BFH, Urteil III R 1/22 vom 10.07.2024
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 10. Juli 2024 (Az. III R 1/22) entschieden, dass die steuerliche Entlastung für Kinderbetreuungskosten und der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im paritätischen Wechselmodell nur einem Elternteil zustehen können. Das Urteil betrifft wichtige Fragen zur steuerlichen Behandlung von Eltern, die sich die Betreuung eines Kindes gleichmäßig teilen, ohne gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt zu werden.
Leitsätze des BFH
- Kinderbetreuungskosten
Kinderbetreuungskosten können nur von demjenigen Elternteil als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG steuermindernd geltend gemacht werden, der diese tatsächlich getragen hat. Dies gilt auch im Fall des paritätischen Wechselmodells. - Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende kann auch bei einem paritätischen Wechselmodell nur einem Elternteil zugeordnet werden. Der BFH stellte klar, dass dies nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verstößt. Es bleibt somit dabei, dass nur einer der beiden Elternteile Anspruch auf den Entlastungsbetrag hat. - Kindergeld und Kinderfreibetrag
Bei Eltern, die nicht zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, wird im Rahmen der sogenannten Günstigerprüfung nach § 31 Satz 4 EStG bei jedem Elternteil der Kindergeldanspruch anteilig nach dem bei ihm zu berücksichtigenden Kinderfreibetrag angerechnet. Dies geschieht unabhängig davon, ob der jeweilige Elternteil die tatsächliche Verfügungsmacht über das Kindergeld hat oder nicht.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil hat bedeutende Auswirkungen für Eltern, die ein paritätisches Wechselmodell praktizieren, also die Kinderbetreuung gleichmäßig aufteilen. Trotz der gleichmäßigen Betreuung bleibt der steuerliche Vorteil auf eine Person begrenzt:
- Kinderbetreuungskosten: Nur der Elternteil, der die Kosten tatsächlich trägt, kann diese steuermindernd als Sonderausgaben absetzen.
- Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird weiterhin nur einem Elternteil zugeteilt, auch wenn beide Elternteile das Kind gleichmäßig betreuen. Diese Regelung wird nicht als verfassungswidrig angesehen.
- Kindergeld und Kinderfreibetrag: Im Rahmen der Günstigerprüfung wird das Kindergeld anteilig jedem Elternteil zugeordnet, entsprechend der Berücksichtigung des Kinderfreibetrags, unabhängig davon, wer das Kindergeld tatsächlich erhält.
Fazit
Der BFH bestätigt, dass im paritätischen Wechselmodell steuerliche Entlastungen nur einem Elternteil zustehen, was insbesondere den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende betrifft. Diese Regelungen stellen nach Ansicht des Gerichts keinen Verstoß gegen das Grundgesetz dar. Eltern, die sich die Betreuung eines Kindes gleichmäßig teilen, sollten sich daher bewusst sein, dass nur einer von ihnen die steuerlichen Vorteile in vollem Umfang nutzen kann.
Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil III R 1/22 vom 10.07.2024.