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II. Die Beschwerde ist begründet. Es liegt ein vom Kläger geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des FG beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). |
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1. Der Kläger rügt zu Recht, das FG habe die ihm von Amts wegen obliegende Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzt, indem es einerseits unter ausdrücklicher Abweichung vom landgerichtlichen Urteil ausgeführt habe, es gebe keine Anhaltspunkte für die Feststellung des LG, ein Teil der Scheinrechnungen der S-GmbH habe dazu gedient, den Eingang gefälschter Software buchhalterisch zu belegen, andererseits aber die vom LG hierzu vernommenen Zeugen A, B und C nicht selbst vernommen habe. |
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a) Die Verpflichtung des FG zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen bedeutet nicht, dass jeder fernliegenden Erwägung nachzugehen ist. Wohl aber muss das FG die sich im Einzelfall aufdrängenden Überlegungen auch ohne ausdrücklichen Hinweis der Beteiligten anstellen und entsprechende Beweise erheben. Die Sachaufklärungspflicht des FG kann allerdings nicht losgelöst von den Mitwirkungspflichten der Beteiligten (§ 76 Abs. 1 Satz 2 FGO) gesehen werden (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. nur Beschluss des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 10. September 2003 X B 132/02, BFH/NV 2004, 495, unter 4.). |
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b) Danach hätte sich dem FG die Vernehmung der drei genannten Zeugen aufdrängen müssen. Bereits das FA war ausweislich der Anlage zu dem angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass nur Teile der von der GmbH auf die "Scheinrechnungen" geleisteten Barzahlungen ins Privatvermögen des Klägers gelangt seien, und die Beträge im Übrigen von der GmbH zum Ankauf von Diebesgut sowie gefälschter Hard- und Software verwendet worden seien. Diese Einschätzung war durch die vom LG durchgeführte umfangreiche Beweisaufnahme bestätigt worden. Das LG hat sein Urteil auch in diesem Punkt auf mehreren Seiten ausführlich begründet und die entsprechenden Zeugenaussagen detailliert wiedergegeben. |
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Vor diesem Hintergrund ist die Würdigung des FG, es gebe "keine Anhaltspunkte" für eine –jedenfalls teilweise– Verwendung der hier in Rede stehenden Bargeldbeträge zur Bezahlung gefälschter Software, nicht nachvollziehbar. Jedenfalls hätte das FG zu dieser Würdigung, die von den auf mehrere übereinstimmende Zeugenaussagen gestützten Feststellungen des LG abwich, nicht ohne den Versuch einer eigenen Vernehmung dieser Zeugen kommen dürfen. Zudem erscheint es als widersprüchlich, dass das FG den –aus seiner Sicht– fehlenden substantiierten Sachvortrag des Klägers in dem hier zu behandelnden Punkt dazu verwendet, zu Lasten des Klägers ohne eigene Beweisaufnahme von den Feststellungen des LG abzuweichen, zugleich aber in allen anderen Streitpunkten den fehlenden substantiierten Sachvortrag des Klägers als Rechtfertigung dafür anführt, die Feststellungen des LG ohne eigene Beweisaufnahme übernehmen zu dürfen. |
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c) Eines ausdrücklichen Beweisantrags des Klägers oder einer Rüge in der mündlichen Verhandlung vor dem FG bedurfte es hier nicht. Der Kläger musste nach dem Verlauf des Verfahrens zwar damit rechnen, dass das FG die landgerichtlichen Feststellungen ohne eigene Beweisaufnahme übernehmen würde. Er musste aber nicht damit rechnen, dass es zu seinen Lasten ohne Beweisaufnahme von Feststellungen des LG, die auf die übereinstimmenden Ergebnisse der Vernehmung mehrerer Zeugen gestützt waren und zudem mit der vom FA vorgenommenen Würdigung des Sachverhalts übereinstimmten, abweichen würde. |
