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Rechtsirrig zurückgezahlte Kapitalertragsteuer

Finanzgericht Münster, 6 K 187/11 AO

Datum:
20.02.2013
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 K 187/11 AO
Sachgebiet:
Finanz- und Abgaberecht
Tenor:

Der Abrechnungsbescheid des Beklagten zur Körperschaftsteuer 2000 vom 27.06.2007 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 08.02.2008 und vom 02.03.2009 sowie in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.05.2009 wird in der Weise geändert, dass weitere anrechenbare Kapitalertragssteuer in Höhe von 94.987.493,40 € und darauf entfallender Solidaritätszuschlag in Höhe von 5.221.550,77 € ausgewiesen werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 12 % und der Beklagte zu 88 %.

Die Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Klägerin für das Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand:

2Die Beteiligten streiten im zweiten Rechtsgang über die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheides im Sinne des § 218 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) zur Körperschaftsteuer des Veranlagungszeitraums 2000. Insbesondere ist streitig, ob und in welchem Umfang Kapitalertragsteuer und darauf entfallender Solidaritätszuschlag auf die festgesetzte Körperschaftsteuer anzurechnen sind.

3Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, welche mit notariellem Vertrag vom 04.08.2000 in der Rechtsform der GmbH gegründet und durch Umwandlungsbeschluss vom 21.12.2000 mit steuerlicher Wirkung zum 30.12.2000 in eine GmbH & Co. KG umgewandelt worden ist.

4Der Unternehmensgegenstand der Klägerin bestand im Streitjahr 2000 im Erwerb und im Halten von neu ausgegebenen Anteilen an Kapitalgesellschaften (sog. Zielgesellschaften), die über hohe Rücklagen aus versteuerten und thesaurierten Gewinnen verfügten. Hintergrund dieser Beteiligungen war die Durchführung eines sog. Rücklagenmanagements in Gestalt eines „Leg-ein-Hol-zurück-Verfahrens“. Dieses Verfahren diente der Realisierung bzw. der Vermeidung eines Verlustes von in der Vergangenheit bei den Zielgesellschaften angesammelten Körperschaftsguthaben im Zusammenhang mit dem Systemwechsel vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren. Dabei führten die Kläger und ihre Schwestergesellschaften den Zielgesellschaften im Rahmen des Erwerbs von Vorzugsanteilen zunächst Kapital zu, welches bei den Zielgesellschaften steuerlich in das Eigenkapitalkonto (EK) 04, ab dem 31.12.2001 in das sog. Einlagenkonto (§ 27 KStG), einzustellen war. Eine solche Kapitalzuführung in den Zielgesellschaften war notwendig, damit diese noch während der Geltung des Körperschaftsteueranrechnungsverfahrens im Jahre 2000 Gewinnausschüttungen an die Kläger durchführen konnten. Die mit dem Erwerb der Vorzugsanteile verbundenen Vorzugsgewinnausschüttungen wurden aufgrund der gesetzlich festgelegten Verwendungsfiktionen steuerlich mit dem EK 45 bzw. dem EK 40 verrechnet (§§ 28, 30 KStG) und auf diese Weise ruhendes Körperschaftsteuerguthaben bei den Zielgesellschaften mobilisiert. Wegen der Einzelheiten des von der Klägerin verfolgten Konzept wird auf das Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 28.06.2006 (I R 97/05, BFHE 2014, 276) verwiesen. Dort hat der BFH die Mobilisierung von Körperschaftsteuerguthaben im Wege eines sog. Rücklagenmanagements als nicht rechtsmissbräuchlich angesehen.

5Im Oktober bzw. November 2000 erwarb die Klägerin Geschäftsanteile an 25 unbeschränkt körperschaftspflichtigen Kapitalgesellschaften, die jeweils über Rücklagen aus versteuerten und thesaurierten Gewinnen verfügten, welche nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1999 ungemildert der Körperschaftsteuer unterlegen hatten (Zielgesellschaften). Finanziert wurden die Beteiligungsankäufe durch ein Darlehen seitens der Beigeladenen. So erteilte die Beigeladene der Klägerin und deren Schwestergesellschaften am 14.08.2000 eine Kreditzusage über eine Milliarde DM, welche später auf drei Milliarden DM aufgestockt wurde. Die Rückführung des Darlehens sollte durch Gewinnausschüttungen der Zielgesellschaften und Steuererstattungen erfolgen, wobei die Klägerin und ihre Schwestergesellschaften in der Kreditzusage angewiesen wurden, dass Gewinnausschüttungen der Zielgesellschaften ausschließlich über die Konten bei der Beigeladenen, Filiale                            , erfolgen durften. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Kreditzusage vom 30.08.2000 Bezug genommen. Im Dezember 2000 entrichteten die Zielgesellschaften– nach vorheriger Fassung entsprechender Gewinnverteilungsbeschlüsse – an die Klägerin Vorzugsdividenden in Höhe von insgesamt 738.286.233,08 DM (1.002.765.653,61 DM Brutto-Dividende abzüglich 250.691.393,40 DM Kapitalertragsteuer und 13.788.027,13 DM Solidaritätszuschlag). Die auf diese Ausschüttungen entfallende Kapitalertragssteuer führten die Zielgesellschaften an die zuständigen Betriebsfinanzämter ab. Die Dividendenzahlungen wurden unmittelbar auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen überwiesen und dort zur teilweisen Ablösung der gegenüber der Beigeladenen bestehenden Darlehnsverbindlichkeiten verwendet. Ferner trat die Klägerin am 30.01.2001 einen Teil der ihr aus der Körperschaftsteuer-Veranlagung 2000 zustehenden Steuererstattungsansprüche in Höhe von 557.882.000,00 DM an die Beigeladene ab. Die Wirksamkeit der Abtretung ist inzwischen unstreitig.

6Im Jahr 2001 führte die Finanzverwaltung mit den einzelnen Zielgesellschaften Verhandlungen über eine Rückabwicklung des Gestaltungsmodells „Rücklagenmanagements“, an welchen die Klägerin nicht beteiligt war. Dabei wurden mit mehreren Zielgesellschaften als „tatsächliche Verständigung“ bezeichnete Vereinbarungen getroffen, nach denen die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der jeweiligen Zielgesellschaft nicht im Sinne eines Anteilserwerbs mit nachfolgender Gewinnausschüttung, sondern als Darlehnsverhältnis angesehen wurde (sog. Darlehenslösung). Hinsichtlich der Einzelheiten zur Darlehenslösung wird auf das Schreiben der Oberfinanzdirektion Münster vom 04.10.2001 nebst Anlagen – inklusive des Musters der tatsächlichen Verständigung – Bezug genommen. Im Anschluss an diese tatsächlichen Verständigungen widerriefen die betreffenden Zielgesellschaften die von ihnen ursprünglich ausgestellten Steuerbescheinigungen, in denen jeweils eine Gewinnausschüttung unter Einbehaltung von Kapitalertragssteuer bescheinigt worden war und ersetzten sie durch sog. Nullbescheinigungen, welche jeweils eine einbehaltene Kapitalertragsteuer in Höhe von 0,- DM ausgewiesen. Nachfolgend erstatte das jeweilige Betriebsfinanzamt der jeweiligen Zielgesellschaft die vorab abgeführte Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag. Die jeweiligen Zielgesellschaften leiteten die (zurück-) erhaltene Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag teilweise an die Klägerin weiter.

