Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Steuerpflichtige Beteiligungserträge bei Kapitalgesellschaften

Kernproblem

Erzielt eine Kapitalgesellschaft Erträge aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften oder aus Dividenden, so sind diese grundsätzlich zu 95 % steuerbefreit. Eine Ausnahme normiert das Körperschaftsteuergesetz für den Fall, dass die Kapitalgesellschaft als Finanzunternehmen qualifiziert und die Anteile mit der Absicht eines kurzfristigen Eigenhandelserfolgs erworben wurden. Die Ausnahmevorschrift wurde lange Zeit weitgehend übersehen, ist aber seit einem Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahr 2009, wonach auch normale Familien- und Industrieholdinggesellschaften unter die Norm fallen können, in den Fokus der Beraterschaft gelangt. Nunmehr hat der BFH den Anwendungsbereich der Vorschrift weiter konkretisiert.

Sachverhalt

Die klagende GmbH erwarb unter Stundung des Kaufpreises Aktien einer zunächst nicht börsennotierten AG. Nach zwischenzeitlich erfolgtem Börsengang veräußerte die GmbH die Aktien gut sechs Monate später. Erst im Anschluss an die Veräußerung erfolgte die buchhalterische Erfassung der Anteile unter dem Posten „Beteiligungen“ im Anlagevermögen. Weitere nennenswerte Geschäfte tätigte die GmbH nicht. Das Finanzamt behandelte den Veräußerungsgewinn als voll steuerpflichtig. Klage und Revision der GmbH blieben erfolglos.

Entscheidung

Nach Ansicht des BFH bestehen keine Zweifel, die GmbH als Finanzunternehmen zu qualifizieren, da sie vorliegend ausschließlich finanzunternehmerische Tätigkeiten ausübte. Die Ausnahmevorschrift im Körperschaftsteuergesetz erfasse auch jeglichen Umschlag von Anteilen, also auch Anteile an einer GmbH sowie einer nicht börsennotierten AG. Im Zeitpunkt des Erwerbs lag nach Auffassung der Richter auch die Absicht vor, einen kurzfristigen Handelserfolg zu erzielen. Aus der Erfassung der Anteile im Anlagevermögen ergebe sich tatsächlich keine entgegenstehende (indizielle) Bedeutung, wenn – wie im Streitfall – die Verbuchung nicht zeitnah mit dem Erwerb, sondern zeitlich erst nach der Veräußerung der Anteile erfolge.

Konsequenz

Aufgrund der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des BFH zur Ausnahmebestimmung ist davon auszugehen, dass die Prüfung einer voll steuerpflichtigen Beteiligungsveräußerung zukünftig vermehrt im Rahmen von Betriebsprüfungen aufgegriffen wird. Dies gilt vor allem in Fällen, in denen zwischen Erwerb und Veräußerung der Anteile ein Zeitraum von weniger als zwölf Monaten liegt. Dem Steuerpflichtigen steht jedoch die Möglichkeit offen, einen entsprechenden Gegenbeweis, z. B. durch Nachweis eines langfristigen Finanzierungskonzepts, anzutreten. In einem weiteren Urteil hat der BFH geklärt, dass generell auch vermögensverwaltende (Familien-)Gesellschaften in den Anwendungsbereich der körperschaftsteuerlichen Ausnahmenorm fallen (können). Damit kann die Vorschrift in der Praxis eine erhebliche Stolperfalle darstellen.

Ambulante Chemotherapien im Krankenhaus sind nicht steuerpflichtig

Der 9. Senat des Finanzgerichts Münster hat in einem heute veröffentlichten Urteil vom 23. Februar 2012 (9 K 4639/10 K, G) entschieden, dass in einem Krankenhaus durchgeführte ambulante Chemotherapien auch insoweit nicht steuerpflichtig sind, als die zur Behandlung eingesetzten Zytostatika durch die Krankenhausapotheke zur Verfügung gestellt werden.