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2. Der Senat hält es für angezeigt, nach § 116 Abs. 6 FGO zu verfahren, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. |
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Für das Verfahren im zweiten Rechtszug weist der Senat im Hinblick auf die weiteren vom Kläger erhobenen, im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht mehr entscheidungserheblichen Rügen –ohne rechtliche Bindungswirkung– auf die folgenden Punkte hin: |
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a) Soweit vermeintlich auf Rechnungen der S-GmbH sowie weiterer Aussteller von Scheinrechnungen geleistete Barzahlungen der GmbH nicht zum Ankauf von Diebesgut und gefälschter Hard- und Software verwendet worden sind, steht das vom Kläger im Beschwerdeverfahren angeführte BFH-Urteil vom 19. Juni 2007 VIII R 34/06 (BFH/NV 2007, 2291) der Würdigung des FG nicht entgegen, die Barzahlungen seien ins Privatvermögen des Klägers gelangt und daher als vGA zu behandeln. |
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Der VIII. Senat hat sich in der angeführten Entscheidung lediglich mit der (Rechts-)Frage auseinandergesetzt, in welchen Fällen beim Gesellschafter eine vGA auch ohne tatsächlichen Zufluss allein aufgrund mittelbarer Vorteile zu bejahen sein kann. Zu der vorliegend zu beantwortenden (Tatsachen-)Frage, ob ein Zufluss von Barmitteln beim Kläger selbst festgestellt werden kann, lassen sich der Entscheidung des VIII. Senats keine Hinweise entnehmen. |
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In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass er keine Bedenken dagegen hätte, wenn das FG auch im zweiten Rechtszug aus der Tatsache, dass der Kläger im Jahr 1999 zahlreiche von der GmbH zur Bezahlung von Rechnungen der S-GmbH ausgestellte Schecks auf seinem Privatkonto eingelöst hat, den Schluss zieht, dass zumindest ein Teil der im Jahr 2000 vorgenommenen Barzahlungen auf Rechnungen der S-GmbH in das Privatvermögen des Klägers gelangt ist. Für die Existenz der in diesem Zusammenhang behaupteten Darlehensverträge zwischen ihm und der GmbH trüge der Kläger die Feststellungslast. Er mag dazu vortragen, welche Einzelheiten der Buchführung der GmbH zur Abwicklung der behaupteten Darlehensverträge zu entnehmen sein sollen und welche Gegenleistung er für die Zurverfügungstellung der Darlehen erhalten haben will. |
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b) Hinsichtlich der Frage, ob der Erlös aus dem Verkauf der Internet-Domain zu den Einkünften aus einem gewerblichen Einzelunternehmen des Klägers gehört, fehlt es noch an hinreichenden Feststellungen des FG. |
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aa) Aus den Feststellungen des FG ergibt sich, dass der Kläger seit 1990 ein Einzelunternehmen betrieben hat, das denselben Geschäftsgegenstand wie die später gegründete GmbH aufwies. Durch Aufnahme eines Partners entstand im Jahr 1994 eine OHG. Zum 1. Juli 1997 schied der andere Gesellschafter wieder aus; der Kläger führte den Betrieb als Einzelunternehmen fort. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20. August 1997 gründeten der Kläger und seine Eltern die GmbH. Ob die GmbH den Betrieb des Einzelunternehmens fortführte oder ob das Einzelunternehmen auch nach Gründung der GmbH fortbestand, hat das FG nicht festgestellt. Jedenfalls erklärte der Kläger auch in den Jahren 1998 bis 2000 –der Höhe nach teilweise von ihm selbst nur geschätzte– Einkünfte aus einem gewerblichen Einzelunternehmen, zu dessen Gegenstand das FG indes nichts festgestellt hat. |
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Im Streitjahr 2000 veräußerte der Kläger eine Internet-Domain, an der er die Rechte hielt, die er aber der GmbH –zu nicht näher bekannten Bedingungen– zur Nutzung überlassen hatte. In seiner Einkommensteuererklärung erklärte er hieraus bei den Einkünften aus einem gewerblichen Einzelunternehmen einen Gewinn von 123.000 DM, wobei mittlerweile unstreitig ist, dass ein Betrag von 133.000 DM rechnerisch zutreffend ist. Demgegenüber vertrat er im Klageverfahren die Auffassung, die Internet-Domain habe zu seinem Privatvermögen gehört, so dass der Kaufpreis nicht zu steuerbaren Einkünften geführt habe. |
