Vereinfachung: Einheitliche Bescheinigung bei Steuerermäßigung für energetische Gebäudesanierung

Erleichterung für Sanierer und Berater:
Ab 2025 gibt es nur noch ein amtliches Muster für die Bescheinigung energetischer Maßnahmen nach § 35c EStG. Fachunternehmen und Energieberater greifen dann auf denselben Vordruck zurück.

Hintergrund: Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen

Seit 2020 wird die energetische Sanierung von zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden durch eine Steuerermäßigung nach § 35c EStG gefördert.

Voraussetzung:
Eine Bescheinigung über die durchgeführten Maßnahmen, die den Anforderungen der Energetischen Sanierungsmaßnahmen-Verordnung entspricht.

Bislang:

  • Zwei unterschiedliche Vordrucke:
    • Einer für ausführende Fachunternehmen,
    • Einer für Energieberater.

Ab 2025:

  • Ein einheitliches Muster für alle Berechtigten.

Das neue Muster vereinfacht das Verfahren spürbar und ist ein kleiner Schritt in Richtung Bürokratieabbau.

Aktualisierung der BMF-FAQ

Zeitgleich mit der Einführung des neuen Vordrucks hat das Bundesfinanzministerium die FAQ zur steuerlichen Förderung energetischer Sanierungen aktualisiert.
Interessant darin:

  • Keine Doppelförderung:
    Eine Maßnahme (z. B. Fenstertausch) darf nicht gleichzeitig steuerlich und über ein Bundesförderprogramm (z. B. KfW-Zuschuss) gefördert werden.
  • Kombination verschiedener Maßnahmen möglich:
    Für unterschiedliche Maßnahmen (z. B. Fenster und Dach) können verschiedene Förderwege genutzt werden.
  • Abgrenzung zu § 35a EStG:
    Alternativ zur Förderung nach § 35c EStG können Arbeitskosten ggf. über die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen berücksichtigt werden.

Tipp:
In der Praxis ist die Förderung nach § 35c EStG meist günstiger als § 35a EStG.

Wichtig: Keine flexible Verteilung der Steuerermäßigung

Ein aktuelles Urteil des FG Hamburg bestätigt:

  • Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG verteilt sich starr auf drei Jahre:
    • 7 % im ersten Jahr,
    • 7 % im zweiten Jahr,
    • 6 % im dritten Jahr.
  • Voraussetzung:
    In jedem Jahr muss eine ausreichend hohe tarifliche Einkommensteuer anfallen.
    → Ohne ausreichende Steuerschuld geht der Förderbetrag ganz oder teilweise verloren.
  • Keine Möglichkeit:
    • Kein Vor- oder Rücktrag nicht ausgeschöpfter Beträge.
    • Keine Wahlfreiheit bei der Verteilung.

Fazit und Praxistipp

Für Mandanten und Berater gilt:

  • Ab 2025 einfacher durch nur einen Bescheinigungsvordruck.
  • Steuerliche Planung ist wichtig, um die Förderung nach § 35c EStG voll auszuschöpfen.
  • Ggf. im Einzelfall prüfen, ob eine direkte Fördermaßnahme (z. B. KfW-Zuschuss) vorteilhafter ist.

Steuerliche Strategie:
Frühzeitig prognostizieren, ob die eigene Einkommensteuerbelastung hoch genug ist, um die Förderung optimal zu nutzen.

Umsatzsteuer: Bescheinigungen für Bildungseinrichtungen bleiben auch ab 2025 gültig

Entwarnung für Bildungseinrichtungen:
Durch das Jahressteuergesetz 2024 wurde die Steuerbefreiung für Bildungsleistungen zum 1.1.2025 an EU-Vorgaben angepasst. Die gute Nachricht: Bereits ausgestellte Bescheinigungen bleiben weiter gültig – eine Neubeantragung ist grundsätzlich nicht erforderlich.

