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I. Streitig ist, ob der Verlust von Genussrechtskapital, soweit es durch Umwandlung eines Überstundenguthabens entstanden ist, zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führt. |
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Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und wurden vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt –FA–) für das Streitjahr 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. |
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Der Kläger war Arbeitnehmer (Tarifangestellter) der Firma … (GmbH). Das Stammkapital der GmbH betrug 15.000.000 DM. |
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Am 24. März 1999 schloss die Geschäftsführung der GmbH mit dem Betriebsrat zur Regelung der Arbeitszeit für den verlängerten Ausgleichszeitraum vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2002 eine "Ergänzende Betriebsvereinbarung zur Rahmenvereinbarung gemäß § 4, Nr. 2 Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung vom 30. November 1998". Darin heißt es u.a.:
"1. Ergänzungen im Rahmen der Betriebsvereinbarung über die Einführung einer bedarfsorientierten gleitenden Arbeitszeitregelung
1.1 Dauer der Arbeitszeit
Für die Zeit vom 01.01.1999 bis 31.12.2000 gilt für alle Angestellten eine tägliche Regelarbeitszeit von 7,5 Stunden. Für Mitarbeiter nach § 3 Ziff. 3 MTV und außertarifliche Angestellte umfasst die tägliche Regelarbeitszeit 8,5 Stunden. Als Sollarbeitszeit gelten weiterhin je nach Arbeitsvertrag 7 bzw. 8 Stunden täglich
1.2 Aufbau von Investitionsstunden
Durch die Erhöhung der täglichen Regelarbeitszeit erfolgt ein Stundenaufbau von 0,5 Stunden je Anwesenheitstag. Dieser Stundenaufbau von 0,5 Stunden je Anwesenheitstag wird automatisch im Arbeitszeitsystem auf einem separaten Konto (Investitionskonto) gutgeschrieben. Alle übrigen Stundendifferenzen werden wie bisher im Gleitzeitkonto erfasst.
1.3 Normale Arbeitszeit
Als normale Arbeitszeit für die Berechnung bezahlter Ausfallzeiten gelten weiterhin die Bestimmungen der Betriebsvereinbarung über die Einführung einer bedarfsorientierten gleitenden Arbeitszeitregelung.
1.4 Sonstige Regelungen
Alle übrigen Regularien der bestehenden Betriebsvereinbarung über die Einführung einer bedarfsorientierten gleitenden Arbeitszeit bleiben weiter bestehen …
3.4 Arbeitszeitausgleich in der Abbauphase
Als Abbauphase der Investitionsstunden ist die Zeit vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2002 vorgesehen.
Über die Regularien und die Möglichkeiten des Abbaues der aufgebauten Investitionsstunden werden im 2. Halbjahr 2000 Verhandlungen zwischen den Betriebsparteien aufgenommen. Es besteht Einigkeit darüber, dass beim Abbau der Investitionsstunden zwischen den Betriebsparteien eine einvernehmliche Lösung gefunden wird, bei der die betrieblichen Belange Berücksichtigung finden müssen.
… Diese ergänzende Betriebsvereinbarung tritt rückwirkend zum 01.01.1999 in Kraft und endet zum gleichen Zeitpunkt wie die entsprechende Rahmenvereinbarung am 31.12.2002." |
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Am 13. Dezember 2001 schloss die Geschäftsführung der GmbH mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung mit folgendem Inhalt:
"1. Die Geschäftsleitung wird den Mitarbeitern ein Genussrecht an der … GmbH einräumen, das den Arbeitnehmern die Möglichkeit bietet, sich an den Chancen und Risiken des Unternehmens zu beteiligen. 2. Alle Mitarbeiter können entsprechend den steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen sowie den Regelungen der Genussrechtsbedingungen der … GmbH Einzahlungen aus dem Nettoeinkommen vornehmen. 3. Die Genussrechtsbedingungen und ihre Anlagen sind Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung." |
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Die am 10. Dezember 2001 schriftlich fixierten Genussrechtsbedingungen hatten im Wesentlichen folgenden Inhalt:
§ 1 regelte die Entstehung des Genussrechts. Nach § 2 Abs. 1 begründete das Genussrecht einen schuldrechtlichen Anspruch des Mitarbeiters auf Beteiligung am Gewinn des Unternehmens, jedoch keinerlei gesellschaftsrechtlich geprägte Mitgliedschaftsrechte. § 3 regelte Einzelheiten zur Zusammensetzung des Genussrechtskapitals, das zum einen aus einer freiwilligen unentgeltlichen Einräumung von Genussrechten durch das Unternehmen und zum anderen durch Zuzahlungen des Mitarbeiters entstand. Nach § 3 Abs. 5 war das Genussrechtskapital nicht insolvenzgesichert, sondern haftete unmittelbar vor dem Stammkapital der GmbH. § 4 Abs. 1 sicherte vorbehaltlich einer Verminderung des Stammkapitals der GmbH eine Mindestverzinsung von 2 % zu. Darüber hinaus war nach § 4 Abs. 2 eine gewinnabhängige Vergütung entsprechend der Eigenkapitalrendite der GmbH und nach einer besonderen Staffelung lt. Anlage 1 der Genussrechtsbedingungen vorgesehen. Hiernach bewirkte eine Eigenkapitalrendite zwischen 2 % und 8 % eine Vergütung des Genussrechts mit demselben Prozentsatz. Bei einer Eigenkapitalrendite über 8 % verminderte sich die zusätzliche Vergütung auf 3/4, ab 14 % auf 1/2, ab 20 % auf 1/4 des Prozentsatzes der Eigenkapitalrendite. Zur Frage der Berechnung des Eigenkapitals und der Eigenkapitalrendite bestimmte § 4 Abs. 4 Buchst. c, dass als Eigenkapital das gesamte handelsrechtliche Eigenkapital inklusive des Genussrechtskapitals im Verlauf des Geschäftsjahres anzusehen sei. Das Genussrecht hatte nach § 6 eine Laufzeit von fünf Jahren und verlängerte sich auf unbestimmte Zeit, sofern es nicht mit einer Zwei-Jahres-Frist gekündigt wurde. Nach Ablauf der fünf Jahre konnte es mit derselben Kündigungsfrist zum Monatsende gekündigt werden. Außerdem führte das Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Unternehmen zu einer Beendigung des Genussrechts ohne gesonderte Kündigung. Darüber hinaus waren in § 6 bestimmte Gründe für eine Kündigung aus wichtigem Grund geregelt; dies galt u.a. bei Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz. Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses war das Genussrechtskapital nach § 7 zu seinem Nennwert zurückzuzahlen. |
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In einer "Regelungsabsprache" vom 19. Juni 2002 vereinbarten die Geschäftsleitung und der Betriebsrat der GmbH, ein vorhandenes Investitionsstundenguthaben eines Mitarbeiters könne im Jahre 2002 in Genussrechtskapital umgewandelt werden, und zwar in Höhe des Netto-Auszahlungsbetrages nach Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen. Im Einzelnen heißt es in der Absprache u.a.:
"… Es besteht die Möglichkeit, zum 30.06.2002 Investstunden-Guthaben in Genussrechtskapital umzuwandeln. Nach Absprache mit dem Betriebsrat besteht für jeden Einzelnen nur die Möglichkeit, jeweils 1/3 seines Investstunden-Guthabens umzuwandeln. Ein weiteres Drittel kann zum 30.09.2002 und das letzte Drittel zum 31.12.2002 umgewandelt werden. Durch die Umwandlung entstehen Sozialversicherungsbeiträge sowie Lohnsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Der nach Abzug des Arbeitnehmeranteils am Sozialversicherungsbeitrag und der steuerlichen Abzüge vom umzuwandelnden Investstunden-Guthaben verbleibende Netto-Betrag wird dem Genussrechtskonto mit Wertstellung zum 30.06.2002 gutgeschrieben. Auch für diese Umwandlung gelten die oben aufgeführten Abgabefristen …" |
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Darüber hinaus hat die GmbH am 30. August 2002 ein weiteres Informationsschreiben für die Arbeitnehmer herausgegeben. Hierin heißt es u.a.:
" … Die Abzüge (für Steuern und Sozialversicherung) sind genauso hoch, als wenn dem Mitarbeiter das umzuwandelnde Investstunden-Guthaben ausgezahlt würde. Eine Auszahlung der Investstunden-Guthaben kommt jedoch nicht in Betracht. Neben der Umwandlung in Genussrechtskapital gibt es nur die Möglichkeit des Arbeitszeitausgleichs. Für das Jahr 2002 gibt es wieder ein steuerfreies Geschenk von der Firma in Höhe der eigenen Einzahlung des Mitarbeiters, maximal jedoch 154,- EUR. Dieses Geschenk wird zum 31.12.2002 dem Genussrechtskonto gutgeschrieben und bezieht sich auf alle Einzahlungen aus umgewandelten Investstunden-Guthaben. Gemäß der bisherigen Entwicklung im Jahr 2002 und der Plandaten für das zweite Halbjahr 2002 ist mit einer Vergütung von über 12 % für das gesamte Jahr 2002 zu rechnen. Genussrechtskapital, das jetzt mit Wertstellung 30.09.2002 eingezahlt wird, wird mit einem Viertel der Jahresverzinsung vergütet, also voraussichtlich über 3 %. Ab dem Jahr 2003 erhält dieses Genussrechtskapital die volle Jahresvergütung …" |
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Eine weitere Ergänzung zur Betriebsvereinbarung "Genussrechtskapital" zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat der GmbH vom 11. März 2004 passte die steuer- und sozialversicherungsfreien Arbeitgeberanteile zum Genussrechtskapital mit Wirkung ab 1. Januar 2004 auf max. 135 EUR an. In einem Informationsschreiben vom 11. September 2006 ging die Personalleitung der GmbH auf Details zur Einzahlung auf das Genussrechtskapital ein. |
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Auf dieser Grundlage hat der Kläger wie folgt Investstunden-Guthaben in Genussrechtskapital umgewandelt: |
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Entspricht Arbeitslohn (brutto) |
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Entspricht Arbeitslohn (netto) |
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Außerdem haben der Kläger und sein Arbeitgeber folgende weitere Zuzahlungen in das Genussrechtskapital geleistet: |
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Gesamteinzahlung Genussrechtskapital: |
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Umwandlung Investstunden- Guthaben |
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Der Kläger erhielt vor dem Streitjahr Vergütungen auf sein Genussrechtskapital, die bei der Steuerfestsetzung nicht erfasst wurden, weil die Einnahmen der Kläger aus Kapitalvermögen jeweils unter 1.602 EUR lagen. |
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Über das Vermögen der GmbH eröffnete das Amtsgericht A im Jahre 2007 das Insolvenzverfahren. Die Gesellschaft wurde gemäß Handelsregistereintrag vom … April 2007 durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst. |
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Mit Schreiben vom 26. April 2007 informierte die GmbH den Kläger darüber, dass sein Genussrechtskapitalkonto mit Ablauf des 31. März 2007 einen Saldo von 3.517,43 EUR aufweise. Die Forderung sei aber im Insolvenzverfahren "bestenfalls" nachrangig und könne daher im Forderungsanmeldebogen nicht berücksichtigt werden. Mit Schreiben vom 23. Januar 2008 wies auch der Insolvenzverwalter der GmbH den Kläger darauf hin, dass es sich bei den Forderungen aus den Genussrechten um sogenannte nachrangige Insolvenzforderungen handele. Darüber hinaus teilte der Insolvenzverwalter mit, dass zum damaligen Zeitpunkt nicht davon auszugehen sei, dass nachrangige Insolvenzforderungen berücksichtigt werden könnten. Zwischen den Beteiligten besteht insoweit in tatsächlicher Hinsicht Einigkeit darüber, dass die Forderung des Klägers auf Rückzahlung des Genussrechtskapitals bereits im Jahr 2007 mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH wertlos war. Es stand bereits im Jahr 2007 für den Kläger erkennbar fest, dass auf diese Forderung keinerlei Zahlung erfolgen wird. |
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Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2007 machten die Kläger den Verlust des der GmbH zur Verfügung gestellten Genussrechtskapitals in Höhe von 3.517,43 EUR vergeblich als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers geltend. Der daraufhin eingelegte Einspruch blieb ebenfalls ohne Erfolg. Denn der Verlust der Kapitalforderung sei nicht beruflich veranlasst. Es handele sich vielmehr um einen steuerunerheblichen Vorgang in der privaten Vermögenssphäre. |
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Mit der sodann erhobenen Klage verfolgten die Kläger ihr Anliegen weiter. Sie begehrten allerdings nur noch einen Kapitalverlust in Höhe von 2.491,04 EUR zum Werbungskostenabzug bei den Einkünften des Klägers aus § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zuzulassen, da die Kapitalforderung nur in dieser Höhe durch Umwandlung des Überstundenguthabens entstanden sei. |
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Überlasse ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber ein zur Sicherung des Arbeitsplatzes in Genussrechtskapital umgewandeltes Überstundenguthaben, sei der Verlust der Kapitalforderung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen (Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1652). |
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. |
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Es beantragt, das Urteil des FG Köln vom 22. Mai 2013 7 K 187/10 aufzuheben und die Klage abzuweisen. |
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Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen. |
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