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Zu § 8 – Wohnsitz:

Zu § 8 – Wohnsitz:

1. 1Die Frage des Wohnsitzes ist bei Ehegatten und sonstigen Familienangehörigen für jede Person gesondert zu prüfen. 2Personen können aber über einen Familienangehörigen einen Wohnsitz beibehalten. 3Ein Ehegatte, der nicht dauernd getrennt lebt, hat seinen Wohnsitz grundsätzlich dort, wo seine Familie lebt (BFH-Urteil vom 6.2.1985 – I R 23/82 – BStBl II, S. 331 ). 4Ein ausländisches Kind, das im Heimatland bei Verwandten untergebracht ist und dort die Schule besucht, hat grundsätzlich keinen Wohnsitz im Inland. 5Dies gilt auch dann, wenn es sich in den Schulferien bei seinen Eltern im Inland aufhält (BFH-Urteil vom 22.4.1994 – III R 22/92 – BStBl II, S. 887).
2. 1Die bloße Absicht, einen Wohnsitz zu begründen oder aufzugeben, bzw. die An- und Abmeldung bei der Ordnungsbehörde entfalten allein keine unmittelbare steuerliche Wirkung (BFH-Urteil vom 14.11.1969 – III R 95/68 – BStBl 1970 II, S. 153 ). 2I. d. R. stimmen der bürgerlich-rechtliche, aufgrund einer Willenserklärung des Steuerpflichtigen von ihm selbst bestimmte Wohnsitz und der steuerlich maßgebende Wohnsitz überein. 3Deshalb können die An- und Abmeldung bei der Ordnungsbehörde im Allgemeinen als Indizien dafür angesehen werden, dass der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz unter der von ihm angegebenen Anschrift begründet bzw. aufgegeben hat.
3. 1Mit Wohnung sind die objektiv zum Wohnen geeigneten Wohnräume gemeint. 2Es genügt eine bescheidene Bleibe. 3Nicht erforderlich ist eine abgeschlossene Wohnung mit Küche und separater Waschgelegenheit i.S.d. Bewertungsrechts.
4. 1Der Steuerpflichtige muss die Wohnung innehaben, d. h. er muss tatsächlich über sie verfügen können und sie als Bleibe nicht nur vorübergehend benutzen (BFH-Urteile vom 24.4.1964 – VI 236/62 U – BStBl III, S. 462, und vom 6.3.1968 – I 38/65 – BStBl II, S. 439). 2Es genügt, dass die Wohnung z. B. über Jahre hinweg jährlich regelmäßig zweimal zu bestimmten Zeiten über einige Wochen benutzt wird (BFH-Urteil vom 23.11.1988 – II R 139/87 – BStBl 1989 II, S. 182 ). 3Anhaltspunkte dafür können die Ausstattung und Einrichtung sein; nicht erforderlich ist, dass sich der Steuerpflichtige während einer Mindestanzahl von Tagen oder Wochen im Jahr in der Wohnung aufhält (BFH-Urteil vom 19.3.1997 – I R 69/96 – BStBl II, S. 447). 4Wer eine Wohnung von vornherein in der Absicht nimmt, sie nur vorübergehend (weniger als sechs Monate) beizubehalten und zu benutzen, begründet dort keinen Wohnsitz (BFH-Urteil vom 30.8.1989 – I R 215/85 – BStBl II, S. 956). 5Auch gelegentliches Übernachten auf einem inländischen Betriebsgelände, in einem Büro u. ä. (sog. Schlafstelle) kann dort keinen Wohnsitz begründen (BFH-Urteil vom 6.2.1985 – I R 23/82 – BStBl II, S. 331). 6Wer sich – auch in regelmäßigen Abständen – in der Wohnung eines Angehörigen oder eines Bekannten aufhält, begründet dort ebenfalls keinen Wohnsitz (BFH-Urteil vom 24.10.1969 – IV 290/64 – BStBl 1970 II, S. 109), sofern es nicht wie im Fall einer Familienwohnung oder der Wohnung einer Wohngemeinschaft gleichzeitig die eigene Wohnung ist.
5. 1Wer einen Wohnsitz im Ausland begründet und seine Wohnung im Inland beibehält, hat auch im Inland einen Wohnsitz i.S.v. § 8 (BFH-Urteil vom 4.6.1975 – I R 250/73 – BStBl II, S. 708). 2Bei einem ins Ausland versetzten Arbeitnehmer ist ein inländischer Wohnsitz widerlegbar zu vermuten, wenn er seine Wohnung im Inland beibehält, deren Benutzung ihm möglich ist und die nach ihrer Ausstattung jederzeit als Bleibe dienen kann (BFH-Urteil vom 17.5.1995 – I R 8/94 – BStBl 1996 II, S. 2). 3Das Innehaben der inländischen Wohnung kann nach den Umständen des Einzelfalles auch dann anzunehmen sein, wenn der Steuerpflichtige sie während eines Auslandsaufenthalts kurzfristig (bis zu sechs Monaten) vermietet oder untervermietet, um sie alsbald nach Rückkehr im Inland wieder zu benutzen. 4Zur Zuständigkeit in diesen Fällen siehe § 19 Abs. 1 Satz 2.
6. 1Ein Wohnsitz i.S.v. § 8 besteht nicht mehr, wenn die inländische Wohnung/die inländischen Wohnungen aufgegeben wird/werden. 2Das ist z. B. der Fall bei Kündigung und Auflösung einer Mietwohnung, bei nicht nur kurzfristiger Vermietung der Wohnung im eigenen Haus bzw. der Eigentumswohnung. 3Wird die inländische Wohnung zur bloßen Vermögensverwaltung zurückgelassen, endet der Wohnsitz mit dem Wegzug. 4Bloße Vermögensverwaltung liegt z. B. vor, wenn ein ins Ausland versetzter Steuerpflichtiger bzw. ein im Ausland lebender Steuerpflichtiger seine Wohnung/ sein Haus verkaufen oder langfristig vermieten will und dies in absehbarer Zeit auch tatsächlich verwirklicht. 5Eine zwischenzeitliche kurze Rückkehr (zur Beaufsichtigung und Verwaltung der zurückgelassenen Wohnung) führt nicht dazu, dass die zurückgelassene Wohnung dadurch zum inländischen Wohnsitz wird.