Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Besteuerung von Kapitalleistungen schweizerischer Pensionskassen und anderer Versorgungseinrichtungen privater Arbeitgeber an deutsche Grenzgänger ab 2005

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat sich in vier Urteilen vom 26. November 2014 VIII R 31/10, VIII R 38/10 sowie VIII R 39/10 und vom 2. Dezember 2014 VIII R 40/11 mit der Besteuerung von Kapitalleistungen befasst, die deutsche Steuerpflichtige, die im Inland wohnen, aber in der Schweiz gearbeitet haben bzw. noch arbeiten (sog. Grenzgänger), im Rahmen der schweizerischen betrieblichen Altersvorsorge beziehen.

Das System der betrieblichen Altersvorsorge über Pensionskassen, die ein privater Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer errichtet, stellt neben der staatlichen eidgenössischen Alters-, Hinterbliebenen- und Invalidenversicherung (sog. 1. Säule) die sog. 2. Säule der schweizerischen Altersvorsorge dar. Der BFH hat klargestellt, dass bei der steuerlichen Beurteilung der Leistungen aus schweizerischen Pensionskassen privater Arbeitgeber zwischen der nach der schweizerischen Altersvorsorge gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabsicherung (sog. Obligatorium) und den darüber hinausgehenden freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers (sog. Überobligatorium) zu unterscheiden ist.

Nach dem Urteil im Verfahren VIII R 38/10 ist eine Kapitalabfindung, die einem ehemaligen Grenzgänger von seinem privaten Arbeitgeber im Jahr 2005 – nach Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes vom 5. Juli 2004 – zur Abfindung seines obligatorischen und überobligatorischen Rentenanspruchs gegen die Pensionskasse geleistet wird, nur insoweit als „andere Leistung“ aus einer gesetzlichen Rentenversicherung i. S. d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit dem danach vorgesehenen Besteuerungsanteil (bei Rentenbeginn in 2005: 50 %) zu besteuern, als die Kapitalleistungen aus dem Obligatorium erfolgen. Die darüber hinausgehenden Kapitalleistungen aus dem Überobligatorium der Pensionskasse sind aufgrund des privatrechtlichen Vorsorgeverhältnisses für die inländische Besteuerung eigenständig zu beurteilen. Sie sind als Kapitalleistung aus einer Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht bei einer mehr als zwölfjährigen Zugehörigkeit und Beitragsleistung des Klägers an die Pensionskasse steuerfrei (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG i. V. m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, die nach § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG im Streitjahr 2005 anzuwenden war).

Entsprechend dieser grundlegenden Unterscheidung zwischen Kapitalleistungen aus dem Obligatorium und dem Überobligatorium ordnete der VIII. Senat im Verfahren VIII R 39/10 einen sog. Vorbezug aus der Pensionskasse eines privatrechtlichen Arbeitgebers an einen (erwerbstätigen) Grenzgänger (Einmalzahlung der Pensionskasse im Streitjahr 2005 zur Förderung des Erwerbs von Wohnraum) teilweise als steuerpflichtige „andere Leistung“ gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG (Zahlung aus dem Obligatorium) und teilweise gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG (Zahlung aus dem Überobligatorium) als steuerfreie Auszahlung aus einer Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht ein.

