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II. Die Revision der Kläger ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). |
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Das FG hat zu Recht die Entscheidung des FA nicht beanstandet, die einmalige vom Versorgungswerk des Klägers bezogene Rentenabfindung in Höhe von 293.605 EUR gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit einem Besteuerungsanteil von 56 % zu besteuern. |
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Bei der Rentenabfindung des Versorgungswerks handelt es sich um eine andere Leistung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG (unter 1.). Auf den Teil der Einmalleistung, der auf Beiträgen beruht, die oberhalb des Höchstbetrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden, konnte die Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG angewendet werden (unter 2.). Im Streitfall verstößt die Besteuerung der Einmalleistung nicht gegen das Verbot der Doppelbesteuerung (unter 3.). |
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1. Die Rentenabfindung des Versorgungswerks ist als "andere Leistung" i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zu besteuern, obwohl sie keine wiederkehrende Leistung i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG ist. |
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a) Der Besteuerungsgegenstand der sonstigen Einkünfte des § 22 EStG wird seit dem Inkrafttreten des AltEinkG für die Fallgruppen des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst a EStG autonom durch die Begriffe "Leibrenten und andere Leistungen" in Verbindung mit den nachfolgenden Aufzählungen und Definitionen in den Doppelbuchstaben aa und bb umschrieben. Die "anderen Leistungen" des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG liegen damit unabhängig davon vor, ob sie entsprechend § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG wiederkehrend sind. Konsequenz ist, dass auch einmalige Kapitalleistungen als "andere Leistungen" i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG steuerpflichtig sind, sofern die Voraussetzungen von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa oder bb EStG erfüllt sind. |
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b) Dieses Ergebnis entspricht dem im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, da der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages in § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG den Steuergegenstand bewusst um "andere Leistungen" erweitert hat, um Kapitalleistungen besteuern zu können, die andernfalls nicht steuerbar gewesen wären (vgl. BTDrucks 15/3004, 19). |
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c) Vor allem entspricht die Besteuerung der Einmalleistungen der berufsständischen Versorgungswerke gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG dem Sinn und Zweck des AltEinkG und den darin normierten grundlegenden Wertungen, zu denen die Einordnung der berufsständischen Versorgung in die Basisversorgung des sog. Drei-Schichten-Modells (vgl. hierzu den Abschlussbericht der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen –BMF–, Bd. 74, S. 9 f.), der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung bei der Basisversorgung sowie die Kohortenlösung der Übergangsregelung gehören. Die zutreffende Qualifizierung der berufsständischen Versorgung als Basisversorgung hat zur Folge, dass wegen der nachgelagerten Besteuerung nunmehr nicht nur die "Erträge" aus dem Vermögen, das aus steuerlich entlasteten Beiträgen aufgebaut wurde, sondern auch der Rückfluss des Altersvorsorgevermögens als solches einschließlich der damit verbundenen Wertsteigerungen vom Gesetzgeber als steuerpflichtiges Einkommen angesehen werden. Demzufolge kann es auf die Form der Auszahlung nicht mehr ankommen, so dass auch einmalige, nicht wiederkehrend erbrachte Leistungen der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG unterliegen (vgl. Senatsbeschluss vom 25. März 2010 X B 142/09, BFH/NV 2010, 1275, unter II.2.e, in Bezug auf einmalige Leistungen einer ausländischen gesetzlichen Rentenversicherung). Alle Leistungen der Basisversorgung –einschließlich der Kapitalleistungen der berufsständischen Versorgungswerke– sind zwingend in die Kohortenlösung der Übergangsregelung einzubeziehen, welche die unterschiedlichen Altersversorgungssysteme in das System der nachgelagerten Besteuerung überführt (vgl. hierzu ausführlich das Senatsurteil vom 23. Oktober 2013 X R 3/12, unter II.1., www.bundesfinanzhof.de/entscheidungen, Datum der Veröffentlichung: 4. Dezember 2013, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird). |
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2. Das FG hat die Öffnungsklausel gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG nur im Hinblick auf die Rentenabfindung zutreffend angewendet. |
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a) Die Leistungen des Versorgungswerks beruhten entsprechend der Bescheinigung des Versorgungswerks vom 7. April 2011 zu 0,03 % auf bis zum 31. Dezember 2004 geleisteten Beiträgen, die oberhalb des Betrags des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden. Der gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG erforderliche Antrag wurde vom Kläger gestellt. |
