Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Sozialversicherungsrecht: Durchschnittlicher GKV-Zusatzbeitragssatz für 2016 bei 1,1 Prozent

Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für das Jahr 2016 wurde am 04.12.2015 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Aus der Differenz der prognostizierten Einnahmen und Ausgaben der GKV im kommenden Jahr (rund 14 Milliarden Euro ohne Berücksichtigung von Finanz-Reserven) ergibt sich ein durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz in Höhe von 1,1 Prozent, der um 0,2 Prozentpunkte moderat höher liegt als im laufenden Jahr. Wie hoch der individuelle Zusatzbeitragssatz einer Krankenkasse ab 2016 für ihre Mitglieder tatsächlich ausfällt, legt die jeweilige Krankenkasse selbst fest und richtet sich unter anderem danach, wie wirtschaftlich eine Krankenkasse arbeitet und inwieweit die Krankenkassen ihre zum Teil erheblichen Finanz-Reserven im Sinne der Versicherten einsetzen. Die derzeit 123 Krankenkassen verfügen insgesamt über Finanz-Reserven von rund 15 Milliarden Euro, die sich unterschiedlich auf die einzelnen Versicherungsträger verteilen.

„Angesichts unserer älter werdenden Gesellschaft und des medizinischen Fortschritts müssen wir mit steigenden Gesundheitskosten rechnen und zugleich die Beitragsentwicklung in Schach halten. Deshalb werden wir die Zusatzbeiträge, die die Kassen jetzt festlegen, weiter im Auge behalten. Eine gute Versorgung gibt es aber nicht zum Nulltarif. Bei all unseren Gesetzesvorhaben geht es daher immer darum, Patientinnen und Patienten auch in Zukunft Spitzenmedizin und gute Pflege zur Verfügung zu stellen und unser Gesundheitswesen zugleich nachhaltig finanzierbar zu gestalten“, bekräftigte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe seine Ankündigung von Freitag, den 23.10.2015.

Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz wurde nach Auswertung der Prognose des Schätzerkreises zur Einnahmen- und Ausgabenentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) errechnet. Für das Jahr 2016 geht der Schätzerkreis insgesamt von Einnahmen in Höhe von 206,2 Milliarden Euro aus. Dem werden die voraussichtlichen Ausgaben der Krankenkassen von 220,6 Milliarden Euro gegenübergestellt. Die Finanz-Reserven der Krankenkassen in Höhe von derzeit gut 15 Milliarden Euro fließen in diese Rechnung nicht ein und stehen damit zum Teil für Spielräume bei der Festlegung ihres kassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes zur Verfügung.

Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz ist ein wichtiger Gradmesser für die Haushaltsplanungen und individuellen Beitragssatzentscheidungen der Krankenkassen, die in den nächsten Wochen anstehen. Zugleich trägt er zur Transparenz für die Mitglieder der GKV bei: Die Krankenkassen sind im Falle der erstmaligen Erhebung oder Erhöhung eines Zusatzbeitrags gesetzlich verpflichtet, ihre Mitglieder vorab in einem gesonderten Schreiben auf das bestehende Sonderkündigungsrecht hinzuweisen sowie auf die Höhe des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes und die Übersicht des GKV-Spitzenverbands zu den Zusatzbeitragssätzen aller Krankenkassen. Krankenkassen, deren kassenindividueller Zusatzbeitragssatz den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz übersteigt, müssen dabei ausdrücklich auf die Möglichkeit hinweisen, in eine günstigere Krankenkasse zu wechseln.

Weitere Informationen finden Sie unter www.bundesversicherungsamt.de undwww.bundesgesundheitsministerium.de

Quelle: BMG, Mitteilung vom 04.12.2015

 

Umsatzsteuer: Artikel 344 und 345 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)

Sonderregelung für Anlagegold – Verzeichnis der Goldmünzen für das Jahr 2016

BMF, Schreiben III C 1 – S-7068 / 07 / 10001-07 vom 02.12.2015

Die Liste der Goldmünzen, die für das Jahr 2016 die Kriterien des Artikels 344 Abs. 1 Nr. 2 MwStSystRL erfüllen, wurde von der Europäischen Kommission am 26. November 2015 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. EU 2015 Nr. C 393 S. 3) veröffentlicht. Mit dem BMF-Schreiben wird diese Liste ergänzend zu der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU bekannt gemacht.

Die Liste finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF

Berwertungsrecht: Bewertung einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung für Stichtage ab 1. Januar 2016

Vervielfältiger für Bewertungsstichtage ab 1. Januar 2016

In der Anlage gibt das BMF gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 BewG die Vervielfältiger zur Berechnung des Kapitalwerts lebenslänglicher Nutzungen oder Leistungen bekannt, die nach der am 22. April 2015 veröffentlichten Sterbetafel 2010/2012 des Statistischen Bundesamtes ermittelt wurden und für Bewertungsstichtage ab dem 1. Januar 2016 anzuwenden sind.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 7 – S-3104 / 09 / 10001 vom 02.12.2015

 

Umsatzsteuer: Umsatzsteuerrechtliche Behandlung des Erwerbs zahlungsgestörter Forderungen – (sog. Non-Performing-Loans – NPL -)

Änderung der Verwaltungsauffassung

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat mit seinem Urteil vom 27. Oktober 2011, C-93/10, GFKL (BStBl 20xx II S. xxx) entschieden, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der auf eigenes Risiko zahlungsgestörte Forderungen zu einem unter ihrem Nennwert liegenden Preis kauft, keine entgeltliche Dienstleistung im Sinne von Artikel 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie (Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie – MwStSystRL -) erbringt und keine in ihren Geltungsbereich fallende wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, wenn die Differenz zwischen dem Nennwert dieser Forderungen und deren Kaufpreis den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der betreffenden Forderungen zum Zeitpunkt ihrer Übertragung widerspiegelt.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit Folgeurteilen vom 26. Januar 2012, V R 18/08, (BStBl 20xx II S. xxx), sowie vom 4. Juli 2013, V R 8/10, (BStBl 20xx II S. xxx) dieser Rechtsauffassung angeschlossen und u. a. ergänzend ausgeführt, dass dem Forderungserwerber mangels Entgeltlichkeit der Leistung aus den Eingangsleistungen für den Forderungserwerb und den Forderungseinzug kein Vorsteuerabzugsrecht zusteht.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung des Erwerbs zahlungsgestörter Forderungen Folgendes:

I. Grundsätzliches

1. Abgrenzung der Forderungsübertragungen i. S. d. o. g. Rechtsprechung von anderen Fallgestaltungen beim Forderungskauf oder Forderungseinzug

Von den Forderungsübertragungen i. S. d. o. g. Rechtsprechung sind Forderungserwerbe zu unterscheiden, bei denen die Tätigkeit des Forderungserwerbers im Wesentlichen darin besteht, den Forderungsverkäufer von der Einziehung der Forderung zu entlasten. In diesen Fällen ist nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 3. Juni 2004 (BStBl I S. 737) auch weiterhin regelmäßig von einer unternehmerischen Tätigkeit des Erwerbers auszugehen (vgl. Abschnitt 2.4 Abs. 1 und Abs. 4 UStAE).

Das Entgelt für die Leistung des Erwerbers, bestehend aus der Übernahme des Forderungseinzuges und ggf. des Ausfallrisikos, ist in derartigen Fällen grundsätzlich die Differenz zwischen dem Nennwert der dem Erwerber abgetretenen Forderungen und dem Betrag, den der Erwerber dem Verkäufer als Preis für diese Forderungen zahlt, abzüglich der in dem Differenzbetrag enthaltenen Umsatzsteuer (vgl. Abschnitt 2.4 Abs. 6 UStAE).

2. Übertragung zahlungsgestörter Forderungen i. S. d. o. g. Rechtsprechung

Auch bei der Übertragung zahlungsgestörter Forderungen unter Übernahme des Ausfallrisikos wird grundsätzlich ein Kaufpreis vereinbart, der (erheblich) vom eigentlichen Nennwert der Forderung abweicht. Im Gegensatz zu den unter Abschnitt I Nr. 1 dargestellten Sachverhalten, bei denen regelmäßig werthaltige Forderungen übertragen werden bzw. die Übernahme des Ausfallrisikos durch den Erwerber ausgeschlossen ist, besteht jedoch der wirtschaftliche Gehalt bei der Übertragung notleidender und damit zahlungsgestörter Forderungen i. S. d. o. g. Rechtsprechung (sog. Non-Performing-Loans – NPL -, vgl. nachfolgend unter 3.) gerade in der Übernahme des wirtschaftlichen Risikos durch den Erwerber und nicht in der Einziehung der Forderungen.

Die Differenz zwischen dem Nennwert der übertragenen Forderungen und deren Kaufpreis beruht vorrangig auf der Beurteilung der Werthaltigkeit der Forderungen. Umstände, die mit der Einziehung der Forderungen durch den Erwerber zusammenhängen, sind für die Bemessung des Abschlages auf den Kaufpreis von nur untergeordneter Bedeutung, selbst wenn hier-für eine gesonderte Vergütung bzw. Abschlag vereinbart wurde. Da sich der vom Nennwert der Forderungen abweichende Kaufpreis nach dem für die jeweilige Forderung geschätzten Ausfallrisiko richtet, spiegelt dieser den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Forderungen zum Zeitpunkt ihrer Übertragung wider.

In der Folge ist generell davon auszugehen, dass bei der Übertragung zahlungsgestörter Forderungen unter Übernahme des Ausfallrisikos durch den Erwerber der vereinbarte Kaufpreis dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert dieser Forderungen entspricht.

3. Begriff der „Zahlungsstörung“

Eine Forderung (bestehend aus Rückzahlungs- und Zinsanspruch) ist insgesamt zahlungsgestört, wenn sie, soweit sie fällig ist, ganz oder zu einem nicht nur geringfügigen Teil seit mehr als 90 Tagen nicht ausgeglichen wurde. Eine Forderung ist auch zahlungsgestört, wenn die Kündigung erfolgt ist oder die Voraussetzungen für eine Kündigung vorliegen.

II. Beurteilung des Forderungserwerbers

1. Tätigkeit des Forderungserwerbers

Da der vereinbarte Kaufpreis dem tatsächlichen Wert der Forderung entspricht, stellt die Differenz zwischen Nennwert und Kaufpreis der Forderung keine Vergütung dar, mit der unmittelbar eine vom Käufer erbrachte Dienstleistung entgolten werden soll. Der Forderungserwerber übt daher keine wirtschaftliche Tätigkeit aus (EuGH-Urteil vom 27. Oktober 2011, C-93/10, a. a. O.). Dies gilt selbst dann, wenn der Erwerber den Verkäufer von der weiteren Verwaltung undVollstreckung der Forderung entlastet (BFH-Urteil vom 4. Juli 2013, V R 8/10, a. a. O.) oder die Beteiligten dem Forderungseinzug bei der Bemessung des Abschlages auf den Kaufpreis oder durch Vereinbarung einer gesonderten Vergütung eine nicht nur untergeordnete Bedeutung beimessen (vgl. Abschnitt I Nr. 2).

Soweit nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 3. Juni 2004 (BStBl I S. 737) von einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Erwerbers bei der Übertragung zahlungsgestörter Forderungen unter Übernahme des Ausfallrisikos durch den Erwerber ausgegangen wurde, wird hieran nicht mehr festgehalten.

2. Vorsteuerabzug des Forderungserwerbers

Der Einzug von Forderungen, die der Erwerber nicht im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit erworben hat, erfolgt ebenso wie der eigentliche Erwerb nicht im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Der Forderungserwerber ist daher nicht zum Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen für den Forderungserwerb und den Forderungseinzug berechtigt (BFH-Urteil vom 26. Januar 2012, V R 18/08, a. a. O.).

Werden sowohl zahlungsgestörte als auch nicht zahlungsgestörte Forderungen in einem Portfolio übertragen, ist das Gesamtpaket für Zwecke des Vorsteuerabzuges entsprechend aufzuteilen. Auf die Grundsätze der BMF-Schreiben vom 2. Januar 2012 (BStBl I S. 60) sowie vom 2. Januar 2014 (BStBl I S. 119) wird hingewiesen (vgl. auch Abschnitt 15.2b ff. UStAE).

III. Beurteilung des Forderungsverkäufers

Bei Übernahme des Ausfallrisikos durch den Erwerber erbringt der Verkäufer mit der Veräußerung und Abtretung einer zahlungsgestörten Forderung eine nach § 4 Nr. 8 Buchst.c UStG steuerfreie Leistung im Geschäft mit Forderungen an den Erwerber. Soweit wegen Rückbeziehung der übertragenen Forderung auf einen zurückliegenden Stichtag der Forderungsverkäufer noch die Forderung verwaltet, liegt hierin eine unselbständige Nebenleistung zum steuerfreien Forderungsverkauf, die das rechtliche Schicksal der Hauptleistung teilt (BFH-Urteil vom 4. Juli 2013, V R 8/10, a. a. O.).

IV. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 12. November 2015 – III C 3 – S 7160-h/12/10001 (2015/1014392), BStBl I S. 887, geändert worden ist, wird in Abschnitt 2.4 wie folgt geändert:

1. In Absatz 1 wird nach Satz 3 folgender Satz 4 angefügt:

4Zur Übertragungzahlungsgestörter Forderungen mit Übernahme des Ausfallrisikos durch den Erwerber vgl. jedoch Absatz 8.“

2. In Absatz 4 wird am Ende des Satzes 4 vor dem Punkt folgender Klammerzusatz eingefügt:

„(vgl. BFH-Urteil vom 15. 5. 2012, XI R 28/10, BStBl 20XX II S.XXX)“.

3. Die Zwischenüberschrift vor Absatz 7 wird wie folgt gefasst:

Übertragung zahlungsgestörter Forderungen“.

4. Absatz 7 wird wie folgt gefasst:

„(7) 1Eine Forderung (bestehend aus Rückzahlungs- und Zinsanspruch) ist insgesamt zahlungsgestört, wenn sie, soweit sie fällig ist, ganz oder zu einem nicht nur geringfügigen Teil seit mehr als 90 Tagen nicht ausgeglichen wurde. 2Eine Forderung ist auch zahlungsgestört, wenn die Kündigung erfolgt ist oder die Voraussetzungen für eine Kündigung vorliegen.“

5. Absatz 8 wird wie folgt gefasst:

„(8) 1Bei der Übertragung einer zahlungsgestörten Forderung unter Übernahme des Ausfallrisikos durch den Erwerber besteht der wirtschaftliche Gehalt in der Entlastung des Verkäufers vom wirtschaftlichen Risiko und nicht in der Einziehung der Forderung. 2Da die Differenz zwischen dem Nennwert der übertragenen Forderung und deren Kaufpreis vorrangig auf der Beurteilung der Werthaltigkeit der Forderung beruht, stellt diese keine Vergütung dar, mit der unmittelbar eine vom Käufer erbrachte Dienstleistung entgolten werden soll. 3Der Forderungserwerber erbringt daher keine wirtschaftliche Tätigkeit (EuGH-Urteil vom 27. 10. 2011, C-93/10, GFKL, BStBl 20XX II S. XXX). 4Dies gilt selbst dann, wenn der Erwerber den Verkäufer von der weiteren Verwaltung und Vollstreckung der Forderung entlastet (BFH-Urteil vom 4. 7. 2013, VR 8/10, BStBl 20XX II S. XXX) oder die Beteiligten dem Forderungseinzug bei der Bemessung des Abschlages auf den Kaufpreis oder durch Vereinbarung einer gesonderten Vergütung eine nicht untergeordnete Bedeutung beimessen. 5Der Forderungserwerber ist nicht zum Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen für den Forderungserwerb und den Forderungseinzug berechtigt (BFH-Urteil vom 26. 1. 2012, V R 18/08, BStBl 20XX II S. XXX). 6Werden sowohl zahlungsgestörte als auch nicht zahlungsgestörte Forderungen in einem Portfolio übertragen, ist das Gesamtpaket für Zwecke des Vorsteuerabzuges entsprechend aufzuteilen; auf die Abschnitte 15.2b ff. wird hingewiesen. 7Der Verkäufer erbringt mit der Abtretung oder Übertragung einer zahlungsgestörten Forderung unter Übernahme des Ausfallrisikos durch den Erwerber eine nach § 4 Nr. 8 Buchstabe c UStG steuerfreie Leistung im Geschäft mit Forderungen an den Erwerber. 8Soweit wegen Rückbeziehung der übertragenen Forderung auf einen zurückliegenden Stichtag der Forderungsverkäufer noch die Forderung verwaltet, liegt hierin eine unselbständige Nebenleistung zum steuerfreien Forderungsverkauf, die das rechtliche Schicksal der Hauptleistung teilt (BFH-Urteil vom 4. 7. 2013, a.a.O.). 9Im Falle der Übertragung einer zahlungsgestörten Forderung ohne Übernahme des Ausfallrisikos durch den Erwerber liegt eine wirtschaftliche Tätigkeit des Erwerbers vor, wenn dieser den Forderungseinzug übernimmt (vgl. Absatz 1 Satz 3; zur Bemessungsgrundlage vgl. Absatz 6).“

V. Anwendung

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Soweit die Ausführungen dieses Schreibens den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 3. Juni 2004 (BStBl I S. 737) entgegenstehen, wird hieran nicht mehr festgehalten.

Es wird jedoch für vor dem 1. Juli 2016 ausgeführte Forderungsübertragungen nicht beanstandet, wenn die Beteiligten übereinstimmend entsprechend den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 3. Juni 2004 (BStBl I, S. 737) verfahren sind. Für Übertragungen, die auf Grundlage eines vor diesem Stichtag abgeschlossenen Kaufvertrages über den regelmäßigen Erwerb zahlungsgestörter Forderungen erfolgen und vor dem 1. Januar 2019 ausgeführt werden, gilt dies entsprechend. Gehen danach die Beteiligten einvernehmlich von einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Forderungserwerbers aus, erfolgt der Erwerb sowie der Einzug der Forderungen im Rahmen dieser wirtschaftlichen Tätigkeit. In der Folge steht dem Erwerber aus den Eingangsleistungen für den Forderungserwerb und den Forderungseinzug insoweit das Vorsteuerabzugsrecht zu. Dies gilt auch für nach dem Stichtag bezogene Leistungen, soweit sie mit dieser wirtschaftlichen Tätigkeit des Erwerbers im Zusammenhang stehen.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 2 – S-7100 / 08 / 10010 vom 02.12.2015

Einkommensteuer: Inländischer Wohnsitz und Änderungsbefugnis des Finanzamts

Der 3. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, entschied mit Urteil vom 18. Juni 2015 (Az. 3 K 2075/12), der Kläger, ein Schweizer Staatsangehöriger, sei am Wohnsitz seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind im Inland ansässig und unbeschränkt steuerpflichtig. Das Finanzamt habe aber aus verfahrensrechtlichen Gründen die zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2006 aufzuheben. Es gebe für die Änderungsbescheide keine Rechtsgrundlage.

Der Kläger, berufstätig in der Schweiz, hat nach seinen Angaben eine Wohnung im Erdgeschoss des elterlichen Wohnhauses in der Schweiz. Seine Ehefrau, eine deutsche Staatsangehörige, wohnt und arbeitet im Inland. Die Eheleute haben nach Schweizer Recht Gütertrennung vereinbart. Der Kläger erwarb 2001 zu Alleineigentum das Erbbaurecht an einem Einfamilienhaus im Inland, das er an seine Ehefrau vermietete. Er reichte ab 2002 Einkommensteuererklärungen für beschränkt Steuerpflichtige beim Finanzamt ein und erklärte Verluste aus Vermietung und Verpachtung. Das Finanzamt setzte zunächst die Einkommensteuer mit 0,- Euro fest. Der Kläger und seine Ehefrau versteuerten ihr Erwerbseinkommen in der Schweiz. Das Finanzamt gelangte dann zu dem Ergebnis, der Kläger habe seinen Wohnsitz im Inland. Steuerfahnder hatten anlässlich einer Durchsuchung der Wohnräume im Inland zahlreiche persönliche Gegenstände des Klägers gefunden. Der Kläger und seine Ehefrau reichten daraufhin Einkommensteuererklärungen für unbeschränkt Steuerpflichtige für eine Zusammenveranlagung ein. Das Finanzamt hob am 24. Januar 2011 die gegenüber dem Kläger ergangenen Einkommensteuerbescheide zur beschränkten Steuerpflicht wegen neuer Tatsachen auf und erließ am 16. und 18. Februar 2011 an den Kläger und seine Ehefrau gerichtete Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Eine Änderungsvorschrift nannte es nicht.

Der 3. Senat war davon überzeugt, dass der Kläger seinen Wohnsitz im Inland gehabt hat. Der Kläger habe über die inländische Wohnung verfügt und diese regelmäßig aufgesucht. Das Mietverhältnis zwischen ihm und der Ehefrau sei steuerlich nicht anzuerkennen. Die Nutzungsüberlassung erfolge im Rahmen einer familiären Hausgemeinschaft. Verluste seien nicht zu berücksichtigen. Der Kläger habe als Grenzgänger seinen Schweizer Arbeitslohn im Inland zu versteuern. Das Finanzamt habe zwar zu Recht gegenüber der Ehefrau Erstbescheide erlassen. Gegenüber dem Kläger handle es sich jedoch um Änderungsbescheide. Hebe das Finanzamt die ursprünglichen Bescheide im Januar 2011 wegen neuer Tatsachen ohne Neufestsetzung auf, gebe es für die Bescheide vom Februar 2011 an den Kläger keine Rechtsgrundlage. Es fehle insoweit an neuen Tatsachen zulasten des Klägers, die nachträglich, also nach Erlass des letzten Bescheids, bekannt geworden seien.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 02.12.2015 zum Urteil 3 K 2075/12 vom 18.06.2015

 

Einkommensteuer: Die Schweizer Familienzulage und das deutsche Kindergeld

Der 14. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, zeigt sich mit Urteil vom 28. Januar 2015 (Az. 14 K 982/13) kinderfreundlich. Er berechnet das sog. Differenzkindergeld, also den Unterschiedsbetrag zwischen dem deutschen Kindergeld und der Schweizer Familienzulage, pro Kind. Er ließ die Revision zu (Az. beim Bundesfinanzhof III R 9/15). Diese Rechtsprechung setzte der 3. Senat fort (Urteil vom 26. Februar 2015 3 K 1747/13; Az. beim Bundesfinanzhof VI R 25/15).

Die Klägerin des Verfahrens 14 K 982/13 wohnt mit ihrem Ehemann und vier Kindern im Inland. Ihr ältestes Kind ist volljährig und befindet sich in Berufsausbildung. Ihr Ehemann erhält als Arbeitnehmer in der Schweiz für die Kinder Familienzulagen. Die Schweiz ist unter Berücksichtigung von Verordnungen der EU und des Freizügigkeitsabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz vorrangig für die Gewährung von Familienleistungen zuständig, weil der Kindsvater in der Schweiz beschäftigt ist. Ist die Schweizer Familienzulage geringer als das deutsche Kindergeld, zahlt die inländische Familienkasse dem Kindergeldberechtigten (im Streitfall der Kindsmutter) den Unterschiedsbetrag. Im Streitfall betrugen die Schweizer Familienzulagen monatlich für die zwei jüngsten Kinder 200 CHF (165,43 Euro) und für die zwei ältesten Kinder 250 CHF (206,78 Euro). Die Familienkasse gewährte Kindergeld für die zwei ältesten Kinder von monatlich 184 Euro, für das dritte Kind 190 Euro und das vierte Kind 215 Euro, also insgesamt 773 Euro, und zog hiervon die Schweizer Familienzulage von insgesamt 744,42 Euro ab. Infolgedessen setzte die Familienkasse ein monatliches Differenzkindergeld zugunsten der Klägerin in Höhe von 28,58 Euro fest.

Der 14. Senat berechnete das Differenzkindergeld kindbezogen und damit Differenzkindergeld zugunsten der Klägerin für das dritte Kind von monatlich 24,57 Euro und das vierte von 49,57 Euro, also insgesamt 74,14 Euro. Übersteige die Schweizer Familienzulage für das erste und das zweite Kind das Kindergeld, könne dieser übersteigende Betrag nicht mit dem Kindergeldanspruch für die beiden jüngeren Kinder verrechnet werden. Hierfür gebe es im nationalen Recht keine Rechtsgrundlage. Im Übrigen bevorzuge die Berechnung der Familienkasse Anspruchsberechtigte mit maximal zwei Kindern, weil diesen der Überschuss der Schweizer Familienzulage verbleibe. Lediglich bei Anspruchsberechtigten mit mehr als zwei Kindern könne der Überschuss der Schweizer Familienzulage für die ersten beiden Kindern mit Kindergeld für weitere Kinder verrechnet werden. Dies sei aus Gleichheitsgründen bedenklich.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 02.12.2015 zum Urteil 14 K 982/13 vom 28.01.2015

 

Ende des Bankgeheimnisses in Liechtenstein

Am 02.12.2015 haben die Abgeordneten ein Abkommen über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten zwischen der EU und Liechtenstein gebilligt. Mit der im Oktober unterzeichneten Vereinbarung, die 2018 wirksam wird, sollen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung bekämpft werden.

Nach dem Abkommen werden die EU und Liechtenstein automatisch Informationen über die Finanzkonten ihrer jeweiligen Gebietsansässigen austauschen. Die auszutauschenden Informationen beziehen sich nicht nur auf Zinserträge und Dividenden, sondern auch auf Kontostände und Einkünfte aus dem Verkauf von finanziellen Vermögenswerten. Steuerpflichtige werden es so schwerer haben, Kapital am Fiskus vorbeizuschleusen.

Die Vereinbarung sieht vor, dass Liechtenstein schärfere Regeln einführt, die den im März 2014 in der EU eingeführten entsprechen. Das Abkommen steht auch im Einklang mit den globalen OECD-Standards für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten von 2014.

Die Steuerverwaltungen in den Mitgliedstaaten und in Liechtenstein werden in der Lage sein,

  • die betreffenden Steuerpflichtigen korrekt und eindeutig zu identifizieren;
  • ihre Steuergesetze in grenzüberschreitenden Konstellationen anzuwenden und durchzusetzen;
  • die Wahrscheinlichkeit zu bewerten, ob eine Steuerhinterziehung begangen wird;
  • unnötige weitere Ermittlungen zu vermeiden.
Quelle: EU-Parlament, Pressemitteilung vom 02.12.2015

 

Gewerbesteuer: Geschäftsführerin einer Unternehmergesellschaft (UG) muss für Gewerbesteuerschulden der Gesellschaft haften

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat die Klage einer UG-Geschäftsführerin abgewiesen, mit der diese gegen ihre Inanspruchnahme für Gewerbesteuerschulden der von ihr geführten Firma vorgegangen ist. Während ihrer Zeit als Alleingeschäftsführerin hatte die Klägerin für die UG weder Steuererklärungen abgegeben, noch Steuern gezahlt. Auch die auf der Grundlage von Steuerschätzungen seitens der beklagten Ortsgemeinde festgesetzten Gewerbesteuern wurden nicht entrichtet. Mahnungen und Vollstreckungsversuche blieben fruchtlos. Deshalb nahm die Beklagte sie schließlich persönlich für die Gewerbesteuern der UG in Anspruch.

Nach erfolglosem Widerspruch hat die Klägerin dagegen Klage erhoben. Der Beklagten sei kein Schaden entstanden, weil die Gewerbesteuern auf der Grundlage unrealistischer Steuerschätzungen festgesetzt worden seien. Die UG habe im fraglichen Zeitraum lediglich Verluste erwirtschaftet und deshalb Insolvenz anmelden müssen. Sie habe das Gewerbe in der Hoffnung aufgenommen, wirtschaftlich erfolgreich tätig zu werden. Da das Geschäft aber von Anfang an nicht gelaufen sei, habe sie weder Rücklagen bilden, noch fachlichen Rat einholen können. Sie verfüge über keine Erfahrung in geschäftlichen Dingen, sodass sie letztlich mit der Situation überfordert gewesen sei.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach den einschlägigen steuerrechtlichen Bestimmungen, so die Koblenzer Richter, müsse die Klägerin für die Steuerschulden der UG haften. Als deren Alleingeschäftsführerin habe sie ihre Pflicht, Steuererklärungen abzugeben und Steuern zu entrichten, vorsätzlich verletzt. Hierdurch sei der Beklagten ein Schaden in Höhe der nicht entrichteten Gewerbesteuern entstanden, für den die Klägerin einstehen müsse. Dabei sei es unerheblich, dass die Gewerbesteuer auf der Grundlage von Steuerschätzungen festgesetzt worden sei. Denn auch geschätzte Steuern müssten gezahlt werden. Im Übrigen sei es zu den Schätzungen nur aufgrund des mangelnden Erklärungsverhaltens der Klägerin gekommen. Auch ihre angebliche Unerfahrenheit in geschäftlichen Dingen lasse keine andere Entscheidung zu.

Gegen diese Entscheidung können die Beteiligten die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.

Quelle: VG Koblenz, Pressemitteilung vom 02.12.2015 zum Urteil 5 K 526/15 vom 13.11.2015

 

Vermeintlicher Steuerrückerstattungsanspruch: gefälschter Brief des NRW-Finanzministeriums

In den vergangenen Tagen sind gefälschte Schreiben im Namen des Finanzministeriums bundesweit an Bürgerinnen und Bürger versendet worden. Als Absender wird das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen vorgetäuscht, angebliches Versanddatum ist der 22. Oktober 2015. Der Betreff lautet „Steuerrückerstattungsanspruch“.

In diesem Schreiben wird behauptet, dass durch eine Expertenkommission festgestellt worden sei, dass die seit 1977 angewendete Abgabenordnung nie ratifiziert worden sei. Steuerbescheide seien daher von Amts wegen aufgehoben worden. Schließlich wird in den gefälschten Schreiben empfohlen, beim Finanzamt einen Rückforderungsanspruch geltend zu machen.

Absender dieser Briefe ist nicht das NRW-Finanzministerium, es handelt sich um Fälschungen. Das NRW-Finanzministerium rät, das Schreiben nicht weiter zu beachten. Das dort zitierte „Erstattungsformular“ existiert nicht. Eine Kontaktaufnahme mit dem Finanzamt ist nicht erforderlich.

Quelle: FinMin Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung vom 25.11.2015

 

BFH zur Steuererstattung nach Insolvenzeröffnung: Befreiende Wirkung der Zahlung trotz falschen Zahlungsempfängers

Mit Urteil vom 18. August 2015 VII R 24/13 hat der VII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) darüber entschieden, welche Folgen es hat, wenn nur das ehemals örtlich zuständige Finanzamt (FA) Kenntnis von der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerpflichtigen hat und das aktuell zuständige FA deshalb eine Steuererstattung nicht auf das Konto des nach § 80 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) empfangsberechtigten Insolvenzverwalters, sondern auf das Konto des Insolvenzschuldners leistet.

Im Streitfall war das FA unter Berufung auf § 82 InsO trotzdem von der befreienden Wirkung seiner Zahlung an den Insolvenzschuldner ausgegangen, da es sich die Kenntnis der ehemals örtlich zuständigen Finanzbehörde von der Insolvenzeröffnung nicht zurechnen lassen müsse. Das Finanzgericht hatte die hiergegen gerichtete Klage des Insolvenzverwalters abgewiesen.

Der VII. Senat des BFH hat nun die Revision gegen dieses Urteil als unbegründet zurückgewiesen, da es jedenfalls im Ergebnis richtig sei. Zwar trete die befreiende Wirkung der Zahlung gemäß § 82 InsO nur dann ein, wenn der Leistende keine positive Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehabt habe. Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die positive Kenntnis des ehemals örtlich zuständigen FA von der Insolvenzeröffnung dem aktuell zuständigen FA zugerechnet werden könne, musste der BFH im Streitfall aber nicht entscheiden. Denn nach Auffassung des VII. Senats kann sich der Insolvenzverwalter jedenfalls dann nicht auf eine Zurechnung der Kenntnis des ehemals örtlich zuständigen FA berufen, wenn er selbst seine steuerlichen Mitwirkungspflichten verletzt hat. Diese Voraussetzung sei im Streitfall erfüllt, da der Insolvenzverwalter entweder von dem Wohnsitzwechsel des Insolvenzschuldners gewusst habe, ohne das FA über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu informieren, oder keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen habe, den Wohnsitz des Insolvenzschuldners nachzuverfolgen. Darüber hinaus habe der Insolvenzverwalter über mehrere Jahre weder die erforderlichen Einkommensteuererklärungen abgegeben noch den Finanzbehörden die Besteuerungsgrundlagen mitgeteilt.

BFH, Pressemitteilung Nr. 81/15 vom 02.12.2015 zum Urteil VII R 24/13 vom 18.08.2015