Der VIII. Senat entschied außerdem im Verfahren VIII R 31/10, dass eine im Jahr 2001 wegen des endgültigen Verlassens der Schweiz gezahlte Austrittsleistung einer dem Bereich der überobligatorischen betrieblichen Altersvorsorge zuzurechnenden Stiftung für Mitarbeiter-Gewinnbeteiligung (sog. Anlagenstiftung eines privaten schweizerischen Arbeitgebers) als eine steuerfreie Kapitalleistung aus einer fondsgebundenen Lebensversicherung zu qualifizieren sei, wenn der Grenzgänger der Anlagenstiftung im Zeitpunkt der Auszahlung mehr als zwölf Jahre angehört hatte und vor dem 1. Januar 2005 beigetreten war. Die Entscheidung hat auch für die aktuelle Rechtslage Bedeutung, da § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 5 EStG in der im Streitfall maßgebenden Fassung nach § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG auch in Veranlagungszeiträumen nach 2005 noch zur Anwendung kommen kann. Nicht im Inland steuerbar sind dagegen nach dem Urteil im Verfahren VIII R 40/11 Austrittsleistungen, die einem Grenzgänger von einer schweizerischen Anlagestiftung aufgrund des Wechsels zu einem neuen schweizerischen Arbeitgeber gewährt werden und aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung unmittelbar auf ein sog. Freizügigkeitskonto des Grenzgängers als Eintrittsleistung gezahlt werden.

Schließlich hat der VIII. Senat auch für die Rechtslage ab 2005 über die Besteuerung der Arbeitgeberbeiträge und den Abzug der Arbeitnehmerbeiträge entschieden, die für einen Grenzgänger an dessen schweizerische Pensionskasse gezahlt werden (Urteile vom 26. November 2014 VIII R 39/10 und vom 2. Dezember 2014 VIII R 40/11).

Für Kapitalleistungen aus den Pensionskassen öffentlich-rechtlicher schweizerischer Arbeitgeber an deutsche Grenzgänger gelten diese Grundsätze dagegen nicht. Eine Austrittsleistung aus einer solchen Pensionskasse hatte zuvor schon der X. Senat für Veranlagungszeiträume ab 2005 als einheitliche „andere Leistung“ gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG beurteilt, da sie auf einem einheitlichen öffentlich-rechtlichen gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen einer öffentlich-rechtlich organisierten Vorsorgeeinrichtung und dem versicherten Arbeitnehmer beruhte (BFH-Urteil vom 23. Oktober 2013 X R 33/10, BFHE 243, 332, BStBl II 2014, 103).

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 44/15 vom 17.06.2015 zu den Urteilen VIII R 31/10, VIII R 38/10, VIII R 39/10 vom 26.11.2014 und VIII R 40/11 vom 02.12.2014

BFH zur Steuerfreiheit von Umsätzen privater Krankenhausbetreiber bis 2008 und ab 2009

Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit zwei Urteilen vom 18. März 2015 zur Umsatzsteuerfreiheit von Umsätzen privater Krankenhausbetreiber bis 2008 einerseits und ab 2009 anderseits entschieden.

Nach § 4 Nr. 16 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der bis einschließlich 2008 geltenden Fassung (a. F.) waren die mit dem Betrieb der privaten Krankenhäuser eng verbundenen Umsätze steuerfrei, wenn bei Krankenhäusern im vorangegangenen Kalenderjahr die in § 67 Abs. 1 oder 2 der Abgabenordnung bezeichneten Voraussetzungen erfüllt wurden. Bei einem Krankenhaus, das nicht in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fiel, mussten danach mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungstage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen berechnet wurde. Nach der ab 2009 geltenden Rechtslage sind die Leistungen der privaten Krankenhäuser nur steuerfrei, wenn es sich um eine Hochschulklinik, ein in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommenes Krankenhaus oder um ein Krankenhaus handelt, das über einen Versorgungsvertrag mit den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen verfügt (§ 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG)

Die Klägerin im Verfahren XI R 8/13 betrieb ein privates Krankenhaus für Psychosomatik, Psychotherapie und Krisenintervention. Sie behandelte in den Streitjahren 2003 bis 2006 privat versicherte Patienten und Selbstzahler. Im Verfahren XI R 38/13 handelte es sich um eine Privatklinik, in der niedergelassene Ärzte im Streitjahr 2009 operative Eingriffe an gesetzlich und privat versicherten Patienten durchführten. Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das jeweilige Finanzamt (FA) die Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG a. F. (XI R 8/13) bzw. § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG (XI R 38/13) nicht erfüllt seien. Das Finanzgericht (FG) gab in beiden Fällen der Klage statt. Die betreffende Klägerin könne sich für die Steuerfreiheit der streitbefangenen Umsätze jeweils auf das Unionsrecht berufen.

