Wann sind neu errichtete Bürogebäude bezugsfertig?

Wann sind neu errichtete Bürogebäude bezugsfertig?

Einleitung

Bebaute Grundstücke sind für erbschaftsteuerliche Zwecke in einem vereinfachten Ertragswertverfahren zu bewerten. Dabei ist die Wertminderung wegen Alters des Gebäudes für jedes Jahr, das seit Bezugsfertigkeit des Gebäudes bis zum Besteuerungszeitpunkt vollendet worden ist, mit 0,5 %, höchstens jedoch mit 25 % des Ausgangswerts zu berücksichtigen.

Sachverhalt

Die Kläger erbten in 2005 eine Beteiligung, zu deren Vermögen ein Bürogebäude gehörte. Dieses Gebäude war in den Jahren 1992 und 1993 errichtet worden, der Innenausbau wurden in den Jahren 1994 bis 2000 entsprechend den Bedürfnissen der Mieter gestaltet und durchgeführt. Die ersten Mieter zogen in 1994 und die letzten in 2000 ein. Das Finanzamt ging bei der Ermittlung des erbschaftsteuerlichen Wertes davon aus, dass das Bürogebäude erst in 2000 mit der Erstellung des gesamten Innenausbaus bezugsfertig gewesen und damit nur eine Alterswertminderung von 2,5 % anzusetzen sei. Das Finanzgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Die Wertminderung wegen Alters des Bürogebäude war für die Zeit ab 1994 anzusetzen und betrug deshalb 5,5 % des Ausgangswertes, da das Gebäude bereits in 1994 bezugsfertig war. Gebäude sind als bezugsfertig anzusehen, wenn den zukünftigen Benutzern zugemutet werden kann, sie zu benutzen. Voraussetzung dafür ist, dass Fenster und Türen eingebaut, Anschlüsse für Strom- und Wasserversorgung, Heizung sowie sanitäre Einrichtungen vorhanden sind. Ein neu errichtetes Bürogebäude ist bezugsfertig, wenn zumindest eine Büroeinheit benutzbar ist. Bei einem Bürogebäude setzt die Wertminderung schon mit der Abnutzung der bereits fertiggestellten wesentlichen Gebäudebestandteile ein.

Passive Rechnungsabgrenzungsposten für Beraterhonorare in einem Leasingmodell

Passive Rechnungsabgrenzungsposten für Beraterhonorare in einem Leasingmodell

Einführung Einnahmen vor dem Abschlussstichtag sind als passiver Rechnungsabgrenzungsposten anzusetzen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Sachverhalt Im hier zu entscheidenden Fall hat ein Berater auf Basis eines Kooperationsvertrages Leasingverträge der A GmbH an Dritte vermittelt und hierfür bei Vertragsabschluss ein Honorar erhalten. Für das gezahlte Honorar bildete der Berater passive Rechnungsabgrenzungsposten über die Grundmietzeit des Leasingvertrages. Mit dem Honorar waren auch nachträgliche Beratungskosten nach Vertragsabschluss abgegolten. Die Betriebsprüfung bestritt die Zulässigkeit der Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens mit der Begründung, dass die Einnahmen nicht für einen bestimmten Zeitraum nach dem Stichtag gezahlt seien. Ebenso sei der Umfang der nachträglichen Beratung nicht nachvollziehbar. Hiergegen klagte der Berater und bekam vom Finanzgericht Recht. Entscheidung Das FG führt aus, dass die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten Ausdruck des Objektivierungs- und des Vorsichtsprinzips sind. Eine enge Auslegung des Begriffes „bestimmte Zeit“ bei aktiven Rechnungsabgrenzungsposten entspricht dem Vorsichtsprinzip. Bei passiven Rechnungsabgrenzungsposten könne eine zu enge Auslegung jedoch zu einer zu frühen Gewinnrealisierung führen. Deshalb ist das Merkmal der „bestimmten Zeit“ bei der Bildung passiver Rechnungsabgrenzungsposten relativ weit auszulegen ist. Dies kann sogar dazu führen, dass Einnahmen für eine immerwährende Zeit passiv abzugrenzen sind. Auf den Umfang der zu erbringenden Leistung komme es nicht an. Soweit der Umfang der auf die einzelnen Jahre entfallenden Leistung nicht feststellbar ist, ist der passive Rechnungsabgrenzungsposten linear aufzulösen. Konsequenz Mit diesem Urteil hat das Finanzgericht eine handelsrechtliche Argumentation für die Bildung und Auflösung von passiven Rechnungsabgrenzungsposten aufgebaut, die maßgeblich für die Steuerbilanz ist. Die klare Orientierung am handelsrechtlichen Vorsichtsprinzip verhindert hier die im Zweifel zu frühe Gewinnrealisierung und die damit verbundene Steuerbelastung.

