Steuer-CDs: Zur Verwertbarkeit im Strafverfahren

Steuer-CDs: Zur Verwertbarkeit im Strafverfahren

Kernaussage
Da sich die Vorschriften zur Beweisverwertung ausschließlich an die staatlichen Strafverfolgungsorgane richten, ist die rechtswidrige oder strafbare Erlangung eines Beweismittels (Steuer-CD) durch einen Privaten, grundsätzlich verwertbar. Die Gerichte müssen allerdings das Ausmaß und den Grad der staatlichen Beteiligung an der Erlangung der Daten überprüfen.

Sachverhalt
Das Land Rheinland-Pfalz hat im Jahr 2012 von einer Privatperson eine Steuerdaten-CD angekauft, die zahlreiche Datensätze von Kunden einer Schweizer Bank enthielt, so auch von dem Beschwerdeführer. Dieser wendet sich gegen die Verwertung der angekauften Steuerdaten-CD im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Gestützt auf die CD erließ das Amtsgericht Koblenz gegen den Beschwerdeführer einen Durchsuchungsbeschluss wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und ordnete die Beschlagnahme verschiedener Unterlagen an. Die gegen diese Beschlüsse erhobenen Beschwerden blieben erfolglos. Gegen diese gerichtlichen Entscheidungen erhob der Beschwerdeführer sodann Verfassungsbeschwerde und machte geltend, die Verwertung der CD verletze ihn in seinem Recht auf ein faires Verfahren, in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie seinem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung.

Entscheidung
Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Selbst eine rechtswidrige Beweiserhebung führt nicht ohne weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Allerdings gibt es auch im Strafverfahren keine Wahrheitsermittlung um jeden Preis. Die verfassungsrechtliche Grenze ist zumindest dann überschritten, wenn staatliche Stellen die Beweiserhebung allein an den engen Voraussetzungen eines Beweisverwertungsverbots ausrichten. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass Informationen in rechtswidriger oder strafbarer Weise gewonnen worden sind, so ist erforderlich, dass der Sachverhalt der Informationserhebung hinreichend aufgeklärt wird. Die Gerichte haben die Strafbarkeit deutscher Beamter zu prüfen. Die strafbare Erlangung eines Beweismittels durch eine Privatperson führt nur in Ausnahmefällen zur Unverwertbarkeit des Beweismittels im Strafverfahren, denn das Handeln des Privaten ist nicht der staatlichen Sphäre zuzurechnen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt auch die Grenzen für die Ermittler auf. Vorliegend war der Informant nicht als verlängerter Arm der Ermittlungsbehörden anzusehen, denn es gab keine behördliche Anstiftung. In der Zukunft könnte aber eine solche Situation entstehen, bei der dann unter Umständen das Handeln des Privaten der staatlichen Sphäre zuzurechnen wäre.

Kindergeld: Sind eigene Einkünfte des verheirateten Kindes relevant?

Kindergeld: Sind eigene Einkünfte des verheirateten Kindes relevant?

Kernproblem
Für volljährige Kinder steht den Eltern Kindergeld zu, wenn sich die Kinder in Berufsausbildung befinden und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Nach langjähriger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erlosch der Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind grundsätzlich mit dessen Eheschließung, weil die Unterhaltsverpflichtung der Eltern infolge der Heirat und der zivilrechtlich vorrangigen Verpflichtung des Ehegatten regelmäßig entfiel. Ein Anspruch auf Kindergeld blieb nur erhalten, wenn die Einkünfte des Ehepartners für den vollständigen Unterhalt des Kindes nicht ausreichten und das Kind auch nicht über ausreichende eigene Mittel verfügte (sogenannter Mangelfall). Seit dem Jahr 2012 ist Kindergeld stets unabhängig von den eigenen Einkünften und Bezügen des Kindes zu gewähren, soweit sich das Kind in Erstausbildung oder einem Erststudium befindet. An der Rechtsauffassung der Familienkassen hat sich aber in Bezug auf verheiratete Kinder nichts geändert. Diesmal klagte eine Mutter, deren verheiratete Tochter über ausreichendes Einkommen verfügte.