Dem folgte der BFH im Verfahren XI R 8/13 nicht. Auf die Revision des FA hin hob er die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab. Die Steuerbefreiung der mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundenen Umsätze nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG a.F. i. V. m. § 67 AO sei hinsichtlich der 40 %-Grenze unionsrechtskonform. Diese Grenze verstoße zudem nicht gegen den Grundsatz der mehrwertsteuerrechtlichen Neutralität. Soweit der nationale Gesetzgeber in § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG a.F. auf die Verhältnisse des vorangegangenen Kalenderjahrs abgestellt hat, wofür das Unionsrecht keine Grundlage bietet, war der Streitfall hiervon nicht betroffen.

Dagegen bestätigte der BFH im Verfahren XI R 38/13 die der Klage stattgebende Entscheidung des FG und wies die Revision des FA als unbegründet zurück. Der XI. Senat des BFH schloss sich der Rechtsprechung des V. Senats des BFH an, der mit Urteil vom 23. Oktober 2014 V R 20/14 (Pressemitteilung Nr. 15 vom 24. Februar 2015) entschieden hat, dass die nationale Regelung in § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG nicht den unionsrechtlichen Vorgaben entspreche. Der nationale Gesetzgeber habe den ihm insoweit eingeräumten Ermessensspielraum überschritten, weil die Regelung in § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG die Steuerfreiheit der Leistungserbringung in privaten Krankenhäusern unter einen sozialversicherungsrechtlichen Bedarfsvorbehalt stelle, der mit dem Unionsrecht nicht vereinbar sei. Die Klägerin im Verfahren XI R 38/13 konnte sich mithin für die Steuerfreiheit der streitbefangenen Umsätze unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, dessen Voraussetzungen sie erfüllte, berufen.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 42/15 vom 17.06.2015 zu den Urteilen XI R 8/13 und XI R 38/13 vom 18.03.2015

 

Minderheitsbeteiligung an Komplementär-GmbH kein notwendiges Sonderbetriebsvermögen

Mit Urteil vom 16. April 2015 hat der IV. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass eine Minderheitsbeteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH von weniger als 10 % nicht zu seinem notwendigen Sonderbetriebsvermögen bei der Kommanditgesellschaft (KG) gehört.

In dem Urteilsfall hatte ein Kommanditist seine Beteiligung an einer GmbH & Co. KG veräußert, und zwar sowohl seinen Kommanditanteil als auch den Anteil an der Komplementär-GmbH. An beiden Gesellschaften war er mit jeweils 5 % beteiligt. Das Finanzamt war der Meinung, der Gewinn aus der Veräußerung des GmbH-Anteils sei in den Veräußerungsgewinn des KG-Anteils einzubeziehen, obwohl der Gesellschafter seinen GmbH-Anteil als Privatvermögen behandelt hatte.

Der BFH gab der Klage statt und nahm den Fall zum Anlass, seine bisherige Rechtsprechung zu präzisieren und den Umfang des sog. Sonderbetriebsvermögens II einzuengen. Dabei handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft dienen und die deshalb dem Betriebsvermögen zugeordnet werden.

Nach den jetzt aufgestellten Grundsätzen ist die Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH nur dann dem Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen, wenn er als grundsätzlich nicht an der Geschäftsführung beteiligter Gesellschafter auf Grund der Beteiligung an der geschäftsführenden Komplementär-GmbH mittelbar Einfluss auf die Geschäftsführung der Personengesellschaft erhält. Daran fehlt es nach Meinung des BFH jedenfalls dann, wenn der Kommanditist weniger als 10 % der Geschäftsanteile der Komplementär-GmbH hält. Eine derartige Minderheitsbeteiligung lag im Urteilsfall vor, sie war daher dem Privatvermögen des Kommanditisten zuzuordnen. Dabei spielte es nach Auffassung des BFH auch keine Rolle, dass die GmbH in erheblichem Umfang an dem Gewinn der Mitunternehmerschaft beteiligt war.

