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II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Wie das FG zu Recht entschieden hat, richtet sich der Vorsteuerabzug aus den von der Klägerin bezogenen grundstücksbezogenen Leistungen, die als Allgemeinkosten nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang zu einzelnen Ausgangsleistungen der Klägerin stehen, nach dem Umsatz-, nicht aber nach dem Flächenschlüssel. |
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1. Nach nationalem Recht kann die Klägerin die Steuerfreiheit der Geldspielautomatenumsätze nicht beanspruchen. Denn nach dem Senatsurteil in BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617 kann sich ein Aufsteller von Geldspielautomaten auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze nur auf Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG in dem Sinne berufen, dass § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG, aus dem sich die Steuerpflicht dieser Umsätze ergibt, keine Anwendung findet. Daher stellt sich nach nationalem Recht die Frage einer Vorsteueraufteilung zwischen steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen nicht. |
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2. Beruft sich die Klägerin aufgrund eines Anwendungsvorrangs für die Steuerfreiheit der Umsätze mit Geldspielautomaten auf das Unionsrecht, ist nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 der Richtlinie 77/388/EWG über den Vorsteuerabzug zu entscheiden. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut: |
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"Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt. |
Dieser Pro-rata-Satz wird nach Artikel 19 für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt." |
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Die Klägerin ist danach nur zu einer umsatzbezogenen, nicht aber zu einer flächenbezogenen Vorsteueraufteilung berechtigt. |
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3. Eine Berechtigung zur Anwendung eines Flächenschlüssels ergibt sich auch nicht auf der Grundlage von Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG. |
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a) Nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG können die Mitgliedstaaten |
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"a) dem Steuerpflichtigen gestatten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden, wenn für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen geführt werden; |
b) den Steuerpflichtigen verpflichten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden und für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen zu führen; |
c) dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten, den Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen; |
d) dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihm vorschreiben, den Vorsteuerabzug nach der in Unterabsatz 1 vorgesehenen Regel bei allen Gegenständen und Dienstleistungen vorzunehmen, die für die dort genannten Umsätze verwendet wurden; |
e) vorsehen, dass der Betrag der Mehrwertsteuer, der vom Steuerpflichtigen nicht abgezogen werden kann, nicht berücksichtigt wird, wenn er geringfügig ist." |
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Ein Steuerpflichtiger kann aus diesen für die Mitgliedstaaten bestehenden Ermächtigungen nur insoweit Rechte ableiten, als ein Mitgliedstaat die nach dieser Bestimmung bestehenden Regelungsbefugnisse ausübt. |
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b) Von den nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG bestehenden Ermächtigungen wurde im nationalen Recht Buchst. c dieser Bestimmung ausgeübt und dient als unionsrechtliche Grundlage für § 15 Abs. 4 UStG (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12. März 1998 V R 50/97, BFHE 185, 530, BStBl II 1998, 525, unter II.1.a; BFH-Beschluss vom 22. Juli 2010 V R 19/09, BFHE 231, 280, BStBl II 2010, 1090, unter IV.2.b cc (1)). |
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aa) Verwendet der Unternehmer eine von ihm in Anspruch genommene Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist gemäß § 15 Abs. 4 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. |
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bb) Der Begriff der "wirtschaftlichen Zurechnung" i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG ist entsprechend der Vorgaben des unionsrechtlichen Mehrwertsteuersystems auszulegen (BFH-Urteile vom 17. August 2001 V R 1/01, BFHE 196, 345, BStBl II 2002, 833, unter II.1.a, und vom 18. November 2004 V R 16/03, BFHE 208, 461, BStBl II 2005, 503, unter II.3.a). Dementsprechend ist bei richtlinienkonformer Auslegung als "sachgerecht" i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG ein den Vorgaben des Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG entsprechendes Aufteilungsverfahren anzuerkennen, das –objektiv nachprüfbar– nach einheitlicher Methode die beiden "Nutzungsteile" eines gemischt verwendeten Gegenstandes oder einer sonstigen Leistung den damit ausgeführten steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen zurechnet (vgl. BFH-Urteile in BFHE 196, 345, BStBl II 2002, 833, unter II.1.b, und in BFHE 208, 461, BStBl II 2005, 503, unter II.3.a). |
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Im Hinblick hierauf ist es im Ergebnis unbeachtlich, dass die Vorsteueraufteilung nach Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/ EWG dazu dient, den abziehbaren Teil der Vorsteuerbeträge zu bestimmen, während es sich bei § 15 Abs. 4 UStG um eine Regelung zur Feststellung nicht abziehbarer Vorsteuerbeträge handelt. |
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c) Unabhängig davon, ob § 15 Abs. 4 UStG insoweit mit dem Unionsrecht in Einklang steht, als eine Vorsteueraufteilung durch sachgerechte Schätzung einer wirtschaftlichen Zurechnung nach einem Flächenschlüssel erfolgen kann, ist im Streitfall die Anwendung des Flächenschlüssels jedenfalls nicht sachgerecht. |
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aa) Die Anwendung eines Flächenschlüssels aufgrund sachgerechter Schätzung der wirtschaftlichen Zurechnung i.S. von § 15 Abs. 4 UStG setzt voraus, dass die Flächen, die für die zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze verwendet werden und die Flächen, die für nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze verwendet werden, objektiv nachprüfbar ermittelt werden können (s. oben II.3.b bb). Die Anwendung eines Flächenschlüssels zur Vorsteueraufteilung kommt dabei insbesondere dann in Betracht, wenn sie unter Berücksichtigung –feststehender und nicht ohne weiteres änderbarer– baulicher Gesichtspunkte erfolgt. Bei der steuerfreien und steuerpflichtigen Vermietung baulich jeweils eigenständiger Flächen eines Gebäudes, wie z.B. der steuerfreien Vermietung von Wohnungen und der steuerpflichtigen Vermietung von Ladeneinheiten eines Gebäudes, kann daher der zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistungsanteil nach den unterschiedlich vermieteten Flächen ermittelt werden. Dieser Verteilungsmaßstab kann dann ggf. auch für die Vorsteueraufteilung der für Gemeinflächen, wie z.B. Eingangsbereiche, angefallenen Kosten zugrunde gelegt werden. |
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bb) Im Streitfall ist die von der Klägerin begehrte Vorsteueraufteilung nach Gerätestandflächen –entsprechend dem Urteil des FG und entgegen dem Urteil des Niedersächsischen FG vom 4. Mai 2010 16 K 329/07 (EFG 2010, 1939)– nicht hinreichend objektiv nachprüfbar und daher nicht sachgerecht. |
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Gegen die von der Klägerin gewählte Aufteilungsmethode spricht bereits, dass die Flächenaufteilung innerhalb der "Spielhallen" nicht nach –aufgrund von z.B. Bauanträgen, Baugenehmigungen oder Bauanzeigen– feststehenden baulichen Gesichtspunkten erfolgt, sondern nach den leicht veränderbaren "Standflächen" einzelner Spielgeräte. Die bloßen Standflächen der einzelnen Spielgeräte sind darüber hinaus auch deshalb kein geeigneter Aufteilungsmaßstab, da sie nicht den Raumbedarf für die Benutzung der einzelnen Geräte berücksichtigen, der bei der Verwendung unterschiedlicher Automatenspielgeräte sowie von Dartscheiben und Billardtischen stark voneinander abweichen kann. Schließlich ist es nicht sachgerecht, den Raumbedarf der an Wänden angebrachten Spielgeräte nach "Standflächen" zu ermitteln. |
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Eine Berechtigung zur Anwendung eines Flächenschlüssels ergibt sich auch nicht aus § 3 der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (SpielV), wonach in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen im Streitjahr je 15 qm Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden dürfte (insoweit zutreffend Urteil des Niedersächsischen FG in EFG 2010, 1939). Denn zum einen sind dem Vorsteuerabzug und der Vorsteueraufteilung die tatsächlichen Verwendungsabsichten und -verhältnisse zugrunde zu legen, die nicht zwingend mit den in rechtlicher Hinsicht einzuhaltenden Vorgaben übereinstimmen müssen. Zum anderen enthält die SpielV keine Regelungen zum Flächenbedarf der in den Spielhallen der Klägerin darüber hinaus vorhandenen Unterhaltungsspielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit, wie Dartscheiben oder Billardtischen, die bei einer flächenbezogenen Vorsteueraufteilung mit zu berücksichtigen sind. |
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cc) Im Hinblick auf die Bindung an die Anträge war weder zu entscheiden, ob das FG bei der Anwendung des Umsatzschlüssels für das Streitjahr zu Recht von einer Aufrundung der Vorsteuerquote auf einen vollen Prozentsatz ausgegangen ist (vgl. hierzu allgemein Urteil des EuGH vom 18. Dezember 2008 C-488/07, Royal Bank of Scotland, Slg. 2008, I-10409; Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 24. September 2009 2 K 1061/06, EFG 2010, 89) noch, ob der Klägerin eine weiter gehende Aufrundung –ausgehend von einem Flächenschlüssel– zusteht. |
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Weiter war im Hinblick an die Bindung an die Anträge auch nicht entscheidungserheblich, ob nach § 9 Abs. 2 UStG i.V.m. § 27 Abs. 2 UStG der Verzicht auf die Steuerfreiheit der von der Klägerin bezogenen Vermietungsleistung trotz der Verwendung von Mietflächen für steuerfreie Umsätze wirksam war. |
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