Hintergrund: Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2024

Mit Wirkung zum 1. Januar 2025 wurde § 4 Nr. 21 UStG reformiert, um die Steuerbefreiung von Bildungsleistungen an die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie der EU anzupassen.

  • Geplante Neufassung: Ursprünglich wollte der Gesetzgeber tiefgreifende Änderungen, etwa Einschränkungen bei Fortbildungsleistungen.
  • Tatsächliche Umsetzung: Die großen Strukturänderungen blieben aus. Die bestehenden Regelungen wurden nur moderat angepasst.

Wichtig:

  • Leistungen, die bisher steuerfrei waren, bleiben auch nach neuem Recht steuerfrei.
  • Lediglich der Inhalt der erforderlichen Bescheinigung hat sich leicht geändert.

Neue Anforderungen an die Bescheinigung

Bisher musste die Bescheinigung bestätigen:

  • Die ordnungsgemäße Vorbereitung auf einen Beruf oder
  • Die Vorbereitung auf eine öffentliche Prüfung.

Ab 2025 genügt eine Bescheinigung, dass die Bildungseinrichtung Schulunterricht, Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung anbietet.

Bescheinigungen bleiben gültig

Erfreuliche Klarstellung der Verwaltung:

  • Bereits vor dem 1.1.2025 ausgestellte Bescheinigungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG bleiben weiterhin wirksam.
  • Gültigkeit bis zum Ablauf des in der Bescheinigung genannten Zeitraums oder bis zu einem eventuellen Widerruf.

Quellen:

  • Mitteilung des Bayerischen Landesamts für Steuern
  • Entwurf des BMF-Anwendungsschreibens (Stand Mai 2025)

Folge:
Eine Neubeantragung einer Bescheinigung ist grundsätzlich nicht erforderlich.

Kleiner Vorbehalt: Sicherheit durch neue Bescheinigung?

Experten raten dennoch:

  • Wer absolute Rechtssicherheit möchte, sollte bei der zuständigen Landesbehörde eine neue Bescheinigung beantragen.
  • Grund: Finanzgerichte sind an Verwaltungsanweisungen (wie BMF-Schreiben) nicht gebunden.

Fazit und Praxistipp

Für Bildungseinrichtungen gilt:

  • Bestehende Bescheinigungen behalten ihre Gültigkeit.
  • Eine Neubeantragung ist nicht zwingend nötig, aber aus Vorsichtsgründen unter Umständen sinnvoll.

Beratungshinweis:
Bildungsträger sollten ihre bestehenden Bescheinigungen auf Aktualität prüfen und sich ggf. frühzeitig um eine neue Bestätigung bemühen, wenn langfristige Planungssicherheit erforderlich ist.

Lohnsteuer: Dezember-Leasing-Modell ist auch für Arbeitnehmer vorbei

Aktuelles BFH-Urteil:
Eine einmalige hohe Leasingsonderzahlung bei Leasingbeginn im Dezember kann bei Arbeitnehmern nicht mehr in voller Höhe im Zahlungsjahr geltend gemacht werden. Die Kosten sind auf die Laufzeit des Leasingvertrags zu verteilen – auch bei beruflicher Nutzung des Fahrzeugs.

Der Fall: Das klassische Dezember-Leasing-Modell

Früher war es ein beliebtes Steuersparmodell:
Ein im Dezember beginnendes Fahrzeugleasing mit einer hohen Sonderzahlung.
Durch intensive berufliche Nutzung des Fahrzeugs bis zum Jahresende sollte ein möglichst hoher Werbungskostenabzug erreicht werden.

Bisher galt bei Arbeitnehmern das Abflussprinzip (§ 11 Abs. 2 EStG):
Aufwendungen wurden im Jahr der Zahlung berücksichtigt.
→ Das ermöglichte einen sofortigen vollen Ansatz der Sonderzahlung.

Doch damit ist jetzt Schluss.

