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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Zwischenurteils. |
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Die Vorentscheidung verletzt § 357 AO. Zwar war der Erlass eines Zwischenurteils zulässig (unter 1.), allerdings hat das FG rechtsfehlerhaft entschieden, dass die Stellungnahme der Eheleute vom 3. Januar 2013 in einen Einspruch der Klägerin gegen den Feststellungsbescheid vom 5. Dezember 2012 umzudeuten ist (unter 2.). |
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1. Der Erlass eines Zwischenurteils war zulässig. |
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a) Nach § 99 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist es zulässig, über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage durch Zwischenurteil vorab zu entscheiden, wenn dies sachdienlich ist und der Kläger oder der Beklagte nicht widerspricht. |
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b) Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor. Die Klägerin hat mit ihrer Klage den Bescheid für das Jahr 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen angefochten und begehrt im beantragten Umfang dessen Abänderung. Die vom FG in dem Zwischenurteil entschiedene Rechtsfrage, ob gegen den Feststellungsbescheid fristgemäß Einspruch erhoben wurde, ist für den Ausgang des Rechtsstreits entscheidungserheblich, weil der Ansatz der tatsächlich angefallenen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung voraussetzt, dass der Feststellungsbescheid vom 5. Dezember 2012 noch nicht bestandskräftig geworden ist. Die Vorabentscheidung ist auch sachdienlich, weil zu erwarten ist, dass sich nach Rechtskraft der Entscheidung der Rechtsstreit erledigen wird. Die Beteiligten haben ausweislich des Protokolls zur mündlichen Verhandlung keine Einwände gegen eine Entscheidung des FG durch Zwischenurteil erhoben. |
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2. Die Annahme des FG, der Schriftsatz vom 3. Januar 2013 sei in einen Einspruch gegen den Feststellungsbescheid vom 5. Dezember 2012 umzudeuten, hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. |
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a) Das FG hat zunächst zutreffend angenommen, dass der Schriftsatz vom 3. Januar 2013 nicht als Einspruch gegen den Feststellungsbescheid vom 5. Dezember 2012 auszulegen ist. |
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aa) Gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 AO "soll" bei der Einlegung des Rechtsbehelfs der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Danach ist die Rechtswirksamkeit des eingelegten Rechtsbehelfs nicht von einer konkreten genauen Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsakts abhängig. Es ist jedoch erforderlich, dass sich die Zielrichtung des Begehrens aus der Rechtsbehelfsschrift in der Weise ergibt, dass sich der angefochtene Verwaltungsakt entweder aus dem Inhalt der Rechtsbehelfsschrift selbst ermitteln lässt oder Zweifel oder Unklarheiten am Gewollten durch Rückfragen des FA beseitigt werden können. Fehlt es an einer eindeutigen und zweifelsfreien Erklärung des wirklich Gewollten, hat das FA den wirklichen Willen des Steuerpflichtigen durch Auslegung seiner Erklärung zu ermitteln. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige denjenigen Verwaltungsakt anfechten will, der angefochten werden muss, um zu dem erkennbar angestrebten Erfolg zu kommen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 19. Juni 1997 IV R 51/96, BFH/NV 1998, 6; vom 18. Januar 2007 IV R 35/04, BFH/NV 2007, 1509). In entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sind auch außerprozessuale Verfahrenserklärungen auszulegen. Dies gilt grundsätzlich auch für Erklärungen rechtskundiger Personen. Die Auslegung des Einspruchs ist jedoch grundsätzlich Gegenstand der vom FG zu treffenden tatsächlichen Feststellungen, an die das Revisionsgericht gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), soweit im Revisionsverfahren keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen erhoben werden. Das Revisionsgericht kann die Auslegung durch das FG nur daraufhin überprüfen, ob das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln beachtet und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist indes, ob der Einspruch auslegungsbedürftig ist. Hieran fehlt es, wenn die Erklärung nach Wortlaut und Zweck einen eindeutigen Inhalt hat (vgl. BFH-Urteile vom 29. Juli 1986 IX R 123/82, BFH/NV 1987, 359; vom 28. November 2001 I R 93/00, BFH/NV 2002, 613; in BFH/NV 2007, 1509). |
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bb) Die Entscheidung des FG entspricht diesen Rechtsgrundsätzen. Die vom Steuerberater stammende Formulierung in dem Schreiben vom 3. Januar 2013, die ausdrücklich auf den Einkommensteuerbescheid für 2010 mit Datum und Steuernummer der Einkommensteuerveranlagung (Steuernummer 2), den Einspruch vom 11. Juli 2012 und das Schreiben des FA vom 18. Oktober 2012 Bezug nimmt, kann nicht als Einspruch gegen den Feststellungsbescheid vom 5. Dezember 2012 ausgelegt werden. Die Erklärung ist eindeutig und nicht auslegungsbedürftig. Dem Willen des Steuerberaters entsprechend wurde mit ihr nur eine Stellungnahme und konkrete Antwort der Eheleute M und I auf das Schreiben des FA vom 18. Oktober 2012 im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr abgegeben. Dieser mit dem Schreiben vom 3. Januar 2013 verfolgte Zweck tritt auch dadurch hervor, dass die Frage, ob dieser Schriftsatz als Einspruch gegen den Feststellungsbescheid vom 5. Dezember 2012 zu werten sei, erst im darauffolgenden Jahr durch das als Reaktion auf die richterlichen Hinweise in dem Klageverfahren 1 K 203/13 und dem zugehörigen Aussetzungsverfahren anzusehende Schreiben des Steuerberaters vom 10. Juli 2014 aufgeworfen worden ist. |
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b) Anders als das FG und die Klägerin meinen, ist die für die Eheleute M und I abgegebene Stellungnahme des Steuerberaters vom 3. Januar 2013 jedoch nicht in einen Einspruch der Klägerin gegen den Feststellungsbescheid vom 5. Dezember 2012 umzudeuten. |
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aa) Eine Umdeutung ist zwar grundsätzlich auch bei Verfahrenserklärungen denkbar (s. z.B. BFH-Beschluss vom 23. November 1978 I R 56/76, BFHE 126, 366, BStBl II 1979, 173). Es ist jedoch ein Gebot der Rechtssicherheit, Rechtskundige wie Angehörige der steuerberatenden Berufe oder Rechtsanwälte mit ihren Verfahrenserklärungen beim Wort zu nehmen (vgl. BFH-Urteil vom 26. April 2006 II R 35/06, BFH/NV 2006, 1800; BFH-Beschlüsse vom 29. Juli 1993 X B 210/92, BFH/NV 1994, 382; vom 10. April 2002 VIII B 122/01, BFH/NV 2002, 1309, und vom 21. Juli 2005 VIII B 77/05, BFH/NV 2005, 1861). Denn bei diesen Personen kann davon ausgegangen werden, dass sie sich über die rechtliche Tragweite ihrer Erklärungen im Klaren sind (BFH-Urteile in BFH/NV 2006, 1800, und in BFH/NV 1987, 359; BFH-Beschluss vom 14. Juni 2011 V B 24/10, BFH/NV 2011, 1532). Dementsprechend folgt bereits aus der Eindeutigkeit des vom Steuerberater formulierten Schreibens vom 3. Januar 2013, dass eine Umdeutung im Streitfall ausscheidet. Es besteht auch kein Anlass, der unmissverständlichen Stellungnahme eines steuerlichen Beraters, die sich ausdrücklich auf den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr bezieht, einen anderen Sinn beizumessen, als sie nach ihrem Wortlaut und ihrem Zweck hat (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Dezember 1984 VII ZR 64/84, Neue Juristische Wochenschrift 1986, 588). Eine abweichende Beurteilung ergibt sich im Streitfall entgegen der Auffassungen des FG und der Klägerin nicht aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG. Denn der Rechtsschutz der Klägerin wird ohne die Umdeutung nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert oder verhindert. Vielmehr standen der steuerlich beratenen Klägerin innerhalb der gesetzlichen Fristen alle Möglichkeiten offen, ein etwaiges Rechtsschutzziel zu verfolgen. Deren Wahrnehmung obliegt allerdings der Klägerin. |
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bb) Aber auch wenn die Umdeutung von Verfahrenserklärungen der Steuerberater grundsätzlich möglich wäre und der Rechtsgedanke des § 140 BGB im Steuerrecht gilt, erforderte eine Umdeutung in entsprechender Anwendung des § 140 BGB das Vorliegen einer nichtigen oder wegen Anfechtung unwirksamen Verfahrenserklärung (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 1532), mithin abstrakt-generell eine Fehlerhaftigkeit der Verfahrenserklärung. Daran fehlt es indes im Streitfall. Die im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid für 2010 abgegebene Stellungnahme vom 3. Januar 2013 ist weder nichtig noch aus anderen Gründen unwirksam. Der Senat kann offenlassen, ob eine Umdeutung auch bei "sinnlosen" Verfahrenserklärungen möglich wäre. Denn die mit der Stellungnahme beabsichtigte Beantwortung des Schreibens des FA vom 18. Oktober 2012 war nicht sinnlos. |
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cc) Abgesehen davon scheidet die Umdeutung im Streitfall schließlich aus dem Grund aus, dass nur der Inhalt einer Erklärung, nicht aber die Person des Erklärenden der Umdeutung fähig ist (so schon BFH-Beschluss in BFHE 126, 366, BStBl II 1979, 173). Der Steuerberater hat aber die Stellungnahme vom 3. Januar 2013 lediglich für die dort im Betreff bezeichneten Eheleute M und I abgegeben und nicht für die durch den Feststellungsbescheid betroffene Klägerin. |
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c) Da das Zwischenurteil des FG diesen Rechtsgrundsätzen nicht entspricht, ist es aufzuheben. |
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3. Mit der Aufhebung des Zwischenurteils befindet sich das Klageverfahren wieder in dem Stadium, in welchem es sich vor Erlass des Zwischenurteils befand, ohne dass es einer förmlichen Zurückverweisung bedarf (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1996 IX R 10/95, BFHE 181, 316, BStBl II 1997, 178). |
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4. Über die Kosten des Revisionsverfahrens hat das FG im Endurteil zu entscheiden. |
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