Sachverhalt
Für ihre 24-jährige Tochter beantragte eine Mutter im Jahr 2013 Kindergeld. Die Tochter war seit dem Jahr 2010 verheiratet und absolvierte ein Erststudium der Rechtswissenschaften. Ihr Ehemann befand sich in Ausbildung und erhielt ein geringes Schulgeld von jährlich ca. 3.000 EUR. Durch ein Stipendium und eine Beschäftigung als Wissenschaftliche Hilfskraft standen der Tochter mehr als 10.000 EUR im Jahr zur Verfügung. Die Familienkasse lehnte die Auszahlung von Kindergeld ab, weil sich die Tochter selbst unterhalten könne und ein Mangelfall nicht vorliege. Dagegen klagte die Mutter vor dem Niedersächsischen Finanzgericht (FG), weil der grundsätzlich unterhaltsverpflichtete Ehemann der Tochter nur über geringes Einkommen verfüge und damit ein Mangelfall vorläge. Eigene Einkünfte und Bezüge der Tochter im Erststudium seien seit dem Jahr 2012 unerheblich.

Entscheidung
Das FG hat der Mutter das Kindergeld zugesprochen, aber die (bereits anhängige) Revision beim BFH zugelassen. Da sich das Kind in Erstausbildung beziehungsweise dem Erststudium befinde, sei eine Überprüfung der Einkünfte und Bezüge nach der Neufassung der Kindergeldregelung nicht mehr erforderlich. Das müsse auch gelten, wenn das Kind bereits verheiratet sei, denn aus dem Wortlaut der Regelung sei nicht zu entnehmen, dass der Familienstand zu berücksichtigen ist. Dem stehe auch die Rechtsprechung des BFH zum „Mangelfall“ nicht mehr entgegen, nachdem der Gesetzgeber in Kauf genommen habe, dass auch für Kinder mit hohem eigenem Einkommen Kindergeld gezahlt werde. Die einschlägigen Verwaltungsanweisungen der Familienkassen binden dagegen nur die Verwaltung, nicht die Gerichte.

Konsequenz
Alle hiervon betroffenen Eltern sollten das Kindergeld rückwirkend ab Januar 2012 beantragen, soweit das verfahrensrechtlich möglich ist. In einem ähnlichen Fall hat der BFH bereits entschieden, dass der Mangelfallrechtsprechung die Grundlage entzogen sei.

Unzureichender Behindertenschutz durch Pflichtteilsstrafklausel

Unzureichender Behindertenschutz durch Pflichtteilsstrafklausel

Rechtslage
Der Schutz des Vermögens, das ein Erblasser einem behinderten Erben, der Sozialleistungen bezieht, zukommen lassen will, um dessen Lebensstellung über die reinen Sozialleistungen hinaus zu verbessern, ist inzwischen anerkannt. Er wird sichergestellt durch sogenannte Behinderten-Testamente. Allerdings gibt es, insbesondere dann, wenn Eltern zugunsten behinderter Kinder nicht rechtzeitig handeln, Fallstricke, die dazu führen, dass Behinderten-Testamente ins Leere laufen. Einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Hamm zu entscheiden.

Sachverhalt
Ein Ehepaar hatte in den 70er Jahren ein erstes Ehegatten-Testament errichtet, in dem sie sich zu wechselseitigen Erben im ersten Todesfall und die Kinder zu Schlusserben für den zweiten Todesfall eingesetzt hatten. Zugleich hatten sie eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel vereinbart, wonach ein Kind, das im ersten Todesfall seinen Pflichtteil geltend machte, auch im zweiten Todesfall auf den Pflichtteil beschränkt war. Eines der Kinder war behindert und bezog Sozialleistungen. Nach dem Tode des ersten Elternteils errichtete der zweite Elternteil ein sogenanntes Behindertentestament, ohne dazu im ersten Testament ausdrücklich berechtigt gewesen zu sein. Nach dem Tode des zweiten Elternteils machte der Sozialleistungsträger, der bereits nach dem ersten Todesfall den Pflichtteilsanspruch für das behinderte Kind geltend gemacht hatte, erneut den Pflichtteil geltend.