Übernachtungskosten und regelmäßige Arbeitsstätte bei Lkw-Fahrern

Übernachtungskosten und regelmäßige Arbeitsstätte bei Lkw-Fahrern

Einleitung

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sind als Werbungskosten auch beruflich veranlasste Reisekosten abzuziehen. Hierzu zählen auch Aufwendungen für Übernachtungen.

Sachverhalt

Der Kläger war als Kraftfahrer im internationalen Fernverkehr tätig. Er hatte die Möglichkeit, in der Schlafkabine des von ihm gefahrenen Lkw zu übernachten. In seiner Einkommensteuererklärung machte er bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit u. a. Übernachtungspauschalen i. H. v. 5 EUR für 220 Tage sowie wöchentliche Fahrten zum Lkw-Wechselplatz als Reisekosten geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Übernachtungspauschalen nicht. Die Fahrten zum Lkw-Wechselplatz wurden als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte festgesetzt. Das Finanzgericht wies die Klage hiergegen ab.

Entscheidung

Der BFH hob dieses Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Ein Ansatz der von der Finanzverwaltung in den einschlägigen Verwaltungsanweisungen festgelegten Pauschbeträge kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, weil die tatsächlich angefallenen Übernachtungskosten die Pauschbeträge in nicht unbeträchtlichem Umfang unterschreiten. Das FG konnte indes nicht vollständig von einer Berücksichtigung von Aufwendungen für Übernachtungen absehen. Liegen Einzelnachweise nicht vor, ist zu schätzen. Der vom Kläger im Rahmen seiner eigenen Schätzung angesetzte Betrag erscheint dem BFH in diesem Zusammenhang nicht überhöht. Die rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch das FA ist darüber hinaus fehlerhaft, soweit es die vom Kläger als Reisekosten geltend gemachten Aufwendungen als Fahrten zur Arbeitsstätte qualifiziert. Dies liegt daran, dass der Lkw-Wechselplatz keine regelmäßige Arbeitsstätte darstellt, weil es sich nicht um eine betriebliche und ortsfeste Einrichtung des Arbeitgebers handelt. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Hinsichtlich der Übernachtungsaufwendungen wird es von seiner Schätzungsbefugnis Gebrauch machen und entsprechende Beträge ansetzen. Zusätzlich wird es die tatsächlichen Fahrtkosten zum Lkw-Wechselplatz feststellen und als Reisekosten berücksichtigen.

Grunderwerbsteuerbefreiung bei schenkweiser Anteilsübertragung

Grunderwerbsteuerbefreiung bei schenkweiser Anteilsübertragung

Kernaussage

Die schenkweise Übertragung eines Grundstücks ist zwar ein steuerbarer, jedoch nach dem Grunderwerbsteuergesetz steuerbefreiter Vorgang. Die Befreiungsvorschrift umfasst dabei nicht nur unmittelbare Grundstücksübertragungen, sondern auch bestimmte steuerbare Anteilsübertragungen an grundbesitzenden Gesellschaften. So ist z. B. die grundsätzlich steuerbare Übertragung von mindestens 95 % der Gesellschaftsanteile auf einen anderen Mehrheitsgesellschafter begünstigt. Nicht begünstigt ist hingegen die grunderwerbsteuerbare erstmalige Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile an einer Gesellschaft in einer Hand. Diese seit 2006 von der Rechtsprechung vorgenommene unterschiedliche Behandlung der Übertragung von grundbesitzenden Gesellschaften wird zunehmend kritisiert. Dem Bundesfinanzhof (BFH) bot ein aktueller Fall nun die Chance, diese Ungleichbehandlung zu beseitigen.