Im Streitfall betrieb die Klägerin verschiedene gemeinnützige Kliniken. Aufgrund einer sog. Institutsermächtigung war es ihr gestattet, ambulante Chemotherapien durchzuführen. Die notwendigen Zytostatika stellte die Krankenhausapotheke her. Ambulant therapiert wurden regelmäßig Krebspatienten, die zuvor stationär behandelt worden waren. Das Finanzamt war der Meinung, dass zwar die Versorgung stationär aufgenommener Patienten mit Zytostatika als allgemeine Krankenhausleistung anzusehen und daher dem steuerfreien Zweckbetrieb zuzuordnen sei. Die Abgabe von Zytostatika im ambulanten Bereich erfolge hingegen im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Daher sei das zu versteuernde Einkommen der Klägerin und der Gewerbeertrag um die aus dieser Tätigkeit resultierenden Gewinne zu erhöhen. Die Klägerin sah dies anders – und bekam jetzt Recht. Die ambulante Versorgung von Patienten mit Zytostatika sei – so der 9. Senat – dem Zweckbetrieb der Klägerin zuzuordnen. Der hieraus erzielte Gewinn unterliege weder der Körperschaft- noch der Gewerbesteuer.

Zwar unterhalte die Klägerin insoweit einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO. Dieser unterliege jedoch nicht der Steuerpflicht, da die Abgabe der Zytostatika an ambulant behandelte Patienten dem Zweckbetrieb Krankenhaus (§ 67 Abs. 1 AO) zuzuordnen sei. Die von der Klägerin im Bereich der ambulanten onkologischen Therapien erbrachte Krankenhausbehandlung umfasse auch die Abgabe von Zytostatika durch die Krankenhausapotheke, die eng in das Behandlungskonzept eingebunden sei. Die Krankenhausbehandlung beschränke sich nicht nur auf ärztliche und pflegerische Leistungen, sondern erstrecke sich auf die Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln. Dementsprechend sei auch die Abgabe von Zytostatika an stationär behandelte Patienten unstreitig dem Zweckbetrieb zuzuordnen. Nicht nachvollziehbar sei, warum – wie das Finanzamt meine – die Abgabe der Zytostatika im Rahmen ambulanter Therapien eine von der ärztlichen und pflegerischen Leistung zu trennende selbständige Leistung sein solle. Dies gelte umso mehr, als die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer bzw. teilstationärer Behandlung fließend bzw. die Behandlungsformen eng miteinander verzahnt seien. Ohne Belang sei es auch, ob die Klägerin bei der Verabreichung der Zytostatika im Rahmen ambulanter Behandlungen im Wettbewerb zu anderen Anbietern von Zytostatika stehe.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Über die umsatzsteuerliche Behandlung  der Abgabe von Krebsmedikamenten im Rahmen ambulanter Therapien hat der 5. Senat des Finanzgerichts Münster bereits mit Urteil vom 12. Mai 2011 (5 K 435/09 U) entschieden.

Pressemitteilung Nr. 9 vom 17.04.2012

Steuererklärungsfristen für 2011

Abgabefrist für Steuererklärungen

Für das Kalenderjahr 2011 sind folgende Erklärungen bis zum 31.5.2012 bei den Finanzämtern abzugeben: die Erklärungen zur Einkommensteuer, einschließlich der Erklärungen zur gesonderten sowie zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung sowie zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags. Ferner die Erklärungen zur Körperschaftsteuer, einschließlich der Erklärungen zu gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die in Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerveranlagung durchzuführen sind, sowie für die Zerlegung der Körperschaftsteuer. Ebenfalls bis zu diesem Datum abzugeben sind die Erklärungen zur Gewerbesteuer, einschließlich der Erklärungen zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes und zur gesonderten Feststellung des Zuwendungsvortrags sowie für die Zerlegung des Steuermessbetrags. Schließlich auch die Erklärungen zur Umsatzsteuer sowie zur gesonderten oder zur gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 18 des Außensteuergesetzes.

Sonderfrist

Bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Frist nicht vor Ablauf des fünften Monats, der auf den Schluss des Wirtschaftsjahres 2011/2012 folgt.

Fristverlängerung

Sofern die vorbezeichneten Steuererklärungen durch Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften im Sinne der §§ 3 und 4 StBerG angefertigt werden, wird die Frist allgemein bis zum 31.12.2012 verlängert. Bei Steuererklärungen für Steuerpflichtige, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, tritt an die Stelle des 31.12.2012 der 31.5.2013. Es bleibt den Finanzämtern vorbehalten, Erklärungen mit angemessener Frist für einen Zeitpunkt vor Ablauf der allgemein verlängerten Frist anzufordern. Von dieser Möglichkeit soll insbesondere Gebrauch gemacht werden, wenn für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum die erforderlichen Erklärungen verspätet oder nicht abgegeben wurden. Ferner dann, wenn für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum kurz vor Abgabe der Erklärung bzw. vor dem Ende der Karenzzeit nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt wurden oder sich aus der Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine hohe Abschlusszahlung ergeben hat. Des Weiteren soll von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, wenn hohe Abschlusszahlungen erwartet werden oder für Beteiligte an Gesellschaften und Gemeinschaften Verluste festzustellen sind oder die Arbeitslage der Finanzämter es erfordert. Im Übrigen wird davon ausgegangen, dass die Erklärungen laufend fertig gestellt und unverzüglich eingereicht werden. Aufgrund begründeter Einzelanträge kann die Frist für die Abgabe der Steuererklärungen bis zum 28.2.2013 bzw. in den Fällen, in denen die vorbezeichnete Sonderfrist gilt, bis zum 31.7.2013 verlängert werden. Eine weitergehende Fristverlängerung kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Die allgemeine Fristverlängerung gilt nicht für Anträge auf Steuervergütungen. Sie gilt auch nicht für die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit mit Ablauf des 31.12.2011 endete. Hat die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit vor dem 31.12.2011 geendet, ist die Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr einen Monat nach Beendigung der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit abzugeben.

 

Ausschluss von Sonderausgabenabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen nicht europarechtskonform

Rechtslage

Grundsätzlich dürfen beschränkt Steuerpflichtige Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur insoweit abziehen, als sie mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Unter bestimmten, vom Einkommensteuergesetz vorgegebenen, Voraussetzungen ist ein Sonderausgabenabzug gänzlich ausgeschlossen. Dieser Ausschluss ist dann europarechtswidrig, wenn dauernde Lasten für eine Übertragung inländischen Vermögens gezahlt werden.

Sachverhalt

Das Finanzgericht Münster hatte kürzlich zu entscheiden, ob von einem beschränkt Steuerpflichtigen mit Wohnsitz in einem europäischen Nachbarstaat zulässigerweise dauernde Lasten im Zusammenhang mit der Übertragung einer „deutschen“ Einkunftsquelle – konkret ging es um die Beteiligung an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) – geltend gemacht werden dürfen. Fraglich war in diesem Zusammenhang, ob die entsprechende Regelung im Einkommensteuergesetz einen Sonderausgabenabzug wirksam untersagt oder ob die Regelung gegen die durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) definierten Grundfreiheiten verstößt und ein Abzug deshalb auch bei einem in Deutschland beschränkt steuerpflichtigen EU-Bürger zuzulassen ist.

Entscheidung

Das beklagte Finanzamt hatte argumentiert, eine Berufung auf die europarechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit setze voraus, dass der mit der Zahlung belastete beschränkt Steuerpflichtige insoweit Werbungskosten geltend mache, was nach dem Einkommensteuergesetz auch möglich sei. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes vertrat das Finanzgericht die Auffassung, es greife in diesen Fällen die Vorschrift des AEUV zur Kapitalverkehrsfreiheit. Mit Verweis auf die Begründung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einer früheren Entscheidung war das Finanzgericht der Ansicht, es ergäben sich auch in den Fällen Benachteiligungen, in denen es lediglich um die Berücksichtigung von Sonderausgaben gehe. Der EuGH hatte entschieden, es verstoße gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, wenn dauernde Lasten, die in ein Inländer für die Übertragung einer inländischen Einkunftsquelle leistet, steuerlich abzugsfähig seien, während ein entsprechender Abzug bei einem gebietsfremden Steuerpflichtigen ausgeschlossen sei.

Konsequenz

Gegen das Urteil ist Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden. Bis zur Entscheidung des BFH sollten entsprechende Veranlagungen offen gehalten werden.

Nur noch „eine“ Betriebsstätte bei selbstständiger Tätigkeit

Kernproblem

Unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Sommer 2011 entschieden, dass ein Arbeitnehmer – wenn überhaupt – nur eine regelmäßige Arbeitsstätte innehaben kann. Entgegen des bisherigen Rechtsverständnisses sei für die Einordnung als regelmäßige Arbeitsstätte eine zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsstätten erforderlich. Die Frage nach dem Ort der regelmäßigen Arbeitsstätte stellt sich insbesondere, wenn Arbeitnehmer fortdauernd und immer wieder verschiedene Tätigkeitsstätten des Arbeitgebers aufsuchen. Die Festlegung des Orts und der Anzahl der Arbeitsstätten hat neben der Anwendung des Reisekostenrechts auch Auswirkungen auf die Berechnung des geldwerten Vorteils bei der privaten Nutzung eines Firmen-Pkw. Gegenstand eines Gerichtsverfahrens vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg war nunmehr die Frage, ob diese Grundsätze auch analog für den Bereich der selbstständig Tätigen, die begrifflich keine Arbeitsstätten sondern Betriebsstätten unterhalten, gelten.