Entscheidung
Das Gericht ließ die Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Tode des zweiten Elternteils zu. Da das Behinderten-Testament ohne ausdrückliche Ermächtigung im ersten Testament aus den 70er Jahren errichtet worden sei, habe das Ehegattentestament nach dem Todesfall des ersten Elternteils Bindungswirkung erlangt. Das Behinderten-Testament konnte also gar nicht wirksam errichtet werden, so dass der Sozialleistungsträger den zweiten Pflichtteilsanspruch auf sich überleiten und geltend machen konnte.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt, dass Nachfolgeplanung zu einem frühen Zeitpunkt einsetzen muss. In der Beratung muss zur Vermeidung von Haftungsrisiken geklärt sein, welche erbrechtlichen Grundvoraussetzungen bestehen.

Rückverkauf von Genussrechten: Überschuss kann Arbeitslohn sein

Rückverkauf von Genussrechten: Überschuss kann Arbeitslohn sein

Kernproblem
Genussrechte sind schuldrechtliche Kapitalüberlassungsrechte ohne Mitgliedschaftsrechte an einer Gesellschaft, die einkommensteuerrechtlich je nach der Intensität der Ausstattung mit Vermögensrechten zwischen qualifizierten und einfachen Genussrechten unterschieden werden. Qualifizierte Genussrechte sind steuerlich Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gleichzustellen, wenn diese mit einem Recht am Gewinn als auch am Liquidationserlös verbunden sind. Dagegen war die Veräußerung von einfachen Genussrechten vor Einführung der Abgeltungssteuer nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerfrei, wie der Bundesfinanzhof (BFH) im Jahr 2012 entschieden hat. Werden jedoch einem Arbeitnehmer Genussrechte eingeräumt, kann bei Veräußerung steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegen. Wann das der Fall ist, hat der BFH jetzt entschieden.

Sachverhalt
Dem Geschäftsführer einer GmbH wurde im Jahr 2000 ein Genussrecht mit Nennwert gleich Ausgabepreis von 20.000 DM eingeräumt. Das Recht gewährte keine Gesellschafterrechte und konnte grundsätzlich nur an die GmbH veräußert oder übertragen werden. Gut 2 Jahre später wurde das Ende des Genussrechtsverhältnisses auf den 31.12.2003 und ein Rückkaufswert von 1,6 Mio. EUR vereinbart, der mit dem Ausscheiden des Geschäftsführers, spätestens am 14.1.2004, fällig werden sollte. Der geänderte Vertrag sah im Fall der Kündigung des Anstellungsverhältnisses wegen schuldhaften Verhaltens des Geschäftsführers die vorzeitige Beendigung und Rückzahlung des eingesetzten Kapitals unter Wegfall sämtlicher Zahlungsansprüche vor. Die Zahlung erfolgte im Januar 2004, der Geschäftsführer schied im Juni aus. Das Finanzamt sah zunächst 1,6 Mio. EUR als Arbeitslohn an, zog sodann jedoch den selbst ermittelten Wert des Genussrechts von über 1,1 Mio. EUR ab. Den verbleibenden Betrag von 0,5 Mio. EUR wollte der ausgeschiedene Geschäftsführer im Klageverfahren als steuerfreien Vermögenszuwachs durchfechten, was das Finanzgericht ablehnte.

Entscheidung
Der BFH beließ es bei dem Ergebnis des Finanzamts. Nach dessen Auffassung war der erzielte Überschuss durch das Dienstverhältnis bei der GmbH veranlasst, weil sich der Wert des Genussrechts nach der Übertragung nicht selbständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis entwickeln konnte. Eine Verwertung war nur durch Veräußerung an die Arbeitgeberin möglich und die Höhe des Rückkaufswerts hing vom Ende des Anstellungsverhältnisses ab. Der Vorteil des Rückkaufs war nicht durch eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Sonderrechtsbeziehung veranlasst, sondern die Höhe war vom Verhalten als Arbeitnehmer der GmbH abhängig und somit Belohnung für die Leistung als Arbeitnehmer.

Konsequenz
Der geldwerte Vorteil ist als sonstiger Bezug nicht beim Versprechen der GmbH, sondern bei Auszahlung im Jahr 2004 zugeflossen.

Zur Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung

Zur Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung

Kernproblem
Im Jahr 2011 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entgegen seiner bis dahin geltenden Rechtsprechung entschieden, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen (agB) zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Finanzverwaltung hat danach eingeräumt, für eine eindeutige, zuverlässige und rechtssichere Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses beziehungsweise der Motive der Verfahrensbeteiligten keine Instrumente zur Verfügung stellen zu können. Folglich hat sie das Urteil des BFH mit einem Nichtanwendungserlass belegt und bis heute nichts an ihrer Haltung verändert, so dass weiterhin Verfahren bei den Finanzgerichten (FG) anhängig werden – jetzt beim FG Düsseldorf.