Die Entscheidung: Verteilung der Sonderzahlung auf Leasinglaufzeit

Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs hat entschieden:

  • Wirtschaftliche Betrachtung:
    Die Sonderzahlung betrifft wirtschaftlich die gesamte Leasinglaufzeit (z. B. 36 Monate).
    → Sie muss daher zeitanteilig den jeweiligen Jahren zugeordnet werden.
  • Keine sofortige Geltendmachung:
    Auch wenn die Zahlung im Dezember erfolgt, ist sie über die gesamte Vertragsdauer zu verteilen.
  • Weitere Einmalzahlungen:
    Ebenso zu verteilen sind:
    • Aufwendungen für zusätzliche Reifensätze,
    • Zahlungen für laufzeitbezogene Servicepakete (z. B. Wartung, Inspektion).

Bedeutung für die Praxis

Gilt für:

  • Arbeitnehmer, die tatsächliche Kosten für beruflich veranlasste Fahrten geltend machen (kein Ansatz der Entfernungspauschale!).

Keine Auswirkungen:

  • Bei Nutzung der Entfernungspauschale (30 Cent je gefahrenem Kilometer) spielt die Behandlung der Leasingkosten keine Rolle.

Neue Rechtslage:

  • Die bisherige lohnsteuerliche Rechtsprechung, die eine sofortige Berücksichtigung im Zahlungsjahr erlaubte, wird aufgegeben.

Kritik an der Entscheidung

Steuerexperten merken an:

  • Das Abflussprinzip (§ 11 Abs. 2 EStG) bleibt gesetzlich bestehen.
  • Eine „wertende Zuordnung“ wie sie der BFH vornimmt, findet keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage.
  • Kritiker sehen eine unsaubere Annäherung an bilanzielle Regeln (Rechnungsabgrenzung).

Trotz dieser Bedenken ist die Entscheidung des BFH geltende Rechtslage und muss beachtet werden.

Fazit

Steuertipp:
Arbeitnehmer sollten bei Leasingbeginn und hohen Sonderzahlungen künftig beachten:

  • Kein vollständiger Werbungskostenabzug im Zahlungsjahr möglich.
  • Verteilung auf die gesamte Leasingdauer notwendig.
  • Gegebenenfalls frühzeitig prüfen, ob eine Anwendung der Entfernungspauschale günstiger und einfacher ist.

Unternehmensnachfolge: Kein Arbeitslohn bei Übertragung von GmbH-Anteilen an leitende Angestellte

Gute Nachrichten für Unternehmer:
Die unentgeltliche Übertragung von GmbH-Anteilen auf leitende Angestellte zur Sicherung der Unternehmensnachfolge führt nicht automatisch zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einer aktuellen Entscheidung bestätigt.

Der Fall: Unternehmensnachfolge über leitende Mitarbeiter

Im Streitfall hielten zwei Eheleute sämtliche Anteile an einer GmbH im Bereich Friseurbetriebe. Da ihr einziger Sohn (Arzt) nicht zur Unternehmensführung geeignet war, beschlossen sie, 25 % der Anteile auf fünf leitende Angestellte zu übertragen, um die Unternehmensfortführung zu sichern.
Die restlichen rund 75 % gingen an den Sohn.
Die Anteilsübertragungen waren nicht an Bedingungen wie den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse geknüpft.

Das Finanzamt sah hierin Arbeitslohn – die Gerichte jedoch nicht.

Die Entscheidung des BFH

Der BFH stellte klar:

  • Strategisches Motiv:
    Maßgeblicher Anlass der Übertragung war die Unternehmensnachfolge – nicht die Vergütung für erbrachte oder zukünftige Arbeitsleistungen.
  • Keine Verknüpfung mit Arbeitsverhältnis:
    Die Übertragung war unabhängig vom Arbeitsverhältnis.
    → Sie beruhte auf einer eigenständigen gesellschaftsrechtlichen Motivation.
  • Kein Arbeitslohn:
    Die Anteilsübertragung stellt keine Entlohnung dar, auch wenn die Mitarbeiter ohne ihre Anstellung wohl nicht in diese Position gekommen wären.
  • Wichtige Indizien:
    • Keine Bedingung an Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.
    • Der gewährte Vorteil war im Verhältnis zu den Gehältern der Mitarbeiter ungewöhnlich hoch.

