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II. 1. Die Verbindung der Verfahren beruht auf § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). |
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2. Die Revisionen sind zulässig und begründet. Sie führen zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). |
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a) Die Revisionen sind zulässig, weil sie durch das FG im Tenor, bestätigt durch die Urteilsgründe, seiner Urteile zugelassen worden sind. Die dem widersprechenden Rechtsbehelfsbelehrungen beseitigen die Zulassung nicht (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 107; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 280). |
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b) Die Revisionen sind auch begründet. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die GmbH im Wege der Organschaft in die Klägerin eingegliedert gewesen sei. |
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Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 (UStG) ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). |
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c) Mit dieser Vorschrift hat der deutsche Gesetzgeber von der Ermächtigung des Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388/EWG) Gebrauch gemacht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 17. Januar 2002 V R 37/00, BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, m.w.N.), der bestimmt: |
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„Vorbehaltlich der Konsultation nach Artikel 29 steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln.“ |
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Danach eröffnet das Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, bereits dann mehrere im Inland ansässige Personen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln, wenn sie „eng miteinander verbunden sind“. Diesen Spielraum nutzt das nationale Recht aber nur teilweise aus. Die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG erforderliche Eingliederung in ein anderes Unternehmen setzt nämlich ein Verhältnis der Über- und Unterordnung der beteiligten Gesellschaften voraus (BFH-Urteile vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671; vom 18. Dezember 1996 XI R 25/94, BFHE 182, 392, BStBl II 1997, 441, unter II.1.). Die Organgesellschaft muss als Unternehmensteil dem Unternehmen des Organträgers zuzuordnen sein. |
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d) Für die Annahme einer Organschaft ist es nicht erforderlich, dass alle drei in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG genannten Merkmale einer Eingliederung (finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch) sich gleichermaßen deutlich feststellen lassen; nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse kann die Selbständigkeit auch dann fehlen, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671; vom 25. Juni 1998 V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534; vom 22. November 2001 V R 50/00, BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167). Allerdings reicht es nicht aus, dass eine Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Merkmale besteht (BFH-Urteile in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671; in BFH/NV 1998, 1534, unter II.2.a; BFH-Beschluss vom 24. Februar 2003 V B 84/01, BFH/NV 2003, 949). |
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e) Zu Recht hat das FG die finanzielle Eingliederung der GmbH in die Klägerin angenommen. Die finanzielle Eingliederung setzt den Besitz der Anteilsmehrheit voraus, die erforderlich ist, um die wesentlichen Entscheidungen in der Organgesellschaft durchzusetzen. Ist mit der Kapitalbeteiligung ein gleicher Stimmrechtsanteil verbunden, muss die Beteiligung des Organträgers regelmäßig mehr als 50 v.H. betragen. Der Organträger muss dabei nicht die Kapitalbeteiligung an der Organgesellschaft selbst besitzen. Eine mittelbare Eingliederung reicht aus. Diese liegt u.a. vor, wenn –wie hier– die Gesellschafter einer Personengesellschaft (des Organträgers) die Geschäftsanteile der Organgesellschaft besitzen (BFH-Urteile in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter II.2.a ee; vom 20. Januar 1999 XI R 69/97, BFH/NV 1999, 1136). |
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f) Es fehlt vorliegend aber an einer organisatorischen Eingliederung der GmbH. |
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aa) Zu Unrecht geht das FG bei finanzieller Eingliederung von der Vermutung der organisatorischen Eingliederung aus. Diese Annahme lässt sich nicht, wie das FG meint, auf die allgemeine Lebenserfahrung stützen. Der Senat hat vielmehr bereits mehrfach entschieden, dass aus der finanziellen Eingliederung nicht notwendigerweise die organisatorische Eingliederung folgt (BFH-Beschluss vom 20. September 2006 V B 138/05, BFH/NV 2007, 281; BFH-Urteil vom 20. Februar 1992 V R 80/85, BFH/NV 1993, 133; a.A. Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 698). Die organisatorische Eingliederung setzt vielmehr voraus, dass der Organträger durch organisatorische Maßnahmen sicherstellt, dass in der Organgesellschaft sein Wille tatsächlich durchgeführt wird und eine von seinem Willen abweichende Willensbildung bei der Organgesellschaft nicht stattfindet (BFH-Urteile in BFH/NV 1993, 133; vom 28. Januar 1999 V R 32/98, BStBl II 1999, 258; vom 16. August 2001 V R 34/01, BFH/NV 2002, 223; vom 1. April 2004 V R 24/03, BFHE 204, 520, BStBl II 2004, 905; vom 5. Dezember 2007 V R 26/06, Der Steuer-Eildienst 2008, 134). |
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bb) Vorliegend hat die Klägerin über die mit der finanziellen Eingliederung zwangsläufig einhergehende Möglichkeit der Weisung durch Gesellschafterbeschluss (vgl. hierzu Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., § 37 Rz 18) hinaus nicht ihren maßgebenden Einfluss auf die Willensbildung bei der GmbH sichergestellt. Bei der Klägerin erfolgt die Willensbildung durch deren Mehrheitsgesellschafter, Komplementär und alleinigen Geschäftsführer A. In der GmbH kann dieser Wille aber nicht durchgesetzt werden, weil die Geschäftsführung von B wahrgenommen wird. Eine „geschäftsführungsähnliche leitende Position“ reicht nicht aus, um die Willensbildung in der Gesellschaft gegen den alleinigen Geschäftsführer zu bestimmen. Daher scheidet eine organisatorische Eingliederung aus. |
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Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Seine Urteile waren deshalb aufzuheben. |
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3. Die Sachen waren an das FG zurückzuverweisen, weil das FG keine ausreichenden Feststellungen zu den Bemessungsgrundlagen für die festzusetzende Steuer getroffen hat. Eine Verweisung an einen anderen Senat des FG –wie von der Klägerin beantragt– ist nicht geboten, da ernstliche Zweifel an der Unvoreingenommenheit des erkennenden Senats des FG nicht ersichtlich sind (vgl. BFH-Urteile vom 16. Dezember 1998 X R 139/95, BFH/NV 1999, 780; vom 26. Juli 1991 VI R 100/90, BFH/NV 1992, 53). |
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