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II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass der Rückforderungsbescheid deshalb rechtmäßig ergangen ist, weil für das bei der Low-Dust-Schaltung für den Betrieb des Brenners zum Aufheizen des Rauchgases verwendete Mineralöl eine Vergütung nach § 25 Abs. 3 Nr. 4.1 MinöStG 1993 nicht in Betracht kommt. |
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1. Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Mineralölsteuervergütung ist § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a i.V.m. § 25 Abs. 3 Nr. 4.1 MinöStG 1993 (in der damals anzuwendenden Fassung des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24. März 1999, BGBl I 1999, 378). Danach wird u.a. eine vollständige Entlastung von der Mineralölsteuer für versteuertes Erdgas gewährt, das von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, von Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft und von Versorgern, die nicht Unternehmen des Produzierenden Gewerbes sind, zu den nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 3 sowie § 32 Abs. 1 MinöStG 1993 begünstigten Zwecken oder in sonstigen Anlagen zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme verwendet worden ist. Nach § 25 Abs. 3 Nr. 4.1 MinöStG 1993 beträgt die Entlastung für 1 MWh Erdgas, das von Betreibern nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 in Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung mit einem Jahresnutzungsgrad von mindestens 70 % verwendet worden ist, 6,80 DM; dagegen beträgt die Entlastung für das von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes zu den nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MinöStG 1993 begünstigten Zwecken verwendete Erdgas, welche das HZA aufgrund seines angesetzten Rückforderungsbescheids der Klägerin letztlich zubilligen will, lediglich 2,56 DM (§ 25 Abs. 3 Nr. 4.2 MinöStG 1993). |
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2. Das Mineralölsteuergesetz setzt den Begriff der Anlage voraus, ohne ihn jedoch näher zu definieren. Allein dem Wortlaut der Entlastungsregelung in § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob sich die Zweckbestimmung "zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme" auf die Anlage als solche oder auf den konkreten Einsatz des Mineralöls bezieht. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung und der Systematik des Mineralölsteuergesetzes kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, dass es entscheidend auf die konkrete Verwendung des Mineralöls zur Erreichung des begünstigten Zwecks und nicht auf den bloßen Verbrauch von Mineralöl im Rahmen des Betriebs einer KWK-Anlage ankommt. |
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a) Wie der Senat wiederholt ausgeführt hat, handelt es sich bei der Mineralölsteuer um eine verwendungsorientierte Verbrauchsteuer auf Energieleistungen; folglich knüpfen sowohl die Entstehungs- als auch die Entlastungstatbestände an einen bestimmten Ge- oder Verbrauch eines in § 1 Abs. 3 MinöStG 1993 als Steuergegenstand angesprochenen Erzeugnisses an (Senats-urteile vom 22. November 2005 VII R 33/05, BFHE 212, 335, und vom 6. Dezember 2005 VII R 43/04, BFHE 212, 340). Dies gilt auch für die Verwendung von Mineralöl zur gekoppelten, d.h. gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme. Nicht die KWK-Anlage als solche ist Gegenstand der steuerlichen Förderung, sondern die ressourcenschonende Verwendung des Mineralöls unter optimaler Nutzung der durch die Verbrennung gewonnenen Energie. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BTDrucks 14/440, S. 13) wollte der Gesetzgeber mit der Einführung einer vollständigen Steuerentlastung für das in KWK-Anlagen mit einem Jahresnutzungsgrad von mindestens 70 % verwendete Mineralöl aus ökologischen Gründen, wie z.B. der Ressourcenschonung oder der Emissionsverminderung, die besonders effiziente Nutzung der durch Verbrennung fossiler Energieträger gewonnenen Energie fördern. Entscheidendes Kriterium für die Begünstigung ist die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme, also die doppelte und möglichst effiziente Nutzung des Energiegehalts des eingesetzten Mineralöls (Senatsurteil vom 1. April 2008 VII R 26/06, BFH/NV 2008, 1624, sowie Bongartz in Peters/ Bongartz/Schröer-Schallenberg, Verbrauchsteuerrecht, Rz J 121). |