7Im Jahr 2001 reichte die Klägerin ihre Körperschaftsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2000 ein. Dabei machte sie anrechenbare Körperschaftsteuer in Höhe von 429.756.675,00 DM, anrechenbare Kapitalertragsteuer in Höhe von 250.691.393,00 DM, anrechenbare Zinsabschlagsteuer in Höhe von 394.237,00 DM und anrechenbare Solidaritätszuschläge zur Kapitalertragsteuer und zum Zinsabschlag in Höhe von 13.809.710,00 DM geltend. Der Körperschaftsteuererklärung waren zunächst Steuerbescheinigungen im Sinne des § 44 Abs. 1 und 2 KStG 1999 von 21 der 25 Zielgesellschaften beigefügt; die vier fehlenden Steuerbescheinigungen reichte sie nach.

8Der Beklagte folgte der Erklärung nicht. Er versagt im Ergebnis insbesondere die Anrechnung von Kapitalertragsteuer insoweit, als diese Gegenstand inzwischen widerrufener Steuerbescheinigungen der Zielgesellschaften war. Auf dieser Basis erging am 25.06.2007 ein (geänderter) Körperschaftsteuerbescheid für 2000; den sich aus diesem Bescheid ergebenden Erstattungsanspruch zahlte der Beklagte – unter Abzug eines schon zuvor an die Beigeladene gezahlten Teilbetrags – aufgrund der Abtretungsanzeige vom 30.01.2001 an die Beigeladene aus.

9Im weiteren Verlauf kam es zu außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren, deren Gegenstand die Frage war, ob und ggfls. unter welchen Voraussetzungen der Beklagte der Klägerin die von den Zielgesellschaften abgeführten Steuerbeträge erstatten muss. Im Streitfall geht es dabei nur um die Erstattung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer. Dabei ist unstreitig, dass im Kern zwischen drei Fallgruppen zu unterscheiden ist und zwar den Fällen, in denen der jeweiligen Zielgesellschaft die zunächst abgeführte Steuer nicht erstattet wurde (nachfolgend „Beteiligung“ oder „Beteiligungsfälle“ genannt), Fällen, in denen die abgeführte Steuer an die Zielgesellschaft erstattet, von dieser aber nicht an die Klägerin weitergeleitet wurde (nachfolgend: „Erstattung“ oder „Erstattungsfälle“ genannt) und schließlich Fällen, in denen die jeweilige Zielgesellschaft die ihr erstatte Steuer an die Klägerin weitergeleitet hat (nachfolgend „Weiterleitung“ oder „Weiterleitungsfälle“ genannt). Nach Auffassung der Beklagten stellen sich diese Fallgruppen in Beträgen wie folgt dar:

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Kapitalertragsteuer Solidaritätszuschlag
Beteiligung   15.032.650,00 DM      826.795,75 DM
Erstattungen   24.216.166,75 DM   1.331.889,67 DM
Weiterleitung 211.442.576,25 DM 11.629.341,71 DM
Summe: 250.691.393,00 DM 13.788.027,13 DM

11Mit Abrechnungsbescheid vom 27.06.2007 stellte der Beklagte fest, dass die aus dem Körperschaftsteuerbescheid vom 25.06.2007 resultierenden Guthaben zur Körperschaftsteuer (39.121.134,25 € = 76.514.287,90 DM) und zum Solidaritätszuschlag (433.820,31 € = 848.478,77 DM) an die Beigeladene ausgezahlt worden und damit insoweit die Steueransprüche der Klägerin erloschen seien. Diesen Bescheid focht die Klägerin mit einer am 04.07.2007 vor dem Finanzgericht Münster erhobene Sprungklage an, zu der der Beklagte die Zustimmung verweigerte (9 K 2892/07 K). Zudem erhob die Klägerin am 19.11.2007 Untätigkeitsklage beim Finanzgericht Münster gegen den Abrechnungsbescheid des Beklagten vom 27.06.2007 (Az.: 6 K 4808/07 AO). Nachdem der Körperschaftsteuerbescheid für 2000 am 16.11.2007 geändert worden war, erließ der Beklagte am 08.02.2008 einen geänderten Abrechnungsbescheid, darin hielt der Beklagte daran fest, dass der Klägerin weder die Kapitalertragsteuer noch der Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer zu erstatten seien. Am 02.03.2009 erließ der Beklagte abermals einen gem. § 130 Abs. 1 AO geänderten Abrechnungsbescheid. Der Abrechnungsbescheid weist – wie bisher – eine festgesetzte Körperschaftsteuer in Höhe von 66.492.733,00 DM (33.997.194,54 €) aus. Darauf werden – ebenfalls wie bisher – Körperschaftsteuer in Höhe von 429.756.765,00 DM und Zinsabschlag in Höhe von 394.237 DM angerechnet. Der Beklagte rechnete jedoch sowohl die Kapitalertragsteuer als auch den Solidaritätszuschlag nur noch insoweit nicht mehr an, als sie den Zielgesellschaften erstattet und von diesen an die Klägerin – nach Auffassung des Beklagten – weitergeleitet worden waren (Weiterleitungsfälle). Die anzurechnende Kapitalertragsteuer setzte der Beklagte im Vergleich zum letzten Abrechnungsbescheid vom 08.02.2008 nunmehr nicht mehr mit 15.032.650 DM, sondern mit 39.248.816,75 DM an (Beteiligungs- und Erstattungsfälle). Ferner erhöhte er den anzurechnenden Solidaritätszuschlag von 848.478,77 DM auf 2.180.368,44 DM. Die Mehranrechnung der Kapitalertragsteuer begründete der Beklagte damit, dass es sich dabei um die Fälle der Zielgesellschaften handele, denen die Kapitalertragsteuer zwar vom Finanzamt erstattet worden sei, die diese jedoch nicht an die Kläger weitergeleitet hätten (Erstattungsfälle). Die (weiterhin) nicht angerechneten Beträge beliefen sich auf 211.442.576,25 DM Kapitalertragsteuer und 11.629.341,71 DM Solidaritätszuschlag (Weiterleitungsfälle). Insoweit war die Beklagte der Auffassung, dass die Kapitalertragsteuer tatsächlich von den Zielgesellschaften an die Klägerin weitergeleitet worden sei, so dass die Kapitalertragsteuer insoweit nicht im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG „erhoben“ worden sei.

12Der Beklagte nahm an, dass die verschiedenen geänderten Abrechnungsbescheide– was inzwischen unstreitig ist – zum Gegenstand des den Bescheid vom 27.06.2007 betreffenden Einspruchsverfahrens geworden seien und wies diesen Einspruch als unbegründet zurück.

13Das Finanzgericht Münster ging im ersten Rechtszug davon aus, dass im Anschluss an die Einspruchsentscheidung über die beim Finanzgericht anhängige Untätigkeitsklage gegen den Abrechnungsbescheid vom 27.06.2007 zu entscheiden sei und gab dieser Klage mit Urteil vom 13.05.2009 vollständig statt (Az.: 6 K 4808/07 AO). Der 6. Senat des Finanzgerichts Münster war der Ansicht, dass der Abrechnungsbescheid zur Körperschaftsteuer 2000 vom 27.06.2007 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 08.02.2008 und vom 02.03.2009 sowie in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.05.2009 dahingehend zu ändern sei, dass weitere anrechenbare Kapitalertragsteuer in Höhe von 211.442.576,35 DM und darauf entfallender Solidaritätszuschlag in Höhe von 11.629.341,78 DM auszuweisen sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 13.05.2009 des Finanzgerichts Münster zu Az.: 6 K 4808/07 AO Bezug genommen.