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bb) Das FG wird vorrangig die Frage zu klären haben, ob im Streitjahr 2000 überhaupt noch ein Betriebsvermögen des Klägers existierte. Sofern die GmbH mit Aufnahme ihres Geschäftsbetriebs Ende 1997 oder Anfang 1998 –dieser Zeitpunkt steht ebenfalls nicht fest– den Betrieb des Einzelunternehmens fortgeführt hätte, könnte der Kläger zu diesem Zeitpunkt die nunmehr an die GmbH überlassene Internet-Domain unter Verwirklichung eines entsprechenden Entnahmegewinns in sein Privatvermögen entnommen haben. Dann könnten im Streitjahr 2000 keine gewerblichen Einkünfte aus der Veräußerung dieses Wirtschaftsguts mehr angesetzt werden. |
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Da der Kläger der GmbH aber offenbar noch andere Wirtschaftsgüter überlassen hatte –so hat er im Jahr 1999 einen gewerblichen Gewinn aus der Veräußerung von Einrichtungsgegenständen erklärt, die von der GmbH genutzt worden waren; der mit einer anderen dem Kläger nahestehenden Kapitalgesellschaft abgeschlossene und offenbar nicht vollzogene Kaufvertrag wurde vom FA allerdings nicht anerkannt–, wäre auch die Annahme einer Betriebsaufspaltung denkbar, sofern die überlassenen Wirtschaftsgüter von wesentlichem Gewicht für die Betriebsführung der GmbH waren, wozu ebenfalls nichts festgestellt ist. In diesem Fall wäre die Internet-Domain Betriebsvermögen des Klägers geblieben. Gleiches würde gelten, wenn der Kläger den Geschäftsbetrieb seines Einzelunternehmens nicht vollständig auf die GmbH übertragen, sondern teilweise selbst fortgeführt hätte. |
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c) Das FG hat ausgeführt, selbst wenn der Gewinn aus der Veräußerung der Internet-Domain nicht steuerbar sein sollte, könnte die Klage keinen Erfolg haben, da beim Kläger im Wege der Fehlersaldierung zusätzliche vGA aus Barzahlungen der GmbH auf Rechnungen einer X-GmbH –hinsichtlich derer das FA der Klage durch Erlass eines Änderungsbescheids bereits abgeholfen hatte– anzusetzen wären. |
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Dem könnte der Senat auf der Grundlage der derzeitigen Tatsachenfeststellungen des FG nicht in vollem Umfang folgen. Das FG hat –unter Heranziehung der Ergebnisse entsprechender polizeilicher Ermittlungen– festgestellt, die Waren, die die X-GmbH der GmbH in Rechnung gestellt habe, seien im März 2000 gestohlen worden. Die GmbH habe sie kurz darauf zum Verkauf angeboten. |
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Aus diesen Feststellungen folgt aber noch nicht, dass der Gesamtbetrag der Zahlungen, die die GmbH auf "Scheinrechnungen" der X-GmbH geleistet hat, in das Privatvermögen des Klägers gelangt ist. Vielmehr ist –da auch Kriminelle sich nichts zu schenken pflegen– davon auszugehen, dass die GmbH das Diebesgut nicht unentgeltlich erlangt hat, sondern hierfür an die Diebe bzw. Hehler gewisse Beträge entrichten musste. Soweit die GmbH derartige Zahlungen an Dritte geleistet hat, können dem Kläger keine vGA zugeflossen sein. Anders verhielte es sich nur, wenn der Kläger selbst die Ware gestohlen hätte. Von einem solchen Sachverhalt geht aber auch das FG nicht aus; vielmehr scheint es anzunehmen, der Kläger habe sich als Hehler betätigt. |
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d) Ferner ist darauf hinzuweisen, dass das FA beim Erlass des Teilabhilfebescheids vom 25. Oktober 2012 im Hinblick auf die Einlösung von Schecks der M-GmbH (Sachverhalt lt. Tz. 14 des Steuerfahndungsberichts) nicht die sonstigen Einkünfte, bei denen dieser Sachverhalt berücksichtigt war, sondern irrtümlich die Einkünfte aus Kapitalvermögen um 96.842 DM gemindert hat. |
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