Sachverhalt
Eheleute hatten nach Erwerb ihres selbstgenutzten Einfamilienhauses ein selbständiges Beweisverfahren beim Amtsgericht angestrengt. Der gerichtlich bestellte Sachverständige stellte eine nicht fachgerechte Abdichtung zur Nachbarwand durch den Bauträger fest. Die Schadensersatzklage gegen den Bauträger blieb jedoch ohne Erfolg, da das Landgericht dem Ergebnis eines weiteren Gutachtens folgte, das konstruktive Mängel des Gebäudes verneinte. Die Eheleute machten Rechtsanwalts- und Gerichtskosten von über 15.000 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend, deren Abzug das Finanzamt mangels existenziell notwendiger Aufwendungen mit Verweis auf den Nichtanwendungserlass ablehnte.

Entscheidung
In diesem Fall schlug sich das FG auf die Seite der Steuerpflichtigen, ließ aber die Revision wegen der Anhängigkeit zahlreicher ähnlicher Verfahren zu. Die Richter folgten den Argumenten des BFH und kamen zu dem Ergebnis, dass die Zivilklage bereits deshalb hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten habe, weil ein unabhängiger Gutachter im selbständigen Beweisverfahren zu dem Ergebnis gelangt sei, dass das Gebäude vom Bauträger verursachte Mängel aufweise. Die Eheleute hätten nicht voraussehen können, dass die Klage aufgrund des abweichenden Gutachtens letztlich keinen Erfolg habe. Zudem sei die Finanzverwaltung durchaus in der Lage, die Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses summarisch zu prüfen. Dafür brauche der Erfolg nur ebenso wahrscheinlich wie der Misserfolg zu sein. Zur Prüfung könne sie sich ihrer juristisch ausgebildeten Mitarbeiter oder externer Sachverständiger bedienen.

Konsequenz
Die Revision beim BFH ist bereits eingelegt worden. Zurzeit kann nur empfohlen werden, jegliche Zivilprozesskosten in der Steuererklärung geltend zu machen und das Verfahren offenzuhalten. Wie das FG bestätigt hat, mindert die zumutbare Eigenbelastung den Abzug.

Abbau der kalten Progression – Keine Zurückhaltung!

BdSt fordert Politik zum Handeln auf

Beim Abbau der kalten Progression darf es keine Zurückhaltung geben, fordert der Bund der Steuerzahler. Noch nie wurden so viele Steuern eingenommen wie jetzt. Die Steuerzahler können und müssen deshalb entlastet werden. Allein der Wille fehlt, die kalte Progression abzubauen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) proklamierte bereits das „Copyright“ beim Thema kalte Progression für sich. Doch sollte der Minister auch handeln, um heimliche Steuererhöhungen endlich zu vermeiden. Markige Sprüche nutzen den Steuerzahlern nichts. Es müssen Taten folgen, so der Bund der Steuerzahler.

Mit dem Begriff „kalte Progression“ ist ein Effekt im Einkommensteuertarif gemeint: Der Steuersatz steigt mit zunehmendem Einkommen. Eine Lohnerhöhung führt also dazu, dass der Steuerzahler automatisch in einen höheren Steuersatz rutscht. Dies passiert selbst dann, wenn er nur eine Gehaltserhöhung zum Inflationsausgleich bekommt. Das geltende Einkommensteuerrecht macht die Lohnerhöhung wertlos. Dies kann vermieden werden, indem der Einkommensteuertarif regelmäßig an die tatsächlichen Lebensverhältnisse angepasst wird oder besser – wie der Bund der Steuerzahler fordert – „auf Räder gestellt“ und damit automatisch angeglichen wird. Bisher weigert sich die Politik, einen solchen Automatismus einzuführen.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 28.04.2014

Steuerschätzung des IMK: Deutliche konjunkturbedingte Mehreinnahmen bis 2018 – Steuersenkungen nicht gerechtfertigt