Offengelassen hat der BFH, ob eine Zuordnung der Gesellschaftsanteile zum Sonderbetriebsvermögen II geboten ist, wenn die Beteiligung 10-25 % beträgt, weil einem so beteiligten Gesellschafter gewisse Minderheitenrechte zustehen, oder ob von einer Einflussnahme (wenn überhaupt) erst bei einer Beteiligung von mehr als 25 % (sog. Sperrminorität) die Rede sein kann.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 43/15 vom 17.06.2015 zum Urteil IV R 1/12 vom 16.04.2015

 

Entscheidung zur Wirksamkeit von Darlehensgebühren in Bausparverträgen

Die 6. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn hat mit Urteil vom 21. Mai 2015 über die Wirksamkeit von Darlehensgebühren in Bausparverträgen entschieden.

Hintergrund des Verfahrens war, dass der Bundesgerichtshof im Mai 2014 entschieden hatte, dass die in allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts für den Abschluss von Privatkreditverträgen enthaltene Bestimmung eines Bearbeitungsentgelts im Verkehr mit Verbrauchern unwirksam ist.

In dem nunmehr beim Landgericht Heilbronn anhängig gewesenen Verfahren hatte die klagende Verbraucherzentrale von der beklagten Bausparkasse die Unterlassung der Verwendung folgender Bausparbedingung begehrt:

„§ 10 Darlehensgebühr: Mit Beginn der Darlehensauszahlung wird eine Darlehensgebühr in Höhe von 2 % des Bauspardarlehens … fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen (Darlehensschuld).“

In seinem Urteil kam das Landgericht Heilbronn zu folgender Entscheidung: Die die Darlehensgebühr bestimmende allgemeine Bausparbedingung ist prüffähig und wirksam. Da die Erhebung von Darlehensgebühren bausparspezifisch ist und diese Besonderheit die materiellen Wertungen im Rahmen der Inhaltskontrolle beeinflusst, können Bausparkassen Darlehensgebühren bei der Inanspruchnahme von Bauspardarlehen verlangen.

Quelle: LG Heilbronn, Pressemitteilung vom 10.06.2015 zum Urteil Bi 6 O 50/15 vom 10.06.2015

 

Klage gegen die Erhöhung der Grundsteuer B in der Stadt Gießen erfolglos

Mit Urteil vom 11.06.2015 hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Gießen nach mündlicher Verhandlung vom 11.06.2015 die Klage eines Ehepaares, das sich gegen die Erhöhung der Grundsteuer B in Gießen wandte, abgewiesen. Der Hebesatz der Grundsteuer war zum 01.01.2014 von 380 auf 600 Prozent erhöht worden, eine Erhöhung um knapp 60 Prozent.
Die Kammer ist der Auffassung, dass die Erhöhung nicht erdrosselnd, nicht übermäßig und nicht willkürlich ist, so dass sie aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sei.

Die Entscheidung (Urteil vom 11.06.2015, Az. 4 K 550/14.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Die Kammer hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Berufung zugelassen. Die Rechtsmittelfrist beträgt einen Monat und beginnt erst mit der Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe, die erst in einigen Wochen vorliegen werden. Für die Entscheidung über das Rechtsmittel ist der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel zuständig.

Quelle: VG Gießen, Pressemitteilung vom 11.06.2015 zum Urteil 4 K 550/14.GI vom 11.06.2015 (nrkr)

 

Höhere Altersbezüge ab dem 1. Juli

Die Rentenerhöhung für das Jahr 2015 ist beschlossen. Die Länder haben in ihrer Plenarsitzung am 12. Juni 2015 der Rentenwertbestimmungsverordnung zugestimmt. Damit erhöhen sich zum 1. Juli des Jahres die Altersbezüge der Rentnerinnen und Rentner in den neuen Ländern um 2,5 und in den alten Ländern um 2,1 Prozent. Der Beschluss des Bundesrates wird nun der Bundesregierung zugestellt, damit diese die Verordnung in Kraft setzt.
In einer begleitenden Entschließung machte der Bundesrat zudem seine Auffassung deutlich, dass mit den Vorbereitungen zu abschließend einheitlichen Rentenwerten in alten und neuen Ländern nicht erst 2016, sondern umgehend zu beginnen ist. Er forderte die Bundesregierung daher auf, zeitnah eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einzusetzen, die entsprechende Lösungsvorschläge erarbeiten soll.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Bundesrates.

Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 12.06.2015

 

Rückkauf von GmbH-Anteilen ist kein rückwirkendes Ereignis

Wird im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs ein Teil des Kaufpreises gegen Rückübertragung der GmbH-Anteile zurückgezahlt, stellt dies kein rückwirkendes Ereignis dar, das eine Änderung der auf die ursprüngliche Anteilsveräußerung entfallenden Einkommensteuer rechtfertigt. Dies hat der 13. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 15. April 2015 (Az. 13 K 2939/12 E) entschieden.

Der Kläger war alleiniger Gesellschafter einer GmbH, die Grillverkaufswagen betrieb. Im Jahr 2003 veräußerte er sämtliche GmbH-Anteile für insgesamt 250.000 Euro an zwei Erwerber. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer für 2003 unter Berücksichtigung eines Veräußerungsgewinns gemäß § 17 EStG fest.

Die Käufer erhoben eine Zivilklage gegen den Kläger, weil er sie unter Vorlage unrichtiger Bilanzen der GmbH getäuscht habe. Das Landgericht verurteilte den Kläger zur Rückerstattung des vollständigen Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückabtretung der Anteile. Im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht schlossen die Vertragsparteien im Jahr 2010 einen Vergleich, wonach der Kläger gegen Rückabtretung der Anteile lediglich 200.000 Euro zurückzahlen musste, wovon ihm 75.000 Euro bei rechtzeitiger Zahlung des Restbetrages erlassen wurden. Da der Kläger 125.000 Euro fristgerecht zahlte, blieb es bei der Rückzahlung dieser Summe.

Das Finanzamt lehnte den Antrag des Klägers auf Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 2003 ab, weil kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorliege, sondern ein Rückkauf der Anteile vereinbart worden sei.

Dem folgte das Gericht und wies die Klage ab. Der im Jahr 2010 geschlossene Vergleich stelle kein rückwirkendes Ereignis dar. Bei Rückabwicklung eines bereits vollzogenen Rechtsgeschäfts sei § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nur anwendbar, wenn diese im Kaufvertrag selbst angelegt sei und das Rechtsgeschäft tatsächlich vollständig rückabgewickelt werde. Die Parteien müssten sich so stellen, als wäre der Kaufvertrag nicht abgeschlossen worden. Im Streitfall seien die wirtschaftlichen Folgen der bereits vollzogenen Anteilsveräußerung nicht vollständig beseitigt worden, denn die Käufer hätten – anders als nach dem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts – gerade nicht die vollständige Rückzahlung des Kaufpreises verlangen können. Der Vergleich stelle vielmehr eine neue vertragliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und den Käufern und kein gesetzliches Schuldverhältnis dar. Der aufgrund des Vergleichs gezahlte Betrag in Höhe von 125.000 Euro sei beim Kläger im Fall einer späteren Auflösung der GmbH allerdings gewinnmindernd zu berücksichtigen.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.06.2015 zum Urteil 13 K 2939/12 vom 15.04.2015

 

Unentgeltliche Betriebsübertragung auf mehrere Erwerber zu Buchwerten ist möglich

Mit Urteil vom 24. April 2015 hat der 14. Senat des Finanzgerichts Münster (Az. 14 K 4172/12 E) entschieden, dass die unentgeltliche Übertragung eines verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an mehrere Erwerber zu Buchwerten erfolgen kann.

Die Klägerin übertrug ihren verpachteten Betrieb, aus dem sie Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bezogen hatte, auf eine Tochter und zwei Enkelkinder. Die drei Erwerber erhielten Flächen in einem Umfang von ca. 10,4 ha, 6,8 ha und 3,5 ha.

Das Finanzamt erfasste bei der Einkommensteuerfestsetzung der Klägerin einen Aufgabegewinn, mit dem es die stillen Reserven des Betriebes aufdeckte. Eine Buchwertfortführung sei nicht möglich, weil der Betrieb auf drei verschiedene Personen aufgeteilt und damit zerschlagen worden sei.

Dem folgte das Gericht nicht und gab der Klage vollumfänglich statt. Eine Betriebsaufgabe liege nicht vor, da die drei Erwerber zur Buchwertfortführung gemäß § 6 Abs. 3 EStG berechtigt seien. Die Klägerin habe ihren Betrieb nicht zerschlagen, sondern vielmehr drei Teilebetriebe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, die die Erwerber fortgeführt hätten. In Fällen, in denen eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit ruhe, stelle jede Fläche von mehr als 3.000 m² einen selbständigen Teilbetrieb dar. Diese Grenze werde bei allen drei Erwerbern deutlich überschritten. Eine solche Auslegung entspreche auch dem Normzweck des § 6 Abs. 3 EStG, der die Übertragung von Betrieben und Teilbetrieben im Rahmen der Generationsfolge erfassen solle. Hierbei falle regelmäßig keine Liquidität beim Übertragenden an und die Besteuerung der stillen Reserven bei den Erwerbern sei sichergestellt.

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (Az. BFH IV R 27/15).

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.06.2015 zum Urteil 14 K 4172/12 vom 24.04.2015

 

Den Gebührenrahmen des RVG überschreitende Anwaltskosten sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Der 12. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 19. Februar 2015 (Az. 12 K 3703/13 G) entschieden, dass Anwaltskosten eines Zivilprozesses, die über den Gebührenrahmen des RVG hinausgehen, nicht als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden dürfen.

Die Kläger führten mit einem Architekten, den sie als Bauleiter für die Errichtung eines Neubaus eingesetzt hatten, einen Rechtsstreit, weil es dort zu einem Schimmelpilzbefall gekommen war. Vor dem Landgericht erstritten sie ein Grundurteil, mit dem der Bauleiter verpflichtet wurde, den Klägern den gesamten gegenwärtigen und zukünftigen Schaden zu ersetzen.

Die Kläger machten für 2012 vorprozessuale Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend. Diese Kosten waren aufgrund einer individuellen Kostenvereinbarung mit einem Stundenhonorar von 200 Euro angefallen und wurden daher nicht in vollem Umfang von der Gegenseite erstattet. Das Finanzamt versagte den Abzug der Anwaltskosten, weil es die BFH-Rechtsprechung zum Abzug von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen aufgrund einer Verwaltungsanweisung nicht anwenden dürfe.

