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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das angefochtene Urteil ist unwirksam. Sein Tenor ist unbestimmt und kann auch nicht in einem bestimmten Sinn ausgelegt werden. |
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1. Ein Urteil ist wirkungslos, wenn sich aus ihm keine eindeutige Entscheidung ergibt. Wesentlicher Bestandteil eines jeden Urteils ist die Urteilsformel (§ 105 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Aus ihr muss sich entnehmen lassen –erforderlichenfalls unter Heranziehung des übrigen Urteilsinhalts–, wie über die Anträge der Beteiligten entschieden worden ist (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 27. Juli 1993 VIII R 67/91, BFHE 173, 480, BStBl II 1994, 469). Einen solchen Mangel hat das Revisionsgericht auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten, da es sich um einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens handelt (BFH-Urteil vom 19. Februar 1991 VIII R 8/86, BFH/NV 1992, 175). |
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Der Tenor des angefochtenen FG-Urteils bezieht sich auf den zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht festgestellten Einheitswert des zum Grundvermögen der Klägerin gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes auf den Feststellungszeitpunkt 1. Januar 2008. Diesem Urteilstenor lässt sich –auch unter Heranziehung der Urteilsgründe– nicht entnehmen, in welchem Umfang die diesbezügliche gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.F. vorzunehmen ist und in welcher Höhe der Gewerbesteuermessbetrag nach der Entscheidung festgesetzt sein soll. Der Tenor, die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags "ist dahingehend abzuändern, dass", ist aber dahin zu verstehen, dass das FG im Rahmen der erhobenen Anfechtungsklage den Gewerbesteuermessbetrag nach § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO selbst bestimmen wollte (sog. Reformation, Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 100 FGO Rz 16). Aus einem derartigen Gestaltungsurteil muss sich ergeben, inwieweit der angefochtene Bescheid abgeändert wird, woran es hier fehlt. |
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Nichts anderes ergibt sich, wenn man den Tenor dahin verstünde, dass das FG im Hinblick auf den nach den Urteilsgründen erst noch festzustellenden Einheitswert –ohne die Vorschrift anzusprechen– nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO die Ermittlung des (dann) festzusetzenden Messbetrags dem FA übertragen wollte. Denn in Anwendung des § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO darf nur noch die rechnerische Ermittlung des Betrags offenbleiben (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 34/94, BFH/NV 2001, 757, unter II.). Da das FG die Berechnungsgrundlagen für die abweichende Festsetzung des zutreffenden Messbetrags aber nicht vollständig mitgeteilt hat, konnte das FA den Messbetrag nicht "auf Grund der Entscheidung errechnen". Ein Verstoß gegen § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO stellt ebenfalls einen zur Urteilsaufhebung führenden Verfahrensfehler dar, der von Amts wegen zu beachten ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 757, unter II.). |
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Das Urteil des FG lässt sich auch nicht als Grundurteil i.S. des § 99 FGO verstehen. Unabhängig davon, ob ein solches im Streit über einen Gewerbesteuermessbetrag überhaupt zulässig wäre (ablehnend: BFH-Beschluss vom 20. November 2008 IV B 7/08, juris) und ob dessen Voraussetzungen hier vorlägen, hat das FG weder eine diesbezügliche Ermessensausübung erkennen lassen noch sonst zum Ausdruck gebracht, dass es sich nicht um ein Endurteil handeln sollte. Dies wird nicht zuletzt auch an der Kostenentscheidung deutlich, die nach § 143 Abs. 1 FGO nur bei verfahrensbeendenden Urteilen und damit nicht bei Grundurteilen zu erfolgen hat (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 143 Rz 2). |
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2. Die Streitsache ist nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO an das FG zurückzuverweisen, da dem Senat eine Entscheidung in der Sache mangels festgestellten Einheitswerts für die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.F. nicht möglich ist. Hierauf kommt es aber an. Denn das FG ist in der Sache zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 n.F. nicht erfüllt, bei ihr aber die pauschale Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.F. vorzunehmen ist. |
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a) Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.F. wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt. An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt nach Satz 2 auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. |
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b) Wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, liegen diese Voraussetzungen aufgrund der unterjährigen Veräußerung des einzigen Grundstücks der Klägerin nicht vor (vgl. auch FG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 12. Dezember 2012 12 K 12280/11, EFG 2013, 1420, und vom 3. September 2013 6 K 6111/11, EFG 2013, 1950; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1. Oktober 2013 1 K 2605/10, EFG 2014, 153). |
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aa) Soweit das Gesetz die ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes fordert, ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass der Begriff der Ausschließlichkeit gleichermaßen qualitativ, quantitativ wie zeitlich zu verstehen ist (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2010 I R 1/10, BFH/NV 2011, 841, m.w.N.; zustimmend Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 76; kritisch Jesse, Finanzrundschau –FR– 2004, 1085, 1093; Schlegel, Neue Wirtschaftsbriefe 2012, 4223, 4225). Zwar ist nicht erforderlich, dass die Grundstücksverwaltung während des gesamten Erhebungszeitraums bestanden hat. Sie kann auch vorzeitig enden. Aber solange das Unternehmen –wie im Streitfall– während des Erhebungszeitraums überhaupt tätig ist, muss seine Haupttätigkeit durchgängig in der schlichten Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bestehen, um begünstigt zu sein (Senatsurteil vom 20. Januar 1982 I R 201/78, BFHE 135, 327, BStBl II 1982, 477). Dies folgt aus dem Wesen der Gewerbesteuer als Jahressteuer (Senatsurteil vom 29. März 1973 I R 199/72, BFHE 109, 138, BStBl II 1973, 563). Die erweiterte Kürzung kann daher nicht gewährt werden, wenn das letzte Grundstück vor Ablauf des Erhebungszeitraums veräußert wird und nicht mehr ausschließlich Grundbesitz verwaltet wird (Senatsurteile in BFH/NV 2011, 841; vom 19. Dezember 2007 I R 46/07, BFH/NV 2008, 930; in BFHE 135, 327, BStBl II 1982, 477; Senatsbeschlüsse vom 14. April 2000 I B 104/99, BFH/NV 2000, 1497; vom 12. Juli 1999 I B 5/99, BFH/NV 2000, 79); eine nur "technisch" bedingte Ausnahme liegt hier ersichtlich nicht vor (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. August 2004 I R 89/03, BFHE 207, 40, BStBl II 2004, 1080). An dieser Rechtsprechung hält der Senat weiterhin fest. |
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bb) Im Streitfall war der Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 n.F. zu versagen, weil sie seit dem Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten an ihrem einzigen Grundstück am 16. August 2008 –und damit vor Ablauf des Erhebungszeitraums, § 14 Satz 2 GewStG 2002 n.F.– keinen eigenen Grundbesitz mehr genutzt hat, aber weiterhin werbend tätig blieb. Soweit sie noch eigenes Kapitalvermögen in Form der ausgegebenen Darlehen verwaltete, erfolgte dies nicht mehr (unschädlich) zeitlich neben der Grundstücksnutzung, sondern danach. |
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cc) Aus der von der Revision vorgetragenen besonderen Situation der Klägerin ergibt sich nichts anderes. |
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Die nach dem Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 n.F. erforderliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes grenzt die Vermögensverwaltung auf der einen Seite von gewerblichen Tätigkeiten ab. Auf der anderen Seite erfordert der Wortlaut aber ausdrücklich, dass während des gesamten Erhebungszeitraums eine "Nutzung" des Grundstücks –im Sinne einer Fruchtziehung (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2007 I B 148/07, BFH/NV 2008, 542)– erfolgt. Eine solche Fruchtziehung aus eigenem Grundbesitz nahm die Klägerin aber seit dem Verlust des wirtschaftlichen Eigentums an dem Grundstück (vgl. auch § 20 Abs. 1 Satz 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung) nicht mehr vor. Die Tätigkeiten zur Abwicklung der Grundstücksveräußerung und die Erfüllung von Pflichten aus dem Veräußerungsvertrag über das Ende des Erhebungszeitraums hinaus führten –unabhängig von ihrem Umfang und der Komplexität des Grundstücksgeschäfts– nicht zu einer Weiternutzung eigenen Grundbesitzes. Auch die Vorbereitung oder Anbahnung eines (erneuten) Grundstückserwerbs stellten noch keine Grundstücksnutzung in diesem Sinne dar. Hierüber können auch der Gesellschaftszweck und die Absicht, neuen Grundbesitz zur eigenen Nutzung zu erwerben (vgl. bereits BFH-Urteil vom 7. April 1967 VI R 285/66, BFHE 89, 215, BStBl III 1967, 616), nicht hinweghelfen. Daher ist für die Frage der durchgängigen Grundstücksnutzung unerheblich, ob sich die Klägerin bis zum Ablauf des streitigen Erhebungszeitraums in Liquidation befand oder nicht. |
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dd) Weder der Verweis auf verfassungsrechtliche Vorgaben noch auf den Sinn und Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 n.F. führen zu einem anderen Ergebnis. |
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Die vom Senat vorgenommene Auslegung der "Ausschließlichkeit" und der "Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes" begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; insbesondere nicht im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Die rechtsformbedingte Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber einer natürlichen Person oder einer Personengesellschaft resultiert bereits aus der gesetzgeberischen Grundentscheidung, dass § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG 2002 n.F. –wie auch § 8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 2002– die Tätigkeit von Kapitalgesellschaften stets und in vollem Umfang als gewerblich qualifiziert. Diese Grundentscheidung des Gesetzgebers ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Senatsurteil in BFHE 109, 138, BStBl II 1973, 563; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2010 1 BvR 2130/09, FR 2010, 670). Der Senat hat ferner bereits entschieden, dass die –verfassungsrechtlich nicht unbedingt gebotene– Begünstigung von engen tatbestandlichen Erfordernissen abhängig und der Gesetzgeber grundsätzlich darin frei ist, tatbestandliche Voraussetzungen und Erfordernisse zu normieren, die erfüllt sein müssen, um in den Genuss einer steuerlichen Begünstigung, wie der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages, zu gelangen (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2010 I R 67/09, BFHE 232, 194, BStBl II 2011, 367). Auch wenn es dem ursprünglichen Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 n.F. entspricht, Grundstücksunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft vergleichbar tätigen Personengesellschaften gleichzustellen, erzwingt dies dennoch keine uneingeschränkte Gleichbehandlung, vielmehr nur eine solche, die spezifisch darauf beruht, dass entsprechende Gewinne bei Personengesellschaften nicht mit Gewerbesteuer belastet sind (Senatsbeschluss in BFH/NV 2000, 1497), was hier nicht der Fall ist. An dieser Rechtsprechung hält der Senat ebenfalls fest. Eine Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs der Kürzungsvorschrift gegen ihren ausdrücklichen Wortlaut kommt daher nicht in Betracht. |
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c) Das FG ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.F. dem Grunde nach erfüllt sind (ebenso Schnitter in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 9 GewStG Rz 37; Roser in Lenski/ Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Rz 98; Renner in Bergemann/Wingler, GewStG, § 9 Rz 25; FG Berlin, Urteil vom 16. September 1998 6 K 6278/96, EFG 1999, 246 und wohl auch R 9.2 Abs. 1 Satz 2 der Gewerbesteuer-Richtlinien 2009). Soweit gegen die Anwendung des Satzes 1 in der Literatur Einwendungen erhoben werden, wenn ein Antrag nach Satz 2 gestellt ist (Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 50; Güroff in Glanegger/ Güroff, GewStG, 8. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 32), kann sich dies nur auf Fälle beziehen, in denen die Voraussetzungen des Satzes 2 zumindest für Teile des Grundbesitzes erfüllt sind. Liegen aber –wie hier– die Voraussetzungen des Satzes 2 insgesamt nicht vor, tritt dieser auch nicht an die Stelle des Satzes 1 und verdrängt diesen nicht; der Antrag geht dann ins Leere. |
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3. Die Kostenentscheidung wird dem FG übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO). |
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