Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass Prozesskosten, die zur Erlangung nachehelichen Unterhalts aufgewendet werden, nicht als Werbungskosten abziehbar sind. Dies gilt auch dann, wenn der Unterhaltsempfänger die Unterhaltszahlungen im Rahmen des Realsplittings versteuern muss.
Hintergrund: Realsplitting und Prozesskosten
Beim Realsplitting können Unterhaltszahlungen an den geschiedenen oder dauernd getrenntlebenden Ehegatten als Sonderausgaben bis zu einem Betrag von 13.805 Euro jährlich geltend gemacht werden, wenn der Empfänger zustimmt, diese Zahlungen als sonstige Einkünfte zu versteuern. Dies ist steuerlich attraktiv, da der Unterhaltsleistende eine Minderung seiner Steuerlast erreicht und der Unterhaltsempfänger, der meist in einer niedrigeren Progressionsstufe besteuert wird, die Einkünfte versteuern muss.
Streitfall: Abzugsfähigkeit von Prozesskosten
Im verhandelten Fall verklagte die geschiedene Ehefrau ihren Ex-Mann, um höhere Unterhaltszahlungen zu erzielen. Die dabei angefallenen Prozesskosten wollte sie als Werbungskosten bei ihren sonstigen Einkünften aus dem Realsplitting abziehen. Das Finanzgericht Münster hatte ihr zunächst Recht gegeben und argumentiert, dass die Prozesskosten notwendige Aufwendungen zur Erzielung der Einkünfte seien, also Werbungskosten darstellten.
Entscheidung des BFH
Der Bundesfinanzhof hob dieses Urteil jedoch auf und stellte klar, dass die Prozesskosten nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind. Warum? Der BFH argumentierte, dass Unterhaltszahlungen grundsätzlich dem privaten Bereich zuzuordnen sind. Erst durch die Entscheidung des Unterhaltspflichtigen, das Realsplitting zu nutzen, werden die Unterhaltszahlungen in den steuerlichen Bereich überführt. Diese Umqualifizierung zu steuerbaren Einkünften und Sonderausgaben markiere die Grenze, ab der Werbungskosten anfallen können. Prozesskosten, die vor dieser Umqualifizierung angefallen sind, können daher nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden.
Auswirkungen für Steuerpflichtige
Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen für Unterhaltsempfänger, die im Rahmen von Gerichtsverfahren höhere Unterhaltszahlungen erwirken wollen:
- Keine Werbungskosten: Prozesskosten zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen sind nicht als Werbungskosten abziehbar, auch wenn der Unterhaltsempfänger die Zahlungen versteuern muss.
- Alternativen prüfen: Zwar hat der BFH in diesem Fall die Werbungskosteneigenschaft abgelehnt, jedoch hat er das Verfahren an die Vorinstanz zurückverwiesen, um zu prüfen, ob die Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können. Hier könnte eine Ausnahmeregelung greifen, wenn der Prozess zur Sicherung der Existenzgrundlage erforderlich war.
- Weitere abzugsfähige Kosten: Andere mit dem Unterhalt zusammenhängende Kosten, wie Porto, Telefon, Internetkosten und Steuerberatungskosten, können unter bestimmten Umständen als Werbungskosten geltend gemacht werden. Allerdings lohnt sich dies nur, wenn diese Kosten den Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 Euro überschreiten.
Fazit
Das Urteil des BFH macht deutlich, dass Prozesskosten zur Erlangung von Unterhaltszahlungen nicht als Werbungskosten abziehbar sind. Steuerpflichtige sollten sich bewusst sein, dass nur bestimmte, kleinere Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Realsplitting als Werbungskosten geltend gemacht werden können. In Einzelfällen könnte jedoch eine Anerkennung der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen möglich sein, wenn die Existenzgrundlage bedroht ist. Es empfiehlt sich daher, die steuerliche Behandlung von Unterhaltszahlungen und den damit verbundenen Kosten sorgfältig zu planen und im Zweifel steuerlichen Rat einzuholen.