung zur Vornahme des Aufwands oder zu der unmittelbar
den Aufwand verursachenden Handlung nicht Voraussetzung für den
Werbungskostenabzug ist (s. bei Vogel a. a. O. S. 192) und sich der Aufwand nicht
auf die Höhe der Einkünfte auswirken muss (vgl. BFH Urteil vom 06.05.2010 a. a.
O.). Entscheidend ist vielmehr, dass die den Anlass für die Aufwendungen bietende
fortgesetzte Forschungs- oder Lehrtätigkeit (für Hochschullehrer) bzw.
seelsorgerische Tätigkeit (für Pastoren) in der Zeit des Ruhestands keine
Einkunftsquelle mehr darstellt, da die Bezüge ohne Rücksicht auf die fortgesetzte
Tätigkeit, d. h. auch ohne die fortgesetzte Tätigkeit geleistet werden. Es fehlt der für
den Werbungskostenabzug maßgebliche wirtschaftliche Zusammenhang der
Aufwendungen mit einer der Einkünfteerzielung dienenden Tätigkeit, die eine
Einkunftsquelle darstellt (vgl. Kreft in: Hermann/Heuer/Raupach EStG § 9 Lfg. Dez.
2010 Rn. 145). Diese Voraussetzung erfüllt anders als der Kläger der zitierte
Beamte, der trotz fehlender Aufstiegsmöglichkeit Fachliteratur o. a.
Fortbildungsmöglichkeiten erwirbt und sie im Rahmen seiner Berufsausübung nutzt,
die ihm wiederum der Einkünfteerzielung dient; denn ohne die Berufstätigkeit erzielte
auch der Beamte keine Einnahmen.
b) Die Aufwendungen des Klägers im Ruhestand können auch nicht als
nachträgliche Werbungskosten anerkannt werden. Die Aufwendungen sind zwar
durch das fortbestehende Pfarrerdienstverhältnis veranlasst, nicht aber wirtschaftlich
durch die noch aktive, auf Einnahmeerzielung ausgerichtete Tätigkeit des Klägers
vor Beginn des Ruhestands (vgl. für die Kosten der Forschungstätigkeit eines
emeritierten Professors auch Kreft a. a. O. Rn. 172). Die schlichte Ursächlichkeit des
Eintritts in das frühere aktive Pfarrerdienstverhältnis für die späteren Aufwendungen
genügt wie dargelegt für den maßgeblichen wirtschaftlichen
Veranlassungszusammenhang nicht. Auch soweit die Tätigkeiten – wie vom Kläger
für die Kita-Arbeit und die Tätigkeit in der Gehörlosenseelsorge vorgetragen – auf
schon vor Eintritt in den Ruhestand getroffene Absprachen oder Mitgliedschaften
zurückgingen, können sie im Streitjahr nicht mehr als der notwendigen Abwicklung
dienende Maßnahmen berücksichtigt werden (vgl. Sächsisches FG Urteil vom
25.07.2012 Tz. 34 ff. juris).
Dem steht die neue Rechtsprechung des BFH zu der Berücksichtigungsfähigkeit
nachträglicher Schuldzinsen auch nach Aufgabe der Einkunftsquelle im Rahmen der
Einkünfte aus Kapitalvermögen bei Veräußerung von im Privatvermögen gehaltener
Beteiligung i. S. v. § 17 EStG bzw. im Rahmen von § 23 EStG bei der Veräußerung
privater Grundstücke (BFH Urteil vom 16.03.2010 VIII R 20/08, BStBl II 2010, 787;
BFH Urteil vom 20.06.2012 X R 42/11, DB 2012, 2023) nicht entgegen. Der BFH hat
hier die Konsequenz aus der mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 für
die genannten Bereiche erfolgten Ausweitung des Bereichs steuerlich erheblicher
Vermögenszuwächse gezogen. Eine vergleichbare Situation liegt im Streitfall nicht
vor. Darüber hinaus wurde in den genannten Urteilen anders als im Streitfall der
Rechtsgrund und damit die wirtschaftliche Grundlage für die Entstehung der
Schuldzinsen schon zur Zeit des Bestehens der Einkunftsquelle gelegt.
c) Soweit der Kläger im Zusammenhang mit den geschilderten Tätigkeiten
Aufwendungsersatz erhalten hat, begründet dies keine für den
Werbungskostenabzug maßgebliche Einkunftsquelle. Die entsprechenden Einnahmen sind, sofern sie aus öffentlichen Mitteln gezahlt wurden, gem. § 3 Nr. 12
EStG steuerfrei und führen gem. § 3c EStG zum Ausschluss des Abzugs hiermit im
Zusammenhang stehender Ausgaben. Soweit sie aus privaten Mitteln gezahlt
wurden, fehlte es ersichtlich an der für den Werbungskostenabzug erforderlichen
Absicht zur Erzielung von Einnahme-Überschüssen.
d) Zwar mag aufgrund der besonderen gesellschaftlichen Stellung der Pastoren
innerhalb der Religionsgemeinschaft eine gesellschaftliche, moralische Erwartung
fortgesetzter seelsorgerischer Tätigkeit bestehen, die in den Regelungen des
Pfarrergesetzes ihren Ausdruck, ggf. auch ihre Ursache findet und das Bild des
Gemeindepastors prägt. Indes handelt es sich dabei um Auswirkungen der
gesellschaftlichen Stellung, die von § 12 S. 1 EStG grundsätzlich der privaten
Lebensführung des Steuerpflichtigen zugerechnet wird (vgl. a. Sächsisches FG Urteil
vom 25.07.2012 a. a. O. Tz. 39 juris; FG Berlin Urteil vom 20.02.1980 a. a. O.;
anders noch i. Erg. RFH Urteil vom 21.12.1927 VI A 505/27, RFHE 22, 339) und im
Streitfall mangels auch nur teilweiser Förderung einer Berufstätigkeit i. S. einer
Einkunftsquelle (s. o.) auch nicht zu einer anteiligen Berücksichtigung führen kann.
3. Der BFH hat allerdings die Möglichkeit einer abweichenden Festsetzung aus
Billigkeitsgründen gem. § 163 Abgabenordnung (AO) gesehen, sofern im
Zusammenhang mit fortgesetzter Lehrtätigkeit auf Ersuchen der Hochschule
Aufwendungen anfallen und wegen der vorerwähnten Rechtsprechung nicht als
Werbungskosten abgezogen werden können (BFH Urteil vom 05.11.1993 Tz. 13
juris; s. a. Sächsisches FG Urteil vom 25.07.2012 a. a. O. Tz. 42 juris; Krüger in:
Schmidt EStG 31. Aufl. § 19 Rn. 60 ´emeritierter Hochschullehrer´).
Billigkeitsentscheidungen sind jedoch nicht Gegenstand des anhängigen
Rechtsstreits, sondern gesondert neben dem Festsetzungsverfahren zu verfolgen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) sind nicht ersichtlich.