Forscher kritisieren finanzpolitische Analyse des Sachverständigenrats

Wegen der guten Konjunktur werden die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden von gut 642 Milliarden Euro in diesem Jahr auf gut 746 Milliarden Euro im Jahr 2018 steigen. Dies entspricht im Durchschnitt einem jährlichen Zuwachs von 3,8 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt die neue Steuerschätzung des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung. Im Vergleich zur Steuerschätzung des IMK vom April 2013 haben sich die Aussichten damit insgesamt deutlich verbessert. „Sollte die Konjunktur sich wie angenommen entwickeln, dann könnten die Gebietskörperschaften schon vom nächsten Jahr an mit spürbaren Mehreinnahmen gegenüber der letzten offiziellen Steuerschätzung rechnen“, schreiben die Steuerexperten Dr. Katja Rietzler, Prof. Dr. Achim Truger und Dipl.-Volkswirt Dieter Teichmann. Trotz dieser positiven Entwicklung sehen die Autoren jedoch keinen Spielraum für Steuersenkungen.

Die IMK-Steuerschätzung beruht auf der aktuellen Frühjahrsprognose des IMK von Anfang April, die für die IMK-Steuerprognose um einen mittelfristigen Ausblick ergänzt wurde. Neben der Prognose der Steuerentwicklung bis 2018 liefert die Studie auch eine Kritik an den steuer- und finanzpolitischen Schlussfolgerungen des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in dessen jüngstem Jahresgutachten. Darin komme der Sachverständigenrat über einseitige und irreführende Darstellungen zu populären, aber schlecht belegten Positionen, so die Wissenschaftler. Die IMK-Steuerschätzung erscheint am 28.04.2014 als IMK Report Nr. 93 und wird auf einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt.

Optimistischer als in der Herbstschätzung
Im Vergleich zur letzten Prognose des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ beim Bundesfinanzministerium vom November 2013 halten sich die von Rietzler, Truger und Teichmann prognostizierten Mehreinnahmen im ersten Jahr mit 2 Milliarden Euro noch in Grenzen. In den folgenden Prognosejahren werden die stärkeren Unterschiede in den Annahmen der beiden Institutionen indes auch im Steueraufkommen deutlich sichtbar: Für das Jahr 2015 erwartet das IMK Steuereinnahmen, die um 9,1 Milliarden Euro höher liegen als vom Arbeitskreis im vergangenen Herbst angenommen worden war. Die Mehreinnahmen steigen in den restlichen Prognosejahren kontinuierlich an und erreichen im Endjahr 2018 14,6 Milliarden Euro.

Die absehbaren Mehreinnahmen werden die Forderungen nach Steuersenkungen wohl erneut aufflammen lassen, so die Forscher. Wie schon in der Phase seit 2010, in der es zu einer unerwartet kräftigen Erholung der Konjunktur und damit auch der öffentlichen Finanzen kam, hält das IMK auch jetzt Steuersenkungen, die nicht gegenfinanziert sind, für falsch.

Die Forderungen nach solchen Steuersenkungen beruhen nach Ansicht der Steuerexperten

  1. auf einer Verkennung der systemimmanenten Dynamik der Steuereinnahmen und einem falschen Verständnis der Bedeutung konjunktureller Mehreinnahmen unter der Schuldenbremse,
  2. auf einer Überschätzung der bestehenden Steuer- und Abgabenbelastung,
  3. auf einer Missachtung der in Deutschland bereits seit längerer Zeit sehr restriktiven Ausgabenpolitik, die im Gegensatz zur Steuerpolitik wesentlich für die Haushaltskonsolidierung verantwortlich sei,
  4. auf einer Überschätzung der Belastungen durch die sogenannte kalte Progression in der Vergangenheit,
  5. auf einer Unterschätzung der bestehenden Ausgabenbedarfe bei den Gebietskörperschaften – insbesondere im Bereich der öffentlichen Investitionen.

„Kalte Progression“: Nüchterne Analyse geboten
Die sog. „kalte Progression“, also das inflationsbedingte Hineinwachsen der Steuerpflichtigen in eine höhere Progressionszone, wird immer wieder als Grund für Steuersenkungen genannt, erläutern Rietzler, Truger und Teichmann. Grundsätzlich sei dieses Problem ernst zu nehmen. Daher sollte der Einkommensteuertarif von Zeit zu Zeit an die Inflation angepasst werden. Der Sachverständigenrat kommt in seinem jüngsten Jahresgutachten zu dem Ergebnis, Tarifanpassungen seien überfällig. Dies liege jedoch daran, dass „er als Basisjahr für seine Berechnungen das Jahr 2006 wählt, welches nahe beim Minimum der tariflichen Belastungen liegt“, so das IMK. Denn in den Jahren zuvor hatte die große Entlastungswelle aus den rot-grünen Steuerreformen gewirkt.