14Auf die Revision des Beklagten hob der I. Senat des BFH mit Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) die erstinstanzliche Entscheidung auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Frage, ob anrechenbare Steuern im Sinne von § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG 1997 als „erstattet“ anzusehen seien, anhand einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu entscheiden sei. Im Ergebnis hänge die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides daher davon ab, inwieweit zum Einen die Zielgesellschaften die zunächst einbehaltenen und an die Finanzämter abgeführten sowie später an sie erstatteten Kapitalertragssteuerbeträge in der Folge an die Klägerin weitergeleitet hätten und zum Anderen die Klägerin die betreffenden Vorgänge als Auskehrung von Kapitalertragssteuer erkannt habe oder habe erkennen müssen. Beides – die Weiterleitung und das Erkennen bzw. das Erkennen müssen der Weiterleidung – sei durch das Finanzgericht weiter aufzuklären. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des BFH vom 20.10.2010 (I R 54/09, BFH/NV 2011, 641) Bezug genommen.

15Im zweiten Rechtsgang schrieb der 6. Senat des Finanzgerichts Münster die elf Zielgesellschaften der so genannten Weiterleitungsfälle sowie die Prozessbeteiligten zwecks weiterer Sachverhaltsfeststellungen an. Dies führte in Bezug auf die elf Zielgesellschaften der Weiterleitungsfälle zu folgenden Feststellungen:

16Alle elf streitgegenständlichen Zielgesellschaften schlossen sich alle der sogenannten Darlehnslösung der Finanzverwaltung an und erstellten für die Klägerin korrigierte Steuerbescheinigungen, welche nunmehr keine anrechenbaren Steuern mehr auswiesen (sogenannte Nullbescheinigungen). Hinsichtlich der Einzelheiten zu der sogenannten Darlehnslösung wird auf das Schreiben der Oberfinanzdirektion Münster vom 04.10.2001 nebst Anlagen Bezug genommen. Die Betriebsfinanzämter der elf streitgegenständlichen Zielgesellschaften erstatteten daraufhin den Zielgesellschaften die zuvor jeweils angemeldete und abgeführte Kapitalertragsteuer und den hierauf entfallenden Solidaritätszuschlag. Dies geschah teilweise nicht durch Auszahlung, sondern durch Verrechnung mit anderen Steuerforderungen, welche die Betriebsfinanzämter gegen die Zielgesellschaften hatten. Entsprechende Kapitalertragsteuererstattungen überwiesen die Zielgesellschaften jedenfalls teilweise an die Klägerin.

17In Bezug auf die elf streitgegenständlichen Zielgesellschaften ergaben sich im Einzelnen folgende Feststellungen:

18- A GmbH

19Die A GmbH, die Rechtsvorgängerin der heutigen                                           GmbH (nachfolgend einheitlich A GmbH genannt), schloss mit ihrem Betriebsfinanzamt im Jahr 2001 eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Mit Schreiben vom 01.08.2001 forderte die A GmbH die Klägerin zur Rückgabe der ursprünglich erteilten Steuerbescheinigungen auf. Da die Klägerin dieser Aufforderung nicht nachkam, erstellte die A GmbH am 14.01.2008 eine Nullbescheinigung, welche die A GmbH mit Schreiben vom 14.08.2001 an die Klägerin übersandte. Im Nachgang zu dieser Nullbescheinigung erstattete (ggfls. durch Verrechnung) das Betriebsfinanzamt der A GmbH Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 17.117.325,51 € (16.224.953,27 € Kapitalertragsteuer und 892.372,24 € Solidaritätszuschlag). Den Gesamtbetrag in Höhe von 17.117.325,51 € überwies die A GmbH am 14.01.2002 (Wertstellung) versehentlich nicht an die Klägerin, sondern an deren Schwestergesellschaft, die                                                                       B                            mbH & Co. KG, auf deren Konto bei der Beigeladenen (Konto-Nr.                                                        , BLZ                                                         ). Da die B mbH & Co. KG den fehlerhaft überwiesenen Betrag zunächst nicht an die A GmbH zurückzahlte, verklagte ein Gesellschafter der A GmbH, Herr A, die B mbH & Co. KG auf Rückzahlung der Fehlüberwiesung vor dem Landgericht                             (Az.: 6 O 747/10), nachdem die A GmbH Herrn A den (vermeintlichen) Rückzahlungsanspruch abgetreten hatte. Das Landgericht                             gab der Klage mit Urteil vom 22.12.2010 statt, da die B mbH & Co. KG die Gutschrift ohne Rechtsgrund erhalten habe. Die B mbH & Co. KG zahlte daraufhin im September 2011 den Betrag in Höhe von 17.117.325,51 € an Herrn A zurück und erhob Berufung gegen das Urteil des Landgerichts                                           . Das Berufungsverfahren war zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Streitfall noch nicht abgeschlossen – nach Angabe des Beklagten soll zwar im Februar 2013 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben worden sein, ein Berufungsurteil in Schriftform liegt jedoch nicht vor (Schriftsatz vom 19.02.2013). Zwischenzeitlich verbuchte die Klägerin eine Forderung gegen ihre Schwestergesellschaft, die B mbh & Co. KG, in Höhe der Fehlüberweisung, wobei sie das Buchhaltungskonto mit der Bezeichnung „Erträge aus Beteiligungen“ ansprach.

20- C Holding GmbH

21Im Dezember 2001 schloss die C Holding KG, die Rechtsnachfolgerin der Zielgesellschaft C GmbH (nachfolgend einheitlich C GmbH genannt), mit der Beigeladen einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Ferner schloss die C GmbH im Dezember 2001 eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung mit der Finanzverwaltung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Die C KG,                             , überwies der Klägerin – auf Veranlassung der C GmbH und ohne vorherigen Schriftverkehr mit der Klägerin – am 15.05.2002 75.571.783,88 € auf ihr Konto bei der Beigeladenen (Konto-Nr.                                          , BLZ                                          ). Dies entsprach dem Betrag, welchen die C GmbH zuvor für die Klägerin an Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag an ihr Betriebsfinanzamt abgeführt hatte (71.580.837,80 € Kapitalertragsteuer und 3.936.946,08 € Solidaritätszuschlag). Einen gesonderten Buchungstext fügte die C KG der Überweisung nicht hinzu. Die Klägerin verbuchte den Zahlungseingang auf dem Konto „Erträge aus Beteiligungen“. Ferner teilte die Klägerin dem Finanzamt                             I auf eine dortige Anfrage mit Schreiben vom 22.06.2010 mit, dass der Zahlungseingang eine mittelbare Folge der Umsetzung der Darlehnslösung sei. Auf die Anfrage des Berichterstatters an die Zielgesellschaft, ob im Zusammenhang mit der Überweisung ein Schriftwechsel mit der Klägerin geführt worden sei und ob aus Sicht der Zielgesellschaft für die Klägerin erkennbar gewesen sei, dass es sich bei der Überweisung um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer gehandelt habe, teilte Herr                             , der steuerliche Berater und Leiter der Steuerabteilung der Zielgesellschaft und der C KG, dem Gericht mit Schreiben vom 09.03.2012 mit, dass ein Schriftwechsel nicht stattgefunden habe und dass seine Mandantin nicht beurteilen könne, ob für die Klägerin erkennbar war, dass es sich bei der Überweisung um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer gehandelt habe. Dem Schreiben fügte Herr                                           den Überweisungsauftrag bei. Auf das Schreiben vom 09.03.2012 nebst Anlage wird Bezug genommen.

22- D GmbH

23Die D GmbH führte ursprünglich zu Gunsten der Klägerin Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 1.576.704,01 € nach vorheriger Anmeldung ab (1.494.506,17 € Kapitalertragsteuer und 82.197,84 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Im Dezember 2001 schloss die Beigeladene mit den Altgesellschaftern der D GmbH einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Ferner schloss die D GmbH eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung mit der Finanzverwaltung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Mit Schreiben vom 10.01.2002 teilte die D GmbH der Klägerin mit, dass sie mit dem Finanzamt                             am 18.10.2001 eine tatsächliche Verständigung in Bezug auf die Darlehnslösung geschlossen habe, dass sich hieraus eine berichtigte Steuerbescheinigung mit Kapitalertragsteuer in Höhe von 0,- DM ergebe und dass sie die Kapitalertragsteuer unverzüglich an die Klägerin auf das Konto mit der Nummer                                           (BLZ ) überweisen werde, sobald die Erstattung seitens des Finanzamts                                           erfolgt sei. Dabei handelte es sich bei dem im Schreiben vom 10.01.2001 angegebenen Konto nicht um ein Konto der Klägerin, sondern um jenes der Schwestergesellschaft der Klägerin, der B mbH & Co. KG. Eine Richtigstellung der Bankverbindung seitens der Klägerin erfolgte nicht. Die Überweisung seitens der D GmbH in Höhe von 1.576.704,01 € erfolgte sodann am 10.07.2002 auf das Konto der Schwestergesellschaft der Klägerin, der B mbH & Co. KG, mit dem Buchungstext „D GmbH Rückabwicklung Ruecklagenmanagement“. Im Jahresabschluss zum 31.12.2002 wies die Klägerin diesbezüglich eine Forderung gegen verbundene Unternehmen in gleicher Höhe aus, wobei die Klägerin das Buchhaltungskonto „Erträge aus Beteiligungen“ ansprach. Eine Rückzahlung erfolgte nicht.

24- E GmbH

25Die E GmbH führte ursprünglich Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zu Gunsten der Klägerin in Höhe von insgesamt 180.973,04 € an ihr Betriebsfinanzamt ab (171.583,43 € Kapitalertragsteuer und 9.434,61 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Mit Schreiben vom 20.11.2001 wies die E GmbH die Klägerin darauf hin, dass sie mit der Finanzverwaltung eine tatsächliche Verständigung in Bezug auf die Darlehnslösung getroffen habe. Zugleich wies die E GmbH die Klägerin darauf hin, dass sie die Kapitalertragsteuer und den darauf entfallenden Solidaritätszuschlag nach Erhalt seitens der Finanzverwaltung als Darlehnstilgung an die Klägerin weiterleiten werde. Im Juli 2002 schloss die E GmbH mit der Beigeladen und den Altgesellschaftern einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Am 06.08.2002 überwies die E GmbH an die Klägerin auf ihr Konto bei der Beigeladenen (Konto-Nr.                                          , BLZ ) 171.538,43 € mit dem Buchungstext „Kapitalertragsteuer“, 9.434,61 € mit dem Buchungstext „Solidaritätszuschlag“ und 49.084,03 € mit dem Buchungstext „Differenz zwischen Agio und Vorzugsdividende“.

26- F GmbH

27Die F GmbH führte ursprünglich Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zu Gunsten der Klägerin in Höhe von insgesamt 1.878.370,69 € an ihr Betriebsfinanzamt ab (1.780.446,15 € Kapitalertragsteuer und 97.924,54 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Im Juni 2002 schloss die F GmbH mit der Beigeladen und den Altgesellschaftern einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Ferner schloss die F GmbH eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung mit der Finanzverwaltung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Nach (erfolgloser) Rückforderung der ursprünglichen Steuerbescheinigung von der Klägerin überwies die F GmbH am 27.09.2002 auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen (Konto-Nr.                                          , BLZ                                           ) einen Betrag in Höhe von 1.000.000 € mit dem Buchungstext„Rückzahlung Kapitalertragsteuer“ sowie einen Betrag in Höhe von 1.333.956,11 € mit dem Buchungstext „Rückzahlung Kapitalertragsteuer u. Aufgeld ./. Einbehalt 50.000,– EUR“. Ein Schriftverkehr mit der Klägerin zu den Überweisungen ging diese nicht voraus.

28- G GmbH

29Die G GmbH führte ursprünglich zu Gunsten der Klägerin Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 3.053.684,94 € ab (2.894.488,09 € Kapitalertragsteuer und 159.196,84 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Im Juni 2002 schloss die G GmbH mit der Beigeladen und den Altgesellschaftern einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Ferner schloss die G GmbH eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung mit der Finanzverwaltung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Nach (erfolgloser) Aufforderung zur Rückgabe der ursprünglichen Steuerbescheinigung überwies die G GmbH am 09.09.2002 auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen einen Betrag in Höhe von 3.053.481,77 € mit dem Buchungstext „Kapitalertragsteuer Erstattung Holte 2000“. Überdies überwies die G GmbH bereits am 03.09.2002 einen Betrag in Höhe von 773.608,97 € an die Klägerin mit dem Buchungstext „Rückabwicklung des Rücklagenmanagements Rückzahlung Aufgeld“. Die Überweisungen erfolgten jeweils auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen (Konto-Nr.                                           , BLZ                                           ). Ein Schriftverkehr mit der Klägerin zu den Überweisungen ging diese nicht voraus.

30- H GmbH

31Die H GmbH führte ursprünglich zu Gunsten der Klägerin Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 971.212,99 € ab (920.581,03 € Kapitalertragsteuer und 50.631,96 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Die H GmbH schloss ebenfalls mit der Finanzverwaltung eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Einen Rückabwicklungsvertrag mit der Beigeladenen schloss sie nicht. Am 02.10.2002 übersandte die H GmbH der Klägerin eine korrigierte Steuerbescheinigung (Nullbescheinigung). Am 13.02.2003 überwies die H GmbH einen Betrag in Höhe von 971.212,99 € mit dem Buchungstext „Avisierte Zahlung Kapitalertragsteuer H“ auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen (Konto-Nr.                            , BLZ                                           ). Ein Schriftverkehr mit der Klägerin zu den Überweisungen ging diese nicht voraus.

32- I GmbH

33Die I GmbH, die Rechtsvorgängerin der heutigen I Finanzierungs- und Beteiligungs-GmbH (nachfolgend einheitlich I GmbH genannt), führte ursprünglich zu Gunsten der Klägerin Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 5.947.027,60 € ab (5.636.992,99 € Kapitalertragsteuer und 310.034,61 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Am 28.07.2004 schloss die I GmbH mit der Beigeladen einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Ferner schloss die I GmbH eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung mit der Finanzverwaltung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Ohne vorangegangenen Schriftverkehr mit der Klägerin überwies die I KG am 30.07.2004 auf Veranlassung der I GmbH einen Betrag in Höhe von 7.543.420,19 € ohne gesonderten Buchungstext auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen (Konto-Nr.                             , BLZ                                           ). Dem Gericht erläuterte Herr                             , der steuerliche Berater und Leiter der Steuerabteilung der Zielgesellschaft und der I KG, mit Schreiben vom 09.03.2012, dass sich der Überweisungsbetrag aus Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von zusammen 5.947.027,60 € zuzüglich des Aufgeldes in Höhe von 1.610.569,43 € abzüglich der Zielgesellschaft entstandener Rechtsberatungskosten in Höhe von 14.176,84 € (27.727,48 DM) zusammensetze und von der I KG für die I GmbH angewiesen worden sei. Ferner teilte Herr                             auf die Anfrage des Berichterstatters an die Zielgesellschaft, ob im Zusammenhang mit der Überweisung ein Schriftwechsel mit der Klägerin geführt worden sei und ob aus Sicht der Zielgesellschaft für die Klägerin erkennbar gewesen sei, mit, dass ein Schriftwechsel nicht stattgefunden habe und dass seine Mandantin nicht beurteilen könne, ob für die Klägerin erkennbar war, dass es sich bei der Überweisung um die Weiterleitung von Kapitalertragsteuer gehandelt habe. Dem Schreiben fügte Herr                             die von den Herren                             und                                           unterschriebene Zahlungsanweisung bei. Auf das Schreiben vom 09.03.2012 nebst Anlage wird Bezug genommen.

34- J GmbH

35Die J GmbH führte ursprünglich Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 619.380,90 € zu Gunsten der Klägerin ab (587.090,90 € Kapitalertragsteuer und 32.290,00 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Die J GmbH schloss mit der Finanzverwaltung eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung in Bezug auf die sog. Darlehenslösung. Mit Schreiben vom 28.01.2003 teilte die J GmbH der Klägerin mit, dass sie sich der sogenannten Darlehnslösung angeschlossen habe und forderte die ursprüngliche Steuerbescheinigung vom 15.12.2000 zurück. Zugleich wies die J GmbH die Klägerin darauf hin, dass sie nach Erhalt der Steuerbescheinigung die an das Finanzamt                                                         abgeführte Kapitalertragsteuer und den darauf entfallenden Solidaritätszuschlag zurückfordern werde. Am 12.12.2003 erstattete das Finanzamt der J GmbH Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 619.380,90 €. Im Oktober 2004 schloss die J GmbH mit der Beigeladenen und den Altgesellschaftern einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Am 19.11.2004 überwies die J GmbH einen Betrag in Höhe von 687.084,64 € mit dem Buchungstext „Rücklagenm. GFR Parag. 1 619.380,90 EUR Kap Ertst. GFR Parag. 2 67.703,74 EUR“ auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen (Konto-Nr. , BLZ).

36- K GmbH

37Die K GmbH führte ursprünglich Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zu Gunsten der Klägerin in Höhe von 867.780,43 € ab (822.540,81 € Kapitalertragsteuer und 45.239,62 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Am 15.10.2003 erstattete das Finanzamt                             der K GmbH den vollen Betrag. Im Juni 2005 schloss die K GmbH mit ihren Altgesellschaftern und der Beigeladen einen Rückabwicklungsvertrag zum Rücklagenmanagement. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rückabwicklungsvertrag Bezug genommen. Eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung mit der Finanzverwaltung schloss die K GmbH nicht. Ohne vorangegangenen (diesbezüglichen) Schriftverkehr überwies die K GmbH der Klägerin am 28.07.2005 einen Betrag in Höhe von 867.780,55 € mit dem Buchungstext „K Rueckerstattung Kapitalertragst. und Soli“ sowie einen Betrag in Höhe von 134.171,68 € mit dem Buchungstext „K GmbH Rueckerstattung Vorzugsgeschäftsanteile“ auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen (Konto-Nr.                             , BLZ                                           ).

38- L Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH

39Die L Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH führte ursprünglich zu Gunsten der Klägerin Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 6.324.616,66 € ab (5.994.897,31 € Kapitalertragsteuer und 329.719,34 € Solidaritätszuschlag) und erteilte der Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung. Eine als tatsächliche Verständigung bezeichnete Vereinbarung mit der Finanzverwaltung schloss die L Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH nicht ab, ebenso auch keinen gesonderten Rückabwicklungsvertrag mit der Beigeladenen. Mit Schreiben vom 02.01.2006 wies die L Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH die Klägerin darauf hin, dass sie beim Finanzamt                             eine geänderte Kapitalertragsteueranmeldung in Form einer sogenannten Null-Erklärung abgegeben habe. Die sich hieraus ergebende Kapitalertragsteuererstattung werde nach entsprechender Gutschrift an die Klägerin weitergeleitet. Ferner forderte die L Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH die Klägerin im Schreiben vom 02.01.2006 zur Rückgabe der zuvor ausgestellten Steuerbescheinigung auf. Mit Schreiben vom 22.05.2006 teilte die L & Cie KG der Klägerin mit, dass sie nunmehr Kapitalertragsteuer für Dezember 2000 in Höhe von 6.324.616,66 € unter Abzug eines Betrages von 4.405,48 €, mithin einen Betrag in Höhe von 6.320.211,18 € auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen überweisen werde. Der Abzugsbetrag resultiere aus der am 06.01.2002 für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 gezahlten Dividende in Höhe von 22.176,00 €. Hierbei sei zunächst Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von nur 273,45 € einbehalten worden. Es hätten jedoch Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 4.678,93 € einbehalten werden müssen. Am 24.05.2006 überwies die L Gesellschaft für Industriebeteiligungen mbH der Klägerin einen Betrag in Höhe von 6.320.211,18 € mit dem Buchungstext „Kapitalertragsteuer-Erstattung für Dez. 2000 lt. Schreiben v. 22.05.2006“ auf das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen (Konto-Nr.                                           , BLZ                                                         ).

40Die Klägerin ist der Ansicht, dass keine der streitgegenständlichen elf Zielgesellschaften vom Finanzamt erstattete Kapitalertragsteuerbeträge an die Klägerin weitergeleitet habe. Jedenfalls habe die Klägerin eine etwaige Weiterleitung nicht als solche erkannt und auch nicht als solche erkennen müssen.

41Eine Weiterleitung scheitere schon daran, dass die Zielgesellschaften die zunächst abgeführten Kapitalertragsteuerbeträge – jedenfalls teilweise – offenbar nicht vollständig von Seiten der Betriebsfinanzämter ausgezahlt erhalten hätten. Vielmehr sei es – jedenfalls teilweise – auch zu Verrechnungen mit sonstigen Steuerforderungen der Zielgesellschaften gekommen. Dabei setze eine Weiterleitung begrifflich voraus, dass es zuvor zu einer Auszahlung – und nicht zu einer Verrechnung – seitens der Finanzverwaltung an die jeweilige Zielgesellschaft gekommen ist.

42In zeitlicher Hinsicht setze eine Weiterleitung überdies voraus, dass der Erstempfänger eines Geldbetrages diesen innerhalb von drei Bankarbeitstagen an den Letztempfänger überweise. Dies sei nicht geschehen. Selbst wenn das Gericht der Auffassung sei, dass eine Weiterleitung auch dann vorliegen könne, wenn die zweite Überweisung nicht innerhalb von drei Bankarbeitstagen, sondern später erfolge sei, so ergebe sich aus dem Urteil des BFH vom 20.10.2010 (I R 54/09) jedenfalls, dass die Weiterleitung der Kapitalertragsteuerbeträge „in der Folge“ der Erstattungen erfolgen müsse. Dies setzte einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Erstattung und Weiterleitung voraus. Ein solcher sei nicht gegeben.

43Neben dem zeitlichen Zusammenhang setzte eine Weiterleitung auch einen sachlichen Zusammenhang zwischen Erstattung seitens des Finanzamtes und der Überweisung der Zielgesellschaft an die Klägerin voraus. Ein solcher sei ebenfalls nicht gegeben. Rechtsgrund für die Überweisungen der Zielgesellschaften an die Klägerin seien die zwischen der jeweiligen Zielgesellschaft und der Beigeladenen geschlossenen Rückabwicklungsverträge zum Rücklagenmanagement und/oder die zwischen den Zielgesellschaften und den Betriebsfinanzämtern geschlossenen (rechtswidrigen) tatsächlichen Verständigungen. An diesen Vertragsverhältnissen sei die Klägerin in keinem Fall beteiligt gewesen. Dabei hätten sich die Zielgesellschaften in den Rückabwicklungsverträgen – jedenfalls wirtschaftlich – nicht zu einer Zahlung von erstatteter Kapitalertragsteuer an die Klägerin, sondern zu einer Darlehenstilgung durch Zahlung an die Beigeladene verpflichtet. Dies ergebe sich daraus, dass sich die Zielgesellschaften in den Rückabwicklungsverträgen zu einer Zahlung auf ein bestimmtes Konto der Klägerin verpflichtet hätten, welches bei der Beigeladenen geführt werde und welches zu Gunsten der Beigeladenen verpfändet sei. Bei wirtschaftlicher Betrachtung seien die Gutschriften auf dem Konto der Klägerin bei der Beigeladenen daher nicht ihr, sondern der Beigeladenen zu Gute gekommen.

44Selbst wenn das Gericht der Ansicht sei, dass Kapitalertragsteuer an die Klägerin weitergeleitet worden sei, so sei für die Klägerin jedenfalls nicht erkennbar gewesen, dass es sich um die Weiterleitung von erstatteter Kapitalertragsteuer gehandelt habe. Dies habe sie auch nicht erkennen müssen.

45Das Urteil des BFH vom 20.10.2010 (I R 54/09) könne nur so verstanden werden, dass die Kenntnis bzw. das Kennen müssen vom Vorliegen einer Weiterleitung zum Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto der Klägerin vorgelegen haben müsse. Dies ergebe sich schon daraus, da andernfalls der Beklagte es in der Hand habe, die hiesige Klage durch eine nachträgliche Information über Erstattungs- und Weiterleitungsvorgänge unbegründet werden zu lassen. Zum Zeitpunkt der jeweiligen Überweisungen seitens der Zielgesellschaften habe die Klägerin keine Kenntnis davon gehabt, dass es sich hierbei um die Weiterleitung von erstatteter Kapitalertragsteuer gehandelt habe. Dies ergebe sich daraus, dass die Geschäftsführer der Klägerin, die Herren                             und                             , in die Rückabwicklung des Rücklagenmanagements nicht eingebunden worden seien. Sie seien zwar ursprünglich bei der Beigeladenen, welche offensichtlich in die Rückabwicklung eingebunden gewesen sei, beschäftigt gewesen. Dort seien sie aber wegen der Probleme mit dem Rücklagenmanagement Ende Juni 2001 freigestellt und Ende 2001 gekündigt worden. An sämtlichen Rückabwicklungsverträgen mit den Zielgesellschaften und auch an den tatsächlichen Verständigungen sei die Klägerin – und ihre Geschäftsführer – nicht mehr beteiligt worden. Auch seien sie hierüber nicht mehr informiert worden. Insofern habe die Klägerin – zum Zeitpunkt der Gutschriften auf ihrem Konto – über die Hintergründe der Zahlungen allenfalls Vermutungen anstellen können.

46Von einer Kenntnis einer Weiterleitung könne ferner nur dann gesprochen werden, wenn die Klägerin auch Kenntnis von der Erstattung der Kapitalertragsteuer seitens der Finanzverwaltung an die jeweilige Zielgesellschaft hätte. Dies sei bis heute– insbesondere aufgrund von vorgenommenen Verrechnungen und unterbliebenen Mitteilungen – nicht der Fall.

47Allein aus dem jeweiligen Zahlungseingang auf ihrem Konto habe die Klägerin nicht erkennen müssen, dass es sich um weitergeleitete Kapitalertragsteuer gehandelt habe. Dies gelte auch in den Fällen, in denen der Buchungstext auf dem Konto auf eine Kapitalertragsteuerzahlung hingewiesen habe und gegebenenfalls auch der überwiesene Betrag identisch mit dem Betrag sei, welcher ursprünglich zu Gunsten der Klägerin an das jeweilige Betriebsfinanzamt der Zielgesellschaften abgeführt worden sei. Wegen der Verzinsungspflicht aus § 233a AO wäre für die Klägerin eine Weiterleitung eher dann anzunehmen gewesen, wenn der Weiterleitungsbetrag über dem Betrag der ursprünglichen Steuerbescheinigung gelegen hätte. Ferner habe die Klägerin auch nicht aus der – später erlangten – Kenntnis von dem Muster der tatsächlichen Verständigung zur Darlehenslösung Kenntnis von einer Weiterleitung erhalten können, denn die tatsächlichen Verständigungen sei nichtig, weil sie jeweils eine unzulässige Vereinbarung über Rechtsfolgen enthalte. Die tatsächlichen Verständigungen seien jedenfalls rechtswidrig, weil sie auf der Annahme basierten, dass das Rücklagenmanagement unzulässig sei. Dabei sei inzwischen höchstrichterlich geklärt, dass das Rücklagenmanagement mit der materiellen Rechtslage vereinbar gewesen sei. Dementsprechend sei auch die Kenntnis von etwaigen sogenannten Nullbescheinigungen unbeachtlich, denn diese stünden nicht im Einklang mit dem materiellen Recht.

48Dass die Klägerin die Überweisungen als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer erkannt habe, ergebe sich auch nicht aus dem zeitlichen Verlauf der Rückabwicklungen und der Buchungen einiger der Gutschriften auf dem Buchhaltungskonto „Erträge aus Beteiligungen“, denn die Beteiligungserträge seien bereits im Jahresabschluss der Klägerin des Jahres 2000 erfasst worden. Die nachfolgende nochmalige Erfassung auf dem Konto „Erträge aus Beteiligungen“ sei vorsichtshalber zusätzlich erfolgt, um hier keinem Vorwurf der Finanzverwaltung ausgesetzt zu werden, die Klägerin habe ihre Einnahmen nicht vollständig versteuert. Wegen etwaiger Rückzahlungsverpflichtungen habe die Klägerin in Höhe der Zahlungseingänge zudem Rückstellungen gebildet.

49Auch aus etwaigen Buchungstexten auf dem Konto „Erträge aus Beteiligungen“, welche auf Kapitalertragsteuer hindeuten, ergebe sich keine Kenntnis der Klägerin dahingehend, dass sie erkannt habe, dass es sich um weitergeleitete Kapitalertragsteuer gehandelt habe, denn insofern sei lediglich der Buchungstext aus den Überweisungen übernommen worden.

50In Bezug auf die Überweisungen der A GmbH und der D GmbH sei zudem darauf hinzuweisen, dass deren Überweisungen nicht auf das Konto der Klägerin, sondern auf das Konto der B mbH & Co. KG erfolgt sei. Dies sei eine eigenständige Gesellschaft. Dortige Gutschriften könnten der Klägerin nicht zugerechnet werden.

51Die vom Beklagten als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer der I GmbH und der I GmbH angesehene Überweisung erfolgte im Übrigen seitens der I KG,                            . Diese Gesellschaft sei keine der Zielgesellschaften gewesen, so dass die Klägerin nicht habe erkennen müssen, dass es sich hier um eine Weiterleitung von Steuern für eine der Zielgesellschaften gehandelt habe. Allein aus der Höhe der Beträge bzw. der Betragsidentität mit den damals erteilten Steuerbescheinigungen habe sie dies nicht erkannt und auch nicht erkennen müssen.

52Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Vortrag der Klägerin wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 21.03.2011, 13.05.2001, 20.04.2012 und 17.08.2012 Bezug genommen.

53Die Klägerin beantragt,

54den Abrechnungsbescheid vom 27.06.2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 08.02.2008 und 02.03.2009 sowie in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.05.2009 dahingehend zu ändern, dass weitere Kapitalertragssteuern in Höhe von 108.108.872,60 € (= 211.442.576,35 DM) und darauf entfallende Solidaritätszuschlag in Höhe von 5.945.988,00 € (= 11.629.341,78 DM), insgesamt also 114.054.860,60 € (= 223.071.918,13 DM) angerechnet werden,

55hilfsweise,

56die Revision zuzulassen

57sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

58Der Beklagte beantragt,

59Beweis zu erheben darüber,

60

  • 611 ob und wann im Hinblick auf die Zahlung/Überweisung des Betrags i. H. v. 75.517.783,88 € für Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag eine mündliche oder schriftliche Kommunikation durch verantwortliche der I KG und/oder der I Holding KG (vormals I GmbH) handelnde Personen und der Klägerin und/oder dem steuerlichen Berater stattgefunden hat,
  • 622 wer mit der Klägerin und/oder dem steuerlichen Berater der Klägerin in Kontakt getreten ist und welchen Inhalt das Gespräch oder das Schreiben hatte; sofern es hierzu eine schriftliche Notiz/Schriftstück gibt, sollte dies vorgelegt werden,
  • 633 aus welchen Gründen die Überweisung nicht durch die Zielgesellschaft, sondern durch die I KG vorgenommen worden ist,

64und zwar jeweils durch Befragung des Unterzeichners der Zahlungsanweisung vom 28.07.2004 sowie der Herren                            ,                             (vgl. Zahlungsbeleg vom 30.07.2004 über 7.543.420,19 €), jeweils zu laden über die I Finanzierungs- und Beteiligungs GmbH, ,

65ferner soll Beweis erhoben werden darüber,

66

  • 674 ob und wann im Hinblick auf die Zahlung/Überweisung des Betrages i. H. v. 7.543.420,19 € für Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag eine mündliche oder schriftliche Kommunikation durch verantwortlich für die I KG und/oder die I Finanzierungs- und Beteiligungs GmbH (vormals I GmbH) handelnde Personen und der Klägerin und/oder den steuerlichen Berater der Klägerin stattgefunden hat,
  • 685 wer mit der Klägerin und/oder dem steuerlichen Berater der Klägerin in Kontakt getreten ist oder welchen Inhalt das Gespräch hatte; sofern es hierzu eine schriftliche Notiz/Schriftstück gibt, sollte dies vorgelegt werden,
  • 696 welcher Rechtsgrund für die Einbehaltung der Rechtsberatungskosten maßgebend war und ob und zwischen wem dieser Einbehalt kommuniziert wurde,
  • 707 welcher Grund für die Überweisung eines über die Kapitalertragsteuererstattung von 5.947.027,60 € (geschuldet/gezahlt aber 7.543.420,19 €/Datum 30.07.2004) existierte,
  • 718 warum auf dem Kontoauszug vom 02.04.2002 (Kontoauszug Nr. 3) „I KG                            “ aufgeführt ist während die Zahlungsanweisung von der I GmbH angewiesen wurde,

72jeweils wiederum durch Befragung der zu Ziffer 1. – 3. genannten Personen.

73Im Übrigen beantragt der Beklagte,

74hilfsweise, die Klage abzuweisen,

75hilfsweise, die Revision zuzulassen.

76Der Beklagte ist der Ansicht, dass – bei der gemäß BFH-Urteil vom 20.10.2010, I R 54/09 gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise – sämtliche Kapitalertragsteuerbeträge und Solidaritätszuschlagsbeträge bzgl. der elf streitgegenständlichen Zielgesellschaften der sog. Weiterleitungsfälle an die Klägerin im Sinne von § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG 1997 durch Weiterleitungen erstattet worden seien und die Klägerin dies erkannt habe, jedenfalls aber habe erkennen müssen. Eine Anrechnung der ursprünglich von den elf Zielgesellschaften abgeführten Kapitalertragsteuerbeträge zu Gunsten der Klägerin bei der Körperschaftsteuer für 2000 komme somit nicht in Betracht.

77Zunächst könne eine Weiterleitung von Kapitalertragsteuerbeträgen auch dann angenommen werden, wenn die Erstattung von Seiten der Betriebsfinanzämter an die Zielgesellschaften nicht durch Überweisung der Kapitalertragssteuerbeträge, sondern durch Verrechnung mit sonstigen Steuerforderungen erfolgt sei. Rechtlich liege in der Verrechnung von gegenseitigen Steuerforderungen eine Aufrechnung. Die Aufrechnung führe ebenso zu einer Erfüllung eines etwaigen Steuererstattungsanspruchs der Zielgesellschaften wie die Erstattung durch Auszahlung. In rechtlicher Hinsicht mache dies keinen Unterschied.

78Sämtliche an die elf Zielgesellschaften erstatteten Kapitalertragsteuerbeträge seien von den Zielgesellschaften an die Klägerin weitergeleitet worden. Insbesondere sei die Weiterleitung der Kapitalertragsteuerbeträge nicht an die Beigeladene erfolgt. Die Klägerin habe zwar vor den hier streitgegenständlichen Weiterleitungen ihren Anspruch auf Erstattung von Körperschaftsteuer 2000 an die Beigeladene abgetreten, diese Abtretung habe jedoch nicht zugleich die Kapitalertragsteuerbeträge erfasst. Eine Weiterleitung an die Beigeladene – und nicht an die Klägerin – folge auch nicht daraus, dass das Konto der Klägerin bei der Beigeladenen, auf welches die Zielgesellschaften die Kapitalertragsteuerbeträge weitergeleitet hätten, an die Beigeladene als Sicherheit verpfändet worden sei. Gerade aus der Tatsache, dass die Klägerin und die Beigeladene es für notwendig hielten, etwaige Guthaben auf dem Konto an die Beigeladene zu verpfänden, mache deutlich, dass das Konto der Klägerin und nicht der Beigeladenen zuzurechnen sei. Dementsprechend sei die Klägerin nicht lediglich Zahlstelle in Bezug auf eine Weiterleitung an die Beigeladene gewesen.

79Die Klägerin habe auch erkannt, dass es sich bei den weitergeleiteten Beträgen um die den Zielgesellschaften erstatteten Kapitalertragsteuerbeträge gehandelt habe. Jedenfalls habe sie dies erkennen müssen.

80Zunächst ergebe sich aus den Ausführungen des BFH im Urteil vom 20.10.2010 (I R 54/00) nicht, dass die Kenntnis bzw. das Kennen müssen bei der Klägerin bereits zum Zeitpunkt der Weiterleitung vorgelegen haben müsse. Daher sei auch jede später erlangte Kenntnis der Klägerin geeignet, den Anrechnungsanspruch entfallen zu lassen.

81Dass die Klägerin die Überweisungen der Zielgesellschaften als Weiterleitung der den Zielgesellschaften erstatteten Kapitalertragsteuerbeträge erkannt habe oder jedenfalls habe erkennen müssen ergebe sich daraus, dass einige der Zielgesellschaften die Klägerin vor der ersten Weiterleitung von Kapitalertragsteuer angeschrieben hätten und darauf hingewiesen hätten, dass nunmehr die Darlehnslösung verfolgt werde und dies zu einer Erstattung und Weiterleitung von Kapitalertragsteuer führen werde. So habe beispielsweise die E GmbH der Klägerin mit Schreiben vom 20.11.2001 mitgeteilt, dass sie sich der Darlehnslösung der Finanzverwaltung angeschlossen habe, um Rücksendung der am 21.02.2001 überlassenen Steuerbescheinigung gebeten und mitgeteilt, dass sie der Klägerin die Kapitalertragsteuer und den darauf entfallenden Solidaritätszuschlag nach Erhalt von Seiten der Finanzverwaltung als Darlehnstilgung weiterleiten werde und zudem auch die Differenz zwischen Aufgeld und Gewinnausschüttung an die Klägerin überweisen werde. Erst nach diesem Schreiben hätten die Zielgesellschaften begonnen, die an sie erstatteten Kapitalertragsteuerbeträge an die Klägerin weiterzuleiten. Aus dem zeitlichen Verlauf habe die Klägerin daher erkennen können, dass es sich auch bei jenen Gesellschaften, welche nicht durch einen gesondertes Schreiben auf die Hintergründe der Zahlung hingewiesen hätten, um weitergeleitete Kapitalertragsteuer gehandelt habe. Zudem hätten einige der Zielgesellschaften im Buchungstext zur Überweisung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei den überwiesenen Beträgen um Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag gehandelt habe. Teilweise hätten die Überweisungsbeträge auch exakt jenen Beträgen entsprochen, welche die Zielgesellschaften zu Gunsten der Klägerin an die Betriebsfinanzämter abgeführt hätten und bzgl. derer die Zielgesellschaften der Klägerin Steuerbescheinigungen ausgestellt hätten. Allein aus der Betragsidentität zwischen angemeldeter Kapitalertragsteuer und Überweisungsgutschrift auf dem Konto der Klägerin hätte die Klägerin erkennen müssen, dass es sich bei den Gutschriften auf ihrem Konto um weitergeleitete Kapitalertragsteuer gehandelt habe. Aus der geringen Anzahl der Kontoauszüge der Klägerin ergebe sich zudem, dass bei dieser nur sehr wenige Geschäftsvorfälle angefallen seien. Dabei seien die hier streitgegenständlichen Geschäftsvorfälle von beachtlicher Höhe. Vor dem Hintergrund dessen, dass die Herren                             und  das System des Rücklagenmanagements mit entwickelt hätten, hätten sie bei den wenigen Gutschriften auf dem Konto ihrer Gesellschaft erkennen müssen, dass es sich bei diesen beachtlichen Gutschriften um die Weiterleitung der Kapitalertragsteuer der Zielgesellschaften gehandelt habe. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Klägerin zu den Zielgesellschaften keine anderweitigen Geschäftsbeziehungen unterhalten habe. Dass die Klägerin die Gutschriften als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer seitens der Zielgesellschaften erkannt habe, ergebe sich auch daraus, dass die Klägerin es offensichtlich unterlassen habe, bei den Zielgesellschaften nachzufragen, warum diese derart hohe Beträge an die Klägerin überweisen. Dementsprechend habe die Klägerin die Gutschriften auch auf dem Buchhaltungskonto „Erträge aus Beteiligungen“ verbucht und hierbei – jedenfalls teilweise – den Buchungstext „Kapst“ bzw. „Solz“ verwendet. Zudem habe das Finanzamt                                           die Klägerin bereits mit Schreiben vom 30.03.2001 darauf hingewiesen, dass sie das Gestaltungsmodell des Rücklagenmanagements nicht akzeptieren werde. Insofern habe die Klägerin damit rechnen müssen, dass die zu ihren Gunsten ausgestellten Steuerbescheinigungen und abgeführten Körperschaftsteuerbeträge rückabgewickelt würden. Dass die Klägerin von der Darlehnslösung, der Rückabwicklung des Rücklagenmanagements und den tatsächlichen Verständigungen der Zielgesellschaften Kenntnis gehabt habe, ergebe sich aus der am 17.10.2002 durchgeführten Akteneinsicht der Klägerin im Verfahren 9 K 5138/02 K beim Finanzgericht Münster. In dieser Akte sei die Verfügung der Oberfinanzdirektion Münster vom 04.10.2001 mit dem Muster der tatsächlichen Verständigung enthalten gewesen. Hierauf habe die Klägerin im weiteren Fortgang des Verfahrens 9 K 5138/02 K Bezug genommen. Zudem habe die Klägerin im Verfahren vor dem Finanzgericht Münster mit dem Aktenzeichen 6 K 576/08 AO eine Übersicht gefertigt, in welcher sie einige Zahlungen der Zielgesellschaften den zunächst einbehaltenen Kapitalertragsteuerbeträgen entgegengestellt und hierdurch eine „vereitelte“ KSt-Minderung ermittelt habe. Hinsichtlich der Einzelheiten zu dieser Übersicht wird auf Seite 12 der Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 17.02.2012 verwiesen. Aus dieser Übersicht ergebe sich, dass die Klägerin die Gutschriften auf ihrem Konto (zutreffend) als weitergeleitet Kapitalertragsteuer erkannt habe.

82Im Ergebnis habe die Klägerin erkannt oder jedenfalls erkennen müssen, dass es sich bei den Überweisungen seitens der Zielgesellschaften um die weitergeleiteten Kapitalertragsteuerbeträge gehandelt habe, welche den Zielgesellschaften zunächst seitens der Finanzämter erstattet bzw. gutgeschrieben worden seien.

83Dies gelte auch für die Überweisung der A GmbH und der D GmbH, welche ihre Weiterleitungsbeträge versehentlich nicht auf das Konto der Klägerin, sondern auf das Konto der Schwestergesellschaft der Klägerin, der B mbH & Co. KG überwiesen hätten, denn auch diese Überweisungen seien der Klägerin zu Gute gekommen und von der Klägerin als weitergeleitete Kapitalertragsteuererstattungen erkannt worden. Die Klägerin habe insoweit eine Forderung gegen ihre Schwestergesellschaft erfasst. Dabei habe sie das Buchhaltungskonto 7000 „Erträge aus Beteiligungen“ angesprochen. Ferner ergebe sich aus dem Tatbestand des Urteils des Landgerichts                             vom 22.12.2010 (6 O 747/10), auf welches Bezug genommen wird, dass die Klägerin jedenfalls die Überweisung an ihre Schwestergesellschaft von Seiten der C GmbH als Weiterleitung von Kapitalertragsteuer erkannt habe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 18.03.2011, 29.04.2011, 17.02.2012, 13.07.2012, 23.11.2012, 01.02.2013 und vom 19.02.2013 Bezug genommen.

84Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und auch inhaltlich zum (verbliebenen) Streitgegenstand keine Stellungnahme abgegeben.

85Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten zu den Aktenzeichen 6 K 187/11 AO, 6 K 4808/07 AO, 6 K 1539/08 AO, 6 K 2131/08 AO, 6 K 576/08 AO sowie 9 K 5138/02 K und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Ferner wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20.02.2013 Bezug genommen.

86Entscheidungsgründe:

87Die zulässige Klage ist zum Teil begründet und im Übrigen unbegründet.

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