Sachverhalt
Ein Ehepaar klagte, weil der Ehemann in den Veranlagungsjahren 2001-2003 sowohl als Personalberater als auch als Dozent bzw. Prüfer an verschiedenen Bildungseinrichtungen tätig war. Die Personalberatertätigkeit übte er im Erdgeschoss des eigenen Hauses aus. Für seine Dozenten- und Prüfertätigkeiten musste er hingegen u. a. verschiedene Hochschulen aufsuchen. Das Finanzamt wertete sämtliche Fahrten zu den Hochschulen als begrenzt abzugsfähige Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte. Hiergegen klagte der Steuerpflichtige, da er diese Fahrten als unbegrenzt abzugsfähige Reisekosten zum Abzug bringen wollte.

Entscheidung

Das Gericht gab der Klage des Steuerpflichtigen statt und ließ die Aufwendungen als Reisekosten in unbegrenztem Umfang zum Abzug zu. In seiner Urteilsbegründung bezieht sich das Gericht maßgeblich auf die o. g. Rechtsprechungsänderung des BFH: Wenn ein Arbeitnehmer nur (maximal) eine Arbeitsstätte haben kann, könne auch ein Selbstständiger nicht mehrere Betriebsstätten haben. Eine andere Auffassung würde der verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und Selbstständigen entgegenstehen.

Konsequenz

Selbstständig Tätige, die an verschiedenen Orten regelmäßig tätig sind, können ebenfalls (max.) eine regelmäßige Betriebsstätte haben. Dies ist derjenige Standort, an dem sich der ortsgebundene Mittelpunkt der Tätigkeit befindet. Fahrten zwischen der Wohnung und dieser Betriebsstätte sind (weiterhin) nur begrenzt im Rahmen der sog. Pendlerpauschale abzugsfähig. Die Fahrten zu den übrigen Betriebsstätten werden als unbegrenzt abzugsfähige Reisekosten berücksichtigt. Das Finanzamt hat gegen die Entscheidung Revision eingelegt. Es erscheint indes eher unwahrscheinlich, dass der BFH dieser stattgibt.

Prüfungspflicht einer Bank in Bezug auf die Erbenstellung

Prüfungspflicht einer Bank in Bezug auf die Erbenstellung

Kernaussage

Zum Nachweis der Erbenlegitimation muss die Bank keinen Erbschein verlangen, wenn ihr ein notariell beurkundetes und eröffnetes Testament vorgelegt wird. Dies gilt selbst dann, wenn der Bank widersprechende letztwillige Verfügungen vorgelegt werden. Ergibt sich nämlich kein zwingender Widerspruch, darf sich die Bank auf das Testament verlassen, denn eine Auslegung kann in ihrem Tagesgeschäft nicht verlangt werden.

Sachverhalt

Der Kläger ist durch einen notariell beurkundeten Erb- und Verzichtsvertrag seiner Eltern aus dem Jahr 1980 Alleinerbe seines im Jahr 2005 letztverstorbenen Vaters. Der Erbvertrag enthält eine Vorbehaltsklausel zugunsten des Erblassers, wonach eine Abänderung, Aufhebung oder neue einseitige Verfügungen von Todes wegen zulässig bleiben. Im Jahr 2004 errichtete der Erblasser ein notarielles Testament zugunsten seiner Lebensgefährtin als Alleinerbin. Bei der beklagten Bank unterhielt der Erblasser ein Depot mit Fondsanteilen im Wert von 80.000 EUR. Unter Vorlage des notariellen Testaments sowie des Erb- und Verzichtsvertrages durch die Lebensgefährtin übertrug die Beklagte dieser die Fondsanteile. Der Kläger verlangt von der Bank Schadensersatz in Höhe des Wertes der Fondsanteile sowie weiteren entgangenen Gewinn wegen Verletzung der Prüfpflichten aus dem Depotvertrag. Das Landgericht gab der Klage statt. Die dagegen gerichtete Berufung der Bank vor dem Oberlandesgericht hatte Erfolg.

Entscheidung

Die Regelungen des Depotvertrages enthalten für die Beklagte das Recht, die Vorlage eines Erbscheins zu verlangen. Eine Pflicht kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die unterschiedlichen Regelungen des Erbvertrages und des Testaments begründen auch keine Prüfungspflicht hinsichtlich der Erbenlegitimation durch die Bank. Es ist nämlich zulässig, dass die Parteien in dem Erbvertrag dem Erblasser das Recht vorbehalten, in einer späteren letztwilligen Verfügung abweichende Bestimmungen zu treffen, solange der Erbvertrag durch diesen Vorbehalt nicht gänzlich ins Leere geht. Eine solche Prüfungspflicht kann im Tagesgeschäft der Banken nicht gefordert werden. Da beide Verfügungen vor demselben Notar beurkundet wurden und dieser verpflichtet ist, deren rechtliche Zulässigkeit und Wirksamkeit zu prüfen, durfte die Bank auf die Wirksamkeit des Testaments vertrauen.

Konsequenz

Der Erbschein bekundet als formalisierter Nachweis, wer Erbe ist und welchen Verfügungsbeschränkungen dieser unterliegt. Wird die Vorlage eines Erbscheins in das Ermessen einer Bank gestellt, liegt das Risiko bei Zahlung an den Scheinerben gemäß diesem Urteil grundsätzlich beim Erben.

Erster (ernst zu nehmender) Angriff auf die Erbschaftsteuerreform

Erster (ernst zu nehmender) Angriff auf die Erbschaftsteuerreform

Rechtslage

Die zum 1.1.2009 in Kraft getretene und zum 1.1.2010 (zum Teil rückwirkend) überarbeitete Erbschaftsteuerreform begegnet erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies insbesondere im Hinblick auf die steuerliche Behandlung von entfernteren Verwandten, die die Reform durch höhere Steuersätze (besonders im Jahr 2009) zum Teil gegenfinanzieren, und die weiterhin bestehende Ungleichbehandlung unterschiedlicher Vermögensarten. Bisher gab es vereinzelt Versuche, die Erbschaftsteuerreform unmittelbar anzugreifen, die jedoch gescheitert sind. Nunmehr ist beim Bundesfinanzhof (BFH) das erste, durch den Instanzenzug gegangene, Verfahren über verfassungsrechtlich bedenkliche Teile der Erbschaftsteuerreform rechtshängig. Den Rechtsstreit will der BFH offenbar dazu nutzen, die Erbschaftsteuerreform einer verfassungsrechtlichen Überprüfung zuzuführen.

Sachverhalt

Der Erbe war Neffe des Erblassers. Er erwarb 2009 (anteilig) einen Nachlass, der aus Barvermögen und einem Steuererstattungsanspruch bestand. Die Finanzverwaltung bewertete den nur aus Kapitalforderungen bzw. Barvermögen bestehenden Nachlass mit dem Nominalwert und setzte nach der Rechtslage 2009 Erbschaftsteuer mit einem Steuersatz von 30 % in der Steuerklasse II fest. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Erbe geltend, es sei verfassungswidrig, dass das geerbte Vermögen im Vergleich zu beispielsweise Betriebsvermögen erbschaftsteuerlich nicht privilegiert sei und er außerdem einem Steuersatz wie jeder fremde Dritte unterfalle. Er unterlag vor dem Finanzgericht. Aufgrund seiner Revision forderte der BFH das Bundesministerium der Finanzen nunmehr auf, dem Rechtsstreit beizutreten.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hat die Aufforderung an das Bundesministerium der Finanzen ausgesprochen, um folgende Fragen durch Stellungnahmen und Erfahrungswerte des Ministeriums zu klären: a) Verfassungsmäßigkeit der Gleichstellung entfernterer Angehöriger der Steuerklasse II mit fremden Dritten der Steuerklasse III im Jahre 2009 und b) Verfassungsmäßigkeit von Betriebsvermögensprivilegierungen der Erbschaftsteuerreform. Denn diese ermöglichen es durch Gestaltungen, die Steuerfreiheit von Vermögenserwerben zu erreichen, und zwar unabhängig von der Zusammensetzung des Vermögens und dessen Bedeutung für das Gemeinwohl. Gleichzeitig hat der BFH angekündigt, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, soweit Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bestünden.