Der Sachverständigenrat mache die „kalte Progression“ zudem für das überdurchschnittliche Niveau der Steuerquote verantwortlich. Doch gerade bei der Lohnsteuer, also jener Steuer, bei der der Effekt der „kalten Progression“ am meisten greift, lag die Quote im Jahr 2013 mit 7,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt von 7,4 Prozent. „Offensichtlich waren die fiskalisch teuren Steuerentlastungen bei der Lohnsteuer so stark, dass sie den Effekt der kalten Progression überkompensiert haben“, so das IMK.

Steuer- und finanzpolitische Schlussfolgerungen
Aufgrund ihrer sehr restriktiven Ausgabenpolitik gelang es den öffentlichen Haushalten in den vergangenen zehn Jahren, die Staatsausgabenquote um gut drei Prozentpunkte zu reduzieren, fassen die Wissenschaftler zusammen. Das habe den zuletzt gesamtstaatlich ausgeglichenen Haushalt möglich gemacht. Weder die Steuer- noch die Abgaben- noch die Staatseinnahmenquote erreichten gegenwärtig im historischen Vergleich außergewöhnlich hohe Werte. „Gleichzeitig wurden im Zuge der drastischen ausgabenseitigen Konsolidierungspolitik die öffentlichen Investitionen der Gebietskörperschaften massiv in Mitleidenschaft gezogen, so dass schon allein unter dem Gesichtspunkt des Substanzerhalts ein großer Nachholbedarf aufgelaufen ist.“

Vor diesem Hintergrund seien generelle Steuerentlastungen gegenwärtig kaum zu rechtfertigen. „Deutlich wichtiger erscheint hingegen eine Ausweitung der öffentlichen Investitionen in traditionelle und ökologische Infrastruktur sowie in Kinderbetreuung, Bildung und Forschung.“ Angesichts der Tatsache, dass die prognostizierten Steuermehreinnahmen konjunkturbedingt seien und damit bei einer Verschlechterung der Konjunktur entsprechende Rückschläge drohten, sollte man bei ihrer Verwendung für dauerhafte Mehrausgaben jedoch Vorsicht walten lassen, empfiehlt das IMK. Neben Investitionsausgaben des Bundes sei die Entlastung der Kommunen bei den Sozialausgaben allerdings eine wichtige Voraussetzung gerade für höhere Investitionsausgaben in den kommunalen Haushalten.

Der Koalitionsvertrag sehe hier einige Schritte in die richtige Richtung vor – die aber insbesondere, was die Entlastung der Kommunen bei der Eingliederungshilfe angeht, zu zögerlich umgesetzt werden. Zwar weise der Bund den Gemeinden ab 2015 jährlich eine Milliarde Euro vorab zu, aber die Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes und die angekündigte Entlastung um fünf Milliarden Euro jährlich seien vermutlich nicht mehr in dieser Legislaturperiode zu erwarten. „Würde der Bund hier schneller handeln, so wäre dies im Verbund mit den bereits geplanten Mitteln für Länder und Kommunen zur Finanzierung von Kitas, Schulen und Hochschulen eine wichtige indirekte Maßnahme zur Stärkung der öffentlichen Investitionen und damit auch des mittelfristigen Wachstumspotenzials der deutschen Wirtschaft“, so Rietzler, Truger und Teichmann. Deutlich darüber hinaus gehende zusätzliche öffentliche Investitionen müssten angesichts der Restriktionen der Schuldenbremse durch strukturelle Einnahmenverbesserungen finanziert werden.

