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II. Die Revision des FA ist zulässig, obwohl das FG die Klage der Klägerin als unzulässig verworfen hat. |
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1. Die Zulässigkeit der Revision erfordert, dass der Revisionskläger durch das angefochtene Urteil des FG beschwert ist. Maßgeblich für die Beschwer ist nach der Rechtsprechung (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 4. April 2008 IV R 91/06, BFH/NV 2008, 1298) nur der Entscheidungssatz und damit der Tenor des angefochtenen Urteils. Beim Beklagten kommt es dabei nicht auf die formelle, sondern auf die materielle Beschwer an. Maßgebend ist, dass der rechtskraftfähige Inhalt der angefochtenen Entscheidung für den Beteiligten nachteilig ist. Eine Beschwer des Beklagten liegt insbesondere dann vor, wenn das FG, wie im Streitfall, die Klage statt durch Sachurteil durch Prozessurteil als unzulässig abweist (BFH-Urteil vom 28. November 2007 I R 7/07, BFH/NV 2008, 986). |
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2. Die Revision ist unbegründet. Zwar hat das FG die Klage zu Unrecht mangels Beschwer als unzulässig abgewiesen; seine Entscheidung erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig, so dass die Revision gemäß § 126 Abs. 4 FGO mit der Maßgabe zurückzuweisen ist, dass die Klage nicht unzulässig, sondern unbegründet war. |
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a) Das FG hat zu Unrecht entschieden, die Klägerin sei nicht klagebefugt. |
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Nach § 40 Abs. 2 FGO ist eine Anfechtungsklage, um die es sich hier handelt, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Wer zu dem Verfahren hinzugezogen worden ist, kann –innerhalb des Verfahrens, d.h. hier innerhalb des Einspruchsverfahrens, zu dem er hinzugezogen worden ist (vgl. z.B. BFH-Entscheidung vom 1. Februar 2000 VII B 202/99, BFH/NV 2000, 960)– dieselben Rechte geltend machen wie derjenige, der den Einspruch eingelegt hat. Gegen die Rechtsbehelfsentscheidung (Einspruchsentscheidung) kann auch ein Hinzugezogener nur dann Klage erheben, wenn er die dafür in der FGO aufgestellten Voraussetzungen erfüllt, insbesondere eigene Rechte gemäß § 40 Abs. 2 FGO geltend machen kann. Die Klägerin ist durch die Einspruchsentscheidung beschwert, da die Entscheidung über den Vorsteuerabzug aus den Sanierungsleistungen eigene Rechte der Klägerin i.S. des § 40 Abs. 2 FGO berührt. |
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aa) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Gegenüber Dritten gilt diese Regelung gemäß § 174 Abs. 5 Satz 1 AO, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. |
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bb) Als "bestimmter Sachverhalt" i.S. des § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO ist ein einheitlicher Lebensvorgang anzusehen, aus dem steuerrechtliche Folgerungen sowohl bei dem Steuerpflichtigen als auch bei dem Dritten zu ziehen sind. Es genügt, dass derselbe Sachverhalt bei mehreren Steuerpflichtigen erfasst und irrig beurteilt worden ist (BFH-Urteil vom 18. September 2003 X R 152/97, BFHE 203, 337, BStBl II 2007, 749). Ist die rechtliche Beurteilung zugunsten des einen Steuerpflichtigen richtiggestellt worden, kann im Rahmen des § 174 Abs. 4 AO i.V.m. § 174 Abs. 5 AO grundsätzlich auch bei dem anderen Steuerpflichtigen durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die entsprechende, richtige steuerliche Folgerung gezogen werden (BFH-Urteil in BFHE 203, 337, BStBl II 2007, 749). Nach einer Richtigstellung der rechtlichen Beurteilung zugunsten des einen Steuerpflichtigen kann damit korrespondierend aus dem einheitlichen Lebenssachverhalt die richtige Folgerung auch bei dem anderen Steuerpflichtigen im Wege der Änderung seiner bestandskräftigen Steuerfestsetzung gezogen werden. § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO gewährleisten somit, dass ein und derselbe Sachverhalt, der sich bei zwei verschiedenen Steuerpflichtigen auswirkt, auch bei beiden gleich beurteilt werden kann (BFH-Urteil in BFHE 203, 337, BStBl II 2007, 749). |
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cc) Als "bestimmter Sachverhalt" kann auch die Berechtigung zum Vorsteuerabzug angesehen werden. Wurde –wie im Streitfall– die Berechtigung zum Vorsteuerabzug beim Treuhänder oder beim Treugeber irrig beurteilt, lässt sich ein hieraus ergebender Widerspruch unter den besonderen Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO beseitigen, so dass aus einer vom Steuerpflichtigen, hier dem Beigeladenen, erstrittenen Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids auch gegenüber dem Dritten, hier der Klägerin, die "richtigen steuerlichen Folgerungen" gezogen werden können. Im Hinblick auf die der Klägerin drohende Folgeänderung nach § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO war sie durch die Einspruchsentscheidung, in der antragsgemäß die streitigen Vorsteuerbeträge zugunsten des Beigeladenen berücksichtigt worden sind, beschwert. |
