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Straf- und Bußgeldsachenstelle

§ 385 Abs. 1 AO

Gemäß § 386 Abs. 1 Satz 1 AO ermittelt die Finanzbehörde bei dem Verdacht einer Steuerstraftat den Sachverhalt. Nach dem Gesetz ist als Finanzbehörde u.a. das Finanzamt anzusehen. Die sachliche Zuständigkeit ist jedoch in vielen Bundesländern gem. § 387 Abs. 2 AO auf dem Wege der Rechtsverordnung auf eine Finanzbehörde für den Bereich mehrerer Finanzbehörden übertragen worden, da dies die Wirtschafts- und Verkehrsverhältnisse, der Aufbau der Finanzverwaltung und andere örtliche Bedürfnisse zweckmäßig erscheinen ließen. Hierzu wurden eigene Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (STRAFA-FÄ) begründet, die regional übergreifend tätig werden. Innerhalb eines solchen Finanzamts führt die Straf- und Bußgeldsachenstelle grundsätzlich das Ermittlungsverfahren und nimmt damit die Stellung einer Staatsanwaltschaft ein, deren Rechte in diesem Ermittlungsverfahren jedoch unberührt bleiben.

Die Straf- und Bußgeldsachenstelle kann das Ermittlungsverfahren in den Grenzen des § 399 Abs. 1 AO und der §§ 400, 401 AO selbstständig durchführen, wenn die Tat

  • ausschließlich eine Steuerstraftat darstellt (§ 386 Abs. 2 Nr. 1 AO) oder

  • zugleich andere Strafgesetzte verletzt und deren Verletzung Kirchensteuern oder andere öffentlich-rechtliche Abgaben betrifft, die an Besteuerungsgrundlagen, Steuermessbeträge oder Steuerbeträge anknüpfen (§ 386 Abs. 2 Nr. 2 AO).

Sie ist in diesen Fällen die Herrin des Strafverfahrens und führt die notwendigen Ermittlungen selbst durch oder beauftragt die Steuerfahndung mit den Ermittlungen. Ferner leitet sie das Ermittlungsverfahren und beaufsichtigt es, trifft die Entscheidungen von verfahrenserheblicher Bedeutung und bringt das Verfahren zum Abschluss. Die Straf- und Bußgeldsachenstelle hat im selbstständigen Ermittlungsverfahren von Steuerstraftaten grundsätzlich die Rechte und Pflichten der Staatsanwaltschaft (§ 399 Abs. 1 AO, Nr. 17 AStBV (St) 2011). Einschränkungen ergeben sich z.B. beim Vollzug eines Haftbefehls und beim Strafmaß.

Die Staatsanwaltschaft kann zu jedem Zeitpunkt das Verfahren an sich ziehen und auch wieder an die Finanzbehörde zurückgeben. Ebenso hat die Straf- und Bußgeldsachenstelle die Möglichkeit, das Ermittlungsverfahren an die Staatsanwaltschaft abzugeben (§ 386 Abs. 4 AO).

Führt hingegen die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren in eigener Zuständigkeit aus, so hat die Straf- und Bußgeldsachenstelle die Funktion der Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft (§ 402 Abs. 1 AO i.V.m. § 309 Abs. 2 S. 2 AO). Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, die Steuerstraftaten betreffen, ist die Straf- und Bußgeldsachenstelle zwingend zu beteiligen. Sie hat dabei dieselben Rechte und Pflichten wie die Behörden des Polizeidienstes nach der Strafprozessordnung. Ferner können die Bediensteten der Straf- und Bußgeldsachenstelle den Sachverhalt erforschen und alle unaufschiebbaren Anordnungen treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Hinzu kommt die Anordnung von Beschlagnahmen, Notveräußerungen, Durchsuchungen und weiteren Untersuchungen. Der Vertreter der sonst zuständigen Finanzbehörde darf auf diesem Wege auch Fragen an Beschuldigte, Zeugen und Sachverständige stellen. Ist der Staatsanwaltschaft in diesem Verfahren die Teilnahme an richterlichen Verhandlungen gestattet, so hat die Straf- und Bußgeldsachenstelle ebenso ein Teilnahmerecht. Voraussetzung hierfür ist, dass der Finanzbehörde rechtzeitig Ort und Zeit der Ermittlungshandlungen bzw. die Anklageschrift und der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls mitgeteilt worden sind.

Hinweis:

Bevor die Staatsanwaltschaft das von ihr geleitete Ermittlungsverfahren von Steuerstraftaten einstellen kann, ist die sonst zuständige Finanzbehörde zu hören (§ 403 Abs. 4 AO).

Ebenso ist die Finanzbehörde gem. § 409 AO bei Steuerordnungswidrigkeiten die zuständige Verwaltungsbehörde i.S.d. § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG; als sachlich zuständige Finanzbehörde nach § 387 Abs. 2 AO.

Der Straf- und Bußgeldsachenstelle kommen folgende Aufgaben zu:

  • die Ermittlung von Steuerstraftaten, §§ 386 Abs. 1, 369 AO; Nr. 18 AStBV (St) 2011;

  • die Ermittlung von sog. Vorspiegelungstaten, §§ 385 Abs. 2 AO, 386 Abs. 1 AO, Nr. 18 Ziff. 1 S. 2 AStBV (St) 2011;

    Vorspiegelungstaten liegen vor, wenn der Finanzbehörde oder einer anderen Behörde ein steuerlich erheblicher Sachverhalt, der auf die Erlangung eines Vermögensvorteils gerichtet ist, aber kein Steuerstrafgesetz verletzt, vorgespiegelt wird.

    Beispiel:

    Einreichen von Lohnsteuerkarten auf Namen nicht existenter Personen mit dem Ziel, eine Einkommensteuererstattung zu erhalten oder das fingieren von Geschäftsvorfällen durch eine Scheinfirma, um Vorsteuererstattungen zu erlangen.

    Mit Beschluss vom 23.03.1994 - 5 StR 91/94 (wistra 1994, 194) hat der BGH diese Sachverhalte als Steuerhinterziehung angesehen.

    Hinweis:

    Das Vorliegen einer Vorspiegelungstat führt immer zur Abgabe des Ermittlungsverfahrens durch die Straf- und Bußgeldsachenstelle an die Staatsanwaltschaft, da ein selbstständiges Ermitteln nach § 386 Abs. 2 AO ausdrücklich in § 385 Abs. 2 AO ausgeschlossen ist.

  • die Ermittlung von Kirchensteuer- und Abgabevergehen, wenn die Abgaben an Besteuerungsgrundlagen anknüpfen; § 386 Abs. 2 Nr. 2 AO, Nr. 17 Abs. 1 Ziff. 2 AStBV (St) 2011;

  • die Ermittlung von sog. Analogtaten, d.h. Steuerstraftaten gleichgestellten Taten, Nr. 19 AStBV (St) 2011;

  • Subventionsbetrug (§§ 263, 264 StGB) i.Z.m. Investitionszulagen

    Beispiel:

    Prämien und Zulagen

  • die Ermittlung von Steuerordnungswidrigkeiten, § 409 AO, § 36 Abs. 1 Nr.1 OWiG, §§ 377 ff. AO, Nr. 105 AStBV (St) 2011, Nr. 109 AStBV (St) 2011, und gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten, Nr. 106 AStBV (St) 2011;

  • die Ermittlung von Steuerordnungswidrigkeiten nach dem Steuerberatungsgesetz, § 164 StBerG, § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG, § 409 AO, Nr. 107 AStBV (St) 2011, Nr. 109 AStBV (St) 2011.

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