Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Kein Gestaltungsmissbrauch bei Nießbrauchsbestellung zu Gunsten eines studierenden Kindes

Der 11. Senat hat mit Urteil vom 13. Dezember 2016 (Az. 11 K 2951/15) entschieden, dass es keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt, wenn eine Mutter ihrer Tochter zur Finanzierung des Studiums den Nießbrauch an einem vermieteten Grundstück bestellt.

Die verheirateten Kläger haben eine Tochter, die seit Oktober 2011 studiert. Um ihrer Tochter die Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts während des Studiums bereitzustellen, räumte die Mutter (Klägerin) mit notariell beurkundetem Vertrag ihrer Tochter ab dem 1. Januar 2013 einen bis zum 31. Dezember 2017 befristeten, unentgeltlichen Nießbrauch an einem bebauten Grundstück ein. Alleineigentümerin dieses Grundstücks ist die Klägerin, die es seit 1996 an ihren Mann (Kläger) für dessen Handwerksbetrieb vermietet hatte. Seit dem 1. Januar 2013 vermietet die Tochter das Betriebsgebäude an ihren Vater, der es unverändert für seine gewerbliche Tätigkeit nutzt und die Mietzahlungen als Betriebsausgaben geltend macht. Die Mieteinnahmen stehen in voller Höhe der Tochter zu, die alle Lasten des Grundstücks trägt. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung der Kläger für das Jahr 2013 erkannte das Finanzamt (FA) die Bestellung des Nießbrauchs zugunsten der Tochter steuerlich nicht an, da insoweit ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 der Abgabenordnung (AO) vorliege.

Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die Einkünfte aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks der Tochter und nicht der Klägerin zuzurechnen sind. Die im Streitjahr 2013 bereits volljährige Tochter habe auf der Grundlage des zivilrechtlich wirksam begründeten Nutzungsrechts (Nießbrauch) die rechtliche Macht, das Grundstück entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen. Sie sei während des Zeitraums, für den der Nießbrauch bestellt wurde (fünf Jahre), in der Disposition über den Gegenstand des Nutzungsrechts in keiner Weise beschränkt. Am 1. Januar 2013 habe sie auf der Grundlage dieses Nutzungsrechts einen – ebenfalls zivilrechtlich wirksamen – Mietvertrag über die gewerblichen Räume mit dem Kläger geschlossen.

Diese zivilrechtliche Gestaltung sei nicht im Sinne des § 42 AO missbräuchlich und daher auch steuerrechtlich anzuerkennen. Ziel der vorliegenden Gestaltung sei es, die Tochter während ihres Studiums mit den nötigen finanziellen Mitteln auszustatten. Bereits vor Bestellung des Nießbrauchs seien die Kosten für Miete und Nebenkosten sowie Studiengebühren von dem Konto der Klägerin beglichen wurden, auf dem auch die Mietzahlungen für die Gewerbeimmobilie eingingen. Nach Bestellung des Nießbrauchs und Abschluss des Mietvertrages mit der Tochter erhalte diese die Mieteinnahmen direkt. Nach Auffassung des Senats stehe es Eltern frei, zu entscheiden, ob sie zum Zwecke der Gewährung von Unterhalt dem Kind Barmittel überlassen oder ob sie ihm – auch befristet – die Einkunftsquelle selbst übertragen. Wenn sie sich aus steuerlichen Gründen für Letzteres entscheiden, führe allein dies nicht dazu, dass die zugrunde liegende rechtliche Gestaltung als unangemessen anzusehen wäre. Auch Angehörigen dürften ihre Rechtsverhältnisse untereinander steuerlich möglichst günstig gestalten. Der steuerliche Vorteil der Gestaltung bestehe hier im Wesentlichen darin, dass die Vermietungseinkünfte unter Berücksichtigung der steuerlichen Progression niedriger oder – falls der Grundfreibetrag nicht überschritten werden sollte – überhaupt nicht besteuert werden. Die Verlagerung von Einkünften aus einem Wirtschaftsgut auf Familienangehörige mit geringerem Steuersatz widerspreche allerdings nicht den Wertungen des Gesetzgebers. Die Mietaufwendungen seien bereits in der Vergangenheit beim Kläger als Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig gewesen. Mit der gewählten Gestaltung seien daher keine steuerlich nicht abzugsfähigen Unterhaltsaufwendungen in den Bereich des Betriebsausgabenabzugs verlagert worden.

FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 30.06.2017 zum Urteil 11 K 2951/15 vom 13.12.2016 (rkr)

 

Steuerbegünstigte Abfindung auch bei einvernehmlicher Auflösung des Arbeitsvertrages möglich

Der 1. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 17. März 2017 (Az. 1 K 3037/14 E) entschieden, dass eine anlässlich der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindung auch dann ermäßigt zu besteuern ist, wenn der Zahlung ein einvernehmlicher Auflösungsvertrag zu Grunde liegt.

Der Kläger war als Verwaltungsangestellter bei einer Stadt beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis beendeten er und seine Arbeitgeberin durch einen Auflösungsvertrag im gegenseitigen Einvernehmen vorzeitig. In diesem Vertrag war auch die Zahlung einer Abfindung an den Kläger geregelt.

Das Finanzamt versagte die vom Kläger begehrte ermäßigte Besteuerung der Abfindung, weil nicht erkennbar sei, dass er bei Abschluss des Abfindungsvertrages unter einem erheblichen wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Druck gestanden habe. Der Kläger gab demgegenüber an, dass eine Konfliktlage bestanden habe, weil er sich seit mehreren Jahren um eine Höhergruppierung bemüht und diesbezüglich mit Klage gedroht habe. Er habe ein Interesse daran gehabt, nicht noch ein weiteres Jahr bis zum regulären Renteneintritt unter dieser Drucksituation arbeiten zu müssen. Die Arbeitgeberin habe im Rahmen eines für sie geltenden Haushaltssicherungskonzepts zahlreiche Maßnahmen zur Sanierung des Haushalts beschlossen, wozu auch Vereinbarungen über den vorzeitigen Ruhestandsantritt von Stelleninhabern rentennaher Jahrgänge gehört hätten.

Das Gericht gab der Klage vollumfänglich statt. Die Abfindung erfülle sämtliche Voraussetzungen einer steuerbegünstigten Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 a) EStG. Der Kläger habe durch den Abschluss des Auflösungsvertrages einen Schaden in Form des Wegfalls seines zukünftigen Arbeitslohns erlitten. Die Abfindung sei unmittelbar zum Ausgleich dieses Schadens bestimmt gewesen. Der Steuerermäßigung stehe nicht entgegen, dass der Kläger auf seine Arbeitgeberin zugegangen war und den Abschluss des Auflösungsvertrags eingefordert hatte. Für die von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geforderte Konfliktlage zur Vermeidung von Streitigkeiten reiche es bereits aus, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine gegensätzliche Interessenlage bestand, die die Parteien im Konsens lösen. In einer solchen Lage hätten sich der Kläger und seine Arbeitgeberin aufgrund der Streitigkeiten über die Höhergruppierung befunden. Auf das Gewicht und den Zeitpunkt der jeweiligen Verursachungsbeiträge komme es dabei nicht entscheidend an, solange beide Vertragsparteien zu der Entstehung des Konflikts beigetragen hätten. Anders hätte der Fall gelegen, wenn der Kläger ohne Auflage des Programms zur Personalreduzierung die vorzeitige Auflösung seines Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung begehrt und vorangetrieben hätte.

Die vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision ist am Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 16/17 anhängig.

Quelle: FG Münster, Newsletter Juni 2017

 

Elektronische Steuererklärung

Die komprimierte Steuererklärung – vom Aussterben bedroht?

Die elektronische Abgabe von Steuererklärungen ist bereits jetzt in vielen Fällen gängige Praxis. So sind beispielsweise Unternehmensteuererklärungen schon seit 2011 verpflichtend elektronisch einzureichen. Ab Beginn 2018 erwartet die Praxis technische Neuerungen bei den Übermittlungswegen.