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dd) Das FG beruft sich für seine Auffassung, die Klägerin sei nicht klagebefugt gewesen, zu Unrecht auf die Rechtsprechung des BFH, wonach es an einer Beschwer des zu einem Einspruchsverfahren hinzugezogenen Dritten fehlt, wenn das Einspruchsverfahren nicht durch eine Einspruchsentscheidung, sondern durch einen ohne seine Zustimmung oder seinen entsprechenden Antrag ergangenen Abhilfebescheid beendet wird (§ 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 367 Abs. 2 Satz 3 AO) und in diesem Fall keine Beteiligung i.S. von § 174 Abs. 5 Satz 1 AO vorliegt (BFH-Urteile vom 11. April 1991 V R 40/86, BFHE 164, 176, BStBl II 1991, 605; vom 20. Mai 1992 III R 176/90, BFH/NV 1993, 74; vom 5. Mai 1993 X R 111/91, BFHE 171, 400, BStBl II 1993, 817, und BFH-Beschluss vom 4. Juli 2001 VI B 301/98, BFHE 195, 50, BStBl II 2001, 729). Denn im Streitfall wurde das Einspruchsverfahren durch eine Einspruchsentscheidung beendet, die der Klägerin als Hinzugezogener auch bekannt gegeben worden ist. Bei Erlass einer für den Hinzugezogenen nachteiligen und ihm bekanntgegebenen Einspruchsentscheidung kommt es entgegen dem Urteil des FG München vom 22. Juni 2005 10 K 4445/03 (EFG 2005, 1509, nicht rechtskräftig, Az. des BFH: X R 16/06) nicht darauf an, ob die Einspruchsentscheidung einem Antrag des Hinzugezogenen entspricht oder ob der Hinzugezogene der Einspruchsentscheidung zustimmt. |
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b) Die Klage ist aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen als unbegründet abzuweisen, da das FA die gegenüber dem Beigeladenen ergangenen Aufhebungsbescheide vom 10. Juni 2005 im Ergebnis zu Recht durch die Einspruchsentscheidung aufgehoben hat. Denn die Bescheide waren aufgrund der bereits eingetretenen Festsetzungsverjährung rechtswidrig. |
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aa) Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO sind eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist beträgt im Streitfall nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO vier Jahre. Nach § 170 Abs. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. Ist eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten, beginnt die Festsetzungsfrist abweichend hiervon nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens aber mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. |
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bb) Nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO begann die Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 1997, da die Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Streitjahre, die den gegenüber dem Beigeladenen ergangenen Erstbescheiden vom 14. Januar 1998 zugrunde lagen, am 8. Dezember 1997 beim FA eingereicht wurden. Dementsprechend endete die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO für beide Streitjahre mit Ablauf des 31. Dezember 2001. Daher ergingen die gegenüber dem Beigeladenen erlassenen Aufhebungsbescheide vom 10. Juni 2005 erst nach Eintritt der Festsetzungsverjährung. Das FA hat deshalb zu Recht diese Bescheide aufgrund des durch den Beigeladenen eingelegten Einspruchs durch die Einspruchsentscheidung aufgehoben. |
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c) Ist die Sache spruchreif, so kann der BFH in der Sache selbst entscheiden, auch wenn der Revisionskläger nur die Zurückverweisung der Sache beantragt hat (BFH-Urteil vom 27. September 1988 VIII R 98/87, BFHE 155, 91, BStBl II 1989, 229). |
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3. Das FG hat die Kosten des Klageverfahrens zu Unrecht abweichend von § 135 Abs. 1 FGO nicht der unterlegenen Klägerin, sondern nach § 137 Satz 2 FGO dem FA auferlegt. Die Voraussetzungen des § 137 Satz 2 FGO lagen indes nicht vor, denn entgegen der Auffassung des FG war die Klage gegen die der Klägerin als Hinzugezogener bekanntgegebene Einspruchsentscheidung nicht unzulässig, sondern unbegründet, und die Rechtsbehelfsbelehrung des FA deshalb entgegen der Auffassung des FG nicht unzutreffend. Die Kosten des Verfahrens sind der Klägerin daher nicht i.S. des § 137 Satz 2 FGO durch Verschulden des FA entstanden. Die Kostenentscheidung des FG war deshalb entsprechend zu ändern. |
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