Erhöhte Hundesteuer für Zweithund: Hundehaltung ist haushaltsbezogen zu betrachten

 Leitsatz

Die erhöhte Hundesteuerpflicht für Zweithunde stellt nicht darauf ab, wieviele Hunde eine Person hält, sondern wieviele Hunde in einem Haushalt gehalten werden.

 Gesetze

HuStG § 1 Abs. 2 Satz 1 HuStG § 2 Abs. 1 Satz 2

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte zu Recht gegen die miteinander verheirateten Kläger wegen der Haltung eines zweiten Hundes eine gegenüber dem „Ersthund” erhöhte Hundesteuer festgesetzt hat (Jahressteuer 360,00 DM statt 240,00 DM).

Auf amtlichem Vordruck meldeten die Kläger am 17. Januar 1985 die Haltung eines Jagdhundmischlings an, am 16. September 1996 die eines weiteren Mischlingshundes.

Aufgrund des Art. VI in Verbindung mit Art. XX des Haushaltsstrukturgesetzes 1997 – HstruktG – vom 12. März 1997 (Gesetz und Verordnungsblatt für Berlin 1997, 69 ff.) wurde rückwirkend ab dem 1. Januar 1997 die Hundesteuer von jährlich 180,00 DM auf 240,00 DM („Ersthund”) erhöht und „für jeden weiteren Hund” eine Jahressteuer von 360,00 DM bestimmt (§ 2 Satz 2 Hundesteuergesetz – HundStG -).

Daraufhin erließ der Beklagte gegen die Kläger am 1. August 1997 einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung – AO – geänderten Bescheid über Hundesteuer, in welchem er ab dem 1. Januar 1997 eine Jahressteuer von insgesamt 600,00 DM für zwei Hunde festsetzte (240,00 DM für den „Ersthund”, 360,00 DM für den weiteren Hund).

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein mit der Begründung, dass jeder Ehegatte jeweils nur für das Halten eines „Ersthundes” zur Hundesteuer herangezogen werden dürfe. Der ältere der beiden Hunde gehöre dem Ehemann allein, der jüngere („Zweithund”) allein der Ehefrau aufgrund einer Schenkung durch den Ehemann. Darüber hinaus verstoße das Hundesteuergesetz gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 des Grundgesetz es – GG – sowie gegen den besonderen Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 GG . Denn im Gegensatz zu miteinander verheirateten Hundehaltern würden Partner anderer Lebensgemeinschaften bei zwei Hunden jeweils nur zur Steuer für einen „Ersthund” herangezogen.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 1998 als unbegründet zurückgewiesen. Aufgrund des Gleichberechtigungsgesetzes bildeten beide Ehegatten gemeinsam einen Haushaltsvorstand. Unbedeutend sei, in wessen Eigentum ein Hund bei einem aus mehreren Personen bestehenden Haushalt stehe. Überhaupt sei das Eigentum an einem Hund nach dem Hundesteuergesetz unerheblich. Entgegen der Auffassung der Einspruchsführer (Kläger) verstoße die Besteuerung des weiteren Hundes als „Zeithund” auch nicht gegen Art. 3 und 6 GG . Denn auch Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften, die in einem gemeinsamen Haushalt lebten, würden für weitere Hunde zu der erhöhten Steuer herangezogen.

Auch im nachfolgenden Klageverfahren wenden die Kläger sich gegen die erhöhte Besteuerung des „Zweithundes”. Jeder von beiden Ehegatten halte jeweils einen „Ersthund”. Es sei eine verfassungswidrige Schlechterstellung gegenüber unverheirateten Paaren gegeben.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Hundesteuerbescheid vom 1. August 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 1998 in der Weise zu ändern, dass die Steuer für beide Hunde ab dem 1. Januar 1997 auf insgesamt 480,00 DM Jahressteuer festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dem Senat hat ein Band der zur Steuernummer … vom Beklagten für die Kläger geführten Hundesteuerakten vorgelegen.

 Gründe

Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – ).

Die Klage ist zulässig. Die Klage ist insbesondere innerhalb der einmonatigen Klagefrist gemäß § 47 Abs. 1 FGO eingegangen. Zwar ist die Einspruchsentscheidung laut Absendevermerk am 29. Juni 1998 zur Post gegeben worden, sodass sie nach der Bekanntgabefiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO grundsätzlich am 2. Juli 1998 als bekannt gegeben gilt, somit bei Eingang der Klageschrift beim Gericht am 23. November 1998 die Klagefrist versäumt worden wäre.

