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II. Die Revision wird als unbegründet zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Der Kläger hat im Streitjahr keinen Verlust aus gewerblichem Wertpapierhandel erlitten, sondern ist im Rahmen privater Vermögensverwaltung tätig geworden. |
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1. Gewerbebetrieb ist gemäß § 15 Abs. 2 EStG eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn sie weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch eines freien Berufs oder einer anderen selbständigen Arbeit anzusehen ist. Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal muss hinzukommen, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C. III. 3. b aa; seither ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 20. April 2006 III R 1/05, BFHE 214, 31, BStBl II 2007, 375). |
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a) Bei der Abgrenzung zwischen einem Gewerbebetrieb einerseits und der nicht steuerbaren Sphäre sowie anderen Einkunftsarten andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen. Dabei sind die einzelnen Umstände zu gewichten und gegeneinander abzuwägen (BFH-Urteil vom 2. September 2008 X R 14/07, BFH/NV 2008, 2012). In Zweifelsfällen ist maßgebend, ob die Tätigkeit dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, unter C. I.; vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C. II.; BFH-Urteil vom 30. Juli 2003 X R 7/99, BFHE 204, 419, BStBl II 2004, 408, betreffend Wertpapierhandel). |
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Ob eine Tätigkeit noch der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen ist, lässt sich nicht für alle Bereiche nach einheitlichen Maßstäben beurteilen. Vielmehr sind die jeweiligen artspezifischen Besonderheiten zu beachten (BFH-Urteil vom 22. Januar 2003 X R 37/00, BFHE 201, 264, BStBl II 2003, 464, unter II. b aa) und der Lebenswirklichkeit entlehnte Berufsbilder zur Orientierung heranzuziehen. |
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b) Nach der Verkehrsauffassung gehört die Umschichtung von Wertpapieren –selbst in erheblichem Umfang– regelmäßig noch zur privaten Vermögensverwaltung, weil es bei Wertpapieren in der Natur der Sache liegt, den Bestand zu verändern, schlechte Papiere abzustoßen, gute zu erwerben und Kursgewinne zu realisieren (BFH-Urteil vom 11. Juli 1968 IV 139/63, BFHE 93, 281, BStBl II 1968, 775). Davon geht ersichtlich auch das EStG aus (vgl. § 23 EStG in der bis 2008 geltenden Fassung und § 20 Abs. 2 EStG n.F.). Danach ist der bloße –auch kurzfristige– Umschlag von Wertpapieren als privates Geschäft zu betrachten. Gewerblichkeit kann daher nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil in BFHE 204, 419, BStBl II 2004, 408). |
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Anzeichen für eine Zuordnung zum "Bild des Wertpapierhandels" sind z.B. der Umfang der Geschäfte, das Unterhalten eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung von Geschäften, das Ausnutzen eines Marktes unter Einsatz beruflicher Erfahrungen, das Anbieten von Wertpapiergeschäften gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit und andere für eine private Vermögensverwaltung ungewöhnliche Verhaltensweisen (BFH-Urteile vom 6. Dezember 1983 VIII R 172/83, BFHE 140, 82, BStBl II 1984, 132, 135; vom 31. Juli 1990 I R 173/83, BFHE 162, 236, BStBl II 1991, 66; vom 1. Juni 2004 IX R 35/01, BFHE 206, 273, BStBl II 2005, 26; in BFH/NV 2008, 2012). |
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Die danach für einen Händler am Kapitalmarkt bedeutsamen Merkmale der Professionalität (BFH-Urteil in BFHE 204, 419, BStBl II 2004, 408, unter II. 2. d) haben sich im KWG niedergeschlagen. So ist für das Wertpapierhandelsunternehmen ein Tätigwerden "für andere" (§ 1 Abs. 1a Satz 1 KWG), vor allem ein Tätigwerden "für fremde Rechnung" (so ausdrücklich § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG, der schon im Streitjahr –seit Erlass des KWG im Jahre 1961 unverändert– anzuwenden war), kennzeichnend. Umgekehrt deutet ein Tätigwerden ausschließlich für eigene Rechnung darauf hin, dass der Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten wird (BFH-Urteil vom 19. Februar 1997 XI R 1/96, BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399, unter II. 1. b). |
