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II. Die Revision ist nicht begründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Entscheidung des FA, die von den Klägern geltend gemachten Verluste aus Land- und Forstwirtschaft bis zur abschließenden Klärung der Gewinnerzielungsabsicht vorläufig auszuklammern, nicht zu beanstanden ist. |
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1. Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden (§ 165 Abs. 1 Satz 1 AO); die Finanzbehörde kann die Steuerfestsetzung unter diesen Voraussetzungen auch aussetzen (§ 165 Abs. 1 Satz 4 AO). Die Vorläufigkeit der Steuerfestsetzung bezieht sich auf den Steueranspruch und nicht auf die ungewisse, verfahrensrechtlich unselbständige Besteuerungsgrundlage (BFH-Urteil vom 2. März 2000 VI R 48/97, BFHE 191, 223, BStBl II 2000, 332; Pahlke/Koenig/Cöster, Abgabenordnung § 165 Rz 16). Denn die Ungewissheit der für die Entstehung der Steuer erheblichen Tatsachen ist lediglich der Grund für die Vorläufigkeit, nicht ihr Gegenstand (Klein/ Rüsken, AO, 9. Aufl., § 165 Rz 32). Die Entscheidung über die vorläufige Festsetzung oder Aussetzung liegt im Ermessen des FA (BFH-Urteil in BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278, unter 2.b der Gründe; Senatsbeschluss in BFHE 152, 43, BStBl II 1988, 234, unter 3.a der Gründe). |
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a) § 165 AO gibt der Finanzbehörde die Möglichkeit, Steuern festzusetzen, die nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Veranlagung gerechtfertigt sind, auch wenn sich die tatsächlichen Voraussetzungen noch nicht sicher feststellen lassen (Senatsurteil vom 19. Juni 1997 IV R 4/97, BFHE 184, 283, BStBl II 1998, 239, unter 2.b der Gründe; Klein/Rüsken, a.a.O., § 165 Rz 2). Die Finanzbehörde kann dabei vorläufig den ungewissen Sachverhalt zugrunde legen; sie kann ihn jedoch auch vorläufig unberücksichtigt lassen (BFH-Urteil in BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278, unter 2.b der Gründe; Senatsbeschluss in BFHE 152, 43, BStBl II 1988, 234, unter 3.a der Gründe; Frenkel, DStR 1978, 465; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 165 Rz 61; v.Wedelstädt in: Kühn/v.Wedelstädt, 19. Aufl., AO, § 165 Rz 15; derselbe, Der AO-Steuerberater 2007, 297; Pahlke/Koenig/Cöster, a.a.O., § 165 Rz 17; Frotscher in Schwarz, AO, § 165 Rz 16a ff.; in diese Richtung auch Heuermann in HHSp, § 165 AO Rz 21; a.A. Tipke in Tipke/Kruse, a.a.O., § 165 AO Rz 14). |
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b) Zwar ist es grundsätzlich nicht gerechtfertigt, den Steuerpflichtigen mit Steuern zu belasten, solange nicht feststeht, dass diese tatsächlich entstanden sind (Pahlke/Koenig/Cöster, a.a.O., § 165 Rz 17; Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 165 Rz 17; Tipke in Tipke/Kruse, a.a.O., § 165 AO Rz 14). Die Finanzbehörde handelt jedoch nicht in jedem Fall ermessenswidrig, wenn sie nicht den erklärten, für den Steuerpflichtigen günstigeren, aber noch ungewissen Sachverhalt zugrunde legt (BFH-Urteil in BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278, unter 2.b der Gründe). Eine Ausnahme kann zum Beispiel gerechtfertigt sein –wie das FA zu Recht geltend gemacht hat–, wenn nach dem im Zeitpunkt der Veranlagung verwirklichten Sachverhalt die Entstehung der Steuer nicht ernstlich zweifelhaft ist, aber noch Umstände eintreten können, die zu einer anderen Beurteilung führen würden (ähnlich Heuermann in HHSp, § 165 AO Rz 21, mit dem Hinweis auf eine im Einzelfall nach Maßgabe überwiegender Wahrscheinlichkeit zu treffende Entscheidung; v.Wedelstädt in: Kühn/v.Wedelstädt, a.a.O., § 165 Rz 15; Pahlke/Koenig/Cöster, a.a.O., § 165 Rz 17). Unter diesen Voraussetzungen ist es auch nicht zu beanstanden, wenn die Finanzbehörde –wie vorliegend– die anderenfalls zu erwartenden hohen Steuernachzahlungen und das damit verbundene Ausfallrisiko berücksichtigt. |