Abgrenzung: Wann liegt Arbeitslohn vor?

Arbeitslohn könnte vorliegen, wenn:

  • Anteile als Belohnung für bestimmte Arbeitsleistungen oder Zielerreichungen übertragen werden.
  • Erwerbsmöglichkeiten zu Beginn des Arbeitsverhältnisses eingeräumt werden.

→ In solchen Fällen wären ggf. § 3 Nr. 39 EStG (Steuerfreiheit) oder § 19a EStG (Steuerstundung für Mitarbeiterbeteiligungen) zu prüfen.

Wichtige Hinweise für die Praxis

  • Dokumentation ist entscheidend:
    Die strategische Motivation und die gesellschaftsrechtliche Zielsetzung sollten klar dokumentiert und vertraglich deutlich formuliert werden.
  • Schenkungsteuer beachten:
    Die Anteilsübertragung unterliegt der Schenkungsteuer.
    Im Streitfall lag begünstigtes Betriebsvermögen vor (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG), da die Schenker mehr als 25 % der GmbH-Anteile hielten.
    Tipp: Wird diese Quote nicht erreicht, kann eine Poolvereinbarung sinnvoll sein.

Fazit

Die Entscheidung des BFH stärkt Gestaltungsmöglichkeiten in der Unternehmensnachfolge.
Wichtig bleibt: Die Übertragung von Anteilen muss unabhängig vom Arbeitsverhältnis erfolgen und durch die Nachfolgesicherung motiviert sein – nicht als Belohnung für Arbeitsleistungen.

Teilzeitstudium: Fahrten zwischen Wohnung und Uni sind in voller Höhe abzugsfähig

Gute Nachrichten für Studierende:
Bei einem Teilzeitstudium können die Fahrtkosten zur Universität in voller Höhe als Werbungskosten abgezogen werden – nicht nur mit der Entfernungspauschale. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich entschieden.

Hintergrund: Erste Tätigkeitsstätte und Reisekosten

Seit der Reisekostenreform 2014 gilt eine Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte, wenn sie im Rahmen eines Vollzeitstudiums außerhalb eines Dienstverhältnisses besucht wird (§ 9 Abs. 4 Satz 8 EStG).
→ Folge: Fahrtkosten dürfen dann nur noch mit der Entfernungspauschale (30 Cent je Entfernungskilometer) geltend gemacht werden.

Anders liegt der Fall jedoch bei einem Teilzeitstudium.

Der Fall: Teilzeitstudium an der Fernuniversität

Ein Steuerpflichtiger absolvierte ein Zweitstudium in Teilzeit an der Fernuniversität Hagen und war nicht erwerbstätig.
Das Finanzamt erkannte seine Fahrtkosten nur im Rahmen der Entfernungspauschale an – mit Verweis auf die einschlägigen BMF-Vorgaben.
Das FG Niedersachsen und nun auch der BFH gaben dem Steuerpflichtigen jedoch recht:

  • Das Teilzeitstudium verpflichtete nicht zu einer vollumfänglichen zeitlichen Widmung.
  • Entscheidend ist die Studienordnung – nicht, ob eine Erwerbstätigkeit neben dem Studium vorliegt oder nicht.

Ergebnis:
Die Fahrten zur Uni sind in tatsächlicher Höhe oder mit 30 Cent je gefahrenem Kilometer als Werbungskosten abziehbar.