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Da in der Einmalleistung kein Ertrag aus dem Rentenrecht i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 1 EStG enthalten ist, kommt es insoweit in Höhe von 89 EUR (0,03 % von 293.694 EUR) zu keiner Besteuerung (so auch die Finanzverwaltung, vgl. BMF-Schreiben vom 19. August 2013, BStBl I 2013, 1087, Rz 256 f.; ebenso Killat-Risthaus in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 22 EStG Rz 318; Fischer in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 22 Rz 47). |
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b) Demgegenüber hat das FA die Öffnungsklausel zu Unrecht auch auf die Rentenzahlungen angewendet, obwohl diese nur auf den nach dem 31. Dezember 2004 geleisteten Beiträgen beruhten, so dass die Voraussetzungen des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG nicht erfüllt waren. Da sich dieser Fehler im Ergebnis aber zugunsten der Kläger ausgewirkt hat, bleibt es im Hinblick auf das Verböserungsverbot bei der getroffenen Entscheidung. |
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3. Die Besteuerung der Kapitalleistung verstößt im Streitfall nicht gegen das Verbot der Doppelbesteuerung. |
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a) In seinem Urteil vom 6. März 2002 2 BvL 17/99 (BVerfGE 105, 73, unter D.II.) forderte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) den Gesetzgeber auf, die steuerliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen "in jedem Fall" so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird, ohne jedoch den Begriff "doppelte Besteuerung" zu konkretisieren. |
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Nach der Rechtsprechung des BVerfG sowie des erkennenden Senats ist eine doppelte Besteuerung gegeben, wenn die steuerliche Belastung der Vorsorgeaufwendungen höher ist als die steuerliche Entlastung der Renten, dabei gilt grundsätzlich das Nominalwertprinzip (siehe auch BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02, 2/04, 13/05, BVerfGE 127, 1, unter C.III.2.c). Bei der Ermittlung der steuerlichen Belastung der Aufwendungen ist der Sonderausgabenabzug anhand der Beitragssätze der gesetzlichen Sozialversicherung aufzuspalten. In die Berechnung des steuerfreien Anteils der Rentenzahlungen sind die bisher vereinnahmten sowie die der statistischen Wahrscheinlichkeit nach zu erwartenden Leistungen einzubeziehen. |
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b) Nach den dem Urteil des FG zu Grunde liegenden Zahlen, an die der erkennende Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, hat der Kläger in den Jahren von 1982 bis 2004 Beträge in Höhe von 188.547 EUR an das Versorgungswerk entrichtet. Aufgrund der Aufstellungen der Kläger wurden Beiträge in Höhe von 127.904 EUR aus steuerlich nicht entlastetem Einkommen geleistet. Dem stehen ein steuerfreier Teil der Einmalzahlung in Höhe von 129.187 EUR sowie ein wegen der Öffnungsklausel nicht besteuerter Betrag von 89 EUR gegenüber. |
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Weiterhin sind in die Berechnung die bislang erhaltenen und entsprechend der statistischen Lebenserwartung künftig zu erwartenden Rentenzahlungen einzubeziehen. Von den in den Jahren 2005 bis 2008 an das Versorgungswerk gezahlten Beiträgen in Höhe von 39.099 EUR hatten sich 14.805 EUR steuerlich nicht ausgewirkt. Diesem Betrag stehen steuerfreie Rentenzahlungen in Höhe von 23.333 EUR gegenüber, die sich aus dem jährlichen steuerfrei zu vereinnahmenden Rentenanteil von 1.109 EUR pro Jahr (12 x 210 x 44 %) und der Lebenserwartung des Klägers errechnen. Dieser hatte nach der Sterbetafel 2007/2009 des Statistischen Bundesamtes (www.destatis.de) im Zeitpunkt des ersten Rentenbezuges noch eine statistische Lebenserwartung von 21,04 Jahren. |
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Bereits diese Berechnungen zeigen, dass eine Doppelbesteuerung erkennbar nicht gegeben ist. Somit bedarf es weder einer Entscheidung, ob die pauschale Berechnung der nicht steuerlich entlasteten Vorsorgeaufwendungen für die Jahre 1982 bis 1986 anzuerkennen ist, noch einer Prüfung, ob die Vorsorgeaufwendungen, die von den Klägern in ihrer Aufstellung berücksichtigt worden sind, überhaupt in die Berechnung hätten einbezogen werden dürfen. |
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4. Die von dem Kläger bezogene Rentenabfindung könnte zwar gemäß § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt besteuert werden, weil sie eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten darstellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die ausführliche Begründung im Senatsurteil vom heutigen Tage in dem Verfahren X R 3/12 (unter II.6.) verwiesen. |
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Im Streitfall wirkt sich die Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG bei den Klägern jedoch wegen der absoluten Höhe des zu versteuernden Einkommens der Kläger (369.979 EUR) und dem Verhältnis zur Höhe des steuerpflichtigen Anteils der Rentenabfindung (164.418 EUR) nicht aus. |
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