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b) Die steuerliche Freistellung aller Mineralöle, die in irgendeinem räumlichen Zusammenhang mit dem Betrieb einer KWK-Anlage zum Einsatz kommen, liefe den Zielen des Gesetzgebers zuwider und rückte die Entlastungsregelung in die Nähe eines offensichtlich nicht beabsichtigten Herstellerprivilegs für Strom- und Wärmeproduzenten. Ausweislich der Sonderregelung in § 4 Abs. 1 Nr. 1 MinöStG 1993 wird ein solches Privileg, das sich auf die zur Aufrechterhaltung des Betriebs eingesetzten Mineralöle mit Ausnahme von in Beförderungsmitteln verwendeten Kraftstoffeen erstreckt, nur den Inhabern von Mineralölherstellungs- oder Gasgewinnungsbetrieben gewährt. Das Herstellerprivileg für Stromerzeuger bezieht sich nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Stromsteuergesetzes nur auf den zur Stromerzeugung entnommenen Strom. Im Gegensatz zur Regelung in § 4 Abs. 1 Nr. 1 MinöStG 1993 hat der Gesetzgeber zur Normierung des Entlastungsanspruchs in § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 eine Formulierung gewählt, die nicht an die generelle Verwendung von Mineralöl zur Aufrechterhaltung des Betriebs der KWK-Anlage anknüpft, sondern an die Verwendung in einer (sonstigen) Anlage zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme. Mineralöl, das zu anderen Zwecken als der Aufrechterhaltung des eigentlichen KWK-Prozesses, etwa zur Beheizung von Lager- oder Geschäftsräumen oder zum Antrieb von Förderbändern eingesetzt wird, ist danach von der Begünstigung ausgeschlossen. |
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In diese Richtung weist auch die Nachfolgeregelung des § 53 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG, die unter der Überschrift "Steuerentlastung für die Stromerzeugung und die gekoppelte Erzeugung von Kraft und Wärme" eine Steuerentlastung für Energieerzeugnisse vorsieht, die zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme in ortsfesten Anlagen mit einem Monats- oder Jahresnutzungsgrad von mindestens 70 % verwendet worden sind. Eine wesentliche Änderung der bisherigen Rechtslage wurde mit der Neufassung der Vorschrift offensichtlich nicht beabsichtigt (vgl. BTDrucks 16/1172, S. 45). Der Wortlaut der Bestimmung stellt unmissverständlich auf die konkrete Verwendung des Mineralöls zur Stromerzeugung einerseits und zur Erzeugung von Kraft und Wärme andererseits und nicht auf den generellen Verbrauch von Energieerzeugnissen in KWK-Anlagen ab. Dabei kommen nach § 53 Abs. 1 Satz 2 EnergieStG auch KWK-Anlagen in den Genuss der Förderung, die keinen Strom, aber andere Erzeugnisse, wie z.B. Druckluft, produzieren (Bongartz in Bongartz/Schröer-Schallenberg, Das neue Energiesteuergesetz, S. 97). |
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c) Eine Auslegung von § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993, nach der es nicht auf den Verwendungszweck, sondern allein auf die Verwendung von Mineralöl in einer KWK-Anlage ankommen soll, ist auch nicht aufgrund der Vorgaben des Gemeinschaftsrechts geboten. |
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aa) Nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der für den Streitfall noch maßgeblichen Richtlinie 92/81/EWG (RL 92/81/EWG) des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle (ABlEG Nr. L 316/12) können die Mitgliedstaaten uneingeschränkte oder eingeschränkte Steuerbefreiungen oder Steuersatzermäßigungen für Mineralöle gewähren, die bei der Elektrizitätserzeugung oder in Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung verwendet werden. Den Mitgliedstaaten ist es somit freigestellt, ob und in welchem Umfang sie von der Möglichkeit einer Förderung von KWK-Anlagen Gebrauch machen und ob sie zu diesem Zweck den im gemeinschaftlichen Verbrauchsteuerrecht nicht näher bestimmten Anlagenbegriff näher präzisieren. |
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bb) Dabei sind sie entgegen der Auffassung der Klägerin weder an die Definitionen der RL 96/61/EG noch der Richtlinie 2003/87/EG (RL 2003/87/EG) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 275/32) gebunden. Nach der Definition des Art. 3 Buchst. e RL 2003/87/EG sowie des Art. 2 Nr. 3 RL 96/61/EG ist eine "Anlage" eine ortsfeste technische Einrichtung, in der eine oder mehrere der in Anhang I der Richtlinie genannten Tätigkeiten sowie andere unmittelbar damit verbundene Tätigkeiten durchgeführt werden, die mit den an diesem Standort durchgeführten Tätigkeiten in einem technischen Zusammenhang stehen und die Auswirkungen auf die Emissionen und die Umweltverschmutzung haben können. Erfasst werden somit keineswegs emittierende Anlagen als solche, sondern lediglich bestimmte Arbeitsabläufe und Prozesse, die den Anlagenbegriff prägen und dem Ausmaß nach begrenzen. Nur wenn eine Tätigkeit Auswirkungen auf das Emissionsverhalten der Anlage und die damit verbundene Umweltverschmutzung haben könnte, wird dieser Bestandteil der genehmigungspflichtigen Anlage zugerechnet. Bestandteile, bei denen dies nicht der Fall ist, werden vom Anlagenbegriff nicht erfasst. |