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c) Die aus § 88 AO folgende amtliche Ermittlungspflicht besteht unbeschadet des § 165 Abs. 1 Satz 1 AO. Deshalb kommt eine vorläufige Steuerfestsetzung gemäß § 165 AO nur in Betracht, wenn trotz angemessener Bemühungen des FA, den Sachverhalt aufzuklären, eine Unsicherheit in tatsächlicher Hinsicht bleibt, die entweder zur Zeit nicht oder nur unter unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten behoben werden kann (BFH-Urteil vom 26. September 1990 II R 99/88, BFHE 161, 489, BStBl II 1990, 1043, unter II.1. der Gründe, m.w.N.). Allerdings können nachrangige Ermittlungen und Nachprüfungen zurückgestellt werden, solange offen ist, ob ihnen bei der Steuerfestsetzung überhaupt eine Bedeutung zukommt (Senatsbeschluss in BFHE 152, 43, BStBl II 1988, 234, unter 3.b der Gründe). |
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2. Die Ungewissheit, ob ein Steuerpflichtiger mit Einkunftserzielungsabsicht tätig geworden ist oder ob Liebhaberei vorliegt, kann nach ständiger Rechtsprechung eine vorläufige Steuerfestsetzung i.S. des § 165 AO rechtfertigen. |
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a) Bei der Ungewissheit in der Beurteilung der Einkunftserzielungsabsicht handelt es sich nicht um eine Unsicherheit in der steuerrechtlichen Beurteilung eines feststehenden Tatbestands; es geht vielmehr um eine "innere" Tatsache, die nur anhand äußerlicher Merkmale (Hilfstatsachen) beurteilt werden kann (BFH-Beschluss vom 3. Mai 2000 IV B 59/99, BFH/NV 2000, 1075; BFH-Urteil in BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278, unter 2. der Gründe; kritisch Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 27. Aufl., § 15 Rz 34; Heuermann in HHSp, § 165 AO Rz 11). Derartige Hilfstatsachen können (auch) nach dem Zeitpunkt der Steuerfestsetzung entstehen und für diesen Zeitpunkt zu einer veränderten Würdigung in Bezug auf die innere Tatsache der Einkunftserzielungsabsicht führen (BFH-Urteil vom 6. Dezember 1994 IX R 11/91, BFHE 176, 221, BStBl II 1995, 192). |
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b) Dauernde Verluste sind ein Indiz gegen eine Einkunftserzielungsabsicht. Daraus kann auf eine steuerrechtlich unbeachtliche Liebhaberei zu schließen sein, wenn weitere Beweisanzeichen die Feststellung erlauben, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt (u.a. BFH-Urteil vom 14. Dezember 2004 XI R 6/02, BFHE 208, 557, BStBl II 2005, 392, unter II.2.b der Gründe). Ein solcher Schluss ist gerechtfertigt, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen (BFH-Urteil vom 25. November 2004 IV R 8/03, BFH/NV 2005, 854, unter 1.b der Gründe). So kann der Fall u.a. bei der Reitpferdehaltung oder Pferdezucht liegen (vgl. BFH-Urteil vom 20. Januar 2005 IV R 6/03, BFH/NV 2005, 1511, unter II.3. der Gründe). |
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c) Im Falle einer längeren Verlustperiode können die Reaktionen des Steuerpflichtigen auf die Verluste die Bedeutung wichtiger äußerer Beweisanzeichen erlangen (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278, unter 2.b der Gründe; vom 17. November 2004 X R 62/01, BFHE 208, 522, BStBl II 2005, 336, unter II.1.b bb der Gründe). |
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d) Die objektive Beweislast für das Vorliegen der Einkunftserzielungsabsicht trifft den Verfahrensbeteiligten, der hieraus für sich günstige Rechtsfolgen ableitet (z.B. BFH-Urteile vom 7. November 2001 I R 14/01, BFHE 197, 287, BStBl II 2002, 861, und in BFHE 208, 557, BStBl II 2005, 392, unter II.3.d der Gründe). |
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3. Das FG hat danach zu Recht entschieden, dass das FA das ihm nach § 165 AO obliegende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat, indem es die Verluste aus der Pferdepension und Pferdezucht bei der Festsetzung der Einkommensteuer im Streitjahr vorläufig außer Ansatz gelassen hat. |
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a) Unstreitig haben die Kläger durch ihre Tätigkeit als Ärzte erhebliche Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt, die zur Entstehung einer Steuer in der vorläufig festgesetzten Höhe führen. Es steht außerdem fest, dass die Kläger aus der nebenberuflich betriebenen Pferdepension und Pferdezucht von Beginn an jährliche Verluste erzielt hatten, die sich schon vor dem Streitjahr –in den Jahren 1992 bis 1999– auf insgesamt 933 647 DM beliefen; hinzu kommt ein weiterer Verlust in Höhe von 98 215 DM, den die Kläger für das Streitjahr geltend gemacht haben. Das FA hat auch nicht von einer Sachaufklärung abgesehen; es hat den Sachverhalt durch eine Betriebsprüfung aufgeklärt. |
