BFH-Urteil vom 26.7.1979 (IV R 170/74) BStBl. 1980 II S. 176

BFH-Urteil vom 26.7.1979 (IV R 170/74) BStBl. 1980 II S. 176

1. Werden in einem Betrieb genormte Stahlregalteile angeschafft und zu Regalen und anderen Vorrichtungen zusammengesetzt, die nach ihrer betrieblichen Zweckbestimmung in der Regel auf Dauer so genutzt werden sollen, wie sie zusammengesetzt wurden, so sind auch nach der vor dem 1. Januar 1977 geltenden Fassung des § 6 Abs. 2 EStG die einzelnen zum Bilanzstichtag aufgestellten Stahlregale und nicht die genormten Stahlregalteile als einheitliches Ganzes die einer selbständigen Bewertung und Nutzung fähigen Wirtschaftsgüter.

2. Die Nutzung eines zum Betriebsvermögen gehörigen Flugzeugs für private Flüge stellt eine mit dem Teilwert zu bewertende Privatentnahme im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG dar, die ohne Rücksicht auf die Auslastung des Flugzeugs durch Aufteilung der jährlichen Gesamtaufwendungen für das Flugzeug – einschließlich sämtlicher fixen Kosten – in einen betrieblichen und einen privaten Anteil zu berechnen ist; Teilungsmaßstab sind die betrieblich und privat zurückgelegten Flugminuten.

EStG in der vor dem 1. Januar 1977 geltenden Fassung, § 6 Abs. 1 und Nr. 4 und Abs. 2.

Sachverhalt

 

I.

Für die Veranlagungszeiträume 1967 bis 1971 sind streitig:

1. Die Bewertungsfreiheit für genormte Stahlregalteile nach § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

2. Die Höhe der privaten Nutzungsanteile eines firmeneigenen Flugzeugs.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in der Rechtsform einer OHG eine Groß-Binderei. Sie erwarb in den Jahren 1968, 1970 und 1971 größere Mengen genormter Stahlregalteile. Die Anschaffungskosten betrugen 1968 3.214 DM, 1970 13.860,56 DM und 1971 21.347,04 DM. Die Klägerin fügte die einzelnen Elemente in ihrem Betrieb zu zahlreichen Regalen zusammen. Dazu hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, daß sie sich nicht wegen der jederzeitigen Austauschbarkeit für das Baukastensystem entschieden habe, sondern wegen der besseren Anpassungsmöglichkeit dieser Regale an die vorgegebenen Räumlichkeiten, in denen sie ihre betriebliche Funktion erfüllen sollten. Wegen der vorgenommenen Zuschnitte hätten die Regale in der Regel nur in der ursprünglich zusammengesetzten Form genutzt werden können. Soweit der auf das einzelne Regal entfallende Anschaffungsaufwand 800 DM nicht überschritt, nahm daher die Klägerin die Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG in Anspruch.

Aufgrund der Feststellungen einer Betriebsprüfung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt – FA -) die Bewertungsfreiheit der Regale nicht an, weil er unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. November 1970 VI R 288/68 (BFHE 100, 553, BStBl II 1971, 155) nicht auf den Anschaffungspreis der einzelnen Regale, sondern auf die Gesamtanschaffungskosten der in einem Wirtschaftsjahr angeschafften Regalteile desselben Systems abstellte.

Durch die Betriebsprüfung wurde ferner festgestellt, daß die Klägerin die Privatentnahmen für die private Nutzung des firmeneigenen Flugzeugs durch ihren Hauptgesellschafter nach den Charterpreisen pro Minute bemessen hatte, die für ein Flugzeug der betreffenden Größenklasse hätten gezahlt werden müssen. Der Betriebsprüfer und ihm folgend das FA ermittelten den Entnahmeteilwert demgegenüber aus den gesamten Flugzeugkosten entsprechend dem Anteil der privaten Flugminuten – ohne Werkstattflüge – des betreffenden Wirtschaftsjahres.

Nach erfolglosem Einspruch machte die Klägerin mit der Klage geltend, daß die aus den Normteilen zusammengesetzten Regale selbständig bewertungs- und nutzungsfähig seien, da sie jederzeit in demselben Unternehmen an anderer Stelle ohne Umbau und ohne Beeinträchtigung ihrer bisherigen Funktionsfähigkeit verwendet werden könnten.