Sachverhalt

Der Vater war ursprünglich Alleingesellschafter der grundbesitzenden Autohaus GmbH. Im Jahr 1997 übertrug er 41 % dieser Anteile unentgeltlich auf seinen Sohn, den Kläger. Die Übertragung der restlichen 59 % erfolgte in 2008. Als Gegenleistung verpflichtete sich der Sohn zur Zahlung einer lebenslangen Rente von monatlich 4.000 EUR an seinen Vater. Die in 2008 erfolgte Anteilsübertragung erfüllte unstreitig den Besteuerungstatbestand der Anteilsvereinigung. Die vom Sohn begehrte Grunderwerbsteuerbefreiung lehnte die Finanzverwaltung ab. Die anschließende Klage vor dem Finanzgericht Köln, die hinsichtlich des entgeltlichen Teils des Übertragungsgeschäftes (lebenslange Rente) auf eine weitere grunderwerbsteuerliche Befreiungsvorschrift gestützt war, blieb erfolglos.

Entscheidung

Unter ausdrücklichem Hinweis auf die damit einhergehende Rechtsprechungsänderung bejaht der BFH nunmehr die grundsätzliche Anwendbarkeit der Befreiung von der Grunderwerbsteuer auch bei der steuerbaren Anteilsvereinigung, soweit die zugrunde liegenden Anteilsübertragungen insgesamt unentgeltlich erfolgt sind. Für den entgeltlichen Teil der Anteilsübertragung lehnt der BFH die Anwendung der weiteren Befreiungsvorschrift, die die Grundstücksübertragung zwischen in gerader Linie verwandten Personen begünstigen soll, hingegen (weiterhin) ab.

Konsequenz

Die schenkweise Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften ist nunmehr grundsätzlich grunderwerbsteuerbefreit, unabhängig davon, ob die Anteilsübertragung in einem Akt oder schrittweise erfolgt. Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge können daher zukünftig die schenkungsteuerlichen Vorteile der über einen längeren Zeitraum schrittweise vollzogenen Anteilsübertragung genutzt werden. D. h. insbesondere können schenkungsteuerliche Freibeträge alle 10 Jahre sowie Steuerprogressionseffekte ausgenutzt werden, ohne das dies mit grunderwerbsteuerlichen Nachteilen einhergeht.

Vorzeitige Wiederbestellung des AG-Vorstands ist zulässig

Vorzeitige Wiederbestellung des AG-Vorstands ist zulässig

Kernaussage

Nach den aktienrechtlichen Vorschriften dürfen Vorstandsmitglieder auf höchstens 5 Jahre bestellt werden. Über eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit darf der Aufsichtsrat frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit entscheiden. Uneinigkeit bestand bisher darüber, ob die erneute Bestellung eines Vorstandsmitglieds unter gleichzeitiger Aufhebung seiner bisherigen Bestellung außerhalb der Jahresfrist zulässig ist. Hierzu hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun Stellung genommen.

Sachverhalt

Der Kläger ist Mitglied des Aufsichtsrats einer AG, an der 2 Familienstämme beteiligt sind. Am Tag vor der Hauptversammlung im Juli 2007 beschloss der Aufsichtsrat, 2 Vorstandsmitglieder, die einem Familienstamm zuzurechnen waren, unter „einvernehmlicher Aufhebung“ ihrer noch bis zum Januar 2010 laufenden Bestellung für jeweils 5 Jahre bis Juli 2012 erneut zu Vorstandsmitgliedern zu bestellen. Der Kläger meint, die Aufsichtsratsbeschlüsse über die Wiederbestellung der beiden Vorstandsmitglieder seien nichtig. Denn die Beschlüsse über die vorzeitige Wiederbestellung für 5 Jahre seien allein vor dem Hintergrund von Streitigkeiten zwischen den Familienstämmen gefasst worden, um für den am nächsten Tag von der Hauptversammlung zu wählenden neuen Aufsichtsrat „vollendete Tatsachen“ zu schaffen. Der Kläger unterlag schließlich vor dem BGH.