Konsequenz

Während die bisherigen Versuche, die Erbschaftsteuerreform vor Gerichten anzugreifen, von vorneherein ohne große Aussicht auf Erfolg waren, zeigt die Entscheidung des BFH, dass es den Richtern ernst mit der Verfassungsprüfung der Erbschaftsteuerreform ist. Dies bedeutet zugleich, dass Erbschaftsteuerbescheide mit Einspruch und Verweis auf die Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuerreform angegriffen und offen gehalten werden sollten.

Bundessteuerberaterkammer feiert 50-jähriges Bestehen

Die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) beging am 3.November ihr 50-jähriges Jubiläum mit einem Festakt im Konzerthaus am Gendarmenmarkt in Berlin. Dr. Horst Vinken, Präsident der Bundessteuerberaterkammer, begrüßte die rund 250 Gäste aus Politik, Rechtsprechung, Wissenschaft und Verwaltung sowie Vertreter des Berufsstandes mit einer Festrede zum Thema „50 Jahre Bundessteuerberaterkammer – Erfolgsgeschichte der beruflichen Selbstverwaltung“. Dr. Hans Bernhard Beus, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, Prof. Dr. h.c. Rudolf Mellinghoff, Präsident des Bundesfinanzhofes, und Dr. Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der FAZ, würdigten den Berufsstand.
Mit Erlass des Steuerberatungsgesetzes im November 1961 wurde die berufliche Selbstverwaltung der Steuerberater auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Die Freiberuflichkeit und die berufliche Selbstverwaltung prägen seitdem die Berufsausübung der Steuerberater. Sie schaffen die Voraussetzung dafür, den Beruf frei vom Staat und im Interesse des Mandanten ausüben zu können. Der Steuerberater nimmt somit seit 50 Jahren als Organ der Steuerrechtspflege eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe im Interesse des Gemeinwohls wahr.
Die Bundessteuerberaterkammer hat in den vergangenen 50 Jahren nicht nur die berufsrechtliche Entwicklung der Steuerberater vorangetrieben, sondern auch die materiell-rechtliche Entwicklung des Steuerrechts im nationalen und europäischen Rahmen begleitet. Mit Stellungnahmen zu allen relevanten Gesetzgebungsvorhaben hat die BStBK den Sachverstand und die praktischen Erfahrungen in der Steuerberatung in die Gesetzgebungsverfahren eingebracht.

 

Die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) vertritt als gesetzliche Spitzenorganisation die Gesamtheit der bundesweit mehr als 88.000 Steuerberater, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften. Neben der Vertretung des Berufsstandes auf nationaler und internationaler Ebene wirkt die BStBK an der Beratung der Steuergesetze sowie an der Gestaltung des Berufsrechts mit. Sie fördert außerdem die berufliche Fortbildung der Steuerberater und die Ausbildung des Nachwuchses.

Geburtstagsfeiern mit Mitarbeitern/Geschäftspartnern in der Regel privat veranlasst

Kernproblem

Oftmals werden Bewirtungsaufwendungen im Zusammenhang mit persönlichen Ereignissen getätigt. Hierbei ist dann für die Zuordnung der Aufwendungen zum beruflichen oder privaten Bereich auch von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt und ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter, Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige handelt. Bei der Bewirtung von Kollegen im Zusammenhang mit Feiern für Abschied, Jubiläum, Weihnachten, Jahresabschluss oder Versetzung sieht der Bundesfinanzhof (BFH) durchaus einen betrieblichen Charakter. Bei einem runden Geburtstag aber hört die Feierlaune beim Finanzamt auf.

Sachverhalt

Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Ingenieurgesellschaft wurde 60 Jahre alt und ließ sich nicht lumpen. So lud er mit einem netten Vers die Mitarbeiter des Unternehmens in ein Burghotel zu einer Feier ein: „Wird Mann wird Frau bald 60 Jahre – es gilt für alle Jubilare: den Runden feiert man ganz groß, denn Kneifen ist charakterlos. Und dazu ist es angeraten, recht viele Gäste einzuladen. So ist es gute alte Sitte, der schöne Ruf sonst etwas litte“. Zuletzt bat er die Kollegen im Schreiben auf dem Briefkopf des Unternehmens darum, ihn bei „diesem schweren Schritt“ zu unterstützen. Dem Aufruf folgten 117 Personen, davon 18 Geschäftspartner und lediglich 6 Verwandte. Die große Beliebtheit des Geschäftsführers färbte jedoch nicht auf das Finanzamt ab, denn dieses wollte die Rechnung von über 6.000 EUR nicht als Werbungskosten anerkennen. So ging es zum Finanzgericht. Ob es dort weiterhalf, dass im gleichen Jahr seine 35jährige Betriebszugehörigkeit dazukam?

Entscheidung

Das FG Münster nimmt u. a. den Einladungstext zum Anlass, eine private Veranlassung der Feier zu unterstellen. Denn hier fehlten ebenso Aussagen zur Betriebszugehörigkeit, wie auf der Gästeliste. Zudem wurde dem 60jährigen vorgehalten, in dem Einladungsschreiben persönlich (und nicht als Unternehmensvertreter) aufgetreten zu sein, Gästeliste und Inhalt der Einladung nicht mit den beiden anderen Geschäftsführern abgestimmt zu haben und die Veranstaltung nicht auf dem Betriebsgelände, sondern auf einer Burg (und dann noch mit überdurchschnittlich 55,43 EUR je Person) durchgeführt zu haben. Der Tatsache, dass außer 6 Verwandten nur Betriebsangehörige und Geschäftspartner an der Veranstaltung teilnahmen, wollte das FG nicht die gewünschte Bedeutung beimessen.

Konsequenz

Ob das Urteil angesichts des mittlerweile aufgeweichten Aufteilungsverbots noch stimmig ist, erscheint fragwürdig. Will man Streit vermeiden, bietet der Einladungstext erste Möglichkeiten für einen günstigeren Ausgang.

Steht die private Kfz-Nutzung der Kleinunternehmerregelung entgegen?

Steht die private Kfz-Nutzung der Kleinunternehmerregelung entgegen?

Kernaussage

Unternehmer, die jährlich Umsätze von maximal 17.500 EUR erzielen, gelten nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) als Kleinunternehmer. Bei diesen verzichtet das Finanzamt auf die Erhebung der Umsatzsteuer. Im Gegenzug dürfen die Kleinunternehmer weder Umsatzsteuer in Rechnung stellen noch Vorsteuer ziehen. Umstritten ist, ob im Rahmen der Prüfung der Umsatzgrenze die private Kfz-Nutzung zu berücksichtigen ist. Hierzu entschied nun das Finanzgericht Berlin-Brandenburg.

Sachverhalt

Der Kläger betrieb seit 2002 eine Hausverwaltung. Bis einschließlich 2006 galt er als Kleinunternehmer. Für 2007 forderte das Finanzamt von ihm Umsatzsteuer, da er in 2006 die Umsatzgrenze für Kleinunternehmer überschritten habe. Entscheidend für die Überschreitung war, dass das Finanzamt erstmals die mittels der 1 %-Regelung ermittelte private Nutzung des im Jahr 2004 angeschafften betrieblichen Pkw in die Berechnung der maßgeblichen Umsätze einbezog. Der Kläger vertrat hingegen die Ansicht, dass der Eigenverbrauch für den Pkw bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes nicht zu berücksichtigen sei und verlangte die Aufhebung des streitigen Umsatzsteuerbescheids. Die Klage hatte Erfolg.

Entscheidung

Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg gab dem Kläger Recht, der entsprechend weiterhin als Kleinunternehmer zu behandeln ist. Da es bisher zu der umstrittenen Rechtsfrage an höchstrichterlicher Rechtsprechung fehlt, hat das FG die Revision zugelassen, die bereits beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig ist. Die endgültige Entscheidung bleibt daher abzuwarten.

Konsequenz

Kleinunternehmer, die bei Berücksichtigung der privaten Kfz-Nutzung Gefahr laufen, ihren Status als Kleinunternehmer zu verlieren, sollten den Ausgang des Verfahrens genau verfolgen. Folgt der BFH nicht der Entscheidung des FG, so können sich zahlreiche Probleme für die Betroffenen ergeben. Die Finanzämter werden versuchen, nachträglich die Umsatzsteuer einzutreiben. Können die Kleinunternehmer diese nicht mehr nachbelasten, muss die Steuer aus dem Netto beglichen werden. Im Gegenzug steht ihnen zwar nun der Vorsteuerabzug, z. B. aus der Anschaffung des Kfz zu, aber nur, wenn ordnungsgemäße Rechnungen in der Vergangenheit vorgelegen haben. Hierauf ist allerdings grundsätzlich zu achten, da die Kleinunternehmergrenze auch aus anderen Gründen überschritten werden kann.