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II. Die Revision ist unbegründet. Die Entscheidungsgründe des finanzgerichtlichen Urteils ergeben zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts; die Entscheidung selbst stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). |
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1. Das FG hat zu Unrecht angenommen, die Übertragung des Anteils der V am Nachlass des G auf den Kläger sei aufgrund des vom Kläger gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG gestellten Antrags, der Versteuerung sein Verhältnis zu G zugrunde zu legen, bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen der Erbschaftsteuer nicht als Vorerwerb gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG zu berücksichtigen. |
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a) Mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile werden nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden. Durch diese Regelung soll gewährleistet werden, dass die Freibeträge innerhalb des zehnjährigen Zusammenrechnungszeitraums nur einmal angewendet werden und sich für mehrere Erwerbe gegenüber einer einheitlichen Zuwendung mit deren Gesamtwert kein Progressionsvorteil ergibt. Die Zusammenrechnung aller Erwerbe innerhalb eines Zehnjahreszeitraums soll somit verhindern, dass durch die Zerlegung einer Zuwendung in mehrere aufeinanderfolgende Zuwendungen eine niedrigere Belastung mit Schenkungsteuer oder Erbschaftsteuer erreicht werden kann. § 14 Abs. 1 ErbStG ändert aber nichts daran, dass die einzelnen Erwerbe als selbständige steuerpflichtige Vorgänge jeweils für sich der Steuer unterliegen. Weder werden die früheren Steuerfestsetzungen mit der Steuerfestsetzung für den letzten Erwerb zusammengefasst noch werden die einzelnen Erwerbe innerhalb eines Zehnjahreszeitraums zu einem einheitlichen Erwerb verbunden. Die Vorschrift trifft lediglich eine besondere Anordnung für die Berechnung der Steuer, die für den jeweils letzten Erwerb innerhalb des Zehnjahreszeitraums festzusetzen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 2. März 2005 II R 43/03, BFHE 209, 153, BStBl II 2005, 728). |
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b) Der Erwerb des Anteils der V am Nachlass des G durch den Kläger stellt einen mit dem Erwerb von Todes wegen gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG zusammenzurechnenden Vorerwerb von derselben Person, nämlich V, dar. Der vom Kläger gestellte Antrag, der Besteuerung des Anteilserwerbs sein Verhältnis zu G zugrunde zu legen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG), hat nicht zur Folge, dass es sich um einen Erwerb von G und nicht von V handelt. |
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aa) Stellt der Nacherbe den Antrag nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG, wirkt sich dies nur auf die Steuerberechnung aus. Der Antrag führt nicht dazu, dass es sich bei dem Erwerb nach § 7 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG nicht um einen solchen vom Vorerben, sondern vom ursprünglichen Erblasser handelt (Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 7 Rz 111, 117; Högl in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 14 ErbStG Rz 20 f.; Holthusen/Burgmann in Tiedtke, ErbStG, 2009, § 7 Rz 137; Schaub in Wilms/Jochum, ErbStG, § 7 Rz 245). Dies wird aus der in § 7 Abs. 2 Satz 2 ErbStG vorgesehenen Verweisung auf § 6 Abs. 2 Satz 3 bis 5 ErbStG deutlich. Diese Verweisung ist dann von Bedeutung, wenn der Vorerbe über eine mit Rücksicht auf die angeordnete Nacherbschaft erfolgende Vermögensübertragung hinaus zugleich an den Nacherben eine freigebige Zuwendung aus eigenem Vermögen ausführt. In einem solchen Fall liegen auch dann, wenn der Bedachte den Antrag nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG stellt, nicht zwei getrennt zu besteuernde Erwerbe vor, nämlich ein Erwerb vom ursprünglichen Erblasser und ein Erwerb vom Vorerben. Vielmehr handelt es sich um zwei Vermögensanfälle vom Vorerben, die lediglich hinsichtlich der Steuerklasse getrennt zu behandeln sind (§ 7 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 