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| II. Die Revision ist begründet, die Familienkasse wird verpflichtet, Kindergeld für den Sohn des Klägers von Juli bis Dezember 2005 festzusetzen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). |
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| 1. Für ein über 18 Jahre altes Kind, das eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann und das 27. –seit 2007: das 25.– Lebensjahr noch nicht vollendet hat, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG Anspruch auf Kindergeld, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes den maßgeblichen Jahresgrenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) nicht übersteigen. |
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| a) In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 9. Juni 1999 VI R 33/98, BFHE 189, 88, BStBl II 1999, 701; vom 24. Juni 2004 III R 3/03, BFHE 206, 413, BStBl II 2006, 294). |
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| Eine Ausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird in der Regel mit einer Prüfung abgeschlossen. Die Berufsausbildung umfasst aber nicht nur Ausbildungsmaßnahmen, die erforderlich sind, um die Mindestvoraussetzungen für die Ausübung des gewählten Berufs zu erfüllen, sondern auch solche, die geeignet sind, die berufliche Stellung des Kindes zu verbessern (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 16. März 2004 VIII R 65/03, BFH/NV 2004, 1522, und in BFHE 206, 413, BStBl II 2006, 294; Senatsbeschluss vom 19. September 2008 III B 102/07, BFH/NV 2009, 16). Danach kann sich ein Kind auch dann in Berufsausbildung befinden, wenn es nach erfolgreicher Absolvierung einer zur Berufsausübung berechtigenden Ausbildung zusätzliche Qualifikationen erwirbt, sofern diese als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind und das Kind seine Weiterqualifizierung ernsthaft und nachhaltig betreibt. Der BFH hat daher ein Studium nach einer Lehre, ein Zusatzstudium mit dem Ziel "Master of Laws (LLM)" nach bestandenem Staatsexamen (BFH-Urteil vom 14. November 2000 VI R 128/00, BFHE 193, 457, BStBl II 2001, 495) und die gegen geringe Entlohnung ausgeübte Volontärtätigkeit einer Wirtschaftsassistentin (BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 VI R 50/98, BFHE 189, 98, BStBl II 1999, 706) als Ausbildung angesehen. Der Begriff der Ausbildung für einen Beruf i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist daher weiter als der Begriff der Berufsausbildung i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG; die dort bedeutsame Abgrenzung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 28. Aufl., § 10 Rz 122) ist für § 32 EStG nicht maßgeblich. |
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| Der Erwerb des ersten Type Ratings gehörte danach zur Ausbildung des Sohnes als Verkehrsflugzeugführer, da ohne eine Musterberechtigung kein gängiges Verkehrsflugzeug geflogen werden darf und die Anstellung bei einer Luftfahrtgesellschaft –hier der X- dann praktisch ausgeschlossen wäre. Ob die Erlangung der Musterberechtigung im Streitfall auch deshalb zur Ausbildung gehörte, weil sie im Ausbildungsvertrag mit der X vorgesehen war und ob bzw. unter welchen Voraussetzungen der spätere Erwerb weiterer Musterberechtigungen für andere Flugzeugtypen auch als Ausbildung angesehen werden kann, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. |
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| b) Der Sohn des Klägers war im streitigen Zeitraum Juli bis Dezember 2005 an der Fortsetzung seiner Ausbildung gehindert, da der Erwerb der Musterberechtigung zu seiner Ausbildung gehörte und mangels Bedarfs der X erst ein Jahr nach Bestehen der Prüfung als Verkehrsflugzeugführer begann. Wegen der Zusage der X zur weiteren Ausbildung ist er nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG zu berücksichtigen. Dem steht nicht entgegen, dass die Wartezeit mehr als vier Monate betrug, denn die Viermonatsfrist des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG hat auf § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG keinen restriktiven Einfluss (BFH-Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 77/00, BFHE 203, 98, BStBl II 2003, 845). |
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| c) Die Tätigkeit als Rettungssanitäter steht der Berücksichtigung als Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG nicht entgegen. |
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| Eine Vollzeiterwerbstätigkeit in der Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG) und während des Wartens auf einen Ausbildungsplatz (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG) schloss nach früherer Rechtsprechung eine Berücksichtigung als Kind aus (BFH-Urteile vom 19. Oktober 2001 VI R 39/00, BFHE 197, 92, BStBl II 2002, 481; vom 14. Mai 2002 VIII R 83/98, BFH/NV 2002, 1551; Senatsurteile vom 15. September 2005 III R 67/04, BFHE 211, 452, BStBl II 2006, 305; vom 23. Februar 2006 III R 46/05, BFHE 212, 486, BStBl II 2008, 704; vom 20. Juli 2006 III R 58/05, BFH/NV 2006, 2249). Nach dem Senatsurteil vom 16. November 2006 III R 15/06 (BFHE 216, 74, BStBl II 2008, 56) besteht aber jedenfalls dann ein Anspruch auf Kindergeld, wenn der –ggf. anteilige– Jahresgrenzbetrag wie hier trotz der Vollzeitbeschäftigung nicht überschritten wird. |
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| 2. Die Einkünfte und Bezüge des Sohnes haben den Jahresgrenzbetrag von 7.680 EUR im Streitjahr 2005 nicht überstiegen (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). |
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| Der Sohn war im gesamten Jahr 2005 zu berücksichtigen, nämlich von Januar bis Juni 2005 wegen seiner Ausbildung und von Juli bis Dezember 2005 wegen der fehlenden Möglichkeit zu deren Fortsetzung. Einkünfte und Bezüge sind während des Vorliegens aller Berücksichtigungstatbestände nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG zusammen zu betrachten. Den sich danach ergebenden –vollen– Jahresgrenzbetrag von 7.680 EUR erreichen die Einkünfte und Bezüge des Sohnes nicht (Bruttoarbeitslohn 8.445,38 EUR – Arbeitnehmer-Pauschbetrag 920 EUR – Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag 1.066,90 EUR – Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung 881,97 EUR = 5.576,51 EUR). |
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