|
II. Im Streitfall hat zum 1. Mai 2013 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel stattgefunden; Beklagte und Revisionsklägerin ist nunmehr die Familienkasse Y (Familienkasse). Das Rubrum des Verfahrens ist deshalb zu ändern (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 16. Mai 2013 III R 8/11, BFHE 241, 511, BStBl II 2013, 1040, Rz 11; vom 5. September 2013 XI R 12/12, BFHE 242, 404, BStBl II 2014, 39). |
|
|
Die Revision ist unbegründet; sie ist deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Recht entschieden, dass T im Streitzeitraum als arbeitsuchendes Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen ist. |
|
|
Zwar führt allein der Umstand, dass nicht feststeht, ob die Arbeitsagentur eine Einstellungsverfügung gemäß § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III n.F. an T bekannt gegeben hat, nicht dazu, dass die Meldung der T als Arbeitsuchende vom 30. Oktober 2008 zeitlich unbefristet fortwirkt. Da die Familienkasse aber nicht nachweisen kann, dass T ihre Mitwirkungspflichten gegenüber der Arbeitsagentur verletzt hat, wirkt die Meldung und damit der Kindergeldanspruch zeitlich unbefristet –ggf. bis zum Erreichen des 21. Lebensjahres– fort. |
|
|
1. Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, beim Kindergeld berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist. |
|
|
Diese Voraussetzungen lagen bei T zunächst vor; denn T hat sich nach den tatsächlichen Feststellungen des FG im Oktober 2008 bei der Arbeitsagentur arbeitslos gemeldet und war auch im Januar 2009 noch als Arbeitsuchende registriert. Streitig ist allein, ob der von T im Monat Oktober 2008 begründete und im Januar 2009 noch fortdauernde Status später wieder entfallen ist. |
|
|
2. Da keine ausdrückliche steuerrechtliche Regelung besteht, wann der durch eine Meldung als Arbeitsuchender begründete Status wieder entfällt, sind für das Kindergeldrecht insoweit die Vorschriften des Sozialrechts, hier insbesondere § 38 SGB III, heranzuziehen (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 III R 68/05, BFHE 222, 349, BStBl II 2009, 1008, unter II.2.b). |
|
|
a) Nach § 38 Abs. 4 Satz 2 SGB III a.F. wirkte eine einmalige Meldung des Arbeitsuchenden nur drei Monate fort und musste danach erneuert werden (vgl. BFH-Urteile in BFHE 222, 349, BStBl II 2009, 1008, unter II.2.b; vom 25. September 2008 III R 91/07, BFHE 223, 354, BStBl II 2010, 47, unter II.1.). |
|
|
b) Mit Wirkung ab 1. Januar 2009 wurde § 38 SGB III durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (ArbeitsmarktNAusrG) vom 21. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2917) geändert. § 38 SGB III n.F. lautete im Streitzeitraum auszugsweise wie folgt: |
|
|
"(1) Personen, deren Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. …
(2) Ausbildung- und Arbeitsuchende, die Dienstleistungen der Bundesagentur in Anspruch nehmen, haben die für eine Vermittlung erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und den Abschluss eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses unter Benennung des Arbeitgebers und seines Sitzes unverzüglich mitzuteilen. …
(3) Die Arbeitsvermittlung ist durchzuführen 1. solange der Arbeitsuchende Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts bei Arbeitslosigkeit beansprucht, 2. solange der Arbeitsuchende in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gefördert wird oder 3. bei Meldepflichtigen nach Absatz 1 bis zum angegebenen Beendigungszeitpunkt des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses. Im Übrigen kann die Agentur für Arbeit die Vermittlung einstellen, wenn der Arbeitsuchende die ihm nach Absatz 2 oder der Eingliederungsvereinbarung oder dem Verwaltungsakt nach § 37 Abs. 3 Satz 4 obliegenden Pflichten nicht erfüllt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. …
(4) Die Ausbildungsvermittlung ist durchzuführen 1. bis der Ausbildungsuchende in Ausbildung, schulische Bildung oder Arbeit einmündet oder sich die Vermittlung anderweitig erledigt oder 2. solange der Ausbildungsuchende dies verlangt. Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend." |
|
|
Diese am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Vorschrift (vgl. Art. 8 Abs. 1 ArbeitsmarktNAusrG, BGBl I 2008, 2917) ist im Streitfall, der den Streitzeitraum von Februar 2009 bis November 2010 umfasst, anzuwenden, obwohl die ursprüngliche Meldung der T bei der Arbeitsagentur am 30. Oktober 2008 und damit vor dem 31. Dezember 2008 erfolgt ist (vgl. BFH-Urteil vom 10. April 2014 III R 37/12, www.bundesfinanzhof.de/entscheidungen, Rz 24). |
|
|
c) Für die Auslegung des § 38 SGB III n.F. gelten nach der Rechtsprechung des III. Senats des BFH (BFH-Urteile vom 10. April 2014 III R 19/12, BFHE 245, 200, BFH/NV 2014, 1428; vom gleichen Tag III R 37/12, www.bundesfinanzhof.de/entscheidungen), die das FG bei seiner Entscheidung noch nicht berücksichtigen konnte und der sich der erkennende Senat anschließt, folgende Grundsätze: |
|
|
aa) Der Wegfall der Wirkung einer Meldung als Arbeitsuchender setzt weiterhin nicht konstitutiv die wirksame Bekanntgabe einer Einstellungsverfügung voraus. Fehlt es an einer wirksam bekanntgegebenen Einstellungsverfügung, hängt der Fortbestand der Meldung als Arbeitsuchender davon ab, ob das arbeitsuchende Kind eine Pflichtverletzung begangen hat, welche die Arbeitsagentur nach § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III n.F. zur Einstellung der Vermittlung berechtigt (BFH-Urteil in BFHE 245, 200, BFH/NV 2014, 1428, Rz 14). |
|
|
bb) Nach § 38 SGB III n.F. ist die Pflicht der Arbeitsagentur zur Vermittlung des Arbeitsuchenden nicht mehr auf drei Monate beschränkt; sie besteht grundsätzlich unbefristet fort. Allerdings kann die Arbeitsagentur gegenüber einem Arbeitsuchenden, der –wie T– nicht unter § 38 Abs. 3 Satz 1 SGB III n.F. fällt (u.a. Nichtleistungsbezieher), die Vermittlung gemäß § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III n.F. einstellen, wenn dieser die ihm nach § 38 Abs. 2 SGB III n.F., der Eingliederungsvereinbarung oder dem Verwaltungsakt nach § 37 Abs. 3 Satz 4 SGB III n.F. obliegenden Pflichten nicht erfüllt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Für diesen Fall sieht § 38 Abs. 3 Satz 3 SGB III n.F. als neue "Sanktion" den Ausschluss von der Vermittlung für zwölf Wochen vor (sog. Vermittlungssperre); in solchen Fällen ist bei der Prüfung, ob die Meldung als Arbeitsuchender fortwirkt, maßgeblich darauf abzustellen, ob das arbeitsuchende Kind eine –die Arbeitsagentur zur Einstellung der Vermittlung berechtigende– Pflichtverletzung i.S. des § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III n.F. begangen hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 245, 200, BFH/NV 2014, 1428, Rz 15, 17). |
|
|
cc) Steht fest, dass die Arbeitsagentur die Vermittlung zu Recht eingestellt hat, kann infolge der Abmeldung ohne weiteres von dem Wegfall der Meldung als Arbeitsuchender ausgegangen werden. Sollten jedoch Meinungsverschiedenheiten hierüber bestehen, haben die Familienkassen und Finanzgerichte selbst zu prüfen, ob eine nach § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III n.F. beachtliche Pflichtverletzung vorliegt. Der Abmeldung kommt –jedenfalls bei Fehlen einer wirksam bekanntgegebenen Einstellungsverfügung– keine Tatbestandswirkung zu. Der Senat verweist wegen weiterer Einzelheiten auf das BFH-Urteil in BFHE 245, 200, BFH/NV 2014, 1428, Rz 22 f. |
|
|
dd) Beruft sich die Familienkasse auf das Vorliegen einer beachtlichen Pflichtverletzung eines arbeitsuchenden Kindes, trägt sie die Feststellungslast dafür, dass eine entsprechende Pflicht oblegen hat. Umgekehrt trägt der Kindergeldberechtigte die Feststellungslast dafür, dass das Kind die ihm obliegenden Pflichten erfüllt oder nur aufgrund des Vorliegens eines wichtigen Grundes verletzt hat (BFH-Urteil in BFHE 245, 200, BFH/NV 2014, 1428, Rz 24, m.w.N.). |
|
|
3. Die Entscheidung des FG, dass die Meldung der T vom 30. Oktober 2008 im Streitzeitraum fortwirkt, ist danach revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. |
|
|
a) T war noch im Januar 2009 bei der Arbeitsagentur als arbeitsuchend gemeldet. Es bestehen nach Feststellung des FG keine Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitsagentur im Streitzeitraum eine auf § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III n.F. gestützte (wirksame) Einstellungsverfügung gegenüber T erlassen hat. Ebenso ist nach den Feststellungen des FG nicht erkennbar, dass T im Streitzeitraum eine ihr obliegende Pflicht, auf welche § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III n.F. Bezug nimmt, nicht erfüllt haben könnte. Insbesondere ist weder von der Familienkasse vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass T zu dem Besprechungstermin vom 2. Februar 2009 nicht erschienen wäre oder die Arbeitsagentur ihr weitere Pflichten auferlegt hätte. |
|
|
b) Einer Zurückverweisung an das FG zur weiteren Sachverhaltsaufklärung bedarf es im Streitfall insoweit ausnahmsweise nicht. Denn das FG hat bereits dargelegt, es könne nicht aufgeklärt werden, weshalb T von der Arbeitsagentur aus der Arbeitsvermittlung abgemeldet worden sei, und ferner ausgeführt, die Familienkasse habe weder dargetan noch nachgewiesen, dass T ihre Meldepflichten gegenüber der Arbeitsagentur verletzt habe. Zudem hat die Familienkasse in ihrer Revisionsbegründung selbst vorgetragen, dass es sich ihrer Kenntnis regelmäßig entziehe, ob gegenüber der Arbeitsagentur bestehende Mitwirkungspflichten eingehalten werden. Ferner hat die Arbeitsagentur bescheinigt, dass bei ihr keine Nachweise zu T vorhanden sind. Den vorliegenden Akten und dem sonstigen Vortrag der Beteiligten lassen sich ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Arbeitsagentur der T irgendwelche Pflichten auferlegt haben könnte, die diese verletzt haben könnte. |
|
|
c) Schließlich ist die Meldung der T als Arbeitsuchende nicht dadurch weggefallen, dass T eine –ihr gegenüber der Arbeitsagentur obliegende, ungeschriebene– Melde- bzw. Erkundigungspflicht verletzt haben könnte, weil eine solche nicht besteht. Der erkennende Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf das BFH-Urteil in BFHE 245, 200, BFH/NV 2014, 1428, Rz 28. |
|
|
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. |
|
|
5. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO). |
|