3 ErbStG). Anders als bei einer getrennten Besteuerung, wie sie bei einem Erwerb von verschiedenen Personen (Erblasser und Vorerbe) vorzunehmen wäre, kann für das dem Nacherben zugewendete eigene Vermögen des Vorerben nach § 7 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 4 ErbStG ein Freibetrag nur gewährt werden, soweit der Freibetrag nicht bereits für das gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG übertragene Vermögen verbraucht ist (wegen der Einzelheiten vgl. BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 II R 43/97, BFHE 187, 120, BStBl II 1999, 235). Zudem ist die Steuer für jeden Erwerb jeweils nach dem Steuersatz zu erheben, der für den gesamten Erwerb gelten würde. Auch dies wäre bei der getrennten Besteuerung von zwei Erwerben von verschiedenen Personen nicht der Fall. |
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Die Folgen einer Antragstellung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG entsprechen somit denjenigen, die sich ergeben, wenn bei Eintritt der Nacherbfolge auch eigenes Vermögen des Vorerben auf den Nacherben übergeht und der Nacherbe nach § 6 Abs. 2 Satz 2 ErbStG beantragt, der Versteuerung des der Nacherbfolge unterliegenden Vermögens abweichend von § 6 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nicht sein Verhältnis zum Vorerben, sondern sein Verhältnis zum ursprünglichen Erblasser zugrunde zu legen. Auch in diesem Fall liegen erbschaftsteuerrechtlich nicht ein Erwerb vom ursprünglichen Erblasser und ein weiterer Erwerb vom Vorerben vor. Es handelt sich vielmehr um einen einheitlichen Erwerb vom Vorerben. Lediglich für die Berechnung der Steuer für diesen Erwerb sind die in § 6 Abs. 2 Satz 3 bis 5 ErbStG vorgesehenen Modifikationen zu berücksichtigen (BFH-Urteil in BFHE 187, 120, BStBl II 1999, 235; BFH-Beschluss vom 28. Februar 2007 II B 82/06, BFH/NV 2007, 919; Kobor in Fischer/Jüptner/ Pahlke/Wachter, F/J/P/W, ErbStG, 2. Auflage § 6 Rz 32 bis 35). |
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In die Zusammenrechnung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG sind danach auch dann, wenn der Nacherbe den Antrag nach § 6 Abs. 2 Satz 2 oder § 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG stellt, nur Erwerbe des Nacherben vom Vorerben, nicht aber solche vom ursprünglichen Erblasser einzubeziehen (Meincke, a.a.O., § 6 Rz 12 f., § 7 Rz 111, 117, § 14 Rz 7; Weinmann in Moench/Weinmann, § 6 ErbStG Rz 17 f., § 14 Rz 36; Moench in Moench/Weinmann, § 7 ErbStG Rz 220; Esskandari in Gürsching/Stenger, a.a.O., § 6 ErbStG Rz 52, 65; Götz, in F/J/P/W, a.a.O., § 14 Rz 55 f.; Mohr in Tiedtke, a.a.O., § 6 Rz 21; Engel in Wilms/Jochum, a.a.O., § 6 Rz 25; Maier/Ohletz in Wilms/Jochum, a.a.O., § 14 Rz 18). |
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bb) Der in der Literatur vielfach vertretenen, mit der Auffassung des FG übereinstimmenden Gegenansicht (Gebel in Troll/ Gebel/Jülicher, ErbStG, § 6 Rz 31, 35; Jülicher in Troll/ Gebel/Jülicher, a.a.O., § 14 Rz 35; Philipp in Viskorf/Knobel/ Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 3. Aufl., § 6 ErbStG Rz 22, 28; Knobel in Viskorf/Knobel/Schuck, a.a.O., § 14 ErbStG Rz 49; Kapp/ Ebeling, § 6 ErbStG Rz 28, 32, 42, § 14 ErbStG Rz 43; Geck in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rz 157; Seltenreich in Rödl/Preißer u.a., Erbschaft- und Schenkungsteuer, Kompakt-Kommentar, 2009, § 6 Rz 3.3.2.1; Kobor, in F/J/P/W, a.a.O., § 6 Rz 30; Noll, Deutsches Steuerrecht 2004, 257, 260) kann nicht gefolgt werden. Diese Ansicht hätte zur Folge, dass bei einem Zusammentreffen des Erwerbs des der Nacherbfolge unterliegenden Vermögens mit dem Erwerb eigenen Vermögens des Vorerben durch den Nacherben die Steuerbelastung höher wäre als wenn, wie in der vorliegenden Streitsache, der Vermögenserwerb auf zwei Zeitpunkte verteilt wird. Anders als nach § 6 Abs. 2 Satz 4 und 5 ErbStG wäre nämlich bei der getrennten Besteuerung eines jeden dieser Erwerbe nach dieser Meinung zum einen der jeweils nach § 16 Abs. 1 ErbStG maßgebende Freibetrag zu berücksichtigen. Zum anderen würde sich die Höhe des Steuersatzes lediglich nach dem Wert des jeweiligen Erwerbs richten. Die dadurch eröffnete Möglichkeit, die Steuerbelastung allein durch die zeitliche Verteilung der Erwerbe innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren zu vermindern, ist weder mit Sinn und Zweck des § 14 Abs. 1 ErbStG noch mit den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) vereinbar. |
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cc) Das FG beruft sich zur Begründung seiner abweichenden Ansicht zu Unrecht auf das BFH-Urteil vom 30. Juni 1976 II R 3/69 (BFHE 119, 492). Diese Entscheidung betrifft ausdrücklich nur die Rechtslage nach dem ErbStG 1959. Danach konnte der Nacherbe, der zugleich vom Vorerben als sein Erbe eingesetzt worden war, beantragen, der Versteuerung des der Nacherbfolge unterliegenden Vermögens sein Verhältnis zum ursprünglichen Erblasser zugrunde zu legen, ohne dass es dem heutigen § 6 Abs. 2 Sätze 3 bis 5 ErbStG entsprechende, die Folgen eines derartigen Antrags für die Steuerberechnung einschränkende Regelungen gab. |
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2. Die Vorentscheidung stellt sich im Ergebnis als richtig dar. Der Antrag des Klägers, der Besteuerung des Erwerbs vom 10. Dezember 2003 sein Verhältnis zu G zugrunde zu legen, muss auch im Rahmen der Zusammenrechnung nach § 14 Abs. 1 ErbStG berücksichtigt werden. Die Zusammenrechnung nach dieser Vorschrift ist so vorzunehmen, dass dem Kläger der Steuervorteil aus seinem Antrag nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nicht ganz oder teilweise wieder verloren geht. Wie ausgeführt, soll § 14 Abs. 1 ErbStG verhindern, dass die Freibeträge innerhalb des Zusammenrechnungszeitraums mehr als einmal angewendet werden und sich für mehrere Erwerbe gegenüber einer einheitlichen Zuwendung mit deren Gesamtwert ein Progressionsvorteil ergibt. Es ist demgegenüber nicht Sinn und Zweck des § 14 Abs. 1 ErbStG, dem Steuerpflichtigen den Vorteil aus einem Antrag nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG ganz oder teilweise zu entziehen. |
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Bei einer den Zielsetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG einerseits und des § 14 Abs. 1 ErbStG andererseits entsprechenden Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften bedeutet dies, dass in Fällen der vorliegenden Art die Steuerberechnung für den Letzterwerb in entsprechender Anwendung des § 7 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 3 bis 5 ErbStG zu erfolgen hat. Dadurch bleibt dem Steuerpflichtigen der Steuervorteil aus dem Antrag nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG erhalten und wird zugleich vermieden, dass aufgrund des Vorliegens mehrerer Erwerbe von derselben Person (hier: V) innerhalb des Zeitraums von zehn Jahren ein Freibetrag wiederholt gewährt wird und Progressionsvorteile erzielt werden. |
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Wie der Kläger bei seiner Steuerberechnung zutreffend angenommen hat, ist danach im Rahmen der Zusammenrechnung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG der Wert des Vorerwerbs um den dem Kläger im Verhältnis zu G zustehenden Freibetrag von 205.000 EUR zu vermindern und für den Erwerb von Todes wegen kein Freibetrag zu berücksichtigen. Ebenfalls zutreffend sind die vom Kläger berücksichtigten Steuersätze von 11 v.H. für den Vorerwerb und von 17 v.H. für den Erwerb von Todes wegen; denn der Gesamtwert der Erwerbe beträgt nach Berücksichtigung des Freibetrags von 205.000 EUR 223.621 EUR und liegt somit unter der in § 19 Abs. 1 ErbStG für diese Steuersätze bestimmten Grenze von 256.000 EUR. Folgerichtig ist es, dass der Kläger für den Vorerwerb nur einen Betrag von 6.952 EUR als anrechenbare Steuer abgezogen hat. Ob und gegebenenfalls wie die Rundungsregelung des § 10 Abs. 1 Satz 5 ErbStG bei einer Steuerberechnung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 bis 5 ErbStG anzuwenden ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Prüfung, da der Kläger gegen die Vorentscheidung keine Revision eingelegt hat. |
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