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Kindergeld - Sozialversicherungsbeiträge

§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG

Voraussetzung für den Anspruch auf Kindergeld und die Kinder-Freibeträge ist bei volljährigen Kindern, dass sie sich z.B. in Ausbildung befinden.

Zudem darf bis 2011 die Einkunftsfreigrenze der eigenen Einkünfte des Kindes von 8.004 EUR nicht überschritten werden.

§ 32 Abs. 4 EStG ist durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 dahingehend geändert worden, dass begünstigte volljährige Kinder ab 2012 unabhängig von der Höhe ihrer eigenen Einkünfte und Bezüge zu berücksichtigen sind. Deshalb sind die nachfolgenden Ausführungen im Ergebnis ab 2012 nicht mehr von Bedeutung. Bis 2011 muss genau gerechnet werden, was von den Bruttoeinnahmen abgezogen werden kann.

Von den Ausbildungsvergütungen des Kindes können bis 2011 Werbungskosten wie die Entfernungspauschale für den Weg zur Ausbildungsstätte, Arbeitsmittel und Fachbücher, zumindest aber der Pauschbetrag in Höhe von 1.000 EUR (bis 2010 = 920 EUR) abgezogen werden. Zusätzlich zu den Einkünften werden auch noch Bezüge wie ein pauschalbesteuerter Mini-Job oder BAföG als Bezüge angesetzt. Hiervon können allerdings besondere Ausbildungskosten wie Semestergebühren oder Fahrtkosten zur Uni abgezogen werden. Pauschal werden von Bezügen nur 180 EUR jährlich berücksichtigt. Wird der Grenzbetrag überschritten, werden die Steuervorteile für Kinder abgelehnt.

Das BVerfG änderte die frühere Verwaltungspraxis (BVerfG, Beschluss 11.01.2005 - 2 BvR 167/02). § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sei verfassungskonform so auszulegen, dass sowohl von den Bezügen als auch von den Einkünften nur diejenigen in den Jahresgrenzbetrag einfließen, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausübung bestimmt oder geeignet sind. Die Sozialversicherungsbeiträge werden vom Arbeitgeber direkt abgeführt und stehen daher dem Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht zur Verfügung. Deshalb dürfen die Sozialversicherungsanteile nicht angerechnet werden. Aufwendungen für private Krankenversicherungen (bei Beamtenanwärtern) mindern ebenfalls die Einkünfte zumindest für solche Beiträge, die für einen den jew. Beihilfevorschriften angepassten Versicherungsschutz aufgewendet werden (BFH, 14.12.2006 - III R 24/06 und BFH, 16.11.2006 - III R 74/05). Bei der Prüfung, ob die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Jahresgrenzbetrag überschreiten, sind lt. BFH, 26.09.2007 - III R 4/07, DStR 2008, 244 die Einkünfte aber weder um die einbehaltenen Lohn- und Kirchensteuer noch um die Beiträge zu einer privaten Zusatzkrankenversicherung oder einer Kfz-Haftpflichtversicherung zu kürzen.

Beispiel:

Auszubildende B erhält 2011 im dritten Lehrjahr monatlich 800 EUR als Ausbildungsvergütung. Kindergeldanspruch besteht zunächst nicht, weil mit Jahreseinkünften in Höhe von 800 EUR x 13 = 10.400 EUR trotz Minderung um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.000 EUR die Grenze von 8.004 EUR eindeutig überschritten ist. Das BVerfG rechnet wie folgt: Bruttobetrag abzüglich der geleisteten Sozialversicherungsbeiträge (derzeit ca. 21 %). Somit ist der Grenzbetrag nunmehr unterschritten.

Wenn bisher gar kein Kindergeldantrag gestellt worden ist, gilt die normale Festsetzungsverjährung nach §§ 169 ff AO von vier Jahren.

Praxistipp:

Die vierjährige Festsetzungsfrist für das Jahr 2009 beginnt am 01.01.2010 und endet am 31.12.2013.

Die Änderung von alten Steuerbescheiden ist anders als beim Kindergeld außerhalb von Rechtsbehelfsverfahren problematischer. Die nachträgliche Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen lässt das Finanzamt nur zu, wenn die Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind, z.B. vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen wurden (BMF, 18.11.2005 - IV C 4 - S 2282 - 27/05).

Der rückwirkende Kindergeldbescheid kann Grundlagenbescheid bzw. ein rückwirkendes Ereignis gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO für weitere Steuervorteile sein. Wird Kindergeld z.B. für ein behindertes Kind für die Jahre 2005 bis 2008 nachgezahlt, haben die Eltern nunmehr Anspruch auf den (auf sie übertragenen) - ggf. erhöhten - Behinderten-Pauschbetrag des Kindes in Höhe von 3.700 EUR jährlich. Die Steuerbescheide der Jahre sind zu korrigieren, obwohl wegen deren Bestandskraft gar kein Kinderfreibetrag mehr gewährt werden kann. Steuervorteil bei einem Steuersatz von 35 %: 4 Jahre x 3.700 EUR x 35 % = 5.180 EUR. Auch das frühere Baukindergeld oder die Kinderzulage zur Eigenheimzulage müssen nachgezahlt werden. Denn im ungekehrten Fall, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Einkunftsgrenze überschritten wird, wird die Kinderzulage auch rückwirkend wieder für vergangene Jahre gestrichen. Die AO-Referatsleiter Bund / Länder haben schon in 2002 beschlossen, dass eine nachträgliche Kindergeldfestsetzung für daran anknüpfende steuerliche Tatbestände als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr.2 AO anzusehen sei (OFD Berlin, 24.10.2002, DB 2002, 2625).

Hinweis:

Beiträge des Kindes zur tarifvertraglich vorgesehenen VBL-Pflichtversicherung (Pflichtversicherung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder) sind bei der Grenzbetragsprüfung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht von dessen Einkünften und/oder Bezügen abzuziehen, wenn das Kind gesetzlich rentenversichert ist (BFH, 17.06.2010 - III R 59/09). Eine gesetzliche Verpflichtung besteht, so das Gericht, bei VBL-Beiträgen nicht. Die Versicherungspflicht beruhe vielmehr auf Tarifvereinbarungen, die im Interesse der Beschäftigten ausgehandelt würden und die sich die Beschäftigten zurechnen müssten (Weiterentwicklung der Rechtsprechung gem. BFH, 26.09.2007 - III R 4/07, BStBl. II 2008, 738).

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