BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 26.9.2017, IV B 57/17 ECLI:DE:BFH:2017:B.260917.IVB57.17.0
AdV eines Steuerbescheids bei einer Nichtigkeits- und Restitutionsklage, Statthaftigkeit einer Beschwerde bei AdV der Gerichtskosten
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 28. Juli 2017 6 V 1699/16 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Tatbestand
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I. Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 21. April 2015 6 K 883/14 die Klage der V KG, mit der diese sich gegen die Zurechnung von Kapitaleinkünften wandte, als unbegründet abgewiesen. Die Revision ließ das FG nicht zu. Die dagegen vom Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) als Rechtsnachfolger der V KG eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 7. März 2016 IV B 94/15 als unzulässig verworfen.
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Im Mai 2016 erhob der Antragsteller beim FG gegen das Urteil vom 21. April 2015 Nichtigkeits- und Restitutionsklage (Az. 6 K 1615/16). Über die Klage hat das FG noch nicht entschieden.
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Unter dem 7. Juni 2016 beantragte der Antragsteller, die Vollziehung und Vollstreckung des Urteils vom 21. April 2015 6 K 883/14 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die erhobene Nichtigkeits- und Restitutionsklage auszusetzen.
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Mit Beschluss vom 28. Juli 2017 hat das FG den Antrag abgelehnt. Die Beschwerde an den Bundesfinanzhof (BFH) ließ es nicht zu.
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Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde. Diese sei ungeachtet der Nichtzulassung durch das FG statthaft, da § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) im Streitfall nicht einschlägig sei. Im Übrigen sei die Beschwerde auch begründet und die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Urteils vom 21. April 2015 zu gewähren.
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Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde des Antragstellers ist unzulässig und daher durch Beschluss zu verwerfen.
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1. Der Senat legt das Antragsbegehren des Antragstellers dahin aus, dass dieser entgegen dem wörtlichen Antrag nicht die AdV des Urteils vom 21. April 2015 6 K 883/14 (im Weiteren FG-Urteil), sondern die AdV des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2008 und des Gewerbesteuermessbescheids für 2008 jeweils vom 10. Februar 2015 begehrt. Grundlage der Vollziehung bzw. Vollstreckung einer Steuerschuld ist allein der Steuerbescheid. Dies gilt auch, wenn dieser nach dessen Anfechtung durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt worden ist (Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler –HHSp–, § 150 FGO Rz 17; Beermann in HHSp, § 249 AO Rz 18). Die Vollstreckung aus dem Steuerbescheid erfolgt ausschließlich nach den Regelungen der §§ 249 ff. der Abgabenordnung.
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Eine Aussetzung der Vollziehung bzw. Vollstreckung aus dem Urteil kommt nur hinsichtlich der darin enthaltenen Kostenentscheidung in Betracht (Schwarz in HHSp, § 150 FGO Rz 11). Dass der Antragsteller sich gegen den Kostenansatz in dem FG-Urteil wendet, ist seiner Antragsbegründung nicht zu entnehmen. Vielmehr führt er eingangs seiner Antragsbegründung aus, dass der Antrag auf AdV des FG-Urteils 6 K 883/14 wegen beabsichtigter Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen der Stadt, welche nunmehr erklärtermaßen die Rechtskraft der Hauptsache abwarten wolle, und des FA, welches die Hauptsache nicht abwarten wolle, gestellt worden sei. Daraus folgt, dass das Begehren des Antragstellers ausschließlich darauf gerichtet ist, die Vollziehung der mit der Klage angefochtenen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und den Gewerbesteuermessbetrag auszusetzen bzw. die Vollstreckung daraus zu verhindern. Mit der beim FG erhobenen Nichtigkeits- und Restitutionsklage begehrt der Antragsteller die Wiederaufnahme des durch das rechtskräftige Urteil des FG vom 21. April 2015 6 K 883/14 abgeschlossenen finanzgerichtlichen Verfahrens. Ziel dieser Klage ist es, die Rechtskraft dieses Urteils und damit ebenfalls die Bestandskraft der angefochtenen Steuerbescheide zu beseitigen, um Letztere im Hinblick auf ihre materielle Rechtmäßigkeit einer erneuten gerichtlichen Überprüfung zugänglich zu machen.
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2. Davon ausgehend ist die Beschwerde gegen den AdV-Beschluss des FG nicht statthaft.
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a) Die AdV des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2008 und des Gewerbesteuermessbescheids für 2008 jeweils vom 10. Februar 2015 richtet sich nach § 69 FGO. Dies gilt ebenso, wenn der Antrag auf AdV erstmals oder erneut während der Anhängigkeit einer Nichtigkeits- und Restitutionsklage gestellt wird, mit der der Antragsteller die Beseitigung des Urteils, mit dem die zur Vollstreckung anstehenden Steuerbescheide gerichtlich bestätigt worden sind, begehrt. Soweit der Senat in dem Beschluss vom 12. August 1966 IV B 6/66 (BFHE 86, 544, BStBl III 1966, 596) die Auffassung vertreten hat, dass ein während eines Wiederaufnahmeverfahrens gestellter Antrag auf AdV der gerichtlich bestätigten Steuerbescheide in § 150 Satz 3 FGO geregelt sei, hält er daran nicht mehr fest (ebenso BFH-Beschluss vom 9. November 1976 VII B 47/76, BFHE 120, 162, BStBl II 1977, 49).
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b) Gegen die Entscheidung eines FG über die AdV nach § 69 Abs. 3 FGO ist die Beschwerde gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 FGO nur statthaft, wenn sie vom FG zugelassen worden ist (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 14. August 2013 III B 49/13, m.w.N.). Das FG hat die Beschwerde vorliegend indes nicht zugelassen.
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c) Im Übrigen ist der Antrag auf AdV bereits deshalb nicht statthaft, weil es an den Voraussetzungen des § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO fehlt. Nachdem der BFH bereits mit Beschluss vom 7. März 2016 IV S 15/15 über einen Antrag auf AdV des Antragstellers entschieden hat, wäre ein erneuter Antrag auf AdV nur unter denjenigen Voraussetzungen statthaft, unter denen nach § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO eine Änderung jener Entscheidung verlangt werden könnte. Nach dieser Regelung kann der Beteiligte die Änderung oder Aufhebung des Beschlusses lediglich wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Solche Umstände liegen nach Aktenlage im Hinblick auf die auch im vorliegenden summarischen Verfahren zu prüfenden ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerbescheide nicht vor.
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3. Sollte sich der Antrag auf AdV ungeachtet der Begründung auch auf die Vollstreckung der Kosten beziehen, die dem Antragsteller in dem Urteil vom 21. April 2015 6 K 883/14 auferlegt worden sind, wäre die Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluss des FG auch insoweit nicht statthaft. Denn eine Beschwerde gegen einen ablehnenden Beschluss des FG gemäß § 150 Satz 3 FGO i.V.m. § 69 FGO ist ebenfalls nur statthaft, wenn die Beschwerde gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 FGO zugelassen wird (ebenso Bergkemper in HHSp, § 128 FGO Rz 109).
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Zwar hatte der BFH die Beschwerde gegen einen Beschluss des FG, mit dem dieses die AdV des Urteils bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine Restitutionsklage abgelehnt hatte, als statthaft erachtet, obwohl das FG die Beschwerde nach Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) nicht zugelassen hatte. Dies mit der Begründung, der Verweis in § 150 Satz 3 FGO beziehe sich nicht auf die in Art. 1 Nr. 3 BFHEntlG geregelte Zulassungsbeschränkung einer Beschwerde gegen einen FG-Beschluss nach § 69 FGO (BFH-Beschluss vom 27. Juli 1989 V B 41/87, BFH/NV 1990, 644). Diese Entscheidung ist allerdings nach der Einführung des § 128 Abs. 3 Satz 1 FGO durch das FGO-Änderungsgesetz (FGOÄndG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1992, 2109) überholt. Denn der Gesetzgeber hat in Kenntnis der vorgenannten Rechtsprechung gleichwohl die Statthaftigkeit der Beschwerde gegen einen Beschluss gemäß § 69 FGO wiederum ohne Ausnahme von einer Zulassungsentscheidung des FG abhängig gemacht. Dem Gesetzgeber ging es mit der Neuregelung des § 128 Abs. 3 FGO um eine weitgehende Entlastung des BFH, da die Zahl der Eingänge ständig zugenommen hatte und die finanzgerichtlichen Verfahren beschleunigt werden sollten (s. dazu Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 14. August 1991, BTDrucks 12/1061, S. 1 und 24). Dass die Beschwerde gegen einen Beschluss über die AdV der dem Steuerpflichtigen in dem finanzgerichtlichen Urteil auferlegten Kosten auch ohne Zulassung des FG statthaft sein soll, widerspricht diesem Gesetzeszweck. Dies auch deshalb, weil der Überprüfung eines Beschlusses über die Ablehnung der AdV wegen der Kosten eines finanzgerichtlichen Verfahrens gegenüber der Überprüfung eines Beschlusses über die Ablehnung der AdV wegen der Vollstreckung aus dem Steuerbescheid –insbesondere aus Sicht des rechtsschutzsuchenden Steuerpflichtigen– regelmäßig eine erheblich geringere Bedeutung zukommt und schon aus diesem Grund eine voraussetzungslose höchstrichterliche Überprüfung nicht geboten ist. Diese Würdigung wird auch durch die ebenfalls durch das FGOÄndG eingeführte Regelung des § 128 Abs. 4 FGO bestätigt, wonach in Streitigkeiten über die Kosten eine Beschwerde generell ausgeschlossen ist. Hält der Gesetzgeber in Streitigkeiten über die Kosten eine Beschwerde grundsätzlich nicht für erforderlich, spricht dies auch dafür, dass eine Beschwerde über die Ablehnung der AdV dieser Kosten nicht ohne die Beschränkung des § 128 Abs. 3 Satz 1 FGO statthaft sein soll.
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4. Der Senat kann über die vorliegende Beschwerde entscheiden, obwohl das FG nicht zuvor gemäß § 130 Abs. 1 FGO durch förmlichen Beschluss über deren Abhilfe entschieden hat. Da wegen der Unzulässigkeit der Beschwerde keine Abhilfe möglich ist, steht der Abgabe an das FG und einer nochmaligen Vorlage an den BFH der Grundsatz der Prozessökonomie entgegen (vgl. BFH-Beschluss vom 18. Februar 2014 XI B 140/13, Rz 14, m.w.N.).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.