Mit ELSTER gibt es grundsätzlich zwei Verfahren zur elektronischen Übermittlung von Steuererklärungen an das Finanzamt: Das Einreichen mittels komprimierter Erklärung und den Datenversand mittels elektronischem Authentifizierungsverfahren. Die komprimierte Steuererklärung ist für die Finanzverwaltung deutlich aufwendiger, da zusätzlich zum elektronischen Datensatz ein vom Steuerpflichtigen unterzeichnetes Papierformular eingereicht wird. So ist es nicht verwunderlich, dass die ausschließliche Nutzung des Authentifizierungsverfahrens das langfristige Ziel der Finanzverwaltung ist. Weitere Schritte in diese Richtung treffen die Steuerpflichtigen und Berater ab 2018.

Unternehmensteuererklärungen

Ab 01.01.2018 heißt es endgültig ade für die komprimierten Unternehmensteuererklärungen. Derzeit dürfen beispielsweise die Umsatz- und Gewerbesteuererklärungen noch komprimiert versendet werden. Damit ist dann Schluss. Für Steuerpflichtige und Berater heißt es: Nur noch der authentifizierte Versand ist möglich. Betroffen sind Steuererklärungen ab dem Veranlagungszeitraum 2017.

Einkommensteuererklärungen

Auch die Einkommensteuererklärungen sollen zunehmend authentifiziert übermittelt werden. Hier geht die Finanzverwaltung schrittweise vor: Ab 01.01.2018 wird auch hier das Angebot der komprimierten Steuererklärung eingeschränkt. Aber: Die Abschaffung dieses Übermittlungsweges gilt zunächst nur für steuerlich beratene Steuerpflichtige! Steuerbürger, die unberaten sind und keine Gewinneinkünfte haben, können ihre Steuererklärung weiterhin in komprimierter Form oder in Papierform einreichen.

Welche technischen Neuerungen sind noch geplant?

Bisher ist es möglich, über die Schnittstelle ERiC einen Ausdruck für die eigenen Unterlagen zu erzeugen. Dieser bildet den Datensatz, der elektronisch an die Finanzverwaltung übermittelt wird, in überschaubarer Form ab. Das gilt bisher sowohl für die komprimierte als auch für die authentifizierte Übertragung.

Dem Vernehmen nach wurde für die Einkommensteuererklärungen von beratenen Steuerpflichtigen diskutiert, den via ERiC generierten Ausdruck ab Beginn 2018 abzuschaffen. In der Praxis stellt dieser Ausdruck jedoch ein wichtiges Dokument für die Steuerberater dar. Neben der Dokumentation für die eigenen Kanzleiunterlagen kann dieser Ausdruck die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht unterstützen: Der Verpflichtung des Beraters, dem Steuerpflichtigen die zu übermittelnden Daten in leicht nachprüfbarer Form zur Zustimmung zur Verfügung zu stellen (vgl. § 87d Abs. 3 Satz 1 AO). Auch für die Steuerpflichtigen ist das standardisierte Dokument von Vorteil. Soweit es vom Berater eingesetzt wird, haben sie sich an die Darstellungsweise gewöhnt. Dies erleichtert ihnen die Prüfung der Richtigkeit der Daten. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) wandte sich daher mit einem Schreiben an die zuständigen Entscheidungsträger der Finanzverwaltung und regte den Erhalt des Ausdrucks an.

In der jüngst übermittelten Antwort wurde dem DStV nunmehr erfreulicherweise zugesichert, dass auch bei Einkommensteuererklärungen von beratenen Steuerpflichtigen weiterhin ein entsprechender PDF-Ausdruck erzeugt wird. Das Layout des Ausdrucks soll zum 01.01.2018 für die Veranlagungszeiträume ab 2017 angepasst werden. Angedacht ist für diese Fälle beispielsweise, dass auf dem Dokument nicht mehr der Text „nicht für das Finanzamt“ steht, sondern dass es als „Freizeichnungsdokument“ bezeichnet wird.