Entscheidung

Eine Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern für (höchstens) 5 Jahre nach einverständlicher Amtsniederlegung ist auch ohne besondere Gründe zulässig. Nach Ansicht der Richter lässt das Gesetz diese Möglichkeit zu. Entscheidend ist danach, dass der Aufsichtsrat sich nicht länger als zulässig bindet und mindestens alle 5 Jahre über die Verlängerung der Amtszeit der Vorstandsmitglieder entscheidet. Diese Voraussetzungen waren hier erfüllt.

Konsequenz

Dass der neue Aufsichtsrat durch die Entscheidung des alten gebunden wird, macht sie nicht unzulässig. Denn der Aufsichtsrat in seiner jeweiligen personellen Zusammensetzung hat kein Recht, den Vorstand ohne Rücksicht auf die Laufzeit der Bestellungen mit Mitgliedern seines Vertrauens zu besetzen. Nur wenn Gründe vorliegen, aus denen die Wiederbestellung im konkreten Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein könnte, ist diese unzulässig.

Ist Begleichung von Verbindlichkeiten einer insolventer GmbH durch den Geschäftsführer gläubigerbenachteiligend?

Ist Begleichung von Verbindlichkeiten einer insolventer GmbH durch den Geschäftsführer gläubigerbenachteiligend?

Kernaussage

Die Falle der Gläubigerbenachteiligung ist eine für viele Schuldner nicht sichtbare. Eine solche liegt immer dann vor, wenn die Insolvenzgläubiger durch eine Rechtshandlung des Insolvenzschuldners objektiv beeinträchtigt werden. Von einer Gläubigerbenachteiligung ist also schon dann auszugehen, wenn die Zugriffsmöglichkeiten auf das Schuldnervermögen beeinträchtigt sind. Die betreffende Rechtshandlung ist nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung anfechtbar; das Vermögen muss zur Masse zurückgeführt werden. Dazu entschied der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich, dass die späteren Insolvenzgläubiger nicht benachteiligt werden, wenn der – hierzu nicht verpflichtete – Geschäftsführer der insolventen Gesellschaft deren Verbindlichkeiten aus eigenen Mitteln begleicht.

Sachverhalt

Mit notarieller Urkunde aus 2004 bekannte die Schuldner-GmbH, dem Beklagten einen Betrag von rd. 470.000 EUR zu schulden. Der Geschäftsführer der GmbH verbürgte sich für die Rückzahlung. Zur Sicherung der Bürgschaftsforderung gab er persönlich ein notarielles Schuldanerkenntnis ab und unterwarf sich der Zwangsvollstreckung in sein Vermögen. Zwischen April und Juli 2005 zahlte die GmbH rd. insgesamt 34.550 EUR an den Beklagten. In der Folgezeit wurden bis Januar 2006 jeweils Beträge von 20.000 EUR von einem Konto des Geschäftsführers an den Beklagten überwiesen, ferner wurde einmalig ein Betrag von 20.000 EUR von einem Konto der Ehefrau des Geschäftsführers überwiesen. Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem im Oktober 2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH. Er verlangte ursprünglich im Wege der Insolvenzanfechtung Rückgewähr von rd. 169.550 EUR und gewann. Auf die Berufung des Beklagten wurde das Urteil teilweise aufgehoben. Der Kläger verlangt nun noch 35.000 EUR nebst Zinsen und zog vor den BGH.

Entscheidung

Die BGH-Richter verwiesen den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurück und gaben folgendes zu bedenken: Wird ein Darlehen eigens zur Begleichung einer bestimmten Schuld aufgenommen und gewährt, schließt die hierin liegende treuhänderische Bindung des Darlehensnehmers eine Gläubigerbenachteiligung und damit eine Insolvenzanfechtung nicht aus. Wird die Forderung eines Gläubigers beglichen, der nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur Insolvenzgläubiger wäre, benachteiligt dies die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger, weil die hierfür aufgewandten Mittel zu deren Befriedigung nicht mehr zur Verfügung stehen. Das gilt auch dann, wenn der Schuldner sich diese Mittel durch Aufnahme eines Darlehens verschafft hat. Der Anspruch auf Auszahlung eines Darlehens ist auch dann der (späteren) Insolvenzmasse zuzurechnen, wenn er wegen einer vereinbarten Zweckbindung zunächst unpfändbar ist. Ob das Darlehen nach der Vereinbarung der Parteien des Darlehensvertrages einem bestimmten Zweck, insbesondere der Rückführung einer bestimmten Schuld dienen soll, ist anfechtungsrechtlich unerheblich. Die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger wird aber dann nicht benachteiligt, wenn ein Dritter eine Verbindlichkeit des späteren Insolvenzschuldners mit Mitteln begleicht, die nicht in dessen haftendes Vermögen gelangt sind. Bei einer Zahlung des Schuldners durch Einschaltung eines Dritten ist zwischen der Anweisung auf Schuld und der Anweisung auf Kredit zu unterscheiden. Im ersten Fall tilgt der Angewiesene mit der Zahlung an den Empfänger eine eigene, gegenüber dem Anweisenden bestehende Verbindlichkeit. Demgegenüber nimmt der Angewiesene im zweiten Fall die Zahlung an den Empfänger ohne eine Verpflichtung gegenüber dem Anweisenden vor, so dass er infolge der Zahlung zum Gläubiger des Anweisenden wird.

Konsequenz

Handelt es sich um eine Anweisung auf Schuld, führt die Zahlung durch den Angewiesenen zu einer Gläubigerbenachteiligung, weil der Schuldner mit der Zahlung an den Dritten seine Forderung gegen den Angewiesenen verliert. Liegt dagegen eine Anweisung auf Kredit vor, scheidet eine Gläubigerbenachteiligung grundsätzlich aus, weil es durch die Zahlung lediglich zu einem Gläubigerwechsel in der Person des Angewiesenen kommt. Die Belastung der Masse mit dem Rückgriffsanspruch des Angewiesenen wird hier durch die Befreiung von der Schuld des Zahlungsempfängers ausgeglichen.

Insolvenz eines Gesellschafters führt zur Fortsetzung der GbR

Insolvenz eines Gesellschafters führt zur Fortsetzung der GbR

Kernaussage

Die Insolvenz eines Gesellschafters in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) begründet regelmäßig keinen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung der Gesellschaft sondern führt nur zum Ausscheiden des insolventen Gesellschafters und zur Fortsetzung der Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern.

Sachverhalt 

Die Beklagte trat der Klägerin, einem geschlossenen Fonds in Form einer GbR im Dezember 2005 bei. Die Beklagte leistete eine Einmaleinlage und zahlte bis einschließlich Juni 2006 die vereinbarten Monatsraten. Mit Schreiben vom 30.9.2009 hat sie die Beitrittserklärung angefochten und widerrufen sowie die Kündigung des Beteiligungsvertrages erklärt. Über das Vermögen einer geschäftsführenden Gründungsgesellschafterin wurde bereits im November 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die weitere Gründungsgesellschafterin und nachfolgende Geschäftsführerin geriet im Januar 2010 in die Insolvenz. Die Klägerin begehrt die rückständigen Monatsraten von Juli 2006 bis Oktober 2009. Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückweisung an das Berufungsgericht.

Entscheidung

Die außerordentliche Kündigung setzt voraus, dass dem Kündigenden eine Fortsetzung der Gesellschaft bis zum Vertragsende oder ordentlichen Kündigungstermin nicht zugemutet werden kann, weil das Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern grundlegend gestört ist oder ein gedeihliches Zusammenwirken aus sonstigen, namentlich auch wirtschaftlichen Gründen, nicht mehr möglich ist. Die Insolvenz eines Gesellschafters in einer Publikumsgesellschaft führt jedoch regelmäßig nur zu dessen Ausscheiden und zur Fortsetzung der Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern. Eine entsprechende Regelung enthält der Gesellschaftsvertrag der Klägerin, so dass es der Feststellung besonderer Umstände bedarf, die einen wichtigen Grund für die sofortige Kündigung begründen. Hinzu kommt, dass dieser wichtige Grund bereits im Zeitpunkt der Kündigung vorliegen muss. Die auf die Insolvenzen der beiden geschäftsführenden Gesellschafterinnen gestützte Vermutung, dass deshalb wirtschaftliche Schwierigkeiten für die verbleibenden Gesellschafter eintreten würden, reicht ersichtlich nicht aus. Zu den besonderen Umständen hat das Berufungsgericht weitere Feststellungen zu treffen.

Konsequenz

Sollte das Berufungsgericht erneut eine wirksame Kündigung feststellen (z. B. Sonderkündigungsrecht, Prospektfehler, arglistige Täuschung), führt dies zur Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft und zur Ermittlung des Werts des Geschäftsanteils im Zeitpunkt des Ausscheidens.

Grunderwerbsteuer bei Übertragung zwischen geschiedenen Ehegatten?

Grunderwerbsteuer bei Übertragung zwischen geschiedenen Ehegatten?

Kernaussage

Eine Grunderwerbsteuerbefreiung wegen scheidungsbedingter Vermögensauseinandersetzung wird nur dann gewährt, wenn die Auseinandersetzung ihre Ursache tatsächlich in der Scheidung hat.

Sachverhalt

Im Dezember 1990 erwarb die Klägerin gemeinsam mit ihrem damaligen Ehegatten ein Grundstück. Das auf dem Grundstück stehende Haus bewohnten die Eheleute zusammen mit ihrer Tochter und der Mutter der Klägerin. Im April 2001 trennten sich die Eheleute und die Klägerin verließ mit ihrer Tochter die eheliche Wohnung. Ihre Mutter wohnte weiterhin im Haus. Knapp 4 Jahre später wurde die Ehe geschieden, wobei eine Aufteilung des gemeinsamen Vermögens nicht erfolgte. Nachdem die Mutter der Klägerin verstorben war, übertrug der Ehemann das Grundstück im Jahr 2007 auf die Klägerin im „Wege der Vermögensauseinandersetzung nach der Ehescheidung“. Als die Klägerin die für eine derartige Vermögensauseinandersetzung vorgesehene Grundsteuerbefreiungsvorschrift in Anspruch nehmen wollte, versagte das beklagte Finanzamt die Befreiung und erhob Grunderwerbsteuer.

Entscheidung

Das hessische Finanzgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Klägerin könne die Grunderwerbsteuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen. Zwar sei ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Scheidung und Vermögensauseinandersetzung vom Gesetz nicht gefordert. Allerdings müsse die Auseinandersetzung durch die Scheidung veranlasst sein. Dies sei dann der Fall, wenn die Auseinandersetzung durch die Scheidung notwendig geworden sei, was hier nicht gegeben war. Vielmehr habe man sich nicht früher auseinandergesetzt, weil die Mutter der Klägerin weiterhin im gemeinsamen Haus leben sollte. Die Auseinandersetzung sei daher keineswegs eine Folge der Scheidung, sondern vielmehr durch das Ableben der Mutter der Klägerin veranlasst gewesen. Für diese Konstellation werde aber gerade keine Begünstigung im Rahmen der Grunderwerbsbesteuerung gewährt.

Konsequenz

Künftig wird man – jedenfalls für Grundstücke – eine zeitnahe Auseinandersetzung anstreben müssen, um in den Genuss der Grunderwerbsteuerbefreiung zu kommen. Zwar führt das Finanzgericht aus, eine zeitliche Beschränkung gebe es nicht; es dürfte mit fortschreitender Zeit allerdings zunehmend schwerer werden, die Veranlassung der Auseinandersetzung durch die Scheidung darzulegen.

Sind Erstattungszinsen immer einkommensteuerpflichtig?

Kernaussage

Zinsen, die der Staat auf Steuererstattungen zahlt (Erstattungszinsen), sind nicht steuerbar und damit nicht einkommensteuerpflichtig.

Sachverhalt

Die Kläger hatten in den Jahren 1992 bzw. 1996 Erstattungszinsen in erheblicher Höhe erhalten. Zugleich hatten sie in ihrer Steuererklärung auch Nachzahlungszinsen geltend gemacht. Das Finanzamt besteuerte die Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen und berücksichtigte die Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben. Im Jahr 2010 beantragten die Kläger sodann unter Hinweis auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), die Erstattungszinsen steuerfrei zu stellen. Dies war trotz Verstreichens des langen Zeitraums seit der Veranlagung noch möglich, da die angefochtenen Bescheide aufgrund von Einspruchs- und Klageverfahren noch nicht bestandskräftig und damit noch änderbar waren.