Wichtige Grundsätze aus der Entscheidung

  • Vollzeitstudium:
    Liegt nur vor, wenn die Studienordnung eine vollständige zeitliche Inanspruchnahme vorsieht – vergleichbar einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer.
  • Teilzeitstudium:
    Wenn die Studienordnung nur eine teilweise zeitliche Beanspruchung vorsieht, handelt es sich um ein Teilzeitstudium.
    → Volle Abziehbarkeit der Fahrtkosten.
  • Erwerbstätigkeit unerheblich:
    Ob der Studierende daneben arbeitet oder nicht, spielt für die steuerliche Einordnung keine Rolle.
  • Erst- oder Zweitstudium:
    • Beim Zweitstudium sind die Fahrtkosten Werbungskosten.
    • Beim Erststudium gelten sie als Sonderausgaben – begrenzt auf 6.000 € pro Jahr.

Fazit und Praxistipp

Für Studierende und Berufseinsteiger wichtig:

  • Bei einem Teilzeitstudium lohnt sich der volle Ansatz der tatsächlichen Fahrtkosten.
  • Prüfen Sie die Studienordnung genau – sie ist entscheidend für die steuerliche Behandlung.

Hinweis für die Beratung:
Die Entscheidung widerspricht der bisherigen Verwaltungspraxis. Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesfinanzministerium reagiert. Betroffene sollten dennoch ihre Ansprüche geltend machen und ggf. Einspruch einlegen.

Gewinnermittlung: Kein nachträglicher Wechsel zur EÜR zur Glättung von Betriebsprüfung-Mehrergebnissen

BFH-Entscheidung:
Ein nachträglicher Wechsel der Gewinnermittlungsart von der Bilanzierung zur Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) ist nicht zulässig, wenn bereits ein bestandskräftiger Gewinnfeststellungsbescheid vorliegt – auch nicht zur Kompensation von Mehrergebnissen aus einer Betriebsprüfung.

Der Fall: Nachträglicher Wechsel nach Betriebsprüfung

Ein nicht buchführungspflichtiger Gewerbetreibender hatte ursprünglich freiwillig bilanziert. Nachdem eine Betriebsprüfung zu einer Gewinnerhöhung führte, wollte er rückwirkend auf die EÜR wechseln, um das Ergebnis steuerlich zu glätten.
Das Finanzgericht Thüringen hatte dies zunächst für möglich gehalten. Der Bundesfinanzhof (BFH) widersprach nun aber eindeutig.

Die Entscheidung des BFH

  • Bindung an die Wahl:
    Mit Erstellung eines Jahresabschlusses und Ausübung des Wahlrechts zur Bilanzierung ist der Steuerpflichtige für das betreffende Jahr an diese Entscheidung gebunden.
  • Kein nachträglicher Wechsel:
    Nach Bestandskraft eines Steuerbescheids kann die Gewinnermittlungsart nicht mehr geändert werden – auch nicht zur Berichtigung im Rahmen von § 177 AO (materielle Fehler).
  • Kein „Glätten“ von BP-Mehrergebnissen:
    Die Möglichkeit der materiellen Fehlerberichtigung nach § 177 AO erlaubt keinen Wechsel der Gewinnermittlungsart, sondern nur die Korrektur konkreter Fehler im bestehenden Bescheid.
  • Keine eigenständige Rechtfertigung durch § 177 AO:
    § 177 AO dient lediglich der Berichtigung von Fehlern, nicht der Neuausübung oder Korrektur eines Wahlrechts.

Grundsätze zur Wahl der Gewinnermittlungsart

Der BFH fasst die Regeln übersichtlich zusammen:

  • Regelfall: Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG).
  • Ausnahme: Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) nur bei fehlender Buchführungspflicht und wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.

Ein wirksames Wahlrecht zur Bilanzierung liegt vor, wenn der Steuerpflichtige:

  1. eine Eröffnungsbilanz aufstellt,
  2. eine kaufmännische Buchführung einrichtet und
  3. eine Bestandsaufnahme und einen Jahresabschluss erstellt.

Wichtig: Der Abschluss ist dann erstellt, wenn er fertiggestellt ist und vom Steuerpflichtigen als endgültig betrachtet wird.

Ein einmal getroffener Wechsel der Gewinnermittlungsart bindet grundsätzlich für drei Wirtschaftsjahre.

Praxistipp

Beratungshinweis:

  • Bereits die erstmalige Wahl der Gewinnermittlungsmethode sollte sorgfältig überlegt werden.
  • Ein späterer Wechsel zur EÜR zur Kompensation von Nachteilen aus Betriebsprüfungen ist nicht möglich.
  • Mandanten sollten frühzeitig auf die Bindungswirkung der Gewinnermittlungsart und die Voraussetzungen für einen zulässigen Wechsel hingewiesen werden.

Gestellung von Sicherheiten: Individueller Steuersatz statt Abgeltungsteuer für Kapitalerträge

Neues Urteil des BFH:
Das Entgelt für die Bereitstellung von Sicherheiten durch Privatpersonen ist nicht als Kapitalertrag zu werten. Es handelt sich vielmehr um sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG – mit der Folge, dass der normale Einkommensteuertarif und nicht die 25 %-Abgeltungsteuer gilt.

Der Fall: Sicherheiten für ein Bauvorhaben

Eine Steuerpflichtige stellte einer GmbH – zu der sie weder beteiligt noch persönlich verbunden war – Sicherheiten zur Verfügung:

  • Verpfändung eines Bankguthabens
  • Bereitstellung eines Abrufdarlehens (im Streitjahr nicht abgerufen)

Für diese Leistungen erhielt sie ein pauschales Entgelt in Höhe von 50.000 €.

Das Finanzamt unterwarf dieses Entgelt dem regulären Einkommensteuersatz. Die Klägerin wollte dagegen die günstigere Abgeltungsteuer anwenden lassen – und klagte erfolglos bis zum Bundesfinanzhof (BFH).

Die Entscheidung: Keine Einkünfte aus Kapitalvermögen

Der BFH bestätigte:

  • Keine Kapitalüberlassung:
    Bei der Verpfändung eines Kontoguthabens bleibt der Vermögenswert bei der Klägerin. Es wird kein Kapital zur Nutzung überlassen, sondern lediglich eine Sicherheit gestellt.
  • Bereitstellung statt Nutzung:
    Auch beim Abrufdarlehen lag (im Streitjahr) noch keine tatsächliche Kapitalnutzung durch die GmbH vor. Das Entgelt bezog sich auf die bloße Bereithaltung, nicht auf die Überlassung von Kapital.
  • Folge:
    Das Entgelt unterliegt nicht der Abgeltungsteuer nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, sondern ist als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 3 EStG) zum normalen Einkommensteuersatz zu versteuern.

Hintergrund: Keine doppelte Nutzung von Kapital

Nach der BFH-Rechtsprechung kann ein Kapitalwert nicht gleichzeitig:

  • dem Eigentümer zur weiteren Zinserzielung erhalten bleiben
  • und gleichzeitig dem Schuldner als Kapitalüberlassung dienen.

Würde jede Sicherheitenstellung als Kapitalüberlassung gelten, könnten sonst steuerliche Vorteile entstehen, die nicht dem Gesetzeszweck entsprechen (z.B. Werbungskosten zum normalen Steuersatz und Einnahmen nur zum pauschalen Abgeltungssatz).

Fazit und Praxishinweis

Wichtig für die Beratung:
Erhält ein Mandant Entgelte für die Bereitstellung von Sicherheiten (z.B. Bürgschaften, Verpfändungen, Kreditzusagen), ist sorgfältig zu prüfen:

  • Liegt eine tatsächliche Kapitalüberlassung vor?
  • Oder handelt es sich nur um eine Sicherheitsgestellung?

Nur echte Überlassungen lösen Kapitaleinkünfte mit Abgeltungsteuer aus. Andernfalls gilt der individuelle Steuersatz.

Verfahrensrecht: Beim Streit über eine Haushaltsgemeinschaft muss das Finanzamt nachforschen

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende:
Kommt es zum Streit über das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft, muss das Finanzgericht aktiv ermitteln – unabhängig von einem Beweisantrag der Beteiligten. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich in einem Beschluss klargestellt.

Hintergrund: Haushaltsgemeinschaft und Entlastungsbetrag

Alleinerziehende erhalten einen Entlastungsbetrag nach § 24b EStG. Dieser wird jedoch nicht gewährt, wenn eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person besteht.
Dabei gilt:

  • Eine Haushaltsgemeinschaft wird vermutet, wenn eine andere Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung gemeldet ist.
  • Die Vermutung ist widerlegbar, es sei denn, es liegt eine eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft vor.

Der Fall: Verlobter als Stolperfalle

Im Streitfall erklärte eine Steuerpflichtige, allein mit ihren Kindern zu wohnen. Das Finanzamt verweigerte dennoch den Entlastungsbetrag – mit der Begründung, der Vater der Kinder habe sich in einem Steuerstrafverfahren als verlobt bezeichnet.
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg schloss sich der Einschätzung an, ohne weitere Nachforschungen anzustellen.

Der Bundesfinanzhof sah hierin einen Verfahrensfehler.

Amtsermittlungsgrundsatz: Gericht muss von Amts wegen ermitteln

Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO ist ein Finanzgericht verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären und dabei alle erforderlichen Beweise zu erheben.
Im konkreten Fall hätte das FG insbesondere:

  • den vermeintlichen Verlobten als Zeugen vernehmen müssen,
  • die tatsächlichen Lebensumstände konkret aufklären müssen.

Es reicht nicht, bloße Vermutungen oder Aussagen aus einem anderen Verfahren ungeprüft zu übernehmen.
→ Die bloße Angabe einer Verlobung ist kein sicherer Beweis für eine bestehende Haushaltsgemeinschaft.

Wichtig für die Beratungspraxis

Praxistipp:

  • In Zweifelsfällen sollten Betroffene darauf drängen, dass die Finanzverwaltung oder das Finanzgericht Beweise erhebt (z.B. Zeugenaussagen).
  • Bei einer Zeugenaussage kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse des Zusammenlebens an, nicht auf den formalen Status (z.B. Verlobung).
  • Steuerberater sollten Mandanten unterstützen, die tatsächliche Wohn- und Lebenssituation klar und nachvollziehbar darzulegen.

Hinweis:
Eine fehlerhafte Würdigung einer Zeugenaussage durch das Finanzgericht allein führt regelmäßig nicht zur Zulassung der Revision. Es kommt entscheidend auf die korrekte und umfassende Tatsachenermittlung an.

Außergewöhnliche Belastungen: Mitgliedsbeiträge für Fitnessstudio sind regelmäßig nicht begünstigt

Aktuelles BFH-Urteil:
Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio sind grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar – auch dann nicht, wenn eine ärztliche Verordnung für ein Funktionstraining vorliegt und die Mitgliedschaft Voraussetzung für die Teilnahme ist.

Der Fall: Funktionstraining im Fitnessstudio

Eine Steuerpflichtige ließ sich von ihrem Arzt ein Funktionstraining in Form von Wassergymnastik verordnen. Sie entschied sich für einen Kurs in einem Reha-Verein, der das Training in einem Fitnessstudio anbot. Voraussetzung für die Teilnahme war neben der Mitgliedschaft im Reha-Verein auch der Abschluss einer Mitgliedschaft im Fitnessstudio.

Die Krankenkasse übernahm die Kosten für den Kurs, nicht aber die monatlichen Beiträge für das Fitnessstudio. Diese machte die Klägerin als außergewöhnliche Belastungen geltend.

Das Finanzamt lehnte den Abzug der Fitnessstudio-Beiträge ab – und erhielt nun auch vom Bundesfinanzhof (BFH) Rückendeckung.

Die Entscheidung des BFH

  • Freiwilligkeit:
    Die Entscheidung, das Funktionstraining in einem Fitnessstudio zu absolvieren, beruht auf einem frei gewählten Konsumverhalten.
    → Kein steuerlich relevanter Zwang.
  • Zusatznutzungen:
    Die Mitgliedschaft ermöglichte der Klägerin auch die Nutzung weiterer Einrichtungen (z.B. Schwimmbad, Sauna, Fitnesskurse).
    → Selbst wenn diese nicht in Anspruch genommen wurden, steht die reine Möglichkeit der Nutzung einem Abzug entgegen.
  • Fazit:
    Mitgliedsbeiträge für Fitnessstudios stellen keine zwangsläufig entstandenen Krankheitskosten dar und können nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.

Praxistipp

Was steuerlich anerkannt wird:

  • Direkte Krankheitskosten wie z.B. ärztlich verordnete Funktionstrainingskurse, soweit eine separate Abrechnung erfolgt und die medizinische Indikation klar belegt ist.
  • Keine Anerkennung für allgemeine Mitgliedsbeiträge, die auch eine Freizeitnutzung ermöglichen.

Mandanten sollten darauf achten, dass medizinisch verordnete Maßnahmen möglichst separat abgerechnet werden und keine allgemeinen Mitgliedschaften voraussetzen.

Gewerbesteuer: Keine erweiterte Kürzung bei Veräußerung des gesamten Grundbesitzes vor Jahresende

Wichtig für Grundstücksunternehmen:
Veräußert eine Kapitalgesellschaft ihren gesamten Grundbesitz vor Ablauf des Erhebungszeitraums, entfällt die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG vollständig. Eine zeitanteilige Anwendung ist nicht möglich. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil klargestellt.

Der Fall: Verkauf am 31. Dezember

Im Streitfall hatte eine GmbH ihr einziges Grundstück verkauft. Der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten erfolgte laut notariellem Vertrag „ab Beginn des 31. Dezember“. Das Finanzamt versagte daraufhin die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer – und der BFH bestätigte diese Entscheidung.

Die Grundsätze des BFH

  • Voraussetzung für die erweiterte Kürzung ist, dass die Gesellschaft ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet oder nutzt – und zwar während des gesamten Erhebungszeitraums.
  • Wird auch nur an einem einzigen Tag eine andere Tätigkeit ausgeübt (z. B. nach Verkauf des gesamten Grundbesitzes), entfällt die erweiterte Kürzung für das gesamte Jahr.
  • Eine zeitanteilige Gewährung der Kürzung ist nicht vorgesehen.

Ausnahme:
Nur wenn die Veräußerung exakt zum 31. Dezember um 23:59 Uhr erfolgt (sog. „Minutenpardon“), bleibt die Ausschließlichkeit gewahrt.

Folgen für den Streitfall

Da der wirtschaftliche Übergang bereits ab Beginn des 31. Dezember stattfand, war die Gesellschaft an diesem Tag nicht mehr grundstücksverwaltend tätig.
Damit entfiel:

  • die erweiterte Kürzung und
  • die Steuerbegünstigung auch für den Veräußerungsgewinn.

Das bedeutet: Der gesamte Gewinn aus der Veräußerung wurde der Gewerbesteuer unterworfen.

Praxistipps: Streit vermeiden durch kluge Gestaltung

Unsere Empfehlung:

  • Verkauf richtig terminieren: Vereinbaren Sie, dass der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten erst mit Ablauf des 31. Dezember erfolgt.
  • Neue Immobilie: Wenn der Erlös in eine neue Immobilie investiert wird, prüfen Sie, ob Sie wirtschaftliches Eigentum am Altobjekt bis zum Erwerb der neuen Immobilie aufrechterhalten können.
  • Bei Personengesellschaften: Eine Entprägung durch Betriebsaufgabe kann eine Alternative sein. Dabei endet der Erhebungszeitraum, bevor schädliche Tätigkeiten aufgenommen werden. Aber Vorsicht: Es droht die Aufdeckung stiller Reserven!

Fazit

Planen Sie Grundstücksverkäufe sorgfältig – insbesondere, wenn Ihr Unternehmen ansonsten die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung erfüllt. Ein vermeidbarer Fehler beim Timing kann teuer werden.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin