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II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zutreffend entschieden, dass ein Teilbetrag von 63.382,33 EUR der vom Kläger aufgrund des gerichtlichen Vergleichs vereinnahmten Zahlung auf eine steuerlich begünstigte Entschädigung entfällt. |
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1. Auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte ist die Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu berechnen (§ 34 Abs. 1 EStG, sog. Fünftelregelung). Zu den außerordentlichen Einkünften gehören gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. |
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a) Nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG sind Entschädigungen Leistungen, die "als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen" gewährt werden. |
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aa) Zahlungen, die nicht an die Stelle weggefallener Einnahmen treten, sondern bürgerlich-rechtlich Erfüllungsleistungen eines Schuldverhältnisses sind, gehören nicht zu den Entschädigungen. Um eine Entschädigung handelt es sich nur dann, wenn die bisherige Grundlage für den Erfüllungsanspruch weggefallen ist und der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht (BFH-Urteile vom 21. September 1993 IX R 32/90, BFH/NV 1994, 308; vom 9. Juli 2002 IX R 29/98, BFH/NV 2003, 21). Es reicht daher nicht aus, wenn die bisherige vertragliche Basis bestehen geblieben ist und sich nur Zahlungsmodalitäten geändert haben (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 10. September 1998 IV R 19/96, BFH/NV 1999, 308; vom 10. September 2003 XI R 9/02, BFHE 204, 65, BStBl II 2004, 349; vom 11. Januar 2005 IX R 67/02, BFH/NV 2005, 1044; in BFH/NV 2009, 933, unter II.3.a aa) oder die Vertragsparteien den Vertrag zwar einvernehmlich beenden, aber sich noch zu Zahlungen verpflichten, die bürgerlich-rechtlich Erfüllungsleistungen aus dem beendeten Rechtsverhältnis darstellen. Erforderlich ist vielmehr, dass der Steuerpflichtige durch den Wegfall von Einnahmen einen Schaden erleidet, der durch die Zahlung unmittelbar ausgeglichen werden soll (z.B. BFH-Urteile vom 29. Februar 2012 IX R 28/11, BFHE 237, 56, BStBl II 2012, 569, Rz 11; in BFH/NV 2005, 1044, betreffend Entschädigung des Vermieters für die vorzeitige Aufhebung eines Mietvertrags; in BFH/NV 2003, 21). |
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bb) Das FG hat danach zu Recht entschieden, dass der aufgrund des gerichtlichen Vergleichs vom 22. Januar 2009 vom Kläger vereinnahmte (Teil-)Betrag von 63.382,33 EUR keine Erfüllungsleistung aus dem ursprünglichen Pachtvertrag vom 16. Oktober 1998/12. Januar 1999 war. Der Kläger und die Pächterin hatten sich auf eine Beendigung des bis zum 31. März 2010 vereinbarten Pachtverhältnisses geeinigt. Der Zahlungsanspruch beruhte mithin nicht mehr auf dem ursprünglichen Pachtvertrag (vgl. §§ 581 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs), sondern auf dem gerichtlichen Vergleich vom 22. Januar 2009 als neuer Rechtsgrundlage (vgl. § 278, § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung), und galt in Höhe von 63.382,33 EUR nicht die bis zum Vergleich aufgelaufenen Pachtforderungen des Klägers ab. Insoweit ist unschädlich, dass sich der Vergleichsbetrag an der Höhe der bei regulärer Vertragserfüllung zu zahlenden Pachten, d.h. dem Erfüllungsanspruch des Klägers, orientierte, denn es handelte sich nicht um eine Weiterzahlung des Pachtzinses. Infolge der vorzeitigen Beendigung des Pachtvertrags entfielen vielmehr künftige Einnahmen des Klägers, und die Zahlung diente dem Ausgleich dieses Schadens. |
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Dieser Wertung steht das BFH-Urteil in BFHE 115, 472, BStBl II 1975, 634 nicht entgegen, denn der BFH hat in dieser Entscheidung den Vergleich zwischen der dortigen Klägerin und einem Unternehmer dahin gewürdigt, dass der Klägerin weder für die Zeit vor noch für die Zeit nach Abschluss des Vergleichs Einnahmen entgangen seien, an deren Stelle die nach dem Vergleich geschuldete "Entschädigung" treten könnte, sondern durch den Vergleich die –zuvor bestrittene– vertraglich geschuldete Vermittlungsprovision zugeflossen sei. |
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b) Eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG setzt weiter voraus, dass der Steuerpflichtige unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck stand, wenn der Ausfall der Einnahmen –wie hier durch den gerichtlichen Vergleich– von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung herbeigeführt worden ist. Denn die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG ist nur gerechtfertigt, wenn der Steuerpflichtige sich aufgrund einer Zwangssituation dem zusammengeballten Zufluss der Einnahmen nicht entziehen kann (BFH-Urteile in BFH/NV 2009, 933; vom 13. August 2003 XI R 18/02, BFHE 203, 420, BStBl II 2004, 106). |
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Eine derartige Zwangssituation lag nach den –den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden– Feststellungen des FG vor, da der Kläger das Grundstück in voller Höhe fremdfinanziert hatte und deshalb nach Kündigung des Pachtvertrags und Zahlungseinstellung der Pächterin aufgrund der fehlenden Pachteinnahmen in große wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet und seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber der finanzierenden Bank nicht mehr einhalten konnte. Der Kläger hat die Aufhebung des Pachtvertrags durch den gerichtlichen Vergleich mithin nicht freiwillig und aus eigenem Antrieb herbeigeführt. |
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Auf die Frage, ob bereits die gerichtliche Geltendmachung einer Forderung die Zwangslage indiziert, kommt es hier nicht an. |
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c) Im Bereich der Gewinneinkünfte ist eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht anzunehmen, wenn der zur Ersatzleistung führende Sachverhalt sich als ein normaler und üblicher Geschäftsvorfall im Rahmen der laufenden Geschäftsführung darstellt (BFH-Urteile vom 20. Juli 1978 IV R 43/74, BFHE 125, 271, BStBl II 1979, 9; vom 27. November 1991 X R 10/91, BFH/NV 1992, 455). Dazu rechnen bei Steuerpflichtigen, die im Rahmen ihrer gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit üblicherweise eine Vielzahl von Verträgen abschließen, auch die Kündigung oder Auflösung einzelner Verträge sowie deren Abwicklung nach Leistungsstörungen (BFH-Urteil vom 10. Juli 2012 VIII R 48/09, BFHE 238, 337, BStBl II 2013, 155), wenn nicht dem Unternehmen infolge des schadenstiftenden Ereignisses die Grundlage zum Abschluss einer unbestimmten Vielzahl von Geschäften genommen und dafür Ersatz geleistet wird (BFH-Urteil in BFHE 125, 271, BStBl II 1979, 9; BFH-Beschluss vom 9. Januar 2002 IV B 31/01, BFH/NV 2002, 776). |
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Bei der Verpachtung des Grundstücks, der offenbar unberechtigten fristlosen Kündigung seitens der Pächterin und dem anschließenden Rechtsstreit handelt es sich nach Art und Bedeutung nicht um einen üblichen Geschäftsvorfall im Rahmen der laufenden Geschäftsführung des Klägers. Der Kläger hat auch keine anderen Objekte vermietet. |
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d) Da die ermäßigte Besteuerung die sich aus der progressiven Besteuerung ergebenden Härten ausgleichen soll, zählen Entschädigungen i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG grundsätzlich nur dann zu den außerordentlichen Einkünften i.S. von § 34 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EStG, wenn sie zusammengeballt in einem Betrag gezahlt werden und die entgangenen oder entgehenden Einnahmen sich bei normalem Ablauf auf mehrere Jahre verteilt hätten (BFH-Urteile vom 21. November 1980 VI R 179/78, BFHE 132, 60, BStBl II 1981, 214; in BFH/NV 1994, 308). Der Steuerpflichtige muss mithin mehr erhalten haben, als er ohne das schadenstiftende Ereignis erhalten hätte (BFH-Urteil vom 9. Oktober 2008 IX R 85/07, BFH/NV 2009, 558). Dies trifft im Streitfall ebenfalls zu, da bereits der streitige Teil der aufgrund des Vergleichs vereinnahmten Zahlung die für das Jahr 2009 zu beanspruchende Pacht überstieg. |
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e) Dieses Ergebnis widerspricht dem BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 455 nicht. In jener Sache wertete der BFH die von der Verpächterin für die vorzeitige Aufhebung des langfristigen Pachtvertrags vereinnahmte Abstandszahlung nicht als Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a oder Buchst. b EStG, weil sie das Erfüllungsinteresse der Verpächterin abgalt und die vorzeitige Vertragsbeendigung im gegenseitigen Einvernehmen erfolgte. Die Verpächterin befand sich nicht in einer Zwangslage und war praktisch nicht gezwungen, einem Verlangen nach Aufhebung des Vertrags zuzustimmen, sondern konnte frei wählen. |
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2. Das FG hat die Einkommensteuer zutreffend berechnet. Auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob nicht der gesamte Betrag in Höhe von 130.000 EUR als Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG zu behandeln wäre, kommt es schon deshalb nicht an, weil nur das FA Revision eingelegt hat. Da die Einkommensteuer auf Null EUR herabgesetzt wurde, ist eine weitere Verminderung zudem ausgeschlossen. |
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 2 FGO. |
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