DStV, Mitteilung vom 14.06.2017

 

Neues Geldwäschegesetz bringt verschärfte Anforderungen

Das neue Geldwäschegesetz (GwG) wird voraussichtlich Ende Juni 2017 in Kraft treten können, nachdem der Bundesrat am 02.06.2017 der vom Deutschen Bundestag bereits beschlossenen Umsetzung der europäischen Geldwäscherichtlinie zugestimmt hatte. Das GwG soll die Änderungen der Vierten EU-Geldwäsche-Richtlinie in der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung in nationales Recht umsetzen.

Zu den geldwäscherechtlich Verpflichteten gehören nach § 2 GwG u. a. auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Das bisherige Prinzip der Identifizierung des Vertragspartners wird auch künftig im Vordergrund stehen, jedoch stärker am Geldwäscherisiko orientiert sein als bisher. Bargeldgeschäfte werden nach wie vor besonders sorgfältig zu behandeln sein, wenn sie einen bestimmten Schwellenwert überschreiten. Diese Schwelle wurde von bisher 15.000 Euro auf nunmehr 10.000 Euro gesenkt.

Neu ist, dass künftig eine Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen bei der Generalzolldirektion eingerichtet wird (§ 27 ff. GwG). Ihr sind nach Maßgabe des § 43 GwG alle relevanten Sachverhalte zu melden. Die Zentralstelle soll geldwäscherechtliche Meldungen analysieren und bei einem Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung an die zuständigen Stellen weiterleiten.

Schließlich sollen nach § 18 GwG alle wirtschaftlich Berechtigten künftig in einem zentralen elektronischen Transparenzregister erfasst werden. Es soll Informationen etwa über Beteiligungen an Unternehmen und Vereinigungen sowie zu anderen firmenähnlichen Konstruktionen enthalten. Abrufen können diese Informationen vor allem Strafverfolgung- oder Steuerbehörden sowie die nach dem Gesetz Verpflichteten.

Damit die neuen gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, wird der Bußgeldrahmen nach § 56 GwG bei geldwäscherechtlichen Verstößen deutlich angehoben. Bislang konnte ein Bußgeld von maximal 100.000 Euro verhängt werden. Künftig kann es das Zweifache des durch den Verstoß erlangten wirtschaftlichen Vorteils oder maximal eine Million Euro betragen.

DStV, Mitteilung vom 19.06.2017

 

Steuerprüfintervalle nicht verkürzt

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat es abgelehnt, Steuerpflichtige mit besonderen Einkünften häufiger prüfen zu lassen. Dies hatte die Fraktion Die Linke in einem Gesetzentwurf (18/9125) gefordert, mit dem die Abgabenordnung geändert werden sollte. Der Entwurf wurde jedoch in der Sitzung des Ausschusses am Mittwoch mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt. Nur die Fraktion Die Linke votierte für den Entwurf.

Begründet worden war die Änderung mit der seit Jahren rückläufigen Zahl von Steuerprüfungen bei Steuerpflichtigen mit besonderen Einkommen. Die Zahl dieser Prüfungen sei von 1.838 im Jahr 2010 auf 1.391 Prüfungen im Jahr 2014 zurückgegangen. Entsprechend verringert hätten sich auch die zusätzlichen Steuereinnahmen durch diese Prüfungen – und zwar von 404 auf 313 Millionen Euro. Die Fraktion wollte daher erreichen, dass in der Abgabenordnung ein Mindestintervall einer Außenprüfung von drei Jahren festgeschrieben wird. Unter Berufung auf Medienberichte heißt es, bisher hätten diese Steuerpflichtigen nur alle sieben Jahre mit einer Prüfung zu rechnen. Mehrkosten durch die Schaffung neuer Planstellen für Steuerprüfer könnten durch die zu erwartenden Mehreinnahmen kompensiert werden.

Die CDU/CSU-Fraktion erklärte, wenn alle drei Jahre Prüfungen erfolgen sollte, müsste die Zahl der Prüfer von derzeit 14.000 auf 190.000 erhöht werden. Ein Beschluss des Gesetzentwurfs würde außerdem ein „Arbeitsbeschaffungsprogramm für Steuerberater“ auslösen. Die CDU/CSU-Fraktion warf der Linksfraktion vor, „absolut unrealistische Forderungen“ zu erheben. Die SPD-Fraktion erklärte, wenn es eine Bundessteuerverwaltung geben würde, „hätten wir mit dem Thema anders umgehen können“. Es sei allerdings absolut unrealistisch, dass der Bundesrat so einem Gesetz zustimmen würde. Andererseits wünschte sich aber auch die SPD-Fraktion mehr Prüfungen.

Die Linksfraktion verteidigte ihren Entwurf in der Sitzung mit Hinweis auf die zu erwartenden Mehreinnahmen durch zusätzliche Prüfungen. Eine Aufstockung der Zahl der Prüfer wolle man ausdrücklich. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bezeichnete den Vorschlag als grundsätzlich gut, sah aber Probleme in der konkreten Ausgestaltung. In der nächsten Legislaturperiode solle über die Prüfintervalle geredet werden. Die bereits von der SPD-Fraktion angesprochene Schaffung einer Bundesteuerverwaltung wurde auch von Bündnis 90/Die Grünen befürwortet.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 385/2017

Von privat Versicherten selbst getragene Krankenbehandlungskosten steuerlich nicht absetzbar

Mit Urteil vom 19. April 2017 (Az. 11 K 11327/16) hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass krankheitsbedingte Aufwendungen, die ein privat krankenversicherter Steuerpflichtiger selbst trägt, um sich eine Beitragsrückerstattung seines Krankenversicherers zu erhalten, weder als Sonderausgaben noch als außergewöhnliche Belastungen steuerlich berücksichtigt werden können.

In dem zur Entscheidung stehenden Fall hatte der Kläger in seiner Steuererklärung die von ihm entrichteten Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung geltend gemacht. Nachdem das Finanzamt Kenntnis von einer im Streitjahr für das Vorjahr gewährten Beitragserstattung seiner Krankenversicherung erhalten hatte, änderte es die Steuerfestsetzung und berücksichtigte nur noch die im Streitjahr gezahlten Beiträge abzüglich der Erstattung. Der Kläger machte dagegen geltend, dass er in Streitjahr für seine ärztliche Behandlung einen Betrag aufgewandt habe, der die Erstattung deutlich übersteige. Dies sei die Voraussetzung dafür gewesen, um die von seinem Versicherer gewährte Beitragsrückerstattung zu erhalten. Diese Aufwendungen seien deshalb als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Das Gericht ist dem nicht gefolgt und hat entschieden, dass Sonderausgaben insoweit nicht vorlägen, weil die private Zahlung der Arztrechnungen nicht, wie dies in § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes – EStG – gefordert ist, als Beitrag zu einer Krankenversicherung anzusehen sei. Es lägen auch keine außergewöhnlichen Belastungen im Sinne von § 33 EStG vor. Zwar zählten hierzu nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers auch die Krankheitskosten. Diese seien steuerlich aber nur dann berücksichtigungsfähig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen nicht entziehen könne, sie ihm also zwangsläufig erwüchsen. Hieran fehle es, wenn der Steuerpflichtige – wie hier – freiwillig auf einen bestehenden Erstattungsanspruch gegen seinen Krankenversicherer verzichte.

Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

FG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung vom 15.06.2017 zum Urteil 11 K 11327/16 vom 19.04.2017

 

Einkünfte aus britischem Private Equity Fonds können steuerfrei sein

Mit zwei Urteilen vom 28. April 2017 (Az. 10 K 106/13 F und 10 K 3435/13 F) hat der 10. Senat des Finanzgerichts Münster zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen Einkünfte aus einem in Großbritannien ansässigen Private Equity Fonds der inländischen Besteuerung unterliegen.

Die im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Kläger waren an einem in London ansässigen Fonds beteiligt, dessen Rechtsform mit einer inländischen Kommanditgesellschaft vergleichbar war. Die Stellung der Kläger entsprach derjenigen von Kommanditisten. Insgesamt tätigte der Fonds zehn Investments in verschiedene Beteiligungen.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die inländischen Anleger aus der Beteiligung an dem Fonds steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielten und stellte diese gesondert und einheitlich fest, wobei es die Höhe mangels Abgabe von Feststellungserklärungen schätzte. Demgegenüber trugen die Kläger vor, dass ihre Einkünfte als gewerblich zu qualifizieren und deshalb nach dem DBA-GB im Inland steuerfrei zu stellen seien. Ein an Großbritannien gerichtetes Auskunftsersuchen des Bundeszentralamts für Steuern führte zu dem Ergebnis, dass der Fonds dort (wohl mangels Abgabe von Steuererklärungen) keiner Besteuerung unterworfen wurde.

Die Klagen hatten in vollem Umfang Erfolg. Der Senat ging wie die Kläger davon aus, dass der Fonds gewerbliche Einkünfte erzielt habe. Die Abgrenzungskriterien, nach denen ein ausländischer Private Equity Fonds als vermögensverwaltend oder gewerblich zu qualifizieren ist, seien im Kern dieselben wie bei vergleichbaren Inlandsgesellschaften. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei der Fonds als gewerblich anzusehen. Nach seiner Grundkonzeption habe er notleidende Unternehmen erworben und diese marktgängig gemacht, so dass nicht die Fruchtziehung, sondern der Substanzumschlag im Vordergrund gestanden habe. Hierfür spreche zusätzlich, dass der Fonds die aus den Verkäufen erzielten Überschüsse nicht reinvestiert, sondern ausgeschüttet habe und der Fonds tatsächlich Einfluss auf das Management der Portfolio-Gesellschaften genommen habe. Dass er sich für die Geschäftsleitung einer Managementgesellschaft bedient habe, stehe dem nicht entgegen, weil die jeweils verantwortlichen Personen identisch waren. Als Personengesellschaft habe der Fonds seinen Gesellschaftern jeweils eine Betriebsstätte in Großbritannien vermittelt, so dass Deutschland nach dem DBA-GB kein Besteuerungsrecht für die Einkünfte habe.

Die nach dem DBA steuerfreien Einkünfte seien auch nicht nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG der inländischen Besteuerung zu unterwerfen. Die Tatsache, dass der Fonds in Großbritannien keine Steuern bezahlt habe, beruhe nicht auf einer anderen Auslegung des DBA-GB, sondern auf rein innerstaatlichen Maßnahmen. Soweit Großbritannien den Fonds als vermögensverwaltend eingeordnet haben sollte, sehe bereits das britische Recht hierfür keine Besteuerung vor. Soweit in Großbritannien von einer Gewerblichkeit ausgegangen sein sollte, sei die Besteuerung unterblieben, weil der Fonds dort keine Steuererklärungen abgegeben habe.

Quelle: FG Münster, Newsletter Juni 2017

Elektronische Klageerhebung über das Elster-Portal ist unzulässig

Eine Klage, die elektronisch über das Elster-Portal an das Finanzamt übermittelt wird, ist unzulässig. Dies hat der 7. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 26. April 2017 (Az. 7 K 2792/14 AO) entschieden.

Der Kläger erhob am letzten Tag der Klagefrist auf elektronischem Weg über das Elster-Portal beim Finanzamt Klage, das diese an das Finanzgericht per E-Mail weiterleitete. Nach Hinweis des Gerichts beantragte der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, was er damit begründete, dass das Finanzamt ihm keinen Hinweis auf das Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur erteilt habe.

Das Gericht wies die Klage als unzulässig ab, weil der Kläger die Klage nicht innerhalb der Klagefrist in der vorgeschriebenen Schriftform erhoben habe. Für die Schriftform sei grundsätzlich eine eigenhändige Unterschrift erforderlich, um den Aussteller unzweifelhaft zu identifizieren und um sicherzustellen, dass es sich um eine verbindliche Prozesserklärung handele. Die elektronische Form entspreche diesen Voraussetzungen nach § 52a Abs. 1 Satz 3 FGO nur dann, wenn sie eine elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz enthalte. Dies sei bei einer Übermittlung durch das Elster-Portal nicht der Fall, da dieses zur Identifizierung lediglich ein persönliches elektronisches Zertifikat, jedoch keine qualifizierte Signatur verwende. Die erhöhten Anforderungen an eine elektronische Klageerhebung seien unabhängig davon anzuwenden, ob die Klage beim Finanzamt oder unmittelbar beim Finanzgericht erhoben werde.

Dem Kläger sei auch keine Wiedereinsetzung in vorigen Stand zu gewähren, weil er die Klagefrist nicht unverschuldet versäumt habe. Vielmehr sei er durch die in der Einspruchsentscheidung des Finanzamts enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung auf das Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur hingewiesen worden. Danach habe der Kläger nicht darauf vertrauen dürfen, dass die strengen Voraussetzungen für eine Klageerhebung beim Finanzamt nicht gelten würden.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII B 59/17 anhängig.

Hinweis

Für Klagen und andere bestimmende Schriftsätze (z. B. Klagerücknahme, Hauptsacheerledigung, Verzicht auf mündliche Verhandlung) kann die erforderliche Schriftform neben dem herkömmlichen Brief auch durch Telefax oder Computerfax gewahrt werden. Eine einfache E-Mail reicht dagegen – anders als bei der Einlegung eines Einspruchs beim Finanzamt – nicht aus, wenn diese keine qualifizierte elektronische Signatur enthält. Nähere Informationen zum elektronischen Rechtsverkehr erhalten Sie im Justizportal des Landes Nordrhein-Westfalen.

Quelle: FG Münster, Newsletter Juni 2017

Anwendung des § 203 BewG

Die Änderungen der §§ 203 und 205 BewG durch das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des BGBl. 2016 I Seite 2464) sind gemäß Artikel 3 dieses Gesetzes mit Wirkung vom in Kraft getreten. § 203 Absatz 1 BewG mit dem für das vereinfachte Ertragswertverfahren vorgeschriebenen Kapitalisierungsfaktor von 13,75 ist nach § 205 Absatz 11 BewG rückwirkend auf Bewertungsstichtage nach dem anzuwenden. Er ersetzt damit für alle Bewertungsstichtage im Jahr 2016 den bisherigen Kapitalisierungsfaktor von 17,8571, der nach § 203 BewG a. F. auf der Grundlage des Basiszinses von 1,10 (vgl. , BStBl 2016 I S. 5) errechnet wurde.

1. Unmittelbare Folgen der rückwirkenden Anwendung

Die rückwirkende Anwendung des § 203 BewG betrifft alle nicht bestandskräftigen Wertfeststellungen nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 BewG für Bewertungsstichtage nach dem und vor dem .

In allen nicht bestandskräftig veranlagten Feststellungen, in denen das vereinfachte Ertragswertverfahren anwendbar ist, ist der gemeine Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 BewG unter Anwendung des Kapitalisierungsfaktors von 13,75 erstmals festzustellen oder in geänderter Höhe festzustellen. Soweit ein bestandskräftiger Feststellungsbescheid zu Ungunsten eines Beteiligten geändert wird, z. B. nach § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AO, ist § 177 Absatz 1 AO zu beachten.

2. Mittelbare Folgen der rückwirkenden Anwendung für die Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungsteuer

Der Feststellungsbescheid nach § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 BewG für Bewertungsstichtage nach dem und vor dem ist grundsätzlich der Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungsteuer zugrunde zu legen. Wenn sich der festgestellte gemeine Wert im Rahmen der Verschonung nach § 13a ErbStG a. F. bei der Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungsteuer zum Nachteil des Erwerbers auswirkt, ist jedoch im Einzelfall auf Antrag beim zuständigen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerfinanzamt eine abweichende Steuerfestsetzung vorzunehmen. Den Berechnungen zur Prüfung der Grenze von 50 % bzw. 10 % bei der Quote des Verwaltungsvermögens (§ 13b Absatz 2 Satz 1 ErbStG a. F.) und der Berechnung des Sockelbetrags für die Finanzmittel (§ 13b Absatz 2 Satz 2 Nummer 4a ErbStG a. F., § 13a Absatz 8 Nummer 3 ErbStG a. F.) ist der im vereinfachten Ertragswertverfahren auf der Grundlage des Kapitalisierungsfaktors von 17,8571 errechnete Wert des Werts des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder von Anteilen an Kapitalgesellschaften zugrunde zu legen. Dazu ermittelt das Betriebsfinanzamt nach Anforderung durch das für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständige Finanzamt im Wege der Amtshilfe den Wert unter Anwendung des Kapitalisierungsfaktors von 17,8571 sowie die auf dieser Grundlage ermittelten Werte der Finanzmittel und des Verwaltungsvermögens und teilt diese Angaben dem für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen Finanzamt mit. Sind im Rahmen des Feststellungsverfahrens Feststellungen für nachgeordnete Gesellschaften zu berücksichtigen und ergibt sich hieraus ein Nachteil für den Erwerber entsprechend Satz 2, ermittelt das für die Feststellung für die nachgeordnete Gesellschaft zuständige Betriebsfinanzamt im Weg der Amtshilfe die Werte entsprechend Satz 4 und teilt diese dem Betriebsfinanzamt der darüber liegenden Stufe mit.

Oberste Finanzbehörden der Länder v.

Künstlersozialabgabe sinkt 2018 auf 4,2 Prozent

Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung sinkt im Jahr 2018 deutlich von 4,8 auf 4,2 Prozent. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat am 09.06.2017 einen entsprechenden Entwurf der Künstlersozialabgabe-Verordnung 2018 in die Ressortabstimmung gegeben. Der Künstlersozialabgabesatz geht damit im zweiten Jahr hintereinander zurück und liegt im Jahr 2018 um einen Prozentpunkt niedriger als 2016 (5,2 Prozent). Dies ist im Wesentlichen das Ergebnis der verstärkten Prüf- und Beratungstätigkeit der Deutschen Rentenversicherung und der Künstlersozialkasse seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Stabilisierung des Künstlersozialabgabesatzes zu Beginn des Jahres 2015. In den Jahren 2015 und 2016 wurden rund 50.000 abgabepflichtige Unternehmen neu erfasst. Darüber hinaus haben sich im selben Zeitraum ca. 17.000 abgabepflichtige Unternehmen bei der Künstlersozialkasse gemeldet.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles: „Der Erfolg unseres Gesetzes zur Stabilisierung der Künstlersozialabgabe lässt sich an konkreten Zahlen ablesen: Die Abgabe kann auf 4,2 Prozent gesenkt werden. Das ist ein höchst erfreulicher Erfolg für die vielen selbständigen Künstler und Kulturschaffenden in Deutschland. Die Künstlersozialversicherung ist das Fundament ihrer sozialen Absicherung. Es ist wichtig, dass diese Absicherung solide und gerecht finanziert ist. Das haben wir erreicht dadurch, dass die Unternehmen ihrer Verpflichtung nachkommen und die Abgabepflichtigen spürbar entlastet werden, weil die Lasten insgesamt gerechter verteilt sind.“

Was ist die Künstlersozialversicherung?

Über die Künstlersozialversicherung werden derzeit rund 185.000 selbständige Künstler und Publizisten als Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen. Die selbständigen Künstler und Publizisten tragen wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge. Die andere Beitragshälfte wird durch einen Bundeszuschuss (20 Prozent) und durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen (30 Prozent), die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten, finanziert. Die Künstlersozialabgabe wird als Umlage erhoben. Der Abgabesatz wird jährlich für das jeweils folgende Kalenderjahr festgelegt und beträgt derzeit 4,8 Prozent. Bemessungsgrundlage sind alle in einem Kalenderjahr an selbständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte.

Bei der Künstlersozialabgabe-Verordnung handelt es sich um eine Ministerverordnung ohne Kabinettbeschluss. Die Verordnung soll bis spätestens Ende September 2017 im Bundesgesetzblatt verkündet werden.

Quelle: BMAS, Pressemitteilung vom 09.02.2017