Was die private Flugzeugnutzung betreffe, vertrat sie weiterhin die Ansicht, daß der Entnahmeteilwert den Charterkosten für ein fremdes Flugzeug entspreche, da ein gedachter Erwerber des Betriebes bei dessen Fortführung unter Beachtung des Gewinnmaximierungsprinzips statt des betriebseigenen Flugzeugs stets eine billigere Chartermaschine (5,33 DM pro Flugminute) für seine Privatflüge verwenden würde.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab.

Zu 1. Das FG führte in seiner in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1974 S. 571 (EFG 1974, 571) veröffentlichten Entscheidung aus, es könne keinem Zweifel unterliegen, daß das einzelne Regalteil einer selbständigen Nutzung nicht fähig sei. Aber auch die von der Klägerin nach ihrem Bedarf zusammengesetzten Regale würden für sich keine selbständig nutzungs- und bewertungsfähigen Wirtschaftsgüter i. S. § 6 Abs. 2 EStG darstellen, obwohl sie der Betrieb nach eigenhändiger Zusammensetzung nutzte, ohne sie ständig wieder zu ändern. Vielmehr griffen hier, da es sich insgesamt um jederzeit austauschbare Normteile desselben Systems handle, die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Anschaffung beweglicher Wirtschaftsgüter ein, welche zu einem einheitlichen Ganzen gehörten. Ein solches einheitliches Ganzes aber würden nur alle von der Klägerin angeschafften Regalteile bilden, und zwar unabhängig davon, in welchem Jahr sie gekauft bzw. zur Ergänzung hinzugekauft worden seien. Das von der Klägerin als Beispiel für die Milderung der Rechtsprechung zum geringwertigen Wirtschaftsgut angeführte BFH-Urteil vom 28. März 1973 I R 105/71 (BFHE 109, 323, BStBl II 1974, 2) gebe für den vorliegenden Fall nichts her. Es gehe im Streitfall nicht um die Frage, ob ein von der Klägerin zusammengesetztes Regal gleich einer Straßenleuchte – wie in dem angeführten BFH-Urteil – aus dem bisherigen Nutzungszusammenhang herausgelöst werden könne, sondern um das nur bei Systemteilen eines Baukastenprinzips sich stellende Problem, ob aufgrund der jederzeitigen Kombinationsmöglichkeit – aus mehreren kleinen Regalen könne bei Bedarf ein großes gebildet werden – alle Elemente ein einheitliches Ganzes bildeten.

Zu 2. Für die Entnahme von Nutzungen gebiete § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG den Ansatz zum Teilwert. Es könne aber insoweit bei einem Flugzeug nichts anderes gelten als bei einem Pkw, wo der Begriff des Entnahmeteilwerts fordere, die betrieblichen Gesamtaufwendungen einschließlich aller festen Kosten aufzuteilen, gleichgültig, inwieweit durch die private Inanspruchnahme dem Betrieb tatsächlich mehr Kosten erwachsen seien.

Mit der Revision trägt die Klägerin vor:

Zu 1. Im Streitfall stelle sich der Sachverhalt so dar, daß aus den erworbenen Einzelbauteilen einzelne Wirtschaftsgüter verschiedener Art wie Regale und sonstige Vorrichtungen hergestellt worden seien, die in verschiedenen Räumen bzw. verschiedenen Betriebsgebäuden untergebracht seien und bis zum heutigen Tage keine Veränderung erfahren hätten. Eine anderweitige Verwendung als in der ursprünglich zusammengefügten Form sei kaum gegeben. Allein die einheitliche Zweckbestimmung mehrerer Wirtschaftsgüter reiche nicht aus, ein einheitliches Ganzes anzunehmen und damit die Bewertungsfreiheit gem. § 6 Abs. 2 EStG zu versagen.

Zu 2. Vor dem FG sei ausreichend dargelegt worden, daß die über dem vergleichbaren Charterpreis liegenden Kosten pro Flugminute durch die unzureichende Auslastung des Flugzeugs bedingt seien. So betrage beispielsweise der Fixkostenanteil im Prüfungszeitraum durchschnittlich 75 v.H. der Gesamtkosten. Dies hätte gezwungenermaßen in der Vergangenheit zu erhöhten Aufwendungen geführt, die sich unter ungewöhnlichen Bedingungen ergeben hätten und einer Fehlmaßnahme gleichzusetzen seien. Das Risiko dieser mangelnden Auslastung müsse der betrieblichen Sphäre angelastet werden und dürfe nicht zu einer Erhöhung des Wertes der privaten Nutzungsentnahme führen (vgl. dazu Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 6 EStG Anm. 112).

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Der Bundesminister der Finanzen (BdF), der dem Revisionsverfahren gem. § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten ist, vertritt zur Frage der Bewertungsfreiheit der in den Streitjahren angeschafften genormten Stahlregalteile folgende Auffassung:

Durch das Einführungsgesetz zur Abgabenordnung vom 14. Dezember 1976 – EGAO 1977 – (BStBl I, 694) sei das Tatbestandsmerkmal der selbständigen Nutzungsfähigkeit klarstellend konkretisiert worden. Ein Wirtschaftsgut sei danach einer selbständigen Nutzung nicht fähig, wenn es nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden könne und die in dem Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt seien (§ 6 Abs. 2 Satz 2 EStG). Könne das Wirtschaftsgut nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur im Zusammenhang mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden und seien die in dem Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt, so sei die selbständige Nutzungsfähigkeit auch dann nicht gegeben, wenn das Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Nutzungszusammenhang gelöst und in einen anderen betrieblichen Nutzungszusammenhang eingefügt werden könne (§ 6 Abs. 2 Satz 3 EStG).

Nach Auffassung des Gesetzgebers enthielten die durch das Einführungsgesetz zur Abgabenordnung eingefügten Sätze 2 und 3 des § 6 Abs. 2 EStG keine Änderung der bis dahin geltenden Rechtslage, sondern lediglich eine Klarstellung, daß die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter nur im Rahmen der durch das Grundsatzurteil des BFH vom 16. Dezember 1958 I 286/56 S (BFHE 68, 198, BStBl III 1959, 77) entwickelten Grundsätze in Anspruch genommen werden könne. Der Gesetzgeber habe damit deutlich gemacht, daß die in den Urteilen des BFH I R 105/71, und vom 18. November 1975 VIII R 9/73, (BFHE 117, 243, BStBl II 1976, 214) angestellten Erwägungen über eine Ausdehnung der Bewertungsfreiheit für die Anwendung des geltenden Rechtes keine Bedeutung haben sollten. Dem komme um so größere Bedeutung zu, als im Rahmen der Steuerreform durch das Einkommensteuerreformgesetz vom 5. August 1974 – EStRG – (BStBl I 1974, 530) die Vorstellungen der Steuerreformkommission zur Ausdehnung des § 6 Abs. 2 EStG, auf die sich der I. Senat in dem oben angeführten Urteil berufen habe, nicht übernommen worden seien.

Wende man die Beurteilungskriterien des BFH-Urteils I 286/56 S und ihre klarstellende Konkretisierung in § 6 Abs. 2 EStG i. d. F. des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung auf den Streitfall an, so ergebe sich folgendes:

Gegenstand der Prüfung, ob ein selbständig nutzungsfähiges Wirtschaftsgut i. S. des § 6 Abs. 2 EStG gegeben sei, seien die von der Klägerin im Wirtschaftsjahr angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter. Bei der Anschaffung von Elementen, aus denen im Betrieb des Steuerpflichtigen Regale hergestellt würden, müsse deshalb darauf abgestellt werden, was am Bilanzstichtag als Wirtschaftsgut vorhanden sei und als solches, gäbe es die Bewertungsfreiheit nicht, in der Bilanz ausgewiesen werden müßte. Ein einheitliches Wirtschaftsgut dürfe nicht willkürlich in gedankliche Einzelteile zerlegt werden, nur um die Bewertungsfreiheit in Anspruch nehmen zu können. Andererseits dürften selbständige Wirtschaftsgüter aber auch nicht als Einheit behandelt werden, um diese Bewertungsfreiheit zu verhindern.

Würden die erworbenen Einzelteile nach dem Erwerb zu einem Regal zusammengesetzt und sollte nach der betrieblichen Zweckbestimmung das Regal so, wie es einmal zusammengefügt worden sei, im Betrieb dauernd genutzt werden, so habe der Steuerpflichtige zwar einzelne Regalteile (Bauelemente) erworben. Er habe jedoch aus diesen einzelnen Elementen ein neues Wirtschaftsgut, nämlich ein Regal, hergestellt. Gegenstand der Bilanzierung und Bewertung seien dann nicht die einzelnen Bauelemente, sondern das aus ihnen hergestellte Regal als Wirtschaftsgut. Betrügen die Herstellungskosten des Regals, zu denen außer dem Kaufpreis für die Bauelemente auch die im Betrieb anfallenden Montagekosten gehörten, nicht mehr als 800 DM, so könne die Bewertungsfreiheit in Anspruch genommen werden. Anders sei es, wenn nach der konkreten betrieblichen Zweckbestimmung die Bauelemente entsprechend den wechselnden betrieblichen Erfordernissen zu immer anderen Regalen zusammengestellt würden, wenn also von vornherein davon auszugehen sei, daß die Einzelelemente zusammengefügt, mehrfach auseinandergenommen und dann erneut zusammengefügt würden. Gegenstand der Bilanzierung und Bewertung seien dann nicht die Regale, sondern die einzelnen Bauelemente. Für das einzelne Bauelement könne in diesem Fall die Bewertungsfreiheit nicht in Anspruch genommen werden, weil diese Elemente technisch aufeinander abgestimmt seien und jeweils nur im Zusammenhang mit anderen Elementen im Betrieb genutzt werden könnten. Die im BFH-Urteil VI R 288/68 zur Stützung der gegenteiligen Auffassung herangezogenen Entscheidungen des BFH beträfen andersgelagerte Sachverhalte. Gerüst- und Schalungsteile, sowie die Einzelteile von Kupplungsgerüsten würden aufgrund ihrer betrieblichen Zweckbestimmung ständig zusammengefügt und wieder auseinandergenommen. Sie könnten mit genormten Stahlregalteilen, die für Dauer zu einzelnen Regalen zusammengesetzt würden, nicht verglichen werden.

Entscheidungsgründe

 

III.

Die Revision ist teilweise begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FA.

Zu 1. Bewertungsfreiheit für genormte Stahlregalteile

Die Revision ist in diesem Punkt begründet.

Nach § 6 Abs. 2 EStG in der für die Streitjahre 1967 bis 1971 geltenden Fassung konnten Steuerpflichtige unter weiteren hier nicht streitigen Voraussetzungen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die einer selbständigen Bewertung und Nutzung fähig waren, im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe als Betriebsausgaben absetzen, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 800 DM nicht überstiegen.

Seit der Einführung dieser steuerlichen Vergünstigung (vgl. § 6 Abs. 2 EStG 1953 und den Vorläufer dieser Bestimmung in § 7 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung – EStDV – 1951) hat sich die Rechtsprechung des BFH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob bei der Anschaffung oder Herstellung einer Vielzahl von Gegenständen des beweglichen Anlagevermögens, die zusammengesetzt aber wieder voneinander gelöst oder getrennt werden können, diese Gegenstände im Betrieb eine sog. Sachgesamtheit, – nach der späteren Begriffsbestimmung – ein einheitliches Ganzes bilden, ob also der einzelne Gegenstand oder das einheitliche Ganze, bzw. die Gesamtheit der Gegenstände das einer selbständigen Bewertung und Nutzung fähige Wirtschaftsgut i. S. des § 6 Abs. 2 EStG darstellen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. November 1953 IV 360/53 U, BFHE 58, 271, BStBl III 1954, 18, das grundsätzliche Ausführungen zum Begriff der Sachgesamtheit enthält). Denn ob ein solches einheitliches Ganzes bzw. ein solcher die selbständige Nutzungsfähigkeit ausschließender Nutzungszusammenhang vorliegt, ist einerseits schwer zu entscheiden, andererseits hängt es nach der Rechtsprechung davon häufig ab, ob die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden kann.

Im vorliegenden Fall geht der Streit darum, ob die angeschafften genormten Stahlregalteile ein einheitliches Ganzes bilden, das als das einer selbständigen Bewertung und Nutzung fähige Wirtschaftsgut anzusehen ist, oder ob das einzelne zusammengesetzte Regal das selbständig bewertungs- und nutzungsfähige Wirtschaftsgut darstellt. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wurde auch vom FG zutreffend festgestellt, daß das einzelne Regalteil als Bauelement keiner selbständigen Nutzung fähig ist. Wenn aber das FG weiter ausführt, daß auch die von der Klägerin nach ihrem Bedarf zusammengesetzten Regale für sich keine selbständig nutzungs- und bewertungsfähigen Wirtschaftsgüter i. S. von § 6 Abs. 2 EStG darstellen, weil bei ihnen die von der BFH-Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Anschaffung beweglicher Wirtschaftsgüter zum Zuge kommen, die zu einem einheitlichen Ganzen gehören, so vermag ihm der Senat nicht zu folgen. Das grundlegende, auch vom FG zur Stützung seiner Auffassung zitierte BFH-Urteil I 286/56 S, das den von der Umsatzsteuer entlehnten Begriff der Sachgesamtheit zugunsten des Begriffes des einheitlichen Ganzen fallenließ und in den Vordergrund der Prüfung die Frage stellte, welches das Wirtschaftsgut ist, das das Erfordernis einer selbständigen Nutzungsfähigkeit erfüllt, enthält dazu folgende, dem Senat als wesentlich erscheinende Grundsätze:

Allgemeine Bedeutung habe es, ob nach außen ein einheitliches Ganzes in Erscheinung trete. Das Bild des einheitlichen Ganzen werde sich in vielen Fällen schon aus der betrieblich bedingten Art und Dauer der Verbindung und der Abstimmung der verbundenen Wirtschaftsgüter aufeinander ergeben. Die Festigkeit der Verbindung, ihre technische Gestaltung und ihre Dauer könnten im Einzelfall von Bedeutung sein. Sie seien nicht immer entscheidend. Dies zeige sich z.B. bei den technisch aufeinander abgestimmten und genormten Gerüstteilen der Bauwirtschaft, die einzeln keiner selbständigen Nutzung fähig seien, obwohl sie nach Erfüllung eines zeitlich begrenzten Zwecks jeweils wieder voneinander getrennt und erneut in anderer Form verbunden würden. Bei der Abgrenzung könne man nur von den Verhältnissen ausgehen, die in dem bestimmten Betrieb für die zu beurteilenden Gegenstände gegeben seien. Trennungsmöglichkeiten und technische Erörterungen darüber, was mit den getrennten Gegenständen getan werden könnte, aber tatsächlich im Betrieb nicht getan werde, seien in der Regel ohne Bedeutung. Seien die miteinander verbundenen Gegenstände technisch aufeinander abgestellt, so träten sie nach außen in der Regel als einheitliches Ganzes in Erscheinung und seien im Betrieb nur in dieser Verbindung nutzbar. Verliere im Fall der Trennung nicht nur der zu beurteilende Gegenstand, sondern auch das Wirtschaftsgut, aus dem er getrennt werde, die selbständige Nutzungsfähigkeit im Betrieb, weil die technische Gestaltung auf diese Verbindung eingestellt sei, so werde in der Regel die Verbindung ein einheitliches Ganzes darstellen und die Bewertungsfreiheit einzelner Teile zu verneinen sein.

An diesen Grundsätzen hat die Rechtsprechung bis zum Urteil des I. Senats I R 105/71 im wesentlichen festgehalten. So heißt es z.B. im BFH-Urteil vom 21. Juli 1966 IV 289/65 (BFHE 87, 180, BStBl III 1967, 59) in Fortführung der Grundsätze des Urteils I 286/56 S: „Ein Wirtschaftsgut ist nach der Rechtsprechung einer selbständigen Nutzung nicht fähig, wenn es mit einem anderen Wirtschaftsgut derart verbunden ist, daß es nur zusammen mit dem anderen Wirtschaftsgut, als dessen Teil es sich darstellt, genutzt werden kann. Dabei kommt es auf die bestimmungsgemäße und für den einzelnen betrieblichen Zweck erforderliche Verbindung an. Eine einheitliche Zweckbestimmung mehrerer Wirtschaftsgüter genügt nicht um eine solche Einheit anzunehmen.“ Von diesen Grundsätzen weicht das zwei Stahlregale betreffende BFH-Urteil VI R 288/68, auf das sich die Vorentscheidung beruft, nur scheinbar ab, indem es – im Rahmen der Investitionszulage nach § 19 des Berlinhilfegesetzes (BHG) 1964 – die angeschafften Stahlregalteile als ein einheitliches Ganzes beurteilt. Berücksichtigt man, daß der VI. Senat aufgrund des Sachvortrags des Klägers offenbar unterstellt, daß die zu zwei Regalen zusammengefügten Stahlregalteile mit der Zweckbestimmung angeschafft wurden, nach der Änderung der Lagerräume wieder auseinandergenommen und zu mehreren anderen Regalen zusammengesetzt zu werden, so stellt das Urteil systematisch gesehen keine Abweichung dar. Trotzdem ist dem BdF zuzugeben, daß dieses Urteil Veranlassung zu falschen Schlußfolgerungen geben kann, weil die zur Stützung dieser Entscheidung herangezogenen Urteile Kupplungsgerüste und Schalungsteile betreffen, die mit Stahlregalteilen nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden können. Im übrigen ist das Urteil insofern überholt, als die Zuständigkeit des VI. Senats für Investitionszulagen auf den III. Senat übergegangen ist und dieser Senat die selbständige Nutzungsfähigkeit offenbar nach anderen Kriterien beurteilt (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 1977 III R 94/76, BFHE 124, 182, BStBl II 1978, 322).

Durch das BFH-Urteil I R 105/71 hat der I. Senat den Begriff der selbständigen Nutzungsfähigkeit erweiternd ausgelegt. Ein Wirtschaftsgut verliert nach dieser Entscheidung seine selbständige Nutzungsfähigkeit nur noch, wenn der Nutzungszusammenhang mit anderen Wirtschaftsgütern der Einheit unauflöslich ist; das ist immer dann zu verneinen, wenn das Wirtschaftsgut ohne wesentliche Veränderung aus seinem bisherigen Nutzungszusammenhang herausgenommen und in einen anderen Nutzungszusammenhang gestellt werden kann. Dieser Auffassung hat sich der VIII. Senat des BFH im Urteil vom 18. November 1975 VIII R 9/73 (BFHE 117, 243, BStBl II 1976, 214) angeschlossen.

Wie der BdF in seiner Stellungnahme ausgeführt hat, ist durch § 6 Abs. 2 EStG n. F. das Tatbestandsmerkmal der selbständigen Nutzungsfähigkeit gegenüber der angeführten Rechtsprechung des I. und VIII. Senats dahin gehend einschränkend konkretisiert worden, daß ein Wirtschaftsgut dann keiner selbständigen Nutzung fähig ist, wenn es nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden kann und die in den Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt sind. Kann das Wirtschaftsgut nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur im Zusammenhang mit anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens genutzt werden und sind die in den Nutzungszusammenhang eingefügten Wirtschaftsgüter technisch aufeinander abgestimmt, so ist die selbständige Nutzungsfähigkeit auch dann zu verneinen, wenn das Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Nutzungszusammenhang gelöst und in einen anderen Nutzungszusammenhang eingefügt werden kann (vgl. § 6 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG n. F.).

Diese erweiterte Gesetzesfassung gilt aber erst ab 1. Januar 1977 (vgl. Art. 102 Abs. 1 EGAO 1977, so auch BFH-Urteil III R 94/76). Die Meinung des BdF, daß eine derartige Erweiterung des Gesetzes – trotz der gegenteiligen Rechtsprechung des BFH – nur als eine Klarstellung des schon bisher bestehenden Rechtszustandes angesehen werden kann, teilt der Senat nicht, zumal der Gesetzgeber selbst keine Rückwirkung vorgeschrieben hat.

Die Frage ist aber im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Denn der Senat ist der Auffassung, daß als Wirtschaftsgut, das einer selbständigen Nutzung fähig ist, sowohl nach der Auslegung des Begriffes der selbständigen Nutzungsfähigkeit, die sich aus dem Urteil I 286/56 S und der daran anknüpfenden Rechtsprechung des BFH ergibt, als auch nach der neuen Fassung des § 6 Abs. 2 EStG, als auch nach den angeführten Urteilen des I. und VIII. Senats nur die einzelnen in den verschiedenen Betriebsräumen der Klägerin zusammengefügten und aufgestellten Regale in Betracht kommen. Diese zusammengesetzten Stahlregale, deren Verwendung heute allgemein üblich ist, werden in der Regel – auch im Falle der Klägerin – auf die Dauer so genutzt, wie sie zusammengesetzt wurden; dabei kommt es nicht darauf an, ob ihre Zusammensetzung und Aufstellung in jedem Einzelfall endgültig ist. Sie können nach ihrer betrieblichen Zweckbestimmung auch ohne die anderen Regale und Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens selbständig genutzt werden, d.h. sie sind einer selbständigen Nutzung fähig. Man kann unter keinem möglichen Gesichtspunkt zu dem Ergebnis kommen, daß die einzelnen Regale nach ihrer betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit den anderen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, d.h. vor allem zusammen mit den anderen Regalen, genutzt werden können. Es gilt also insoweit für die aus genormten Teilen zusammengesetzten Regale nichts anderes als für Fertigregale, soweit solche im Handel noch erhältlich sind. Ist aber das Merkmal der selbständigen Nutzungsfähigkeit des einzelnen Regals zu bejahen, dann ist es auch nach dem BFH-Urteil I 286/56 S und nach der Neufassung des § 6 Abs. 2 EStG unschädlich, wenn die Regale technisch – d.h. hinsichtlich der Bauelemente – aufeinander abgestimmt sind.

Anders wäre nur zu entscheiden, wenn die betriebliche Zweckbestimmung der einzelnen Bauelemente – ähnlich wie bei Kupplungsgerüsten – entsprechend den ständig wechselnden betrieblichen Erfordernissen darin bestanden hätte, immer wieder getrennt und zu anderen Regalen zusammengesetzt zu werden, und wenn dies der Zweck der Beschaffung derartiger genormter Regalteile gewesen wäre; das wird aber weder vom FA behauptet noch vom FG angenommen. Das FG führt gerade in bezug auf den Fall der Klägerin aus, man könnte meinen, „Systemregale, die ein Betrieb nach eigenhändiger Zusammensetzung nützt, ohne sie ständig wieder zu ändern, seien im Gegensatz zu Baugerüsten und Schalungsteilen als selbständig nutzungsfähige und bewertungsfähige Einheiten anzusehen“. Die vom FG dann hervorgehobene und als entscheidend angesehene Möglichkeit der Zerlegung der einzelnen Regale nimmt ihnen aber auch nach dem BFH-Urteil I 286/56 S nicht das Merkmal eines Wirtschaftsgutes, das i. S. des § 6 Abs. 2 EStG einer selbständigen Nutzung fähig ist. Daß die vorliegende Entscheidung des Senats insoweit, d.h. in der Frage der Bejahung der selbständigen Nutzungsfähigkeit der einzelnen Regale, die hier allein streitig ist, von der angeführten Rechtsprechung des I. und VIII. Senats nicht abweicht, bedarf keiner besonderen Ausführungen. Die unterschiedliche Auslegung des Begriffes der selbständigen Nutzungsfähigkeit durch den I. und VIII. Senat einerseits und durch die angeführte vorhergehende Rechtsprechung des BFH und die Ergänzung des § 6 Abs. 2 EStG 1977 andererseits betrifft einen anderen Sachverhalt und tritt bei den streitgegenständlichen genormten Stahlregalen nicht in Erscheinung.

Betragen daher die Herstellungskosten der einzelnen Regale, zu denen außer dem Kaufpreis für die Bauelemente auch die im Betrieb anfallenden Montagekosten gehören, nicht mehr als 800 DM, so kann für sie die Bewertungsfreiheit gem. § 6 Abs. 2 EStG in Anspruch genommen werden. Von dieser Beurteilung ist die Klägerin nach der übereinstimmenden Darstellung der Beteiligten bei der Anwendung des § 6 Abs. 2 EStG ausgegangen.

Da das FG mit dem FA die Auffassung vertreten hat, daß einer selbständigen Nutzung i. S. der Rechtsprechung nur sämtliche Stahlregalteile als einheitliches Ganzes fähig sind, waren die Vorentscheidung, die ihr zugrunde liegende Einspruchsentscheidung und die angefochtenen einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheide 1968, 1969, 1970 und 1971 insoweit aufzuheben. Die nunmehr erforderliche einheitliche und gesonderte Neufeststellung der Einkünfte der Klägerin für die Streitjahre 1968, 1969, 1970 und 1971 wird gem. Art. 3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (BGBl I, 446) dem FA übertragen.

2. Private Flugzeugkosten

Die Revision ist in diesem Punkt unbegründet.

Die Zugehörigkeit des fraglichen Flugzeugs zum Betriebsvermögen der OHG wurde von den Beteiligten und vom FG angenommen. Geht man hiervon aus, so stellt die Inanspruchnahme oder Nutzung dieses Flugzeugs für private Flüge eine Privatentnahme dar, die gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem Teilwert anzusetzen ist. Zutreffend sind FA und FG davon ausgegangen, daß der Teilwert einer solchen Nutzung nach der damit verbundenen Wertabgabe des Betriebs zu bemessen und diese Wertabgabe nach den tatsächlichen Selbstkosten zu berechnen ist. Als anzusetzender Teilwert kommt danach nur der Betrag in Betracht, der sich bei Aufteilung der jährlichen Gesamtaufwendungen für das Flugzeug in einem betrieblichen und einen privaten Anteil ergibt, wobei Teilungsmaßstab die betrieblich und privat zurückgelegten Flugstunden bzw. Flugminuten sind (vgl. dazu BFH-Urteile vom 9. Oktober 1953 IV 536/52 U, BFHE 58, 120, BStBl III 1953, 337; vom 9. November 1962 IV 224/59 in Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 4, Rechtsspruch 535, und vom 19. Dezember 1977 VI R 198/76, BFHE 124, 428, BStBl II 1978, 287 zur Frage der Maßgeblichkeit der Gesamtaufwendungen bei der Aufteilung der betrieblichen und privaten Kosten bei einem Pkw).

Ist das Flugzeug das ganze Jahr über voll ausgelastet, so sind der Aufwand pro Flugminute und damit auch die Kosten der privaten Nutzung relativ niedrig, weil sich die fixen Kosten der Flugzeughaltung auf eine größere Zahl von Flugstunden verteilen. Ist die Auslastung hingegen gering, so steigen die Kosten für eine Flugminute; dadurch erhöhen sich die betreffenden Entnahmen für die private Nutzung des Flugzeuges.

Die Einwendungen der Klägerin gegen diese von den Gesamtaufwendungen ausgehende Aufteilung der Kosten greifen nicht durch. Mit Recht weist das FG den Einwand der Klägerin, ein gedachter Erwerber würde das betriebseigene Flugzeug überhaupt nicht privat nutzen, sondern eine billigere Chartermaschine mieten, mit dem Hinweis zurück, daß es auf dem Teilwert der nun einmal erfolgten Privatnutzungen keinen Einfluß habe, ob der gedachte Betriebserwerber diese Nutzungen vom privaten Kostenstandpunkt aus überhaupt vornehmen würde. Der Begriff des betrieblichen Teilwertes gebietet eine Bemessung aus betrieblicher und nicht aus privater Sicht.

Ein fremder Erwerber des Betriebs, der auch das betriebseigene Flugzeug erwerben würde, würde im übrigen für seine Privatflüge aus Ersparnisgründen keine Chartermaschine benutzen; denn damit würde er zwar vielleicht privat – bei isolierter Betrachtung – billiger fliegen; betrieblich gesehen würden sich jedoch die Betriebskosten des betriebseigenen Flugzeugs noch erhöhen; ebenso würden sich die Gesamtflugkosten eines solchen Erwerbers dadurch erhöhen. Schon vom Tatsächlichen her ist deshalb dieses Argument der Klägerin untauglich. Es ist auch nicht einzusehen, daß es -wie die Klägerin meint- eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung darstellen soll, wenn nach der dargelegten Aufteilung der Gesamtaufwendungen dieselbe Flugminute bei dem einen Betrieb zu einer höheren Privatentnahme führt als bei einem anderen Betrieb. Nach Auffassung des erkennenden Senats liegt gerade in derartigen Unterschieden mit das Wesen des Teilwertes, den die Klägerin offenbar mit dem Verkehrswert verwechselt. Auch der Hinweis der Klägerin auf das BFH-Urteil vom 10. Januar 1963 IV 214/58 S (BFHE 76, 713, BStBl III 1963, 261), in dem ausgeführt ist, daß der Entnahmebewertung im allgemeinen die Vorstellung einer Veräußerung des betreffenden Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen an das Privatvermögen zugrunde liegt, geht schon deshalb fehl, weil diese Vorstellung einer Veräußerung nicht ohne weiteres auf eine bloße Nutzungsentnahme übertragbar ist.

Die Revision war daher insoweit als unbegründet zurückzuweisen.


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