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b) Ungewiss war lediglich, ob die Reaktionen der Kläger auf die andauernden Verluste zu einer anderen Beurteilung führen konnten. Für den Nachweis der Gewinnerzielungsabsicht reichen niedrigere Verluste oder geringe Gewinne in den Folgejahren jedoch noch nicht aus, weil sich daraus noch kein Totalgewinn ergeben könnte. Insofern liegt die objektive Beweislast bei den Klägern, die die Verluste geltend machen. Es kann daher offenbleiben, ob die von den Klägern behauptete Änderung der Gewinnsituation tatsächlich eingetreten ist. |
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c) Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, wenn das FA zu dem Ergebnis gekommen ist, dass nahezu alle Beweisanzeichen dafür sprachen, dass die Kläger vorliegend nicht mit Einkunftserzielungsabsicht tätig geworden sind, und dass persönliche Beweggründe und nicht das Streben nach einem Totalgewinn für den Betrieb der Pferdepension und Pferdezucht bestimmend waren. |
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d) Soweit die Kläger geltend machen, das FA habe in unzulässiger bzw. ermessenswidriger Weise die Steuerfestsetzung (teilweise) ausgesetzt, kann dem nicht gefolgt werden. |
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aa) Zwar kann die Finanzbehörde die Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 4 AO aussetzen, wenn die Ungewissheit so weit reicht, dass unsicher ist, ob überhaupt eine Steuer entstanden ist. In einem solchen Fall wäre ein (vorläufiger) Freistellungsbescheid zu erlassen (Heuermann in HHSp, § 165 AO Rz 20; Pahlke/Koenig/Cöster, a.a.O., § 165 Rz 39). |
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bb) Bei der Ausklammerung ungewisser steuermindernder Besteuerungsgrundlagen handelt es sich jedoch –anders als die Kläger meinen– nicht um eine Aussetzung der Steuerfestsetzung. Denn in solchen Fällen kommt es trotz der Ungewissheit der steuermindernden Besteuerungsgrundlagen zur Festsetzung der Steuer. Die Steuerfestsetzung ist Gegenstand der Vorläufigkeit, wird also gerade nicht ausgesetzt. Dem entspricht es, dass sich die Kläger vorliegend auch nicht gegen eine unterlassene Steuerfestsetzung, sondern gegen die ihrer Auffassung nach zu hohe vorläufige Steuerfestsetzung wenden. |
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e) Es trifft auch nicht zu, dass die Steuerfestsetzung auf Tatbeständen beruht, deren Entstehung ungewiss ist. Denn es steht fest, dass die Kläger den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit verwirklicht haben. Unstreitig ist auch, dass darauf die Steuerfestsetzung beruht. Vorläufig ausgeklammert wurden demgegenüber die ungewissen Tatbestände in Gestalt der geltend gemachten Verluste aus Land- und Forstwirtschaft. |
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f) Ebenso wenig kann den Klägern darin gefolgt werden, dass das FA unstreitige Betriebsausgaben eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes außer Ansatz gelassen habe. Denn Voraussetzung dafür wäre u.a., dass es sich um Ausgaben handelt, die in einer mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Land- und Forstwirtschaft entstanden wären. Das war jedoch gerade ungewiss. Die Prüfung der nachrangigen Frage, ob Betriebsausgaben vorlagen, konnte daher zurückgestellt werden. |
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g) Auch die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger greifen nicht durch. Die Rechtsprechung des BFH zur sog. Liebhaberei ist –wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mehrfach entschieden hat– verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. z.B. BVerfG-Beschlüsse vom 18. November 1986 1 BvR 330/86, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1988, 34; vom 28. Oktober 1986 1 BvR 325/86, Steuerrechtliche Entscheidungen zur Land- und Forstwirtschaft 1986, 27; vom 17. September 1977 1 BvR 372/77, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 2 Nr. 129). |
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