Entscheidung

Das Finanzgericht Münster gab den Klägern Recht. Der Gesetzgeber habe die Grundentscheidung getroffen, Erstattungszinsen zur Einkommensteuer dem nichtsteuerbaren Bereich zuzuweisen. Dies habe auch der BFH in seiner damaligen Entscheidung so gesehen. Soweit der BFH dies auch unter Hinweis auf den ab 1999 bestehenden Gleichklang zwischen der Steuerfreiheit von Erstattungszinsen einerseits und der Nichtabziehbarkeit von Nachzahlungszinsen andererseits begründet habe, folge hieraus nicht, dass Erstattungszinsen steuerbar seien, solange Nachzahlungszinsen – wie in den Streitjahren – noch als Sonderausgaben abzugsfähig gewesen seien. Ein solcher Umkehrschluss stelle eine unzulässige richterliche Rechtsfortbildung dar.

Konsequenz

Der Grundsatz der Steuerfreiheit von Erstattungszinsen gilt nach Auffassung der Finanzrichter also auch dann, wenn die Erstattungszinsen in Zeiträumen angefallen sind, in denen vom Steuerpflichtigen gezahlte Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben abziehbar waren. Das letzte Wort hat jetzt wiederum der BFH; die Revision wurde zugelassen.

Wann sind ketten-befristete Arbeitsverhältnisse unzulässig?

Wann sind ketten-befristete Arbeitsverhältnisse unzulässig?

Kernfrage/Rechtslage

Insbesondere bei großen Arbeitgebern kommt es vor, dass Arbeitnehmer über Jahre hinweg auf immer neuen befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt werden mit der Begründung, sie vertreten andere Arbeitnehmer. Rechtlich war fraglich, ob diese Kettenbefristungen über Jahre hinweg zulässig sein können, oder ob nicht ab einem gewissen Zeitpunkt ein ständiger Vertretungsbedarf angenommen werden musste, der dann zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis des Vertreter-Arbeitnehmers führe. Die Kettenbefristungen waren bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof, der Kettenbefristungen dem Grunde nach als zulässig ansah. Das Bundesarbeitsgericht hat über den Fall der Kettenbefristung als zuständiges nationales Gericht nunmehr entschieden und ist dabei über die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hinaus gegangen.

Sachverhalt

Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes und jetzt des Bundesarbeitsgerichts lag der Fall einer Justizangestellten des Landgericht Köln zugrunde, die 13 Jahre lang auf immer wieder neuen befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt worden war. Nachdem das Arbeitsverhältnis zuletzt nicht mehr erneuert wurde, hatte sie hiergegen geklagt.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgerichts hob jetzt die Entscheidung der letzten Instanz auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung mit folgenden Vorgaben an das Landesarbeitsgericht zurück: Zwar könne die sachliche Begründung eines – auch ständigen – Vertretungsbedarfes die Befristung eines Arbeitsverhältnisses auch in Form der Kettenbefristung ermöglichen. Gesamtdauer der Befristung und die Anzahl der befristeten Arbeitsverträge können aber Indizien sein, die dazu führen, dass die grundsätzlich zulässige Form der Kettenbefristung rechtsmissbräuchlich genutzt werde, um ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu umgehen. In der Neuverhandlung müsse der Arbeitgeber dartun, dass besondere Umstände bestanden hätten, die im konkreten Fall die Kettenbefristung über 13 Jahre hinweg gerechtfertigt hätten.

Konsequenz

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts lässt die Kettenbefristung zwar weiterhin grundsätzlich zu; allerdings ist es Aufgabe des Arbeitgebers, die Kettenbefristung für jeden einzelne darin enthaltene Befristung zu rechtfertigen. Die Rechtsprechung wird in der Zukunft Grundsätze entwickeln, wann die Indizien für einen Rechtsmissbrauch überwiegen.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin