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UStR 99a. Pflegeeinrichtungen nach § 4 Nr. 16 Buchstabe e UStG

Zu § 4 Nr. 16 UStG

(1) 1Begünstigt sind Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen. 2Wohngemeinschaften fallen nicht hierunter. 3Gleichartige Einrichtungen eines Unternehmens sind jeweils als eine Einrichtung anzusehen. 4Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen sind Einrichtungen, in denen pflegebedürftige Personen zeitweise vollstationär (ganztägig) oder teilstationär (tagsüber oder nachts) untergebracht und gepflegt werden (Kurzzeitpflegeeinrichtungen, Tages- und Nachteinrichtungen). 5Ambulante Pflegeeinrichtungen sind Einrichtungen, die kranke und pflegebedürftige Personen in deren Wohnung pflegen oder Pflegeberatungsleistungen nach § 37 Abs. 3 SGB XI erbringen. 6Begünstigt sind ferner unselbständige, wirtschaftlich und organisatorisch abgrenzbare Teilbereiche eines Unternehmens (z.B. Kurzzeitpflegeeinrichtung innerhalb eines Krankenhauses).

(2) 1Die Pflegeleistungen begünstigter Einrichtungen sind nur dann von der Umsatzsteuer befreit, wenn die Einrichtungen selbst alle im Zusammenhang mit der Pflege anfallenden Pflegeleistungen oder Pflegeberatungsleistungen nach § 37 Abs. 3 SGB XI erbringen können. 2Übernimmt eine Pflegeeinrichtung als Kooperationspartner einer anderen Einrichtung einen Teil des Pflegeauftrags für eine zu pflegende Person und liegen bei beiden Einrichtungen die Voraussetzungen vor, dass sie jeweils sämtliche im Zusammenhang mit der Übernahme einer ambulanten Pflege anfallenden Pflegeleistungen erbringen könnten, kann für beide Einrichtungen die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchstabe e UStG in Betracht kommen. 3Es kann jedoch nur diejenige Pflegeeinrichtung (auftraggebende oder auftragnehmende Pflegeeinrichtung als Kooperationspartner) ihre Pflegeleistungen steuerfrei erbringen, bei der im vorangegangenen Kalenderjahr die Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, Kriegsopferfürsorge oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind. 4Beansprucht der andere Kooperationspartner ebenfalls die Umsatzsteuerbefreiung, hat auch er nachzuweisen, dass bei ihm die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) 1Pflegebedürftige Personen sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens der Hilfe bedürfen (vgl. § 61 Abs. 1 SGB XII). 2Nicht pflegebedürftig ist, wer nur Hilfe im hauswirtschaftlichen Bereich benötigt.

(4) 1§ 4 Nr. 16 Buchstabe e UStG ist auch auf ambulante Betreuungsleistungen anwendbar, wenn diese Leistungen auf Grund vertraglicher Vereinbarung mit Trägern der Sozialversicherung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht werden. 2Entsprechendes gilt für heilpädagogische Leistungen für noch nicht eingeschulte Kinder die im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX erbracht werden, Betreuungsleistungen im Werkstattbereich an behinderte Menschen nach § 136 Abs. 3 SGB IX, sowie für Rehabilitationsleistungen der Mobilitäts- und Orientierungslehrer für blinde und sehbehinderte Menschen.

(5) 1Die Pflegekosten müssen im vorangegangenen Kalenderjahr in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, Kriegsopferfürsorge oder Sozialhilfe ganz oder überwiegend getragen worden sein. 2Für die Auslegung des Begriffs „Fälle” ist von der Anzahl der gepflegten Personen im Laufe eines Kalendermonats auszugehen. 3Bei der Unterbringung in einer Einrichtung zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen gilt daher die Aufnahme einer Person innerhalb eines Kalendermonats als ein Pflegefall. 4Bei der Erbringung ambulanter Pflegeleistungen gelten alle Leistungen für eine Person in einem Kalendermonat als ein Pflegefall. 5Werden von einem Unternehmer mehrere verschiedenartige Einrichtungen im Sinne des Absatzes 1 betrieben, sind die im Laufe eines Kalendermonats gepflegten Personen zur Ermittlung der Gesamtzahl der Pflegefälle jeder Einrichtung gesondert zuzuordnen.

Beispiel:

1In einer Kurzzeitpflegeeinrichtung werden vom 1. Januar bis 31. März je Kalendermonat 100 Personen und vom 1. Mai bis 31. Dezember je Kalendermonat 70 Personen vorübergehend aufgenommen. 2Vom 1. April bis 30. April ist das Heim wegen Umbau geschlossen.

3Die Zahl der Pflegefälle errechnet sich für das Jahr wie folgt:


Vom 1. Januar bis 31. März
3 Kalendermonate × 100 gepflegte Personen
= 300 Pflegefälle
Vom 1. Mai bis 31. Dezember
8 Kalendermonate × 70 gepflegte Personen
= 560 Pflegefälle
Insgesamt
= 860 Pflegefälle

6Eine von einem Kooperationspartner teilweise oder vollständig gepflegte Person wird auch bei dem Kooperationspartner zum „Fall”.

( 6 ) 1Zu den Kosten eines Pflegefalls gehören bei einer Unterbringung in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung die in Rechnung gestellten Aufwendungen insbesondere für Unterkunft, Verpflegung, Betreuung, Grundpflege nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 SGB XI und § 61 Abs. 5 Nr. 1 bis 3 SGB XII und krankenpflegerische Versorgung (BFH-Urteil vom 5. 2. 2004, V R 2/03, BStBl II S. 669). 2Bei der ambulanten Pflege gehören zu den Kosten die in Rechnung gestellten Aufwendungen insbesondere für die häusliche Krankenpflege (Behandlungspflege sowie Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung) oder für die häusliche Pflege (Grundpflege, hauswirtschaftliche Versorgung) nach § 37 SGB V, §§ 47, 48 SGB XII, § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis 4 SGB XI und § 61 Abs. 5 Nr. 1 bis 4 SGB XII.

( 7 ) 1Die Kosten eines Pflegefalles werden von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, Kriegsopferfürsorge oder Sozialhilfe zum überwiegenden Teil getragen, wenn sie die Kosten des Pflegefalls allein oder gemeinsam zu mehr als 50 % übernehmen. 2Der Zeitpunkt der Kostenerstattung ist dabei ohne Bedeutung. 3Kostenzuschüsse oder Kostenerstattungen anderer Einrichtungen (z.B. private Krankenkassen, Beihilfestellen für Beamte, Wohlfahrtsverbände) sind den eigenen Aufwendungen der gepflegten Person zuzurechnen.

Beispiel 1:

1Eine pflegebedürftige Person wird 3 Stunden am Tag in der Zeit vom 17. bis zum 31. Januar (= 15 Tage) ambulant gepflegt. 2Die Pflegekosten je Stunde umfassen die Behandlungspflege i.H.v. 15 € und die häusliche Pflege i.H.v. 10 €. 3Vom Träger der Sozialversicherung (gesetzliche Pflegekasse) werden die Kosten für die häusliche Pflege übernommen. 4Außerdem erhält die gepflegte Person von ihrer gesetzlichen Krankenkasse Kostenerstattung für die Behandlungspflege.

Kosten des Pflegefalls:


Behandlungspflege
15 €
häusliche Pflege
10 €
Zwischensumme
25 € × 3 Stunden
=
75 €
pro Tag
Summe
75 € × 15 Tage
=
1 125 €
Erstattung Sozialversicherungsträger
Erstattung gesetzliche Pflegekasse
450 €
Erstattung gesetzliche Krankenkasse
675 €
Summe
1 125 €
(= 100 %)

Ergebnis:

Kostentragung durch Sozialversicherungsträger.

Beispiel 2:

1Eine pflegebedürftige Person wird im Monat Januar in eine Kurzzeitpflegeeinrichtung aufgenommen. 2Der Tagessatz für die Pflege beträgt 40 € und für die Unterbringung 25 €. 3Der Träger der Sozialversicherung (gesetzliche Pflegekasse) übernimmt die Kosten der Pflege (Behandlungs- und Grundpflege).

Kosten des Pflegefalls:


65 € pro Tag × 31 Tage
=
2 015 €
Erstattung Sozialversicherungsträger
Pflegekosten (40 € pro Tag × 31 Tage)
=
1 240 €
Eigenanteil der pflegebedürftigen Person
Unterbringung (25 € × 31 Tage)
=
775 €
(= 38,5 %)

Ergebnis:

Überwiegende Kostentragung durch Sozialversicherungsträger.

Beispiel 3:

1Eine pflegebedürftige Person wird im Monat Januar in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung aufgenommen. 2Der Tagessatz für die Pflege beträgt 40 € und für die Unterbringung 25 €. 3Der Träger der Sozialversicherung (gesetzliche Pflegekasse) und die Beihilfestelle übernehmen die Kosten der Pflege (Behandlungs- und Grundpflege) i.H.v. je 50 % (vgl. § 28 Abs. 2 SGB XI).

Kosten des Pflegefalls:


65 € pro Tag × 31 Tage
=
2 015 €
Erstattung Sozialversicherungsträger (50 % der
Pflegekosten)
Pflegekosten
(40 € pro Tag × 31 Tage) × 50 %
=
620 €
Erstattung Beihilfe
(50 % der Pflegekosten)
Pflegekosten
(40 € pro Tag × 31 Tage) × 50 %
=
620 €
Eigenanteil der pflegebedürftigen Person
einschließlich
Erstattung Beihilfe 2 015 € abzüglich 620 €
=
1 395 €
(= 69,2 %)

Ergebnis:

Keine überwiegende Kostentragung durch Sozialversicherungsträger.

(8) 1Für die Ermittlung der 40 %-Grenze sind die Verhältnisse des Vorjahres maßgebend. 2Nimmt der Unternehmer seine Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres neu auf, ist auf die voraussichtlichen Verhältnisse des laufenden Jahres abzustellen.

Beispiel:

1Eine Kurzzeitpflegeeinrichtung wird am 1. September eröffnet. 2Der Betreiber der Einrichtung geht nach sorgfältiger Prüfung davon aus, dass in 50 % der Pflegefälle die Kosten überwiegend von den Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe getragen werden. 3Nach Ablauf des Jahres wird festgestellt, dass eine überwiegende Kostenübernahme nur in 35 % der Fälle erfolgte.

4Für dieses Jahr kann die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 Buchstabe e UStG in Anspruch genommen werden. 5Für das Folgejahr besteht Umsatzsteuerpflicht.

(9) 1Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung müssen für jede gepflegte Person einer Pflegeeinrichtung im Sinne von Absatz 1 beleg- und buchmäßig nachgewiesen werden. 2Hierzugehören insbesondere der Nachweis der Pflegebedürftigkeit und ihrer voraussichtlichen Dauer durch eine Bestätigung der Krankenkasse, der Pflegekasse, des Sozialhilfeträgers, des Gesundheitsamts oder durch ärztliche Verordnung, der Nachweis der Kosten des Pflegefalls durch Rechnungen und der Höhe der Kostenerstattung der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung oder Sozialhilfe durch entsprechende Abrechnungsunterlagen sowie die Aufzeichnung des Namens und der Anschrift der gepflegten Person, die Aufzeichnung des Entgelts für die gesamte Pflegeleistung und der Höhe des Kostenersatzes durch den Träger der Sozialversicherung oder Sozialhilfe für den einzelnen Pflegefall und der Summe der gesamten Pflegefälle eines Kalenderjahres und der Summe der Pflegefälle dieses Jahres mit überwiegender Kostentragung durch die Träger der Sozialversicherung oder Sozialhilfe. 3Dies gilt auch für Kooperationspartner.

(10) 1Schulungskurse und Beratungen, die Pflegeeinrichtungen im Auftrag der Pflegekassen durchführen, sind eng mit den Pflegeleistungen verbundene Umsätze. 2Sie werden grundsätzlich nicht als „Fall” angesehen und bei der Berechnung der 40 %-Grenze außen vor gelassen. 3Diese Umsätze sind danach steuerfrei, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 40 % der Fälle der Einrichtung ganz oder zum überwiegenden Teil von der Sozialversicherung, Kriegsopferfürsorge oder Sozialhilfe getragen worden sind.


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