Das Gericht wies die Klage im Ergebnis ab. Zivilprozesskosten seien zwar aus rechtlichen Gründen zwangsläufig entstanden und damit grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Dies gelte jedoch nur, soweit die Aufwendungen notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten. Angemessen seien Rechtsanwaltskosten nicht mehr, soweit sie den Gebührenrahmen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes übersteigen. Nur Kosten, die sich innerhalb dieses Rahmens bewegten, seien notwendig, um eine zwangsläufig gebotene Rechtsverfolgung im Rahmen eines Zivilprozesses sicherzustellen. Insoweit sei auf die für die Gewährung von Prozesskostenhilfe anzuwendenden Maßstäbe zurückzugreifen. Im Streitfall seien die höheren Kosten nur angefallen, weil sie auf der von den Klägern abgeschlossenen Honorarvereinbarung von 200 Euro pro Stunde beruhten.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI B 54/15 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.06.2015 zum Urteil 12 K 3703/13 vom 19.02.2015

 

Mindestlohn verringert Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen

In einer Simulationsstudie hat das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) die Wirkungen des Mindestlohnes auf die geschlechtsspezifische Lohnlücke untersucht. Basierend auf Daten von abhängig Beschäftigten des Sozio-oenonomischen Panels (SOEP) 2012 wird die Lohnlücke für verschiedene Szenarien berechnet, die sich darin unterscheiden, ob Beschäftigungseffekte des Mindestlohnes berücksichtigt sind und wenn ja, in welcher Form. Zum 1. Januar 2015 war in Deutschland ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde eingeführt worden.
Die mittlere unbereinigte Lohnlücke liegt vor der Einführung des Mindestlohnes bei 19,6 %. Frauen verdienen demnach durchschnittlich 19,6 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Die Lücke ist am unteren Ende der Lohnverteilung ausgeprägter als am oberen Ende. Im Szenario, in dem von Null-Beschäftigungseffekten ausgegangen wird, zeigt sich nach Einführung des Mindestlohnes eine deutliche Verringerung der durchschnittlichen Lohnlücke um 2,5 Prozentpunkte (pp) auf 17,1 %. Dabei konzentriert sich der Effekt vollständig auf die unteren drei 5 %-Quantile der Lohnverteilung. Die Einführung des Mindestlohnes bei konstant gehaltener Beschäftigung reduziert daher vor allem die Klebeeffekte im unteren Einkommensbereich. Dass aus der Mindestlohneinführung keinerlei Arbeitsnachfrageanpassungen resultieren, ist allerdings in der mittleren bis langen Frist nicht plausibel.

Die simulierten Beschäftigungseffekte unterscheiden sich vor allem je nach Marktmodell und unterstellter Lohnelastizität der Arbeitsnachfrage. Bei einer Arbeitsnachfrageelastizität von -0,2 (-1,2) verlieren unter der Annahme eines neoklassischen Arbeitsmarktes 5,0 % (24,3 %) der vom Mindestlohn betroffenen Beschäftigten bzw. 0,6 % (3,0 %) aller Beschäftigten ihren Job. Bei einer sechsfach stärkeren Arbeitsnachfragereaktion verfünffachen sich also die Beschäftigungsverluste. Wird ein monopsonistischer Arbeitsmarkt unterstellt, betragen die Beschäftigungseffekte nur etwa ein Drittel bis die Hälfte des neoklassischen Falls. Durch die Berücksichtigung von Beschäftigungsverlusten nimmt der erklärte Teil der Lücke zugunsten des unerklärten Teils weiter geringfügig ab. Dies gilt für beide Arbeitsmarktmodelle. Dies hat mit dem weiter rückläufigen Erklärungsbeitrag des Beschäftigungsumfangs auf die Lohnlücke zu tun. Die Erklärungsbeiträge der übrigen Einflussgruppen bleiben nahezu konstant. Die Berücksichtigung von Beschäftigungseffekten führt demnach bei Höhe und Struktur der Lohnlücke nur unter recht restriktiven Annahmen zu Veränderungen, und selbst diese sind gering.

Fazit: Die Einführung des Mindestlohnes kann durchaus zu einer Reduktion der Lohnlücke zwischen Frauen und Männern führen. Die Abmilderung der Einkommensungleichheit insbesondere am unteren Rand der Einkommensverteilung wird allerdings mit gewissen Beschäftigungsverlusten erkauft.

Quelle: HWWI, Pressemitteilung vom 12.06.2015