Die Bekanntgabefiktion gilt hier jedoch nicht („außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist”). Die Kläger haben vorgetragen, das Original der Einspruchsentscheidung nicht erhalten zu haben, erst durch Übersendung einer Kopie der Einspruchsentscheidung mit Schreiben des Beklagten vom 20. Oktober 1998 von der Entscheidung Kenntnis erlangt zu haben. Bestreitet ein Steuerpflichtiger, wie die Kläger, die (Original-) Einspruchsentscheidung überhaupt erhalten zu haben, kann eine weitere Substantiierung nicht verlangt werden (vgl. Klein / Brockmeyer 6. Aufl. § 122 AO Anm. 4 c). Im Zweifel muss die Behörde den rechtzeitigen Zugang nachweisen (Klein / Brockmeyer a. a. O. Anm. 4 c). Da die Übersendung einer Fotokopie eine zulässige Form der Bekanntgabe ist (vgl. Klein / Brockmeyer a. a. O. Anm. 2) ist daher mit Übersendung der Fotokopie der Einspruchsentscheidung mit Schreiben vom 20. Oktober 1998 eine neue Klagefrist angelaufen, sodass die am 23. November 1998 beim Gericht eingegangene Klageschrift die Klagefrist gewahrt hat.

Die Kläger haben zwar wörtlich die (vollständige) Aufhebung des angefochtenen Steuerbescheids beantragt. Aus der Klagebegründung ergibt sich jedoch, dass sie sich tatsächlich nur gegen die gegenüber der Steuerfestsetzung für den „Ersthund” erhöhte Steuer für den „Zweithund” wenden.

Die solchermaßen verstandene Klage ist jedoch unbegründet. Die Kläger werden in ihren Rechten nicht verletzt. Zutreffend hat der Beklagte die Steuer gegen die Kläger für das Halten von zwei Hunden festgesetzt.

Beide Kläger halten als Ehegatten gemeinsam zwei Hunde, sodass für den zweiten Hund eine erhöhte Steuer von 360,00 DM im Jahr festzusetzen war. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 HundStG gilt als Halter aller in einem Haushalt gehaltenen Hunde der Haushaltsvorstand. Im Lichte des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18. Juni 1957 (Bundesgesetzblatt – BGBl – I 609) versteht der Senat dies entsprechend der Auffassung des Beklagten dahingehend, dass beide Ehegatten gemeinsam den Haushaltsvorstand im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 HundStG bilden. Von einer haushaltsbezogenen Betrachtung der Hundehaltung geht offenbar auch der Gesetzgeber aus, wenn er alle in einem Haushalt lebenden Hunde zusammenfassen und einem Besteuerungssubjekt zurechnen will. Eine andere Betrachtung erscheint auch nach der Rechtswirklichkeit ausgeschlossen. Denn dass zusammenlebende Ehegatten – wie hier – in einer Wohnung zwei selbstständige Haushalte führen, ist nicht denkbar. Insofern ist die Formulierung in § 2 Abs. 1 Satz 2 HundStG („hält ein Hundehalter mehrere Hund …”) im Zusammenhang zu sehen mit der Anknüpfung an den Haushaltsvorstand in § 1 Abs. 2 Satz 1 HundStG in der speziellen Rechtsfortentwicklung, die dieser Begriff durch das Gleichberechtigungsgesetz gefunden hat. Darüber hinaus ist bei der Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 2 HundStG die gesetzgeberische Intention zu berücksichtigen, durch eine erhöhte Steuer für weitere Hunde einen gewissen prohibitiven Effekt zu erzielen, was ebenfalls für die erhöhte Steuerfestsetzung spricht, wenn mehrere Hunde in einem Haushalt gehalten werden.

Dass der „Zweithund” im Eigentum allein der Ehefrau steht, hat entgegen der Auffassung der Kläger für die Besteuerung keine Bedeutung. Denn der Begriff der Hundehaltung knüpft – ebenso wie etwa die Haltereigenschaft im Kraftfahrzeugsteuerrecht – nicht an das Eigentum an. Anders machte die Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 2 HundStG keinen Sinn, wonach der Eigentümer des Hundes neben dem Haushaltsvorstand für die ihm gehörenden Hunde haftet.

Der Senat sieht auch keine Verletzung der Art. 3 und 6 GG . Jedenfalls die vom Kläger angesprochenen, auf Dauer angelegten eheähnlichen Lebensgemeinschaften dürften im Ergebnis wie zusammenlebende Ehegatten für die Frage des Halters „weiterer” Hunde behandelt werden, sodass eine Ungleichbehandlung, die zudem den besonderen Schutz von Ehe und Familie verletzen könnte, nicht ersichtlich ist. Denn entweder betrachtet man dann eine Person als Haushaltsvorstand, die nach der gesetzlichen Regelung als Halter aller in ihrem Haushalt lebenden Hunde gilt, oder aber man gelangt aufgrund einer gemeinsamen Haushalts- und Lebensgemeinschaft auch hier zu einem gemeinsamen Haushaltsvorstand, weil beide Partner in derselben Wohnung nur einen gemeinsamen Haushalt führen können und insofern gemeinschaftlich alle dort lebenden Hunde halten. In beiden Fällen ist der „Zweihund” als weiterer Hund erhöht zu besteuern.

Schließlich sieht der Senat auch keine Verfassungswidrigkeit darin, dass die Hundesteuer rückwirkend ab dem 1. Januar 1997 erhöht worden ist. Der Senat hat dies bereits mehrfach ausgesprochen (Einzelrichterurteil vom 27. Mai 1998, 1 K 1030/98, Urteil des Senats vom 17. Februar 2000, 1 K 1291/98 in Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2000, 644 ) und verweist dazu insbesondere auf die veröffentlichten Urteilsgründe des vorgenannten Urteils vom 17. Februar 2000. Zwar liegt darin für die Monate Januar bis März 1997 tatbestandsmäßig eine echte Rückwirkung eines Steuergesetzes, die aber deshalb vorliegend unbedenklich ist, weil sie dem von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägten Begriff des Bagatellvorbehalts unterfällt. Der Senat ist der Auffassung, dass die rückwirkende Erhöhung für den „weiteren Hund” von 15,00 DM je Monat für die Monate Januar bis März (zusammen 45,00 DM) nur zu einem ganz unerheblichen Schaden geführt hat, der die Verfassungsmäßigkeit der Regelung nicht berührt. Denn wenn schon der Halter eines Hundes einen allgemein erhöhten Aufwand betreibt, gilt dies erst recht und in einem weiteren Umfang für den Halter mehrerer Hunde. Auch ist hier der Umstand zu berücksichtigen, dass die Hundesteuer über Jahre hinweg nicht erhöht worden ist.

Der Beklagte war auch verfahrensrechtlich zur Vornahme der Änderung der Steuerfestsetzung befugt (vgl. Urteil Finanzgericht – FG – Berlin vom 17. Februar 2000 1 K 1291/98 a. a. O., 646). Allerdings ist das Gesetz insoweit unvollkommen ausgestaltet. Nur dann, wenn man in der Hundesteuer eine Verbrauchsteuer sieht (so etwa Schwarz, AO , 11. Aufl., § 3 Rdnr. 9), würde als verfahrensrechtliche Änderungsgrundlage § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO unmittelbar eingreifen. Da sie jedoch nach zutreffenden Auffassung eine Aufwandsteuer ist (so etwa Birk in Hübschmann / Hepp / Spitaler, AO / FGO , 10. Aufl., § 3 AO Rdnr. 190), kommt nach Auffassung des Senats nur eine Anwendung des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 d AO in lückenausfüllender Ergänzung in Betracht (so auch FG Hamburg, Urteil vom 20. September 1984 III 125/84 , ZKF 1985, 61). Das noch aus dem Jahre 1939 stammende Hundesteuergesetz selbst enthält keinen Änderungstatbestand, obwohl gerade die wegen des Dauertatbestandcharakters der Hundehaltung erfolgende Festsetzung der Steuer auf unbestimmte Zeit eine Änderungsmöglichkeit unabdingbar macht – wie etwa in § 12 Abs. 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz – KraftStG – zum Dauertatbestand der Fahrzeughaltung geregelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .

Den Streitwert hat das Gericht nach §§ 25 , 13 Gerichtskostengesetz – GKG – unter Berücksichtigung der Sachanträge, so wie sie das Gericht auslegt, bestimmt.