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Soweit Finanzunternehmen (§ 1 Abs. 3 KWG) nicht anders als private Anleger für eigene Rechnung tätig werden, zeichnet sich ihre Tätigkeit dadurch aus, dass sie den Handel mit institutionellen Partnern betreiben, also nicht lediglich über eine Depotbank am Marktgeschehen teilnehmen. Dagegen ist eine Abwicklung der Geschäfte über eine Depot führende Bank, ohne selbst Kontrahenten zu suchen, kennzeichnend für Transaktionen, die den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschreiten (BFH-Urteile in BFHE 93, 281, BStBl II 1968, 775, 777, und vom 2. April 1971 VI R 149/67, BFHE 102, 261, BStBl II 1971, 620). Ferner muss der Wertpapierhandel nach der gesetzlichen Definition in § 1 Abs. 3 KWG die Haupttätigkeit eines Finanzunternehmens darstellen. Privatanleger, die ihre An- und Verkaufstätigkeit neben einer Hauptbeschäftigung und außerhalb der üblichen Arbeitszeiten in ihrer Freizeit ausüben bzw. sie durch ein Finanzunternehmen ausüben lassen, entsprechen hingegen nicht dem Bild des Finanz-"Unternehmens". |
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c) Nach diesen Maßstäben ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Grenze der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten wurde. |
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Denn der Kläger trat nicht am Markt als Finanzdienstleister in Erscheinung, einzige "Kundin" war seine Mutter. Der Anlagevertrag mit dieser entsprach in einem wirtschaftlich gravierenden Punkt, der Risikobegrenzung, nicht einem Fremdvergleich und wurde zudem insoweit nicht vereinbarungsgemäß durchgeführt. Der Hinweis des Klägers auf Fonds mit Kapitalgarantie steht dem nicht entgegen; derartige Fonds bewirken die Kapitalgarantie nicht dadurch, dass der Initiator oder Fondsverwalter eigene Mittel riskiert, sondern über ihre Anlagestrategie (z.B. die Verwendung eines Teils der Anlagegelder zum Erwerb von sicheren Papieren wie Staatsanleihen, nur der dadurch sowie durch die Zinsen nicht gedeckte Anteil des Kapitals wird zur "Spekulation" verwendet). |
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Der Anteil der Mutter am Depot betrug auch weniger als die Hälfte, d.h. der Kläger verwaltete überwiegend eigenes Vermögen. |
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Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass es auch sonst vorkommt, dass Anlageentscheidungen durch Angehörige getroffen werden und diesen Vollmacht erteilt wird, ohne dass daraus der Schluss gezogen werden würde, dass dies gewerblich geschieht. Von dieser nicht seltenen Konstellation unterscheidet sich der Streitfall im Wesentlichen durch die Vermischung der Mittel, die aber für sich kein Merkmal der Gewerblichkeit i.S. von § 15 Abs. 2 EStG ist. Auch eine Beteiligung am Erfolg dürfte zwischen Angehörigen nicht ungewöhnlich sein. |
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Der Kläger handelte auch nur über seine Depotbank, der die Vermischung eigener Gelder mit denen der Mutter überdies unbekannt war. Er konnte seine Wertpapiergeschäfte nur in den Stunden ausführen, in denen er nicht durch seine Tätigkeit als Lehrer in Anspruch genommen war. Seiner Auffassung, wegen der hohen Umsätze sei der Wertpapierhandel als Haupt- und der Lehrerberuf als Nebentätigkeit anzusehen, folgt der Senat nicht. Maßgebend sind vielmehr die vorrangigen, aus dem Beamtenstatus folgenden Arbeitsverpflichtungen. |
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Soweit sich der Kläger darauf beruft, weil er Finanzdienstleistungen erbracht habe, sei dafür nach § 1 Abs. 1a KWG ein kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich, unterliegt er einem Zirkelschluss. Finanzdienstleistungsinstitute sind (nur) Unternehmen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang tätig werden, der einen kaufmännisch eingerichteten Betrieb erfordert. Dies war beim Kläger nach den bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG nicht der Fall. |
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2. Unerheblich ist, ob der Kläger mit dem Tätigwerden für mehrere familienfremde Dritte ab 1999 oder ab 2000 einen Gewerbebetrieb eröffnet hat. |
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Ein Gewerbebetrieb beginnt bereits mit den ersten Vorbereitungshandlungen (Schmidt/Wacker, EStG, 28. Aufl., § 15 Rz 129, m.w.N.). Falls wegen der Beteiligung fremder Anleger ein Gewerbebetrieb anzunehmen wäre, könnten daher z.B. etwaige –im Streitfall aber weder vom FG festgestellte noch sonst ersichtliche– Aufwendungen für ihre Werbung als Betriebsausgaben abgezogen werden. Derartige Vorbereitungshandlungen zwängen aber nicht zu der Annahme, dass bereits vor deren Beitritt im Streitjahr die Anlage der eigenen sowie der von der Mutter überlassenen Mittel als gewerblich einzustufen wäre. |
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