Quelle: Hans-Böckler-Stiftung, Pressemitteilung vom 28.04.2014

IDW PS 951 n. F.: Begleitschreiben zur Auslagerung von Dienstleistungen auf Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater

Die Neufassung des IDW Standards zur Prüfung des internen Kontrollsystems bei Dienstleistungsunternehmen (IDW PS 951 n. F.) hatte insbesondere im Hinblick auf die Auslagerung von Buchführungs- und Erstellungsdienstleistungen auf Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater diverse Fragen aufgeworfen. Hierzu zählte u. a. der Gedanke, ob bereits die bloße Erstellung des Jahresabschlusses bzw. die Übernahme der Buchführung unter den Begriff der ausgelagerten Dienstleistung im Sinne des Standards zu subsumieren sind und den Kolleginnen und Kollegen hierdurch zusätzliche Kontrollen im Rahmen der Abschlussprüfung des auslagernden Unternehmens drohen.
Sowohl in seiner Stellungnahme B 01/13 zum Entwurf des neugefassten IDW Standards als auch im Fachgespräch mit dem Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) lehnt der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) diese Auslegung verbunden mit dem Erfordernis weiterer Kontrollmaßnahmen ausdrücklich ab und verweist auf die ohnehin bereits bestehenden hohen berufsrechtlichen Anforderungen und Regelungen für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer.

Um diesen Unsicherheiten entgegenzuwirken, hat das IDW daher mit Herausgabe des IDW PS 951 n. F. ein Begleitpapier zur Auslagerung von Buchführungs- und Erstellungsdienstleistungen auf Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater im Lichte von IDW PS 951 n. F. und dem geplanten Entwurf einer Neufassung des IDW PS 331 in den IDW Fachnachrichten Nr. 11/2013 veröffentlicht.

Gemäß diesem Papier sind die Abschlussprüfer angehalten – bei Übernahme der Buchführung bzw. Jahresabschlusserstellung durch einen Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer – sowohl den Aspekt der beruflichen Qualifikation des Dienstleisters als regelmäßig auch die Art und Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Anwendung fachlicher Verlautbarungen, wie bspw. die Verlautbarung der Bundessteuerberaterkammer zu Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen, in ihre Entscheidung über die Notwendigkeit von Prüfungshandlungen in Bezug auf den Dienstleister einfließen zu lassen.

Das IDW-Begleitpapier steht allen in den Steuerberaterverbänden organisierten Steuerberater/innen auf der Internetplattform StBdirekt unter der Rubrik „DStV aktuell/Nachrichten“ zum Download zur Verfügung.

Es sei zudem darauf hingewiesen, dass auch der geplante Entwurf einer Neufassung des IDW PS 331 weitere Klarstellung in diesem Punkt bringen soll.

www.dstv.de

Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V., Mitteilung vom 16.04.2014

Steuerzahler am Aufschwung teilhaben lassen!

BdSt zum Steuerplus im März

Im März hat der Staat so viel Geld eingenommen wie noch nie. Gut 55 Milliarden Euro Steuern haben Bund und Länder im März erhalten. „Der Fiskus muss jetzt verantwortungsvoll mit unserem Geld umgehen“, fordert der Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt), Reiner Holznagel. „Dazu gehört, die Bürger von einer ungerechten überproportionalen Steuerlast zu befreien, indem die kalte Progression endlich abgebaut wird.“

Aufgrund des geltenden Einkommensteuertarifs werden Lohnerhöhungen überproportional besteuert. „Diese heimlichen Steuererhöhungen müssen endlich ein Ende haben. Die Politik muss beginnen, eine Reform zu diskutieren“, betont Holznagel. Denn auch erste Zahlen der anstehenden Steuerschätzung im Mai bestätigen den Trend: Der Fiskus nimmt immer mehr Steuern ein.

Nicht akzeptabel ist, dass die Politik bei diesem gigantischen Einnahmeplus immer noch neue Schulden machen muss. BdSt-Präsident Holznagel: „Die Politik muss endlich Prioritäten setzen – in Form von Investitionen in Bildung und die Verkehrsinfrastruktur. Dazu gehören klare Entscheidungen und Sparmaßnahmen, damit die Schuldenbremse eingehalten wird und Bürger entlastet werden können.“ Vor allem mit Blick auf das vierte Rekordsteuerjahr in Folge muss vor allem bei den Steuerzahlern eine Entlastung ankommen. „Insgesamt verfügt der Staat über ausreichend Steuergeld, um all seine Grundaufgaben vernünftig zu finanzieren. Die politische Gier nach zusätzlichen Einnahmequellen muss rasch beendet werden.“

BdSt, Pressemitteilung vom 23.04.2014

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin