|
II. Auf die Revision des FA ist gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der angefochtene Bescheid ist formell und materiell rechtmäßig. |
|
|
1. Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist nach § 174 Abs. 4 Satz 3 AO unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. Nach § 174 Abs. 4 Satz 4 AO gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Abs. 3 Satz 1, wenn die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde. |
|
|
Alle Voraussetzungen der Änderungsvorschrift haben vorgelegen. Der ursprünglich beurteilte Sachverhalt und der nachträglich mit steuerlichen Folgen versehene Sachverhalt decken sich in dem erforderlichen Maße (dazu a). Das FA hat aufgrund irriger Beurteilung dieses Sachverhalts den Gewerbesteuermessbescheid 2000 erlassen und aufgrund des Rechtsbehelfs des Klägers zu dessen Gunsten geändert (dazu b). Es hat sodann aus dem Sachverhalt durch Änderung auch des Gewerbesteuermessbescheids 2001 die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen (dazu c). Die Festsetzungsfrist ist gewahrt (dazu d). Ausschlussgründe für die Änderung liegen nicht vor (dazu e). |
|
|
a) Die Sachverhalte, die den Steuerfestsetzungen 2000 und 2001 zugrunde liegen, stimmen in dem von § 174 Abs. 4 Satz 1 AO geforderten Umfang überein. Die Änderungsvorschrift des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO knüpft an einen bestimmten Sachverhalt an. Somit fordert sie zwar Übereinstimmung, jedoch keine vollständige Identität zwischen dem zunächst irrig beurteilten und dem später zu beurteilenden Sachverhalt. |
|
|
aa) Das Merkmal "bestimmter Sachverhalt" ist zentrales Element aller Tatbestände des § 174 AO und deshalb einheitlich auszulegen. Darunter ist der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Es fällt nicht nur die einzelne steuererhebliche Tatsache oder das einzelne Tatbestandsmerkmal hierunter, sondern auch der einheitliche, für die Besteuerung maßgebliche Sachverhaltskomplex. Mehrere Sachverhaltselemente bilden dann einen einheitlichen Lebensvorgang und Sachverhaltskomplex, wenn die betreffenden Sachverhaltselemente einen inneren Zusammenhang aufweisen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss nach § 126a FGO vom 19. November 2003 I R 41/02, BFH/NV 2004, 604, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung –HFR– 2004, 302; BFH-Urteile vom 14. März 2006 I R 8/05, BFHE 212, 517, BStBl II 2007, 602; vom 14. Januar 2010 IV R 33/07, BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586; vom 24. April 2013 II R 53/10, BFHE 241, 63, BStBl II 2013, 755; vom 12. Februar 2015 V R 38/13, BFHE 248, 504, BFH/NV 2015, 877, HFR 2015, 645, jeweils m.w.N.). Wann dies der Fall ist, hängt von den konkreten Umständen ab. |
|
|
bb) Nach dem Wortlaut nicht nur des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO, sondern aller Tatbestände des § 174 AO, ist es dieser "bestimmte Sachverhalt", der verschiedene einander widerstreitende Steuerfestsetzungen verklammert und die Auflösung des Widerstreits verlangt und erlaubt. Allerdings müssen der ursprünglich beurteilte und der tatsächlich verwirklichte Lebenssachverhalt und Besteuerungssachverhalt nicht vollständig übereinstimmen. Je nach den Erfordernissen des jeweiligen steuerlichen Tatbestandes kann vielmehr teilweise Deckungsgleichheit genügen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 604, HFR 2004, 302; BFH-Urteile in BFHE 241, 63, BStBl II 2013, 755, und in BFHE 248, 504, BFH/NV 2015, 877, HFR 2015, 645). |
|
|
cc) Hinsichtlich der Frage, inwieweit bei den verschiedenen potentiell widerstreitenden Steuerfestsetzungen zu dem nach Maßgabe von aa) definierten Lebensvorgang oder Sachverhaltskomplex weitere Sachverhaltselemente hinzutreten oder aus diesem einzelne Sachverhaltselemente entfallen dürfen, ist zu differenzieren. |
|
|
(1) In dem geänderten Bescheid dürfen keine Sachverhaltselemente enthalten sein, die bei der Beurteilung in dem zu ändernden Bescheid keine Rolle mehr spielen. Die irrige steuerliche Beurteilung in dem auf Betreiben des Steuerpflichtigen geänderten Bescheid muss sich ausschließlich auf diesen "bestimmten Sachverhalt" bezogen haben. Sie darf nicht auf einem erst um weitere Tatsachen ergänzten Sachverhalt beruhen (vgl. Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 174 Rz 52). Diesen Fall nimmt insbesondere das BFH-Urteil vom 22. August 1990 I R 42/88 (BFHE 162, 470, BStBl II 1991, 387), auf das sich der Kläger beruft, aus (ebenso BFH-Urteil vom 17. Oktober 1990 I R 9/89, BFH/NV 1991, 354). § 174 Abs. 4 Satz 1 AO findet nur Anwendung, wenn aus dem (unveränderten) Sachverhalt, der der irrigen Beurteilung zugrunde lag, andere steuerliche Folgerungen gezogen werden können und müssen. |
|
|
(2) Jedoch dürfen in dem zu ändernden Bescheid weitere Sachverhaltselemente hinzutreten. Die Anwendung von § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist auch dann möglich, wenn der eine –zunächst irrig beurteilte– Lebenssachverhalt ein Teilstück jenes gesetzlichen Tatbestandes darstellt, durch den der andere –nunmehr mit den richtigen steuerlichen Folgen zu versehende Lebenssachverhalt– erfasst wird. |
|
|
(a) In dieser Weise formuliert es explizit der BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 604, HFR 2004, 302. Der Kläger versteht jene Entscheidung anders. In dem dort zugrunde liegenden Sachverhalt hatte das dortige FA zunächst einen Einbringungsvorgang durch Übertragung von Gesellschaftsanteilen als eine nach § 17 EStG steuerpflichtige Veräußerung behandelt und einen Veräußerungsgewinn der Besteuerung unterworfen, hingegen in einem späteren Jahr aus der Veräußerung der Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft keine steuerlichen Folgen gezogen. Auf Einspruch machte das FA die Erfassung des Veräußerungsgewinns rückgängig, da die Buchwerte fortgeführt worden waren. Es berücksichtigte jedoch in einem auf § 174 Abs. 4 AO gestützten Änderungsbescheid den Veräußerungsgewinn in dem späteren Jahr, da es sich um eine Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen handele. Der BFH hielt dies für richtig. |
|
|
Der Kläger interpretiert die Entscheidung in der Weise, dass erst derjenige Sachverhalt, der das hinzutretende Sachverhaltselement des zu ändernden Bescheids einschließt, den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt im Sinne der Vorschrift darstelle, während der in dem geänderten Bescheid zunächst unzutreffend beurteilte Sachverhalt bei tatsächlicher Betrachtung kein Sachverhalt sei, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpfe. Der Senat vermag dem nicht zu folgen. Mit diesem Verständnis wäre die Anwendung von § 174 Abs. 4 Satz 1 AO nicht in Betracht gekommen, da die Vorschrift die irrige Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts voraussetzt. Der bestimmte Sachverhalt muss also dem geänderten Bescheid zugrunde gelegen haben. Der Umstand, dass bei zutreffender Beurteilung dieses Sachverhalts keine steuerlichen Folgen zu ziehen waren, ist gerade der Irrtum, den die Vorschrift voraussetzt. Welcher Art dieser Irrtum allerdings war, ob das FA fälschlich von einer steuerlichen Relevanz dem Grunde nach ausgegangen ist oder die steuerlichen Folgen anderweit fehlerhaft beurteilt hat, stellt keinen rechtserheblichen Unterschied dar. Im Übrigen beruht auch die Erkenntnis, dass bestimmte steuerliche Folgen auszubleiben haben, auf einer steuerlichen Beurteilung. |
|
|
Nach alledem war in dem der BFH-Entscheidung in BFH/NV 2004, 604, HFR 2004, 302 zugrunde liegenden Sachverhalt der "bestimmte Sachverhalt" des geänderten Bescheids i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO der Einbringungsvorgang, das hinzugetretene Sachverhaltselement des zu ändernden Bescheids die spätere Veräußerung. |
|
|
(b) Das von dem Kläger weiter herangezogene BFH-Urteil vom 18. Februar 1997 VIII R 54/95 (BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647) steht diesem Verständnis nicht entgegen. Der BFH geht in dieser Entscheidung davon aus, dass steuerrechtliche Folgen aus einem bestimmten und unveränderten, nicht durch weitere Tatsachen ergänzten Sachverhalt zu ziehen sind. Allerdings bezieht sich das Verbot der Sachverhaltsergänzung trotz der u.U. missverständlichen Formulierungen nach dem Kontext der Entscheidung auf den geänderten Bescheid und darauf, dass dessen Sachverhaltsgrundlage unverändert zur Grundlage des zu ändernden Bescheids werden muss (s.o. unter (1)). In dem jener Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der dortige Kläger für die Finanzierung von Anteilen an einer Gesellschaft Schuldzinsen aufgewandt. Das dortige FA berücksichtigte diese in den ersten Jahren mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht, berücksichtigte in einem Folgejahr u.a. eine Ausschüttung allerdings auch nicht. Nach erfolgreichem Einspruch bezüglich der ersten Jahre hinsichtlich der Zinsen änderte das FA unter Berufung auf § 174 Abs. 4 AO die Einkommensteuerfestsetzung des Folgejahres in der Weise, dass es nunmehr u.a. die Ausschüttung als Einnahmen aus Kapitalvermögen ansetzte. Der BFH hielt dies wiederum für zutreffend. |
|
|
Auch diese Entscheidung hätte anders ergehen müssen, wäre das Verständnis des Klägers richtig, denn auch in diesem Fall war für den zu ändernden Bescheid des Folgejahres ein Sachverhaltselement hinzugetreten, nämlich die Ausschüttung. |
|
|
(3) Nach alledem genügt es nicht, wenn beiden Bescheiden dieselben Teile eines bestimmten Sachverhalts zugrunde liegen. Vielmehr muss derjenige bestimmte Sachverhalt, der der irrigen steuerlichen Beurteilung in dem auf Betreiben des Steuerpflichtigen geänderten Bescheid zugrunde lag, seinerseits in vollem Umfange Grundlage des zu ändernden Bescheids geworden sein. Im Rahmen des zu ändernden Bescheids dürfen aber zur steuerlichen Beurteilung Sachverhaltselemente hinzutreten. |
|
|
dd) Im Streitfall ist die von § 174 Abs. 4 Satz 1 AO geforderte Übereinstimmung der Sachverhalte gewahrt. Der Sachverhalt, der dem Gewerbesteuermessbescheid 2000 zugrunde lag, ist der Vorgang "Scheunendachsanierung". Diesen hat das FA in unveränderter Form dem streitigen Gewerbesteuermessbescheid 2001 zugrunde gelegt. Die Änderung der zivilrechtlichen Verhältnisse im Jahre 2001, die den Ersatzanspruch des Klägers gegen V erstmals begründeten, stellt ein hinzugetretenes Sachverhaltselement dar, das aber nach den vorstehenden Grundsätzen unschädlich ist. Hingegen gibt es kein zur Beurteilung der Rechtslage 2000 erforderliches Sachverhaltselement, das bei der Beurteilung der Rechtslage des Jahres 2001 entfallen wäre und entfallen könnte. |
|
|
b) Das FA hat den Gewerbesteuermessbescheid 2000 aufgrund einer irrigen Beurteilung dieses Sachverhalts erlassen und aufgrund des Rechtsbehelfs des Klägers zu dessen Gunsten geändert. |
|
|
aa) Inhaltlicher Ausgangspunkt für die Anwendung des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist die Einspruchsentscheidung vom 17. November 2008. Gegenstand der damaligen Anfechtungsklage war nach § 44 Abs. 2 FGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat. Nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO knüpft eine etwaige Änderungsbefugnis an denjenigen Steuerbescheid an, der aufgrund eines Rechtsbehelfs zu Gunsten des Steuerpflichtigen geändert wurde. Der letzte und erfolgreiche Rechtsbehelf des Klägers war die Klage. Folglich muss der Gewerbesteuermessbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung derjenige Bescheid sein, den das FA aufgrund irriger Beurteilung erlassen hat. Damit ist der Inhalt der Einspruchsentscheidung für die Prüfung der irrigen Beurteilung des Sachverhalts maßgebend. |
|
|
bb) Diese Entscheidung beruhte darauf, dass das FA davon ausging, die Scheunendachsanierung sei lediglich zur Hälfte betrieblich veranlasst, da ein Teil der Aufwendungen anderen Gebäuden zugutegekommen sei. Tatsächlich waren die Aufwendungen nach der mittlerweile zwischen den Beteiligten einhelligen und seitens des FG geteilten Einschätzung der Sachlage ausschließlich für die betrieblich genutzte Scheune angefallen. Das ist eine irrige Beurteilung i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, die der Fassung der Vorschrift entspricht, ist es unerheblich, ob der Beurteilungsfehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen lag (vgl. BFH-Urteile in BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647; vom 28. Februar 2001 I R 29/99, BFH/NV 2001, 1099; in BFHE 212, 517, BStBl II 2007, 602; vom 5. Mai 2011 V R 45/09, BFH/NV 2011, 1655; vom 14. November 2012 I R 53/11, BFH/NV 2013, 690; ebenso von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO § 174 Rz 95.2; Koenig/ Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 174 Rz 60; a.A. von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler –HHSp–, § 174 AO Rz 237). Der Senat kann deshalb dahingestellt sein lassen, auf welcher Ebene die vorliegende Fehlbeurteilung lag. |
|
|
cc) Durch Abhilfe im Klageverfahren hat das FA sodann mit Bescheid vom 6. Januar 2011 den Gewerbesteuermessbescheid 2000 aufgrund des Rechtsbehelfs des Klägers zu dessen Gunsten in der Weise geändert, dass es nunmehr nicht nur 50 %, sondern 100 % der Aufwendungen für die Dachsanierung als Betriebsausgaben berücksichtigt hat. |
|
|
c) Mit dem im vorliegenden Verfahren angefochtenen Gewerbesteuermessbescheid 2001 hat das FA die richtigen steuerlichen Folgerungen aus diesem Sachverhalt gezogen, indem es den Ersatzanspruch spiegelbildlich zu der Korrektur des zunächst irrig beurteilten Betriebsausgabenabzugs im Jahre 2000 nunmehr nicht mehr nur zu 50 %, sondern zu 100 % aktiviert hat. |
|
|
aa) Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht mehr im Streit, dass mit der Übertragung des Scheunengrundstücks auf E, spätestens aber mit Abschluss des Mietvertrages zwischen dem Kläger und E der auf der Vereinbarung des Jahres 1993 gründende Ersatzanspruch des Klägers gegen den V fällig wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt stand der Anspruch unter der aufschiebenden Bedingung der Beendigung der Nutzungsüberlassung zwischen V und dem Kläger und war aus diesem Grunde (noch) nicht bilanziell zu erfassen (vgl. Senatsurteil vom 23. März 2011 X R 42/08, BFHE 233, 398, BStBl II 2012, 188). Als die Bedingung eingetreten war, war der Anspruch mit dem Wert der Baumaßnahmen zu bilanzieren, der seinerseits nach den tatsächlichen und damit den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG der Höhe der Aufwendungen entsprach. Indem das FG in dem im Streitfall angefochtenen Urteil Bezug auf das vorangegangene Urteil des FG vom 4. November 2010 16 K 5166/08 G genommen hat, hat es sich die dortigen Feststellungen, die sich im Einzelnen mit der Höhe des Ersatzanspruchs befassten, zu eigen gemacht. Im Übrigen verweist der Senat hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung des Ersatzanspruchs auf die zutreffende Begründung des FG-Urteils vom 4. November 2010 16 K 5166/08 G. |
|
|
bb) Ein Saldierungsrahmen nach § 177 Abs. 2 AO zu Gunsten des Klägers besteht nicht. Das FG hat im Rahmen des Urteils vom 4. November 2010 16 K 5166/08 G über die Aufwendungen für die Stellplätze abschließend zu Ungunsten des Klägers entschieden. |
|
|
d) Der streitgegenständliche Bescheid wurde noch innerhalb der Festsetzungsfrist erlassen. Der fehlerhafte Gewerbesteuermessbescheid 2000 ist am 6. Januar 2011 geändert worden. Das FA hat die steuerlichen Folgerungen in Gestalt des im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheids vom 18. Februar 2011 innerhalb der Jahresfrist gezogen. Bei Erlass des später geänderten Steuerbescheids war auch die (allgemeine) Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen, so dass es auf die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO nicht ankommt. Es kann dahinstehen, ob in diesem Zusammenhang auf den Bescheid vom 3. November 2006 oder die Einspruchsentscheidung vom 17. November 2008 abzustellen ist. Die Festsetzungsfrist hinsichtlich des Jahres 2001 war aufgrund des auch für das Jahr 2001 durchgeführten Klageverfahrens nach § 171 Abs. 3a AO erst mit Unanfechtbarkeit des Urteils vom 4. November 2010 16 K 5166/08 G, damit Anfang Januar 2011 und weit nach Erlass des später geänderten Bescheids betreffend das Jahr 2000 abgelaufen. |
|
|
e) Sonstige Gründe, die die nach diesen Maßstäben zulässige Änderung ausschließen könnten, liegen nicht vor. |
|
|
aa) Die Änderung nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO setzt nicht etwa voraus, dass der Sachverhalt, um den es geht, ohne die Korrektur ohne Regelung bliebe. Sie ist nicht auf Fälle der Objekt-, Perioden-, Zuständigkeits- oder Subjektkollision beschränkt (so aber Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 39 bis 42). Die Vorschrift erfasst neben diesen Kollisionen vielmehr auch Fälle, in denen –wie im Streitfall– der Sachverhalt in verschiedenen Bescheiden zu berücksichtigen ist und bleibt, die jeweiligen Beurteilungen des Sachverhalts aber nach einem erfolgreichen Rechtsbehelf des Steuerpflichtigen bezüglich (wenigstens) eines dieser Bescheide nicht mehr miteinander vereinbar sind. Für das Konzept, die Berücksichtigung des Sachverhalts in dem einen Bescheid müsse die Berücksichtigung in dem anderen Bescheid zwingend ausschließen, bieten weder die Vorschrift noch der Zusammenhang, in den sie gestellt ist, einen Anhaltspunkt. Das gilt auch für die Überschrift des § 174 AO, "Widerstreitende Steuerfestsetzungen", die als eine Voraussetzung der Änderung zu verstehen ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. November 1997 GrS 1/96, BFHE 184, 1, BStBl II 1998, 83). Es besteht kein Anlass, den damit erforderlichen "Widerstreit" im Rahmen von § 174 Abs. 4 AO auf einen negativen Widerstreit zu reduzieren. Die Vorschrift stellt neben § 174 Abs. 1 bis 3 AO eine eigenständige Änderungsnorm dar (BFH-Urteil vom 11. Juli 1991 IV R 52/90, BFHE 165, 449, BStBl II 1992, 126). Auch wenn die Widersprüchlichkeit zwischen zwei verschiedenen Bescheiden allein darin besteht, dass die darin enthaltenen rechtlichen Beurteilungen nicht mehr miteinander vereinbar sind, handelt es sich um einen Widerstreit, nämlich einen denklogischen Widerstreit. Mit diesem Verständnis ist § 174 Abs. 4 AO auch kein Fremdkörper innerhalb des § 174 AO, sondern fügt sich in die übrigen Tatbestände dieser Vorschrift ein. |
|
|
Der Senat hält daher an der ständigen Rechtsprechung des BFH fest, nach der es dem Sinn und Zweck der Vorschrift entspricht, den Steuerpflichtigen im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an seiner Auffassung festzuhalten, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen ist. Hat er erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten, muss er auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen. Es handelt sich um eine besondere gesetzliche Ausformung des Grundsatzes von Treu und Glauben (BFH-Urteile vom 24. März 1981 VIII R 85/80, BFHE 134, 1, BStBl II 1981, 778; in BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647 mit eingehender Begründung; vom 10. März 1999 XI R 28/98, BFHE 188, 409, BStBl II 1999, 475; in BFHE 212, 517, BStBl II 2007, 602; in BFH/NV 2013, 690; ebenso von Groll in HHSp, § 174 AO Rz 220; von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO § 174 Rz 91, 104; Koenig/Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 174 Rz 59; Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 174 Rz 51, 57). |
|
|
bb) Die Anwendbarkeit von § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist schließlich nicht dadurch eingeschränkt, dass bereits ein rechtskräftiges Urteil betreffend den Gewerbesteuermessbetrag 2001 existiert. Dieses bindet nach § 110 Abs. 1 FGO nur, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Das für das FG geltende und von diesem angewandte Verböserungsverbot hinderte das FA aber nicht, einen Änderungsbescheid zu erlassen, da nach § 110 Abs. 2 FGO die Rechtskraftwirkung des Urteils die Vorschriften der AO u.a. über die Änderung von Verwaltungsakten unberührt lässt. Zwar erlaubt § 174 Abs. 4 Satz 1 AO nicht eine nochmalige Änderung eines bereits durch Gerichtsentscheidung modifizierten Steuerbescheids mit dem Ziel, aus dieser Gerichtsentscheidung Folgerungen zu ziehen, die das Gericht aus Gründen des Verböserungsverbots nicht ziehen durfte (BFH-Urteil vom 8. Juli 1992 XI R 54/89, BFHE 168, 231, BStBl II 1992, 867). Diese Aussage bezieht sich jedoch nur auf Korrekturen innerhalb desselben Besteuerungsverfahrens. Der BFH hat in der genannten Entscheidung im Einzelnen ausgeführt, dass sich im Rahmen des § 174 Abs. 4 AO schon begrifflich zwei oder mehrere verschiedene Besteuerungsverfahren gegenüberstehen müssen, in denen der "bestimmte Sachverhalt" möglicherweise geregelt werden könnte. Deswegen werde zutreffend allgemein von dem Erlass oder der Änderung einer "anderen" Steuerfestsetzung gesprochen. Mit seinem Urteil vom 8. Juni 2000 IV R 65/99 (BFHE 192, 207, BStBl II 2001, 89) hat der BFH unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entscheidung in BFHE 168, 231, BStBl II 1992, 867 erläutert, dass nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO der nämliche Bescheid, der Gegenstand der gerichtlichen Nachprüfung war, grundsätzlich nochmals geändert werden könne, dass es nur nicht zulässig sei, einen durch das Gericht geänderten Bescheid zu Lasten des Steuerpflichtigen erneut zu ändern, wenn die Rechtsfolgen vom Gericht bereits in Betracht gezogen, aber aufgrund der Teilbestandskraft des angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheids bewusst nicht berücksichtigt wurden. Ein allgemeines "Änderungsverbot" im Hinblick auf § 174 Abs. 4 AO begründet das finanzgerichtliche Verböserungsverbot nicht (vgl. BFH-Urteil vom 13. Juni 2012 VI R 92/10, BFHE 237, 302, BStBl II 2013, 139; Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 174 Rz 51). |
|
|
Mithin schränken das für die Gerichte geltende Verböserungsverbot und die Rechtskraftwirkung des § 110 FGO die Änderbarkeit eines Bescheids nach § 174 Abs. 4 AO nur ein, wenn der zu ändernde Bescheid seinerseits den auf den Rechtsbehelf des Steuerpflichtigen geänderten Bescheid ändern soll. Allein dies ist nicht zulässig (ebenso BFH-Beschluss vom 13. Juni 2012 I B 137/11, BFH/NV 2012, 1574). |
|
|
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. |
|