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cc) Das Ziel beider Richtlinien besteht in der Vermeidung und Verminderung der durch die im Anhang aufgeführten Tätigkeiten verursachten Umweltverschmutzung, insbesondere in der Reduzierung umweltschädlicher Emissionen. Zu diesem Zweck sehen beide Richtlinien das Erfordernis einer Genehmigung neuer Anlagen bzw. Genehmigungen zur Emission von Treibhausgasen vor (Art. 4 RL 96/61/EG bzw. Art. 4 RL 2003/87/EG). Um sämtliche Tätigkeiten zu erfassen, die sich auf das Emissionsverhalten der zur Beurteilung anstehenden Anlage auswirken können, ist es geboten, das Genehmigungserfordernis möglichst umfassend auszugestalten und auf alle Bereiche zu erstrecken, von denen Gefahren für die Umwelt ausgehen können. Aufgrund dieser Zielrichtung ist die in den Definitionen vorgenommene Präzisierung des Anlagenbegriffs entscheidend vom Präventionsgedanken geprägt. |
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Die verbrauchsteuerrechtlichen Regelungen in Art. 8 Abs. 2 Buchst. a RL 92/81/EWG und § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 haben dagegen eine andere Zielrichtung. Bei ihnen geht es um die Gewährung steuerlicher Begünstigungen, die einen Anreiz für den ressourcenschonenden Umgang mit fossilen Brennstoffen schaffen sollen. Die Verminderung von Emissionen ist lediglich ein willkommener Nebeneffekt, jedoch nicht der Hauptgrund für die Entlastungsregelung. Eine extensive Auslegung der steuerlichen Regelung ist nicht geboten, zumal nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, die einen steuerlichen Vorteil gewähren, eng auszulegen sind. Aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzung der angesprochenen Gemeinschaftsrechtsakte lässt sich den Bestimmungen der RL 2003/87/EG und RL 96/61/EG nichts für die Auslegung des verbrauchsteuerrechtlichen Anlagenbegriffs entnehmen. |
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3. Allein der Umstand, dass die Klägerin das im Rahmen der Rauchgasreinigung eingesetzte Mineralöl innerhalb der KWK-Anlage verwendet, begründet somit noch nicht den begehrten Vergütungsanspruch. Abzustellen ist vielmehr auf den konkreten Verwendungszweck. Nach Auffassung des Senats wird das zum Aufheizen des Rauchgases eingesetzte Mineralöl jedoch nicht nur innerhalb der Anlage als solcher, sondern gerade im Rahmen des eigentlichen KWK-Prozesses zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme verwendet. Die in dem Mineralöl enthaltene Energie wird zwar nicht in Kraft oder Wärme umgewandelt, aber –nicht anders als bei einer High-Dust-Schaltung– innerhalb eines einheitlichen, wenn auch aus verschiedenen, aufeinander bezogenen physikalischen Prozeduren bestehenden Prozesses verwendet, welcher nicht auf das Geschehen im Kessel beschränkt werden kann. Die von der Klägerin betriebene Rauchgasreinigungsanlage ist zwar nicht aus technischen, jedoch aus emissionsschutzrechtlichen Gründen erforderlich, um die KWK-Anlage betreiben und somit gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen zu können. Denn nach der 13. BImSchV dürfen Großfeuerungsanlagen nur noch betrieben werden, wenn die dort festgelegten Umweltschutzauflagen erfüllt werden. Die Rauchgasreinigungsanlage wird dadurch zum unverzichtbaren Bestandteil des eigentlichen Prozesses, mit dem der Verwendungszweck des eingesetzten Mineralöls erreicht wird. Nur dieses Verständnis der streitentscheidenden Vorschrift wird dem bereits dargestellten Sinn und Zweck der mineralölsteuerlichen Begünstigung für besonders effiziente KWK-Anlagen mit einem Jahresnutzungsgrad von mindestens 70 % gerecht. Wegen ihres hohen Energienutzungsgrades sollen diese Anlagen –unabhängig davon, ob sie mit Kohle oder Mineralöl betrieben werden– in den Genuss einer umweltpolitisch motivierten Steuerentlastung kommen. |
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4. Da das FG seiner Entscheidung eine andere Rechtsauffassung als der erkennende Senat zugrunde gelegt hat, war das erstinstanzliche Urteil aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif und war daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Die Einbeziehung des zur Rauchgasreinigung verwendeten Mineralöls in den KWK-Prozess bedingt auch dessen Berücksichtigung als zugeführte Energie aus Mineralöl bei der Berechnung des Jahresnutzungsgrades. Das ist, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, vom HZA bisher nicht bei der Berechnung berücksichtigt worden. Dies wird im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein. |
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