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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). |
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Gegenstand des Verfahrens ist der Haftungsbescheid vom 27. November 2013, weil dieser den ursprünglich angefochtenen Haftungsbescheid i.S. des § 68 FGO ersetzt hat (dazu unten 1.). Die Auffassung des FG, der Kläger habe die im Jahr 2011 eingegangenen Spenden der GmbH in Höhe von 1.000 EUR schon deshalb nicht für Zwecke des Umwelt- und Naturschutzes verwendet, weil dieser Geldbetrag noch bis in das Jahr 2014 hinein auf dem Spenden-Projektkonto vorhanden war, erweist sich als rechtsfehlerhaft (unten 2.). Die Entscheidung des FG stellt sich auch nicht aus anderen Gründen i.S. des § 126 Abs. 4 FGO als im Ergebnis richtig dar, weil der Senat beim gegenwärtigen Stand der Sachaufklärung keinen der drei vom FA im Haftungsbescheid herangezogenen Gründe bestätigen kann (unten 3.). Aber auch umgekehrt kann der Senat beim derzeitigen Stand der Sachaufklärung nicht zu dem Ergebnis kommen, der Haftungsbescheid sei –unter dem Gesichtspunkt eines Ermessensfehlers– aufzuheben, was eine Zurückverweisung an das FG entbehrlich machen würde (unten 4.). Die Sache ist daher an das FG zurückzuverweisen (unten 5.). |
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1. Der Haftungsbescheid vom 27. November 2013 ist gemäß § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Es handelt sich zwar nicht um einen Änderungsbescheid (unten a), wohl aber um einen Bescheid, der den vorangehenden Haftungsbescheid ersetzt hat (unten b). |
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a) Der Haftungsbescheid vom 27. November 2013 kann nicht als Änderungsbescheid angesehen werden. Zwar hat das FA diesen Bescheid äußerlich als Änderungsbescheid gestaltet. Dies bindet oder präjudiziert die gerichtliche Auslegung eines solchen Verwaltungsakts allerdings nicht. |
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Der Gegenstand eines Haftungsbescheids wird zum einen durch den Haftungsbetrag geprägt und zum anderen durch einen konkreten Anspruch aus einem Steuerschuldverhältnis (gekennzeichnet durch einen bestimmten Steuerpflichtigen, eine bestimmte Steuerart und einen bestimmten Steuerzeitraum), auf den sich die Haftung bezieht. |
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Vorliegend bezieht sich der Haftungsbetrag im Bescheid vom 27. November 2013 auf einen anderen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als der Haftungsbetrag im Bescheid vom 8. Februar 2012. Es ist nicht allein der Steuerschuldner ausgetauscht worden (bisher: G; jetzt: GmbH), sondern auch die Steuerart (bisher: Einkommensteuer; jetzt: Körperschaftsteuer). Ein solcher Fall kann nicht mehr mittels einer Änderung des ursprünglichen Haftungsbescheids erfasst werden. Auch in der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist –soweit ersichtlich– die Anwendung des § 130 AO in einer vergleichbaren Fallkonstellation noch nicht bejaht worden. |
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Daher ist der Bescheid vom 27. November 2013 –entgegen seiner Kennzeichnung– dahingehend auszulegen, dass mit ihm zum einen der Haftungsbescheid vom 8. Februar 2012 aufgehoben worden ist, und zum anderen ein neuer Haftungsbescheid wegen Körperschaftsteuer der GmbH (erstmalig) ergangen ist. |
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b) § 68 Satz 1 FGO ist aber in seiner Tatbestandsalternative "ersetzen" anzuwenden. |
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aa) Der Anwendungsbereich des § 68 Satz 1 FGO ist schon nach seinem Wortlaut nicht auf Änderungsbescheide im engeren Sinne beschränkt, sondern erfasst auch "ersetzende" Bescheide. Diese Begriffe sind im Hinblick auf den Zweck des § 68 FGO weit auszulegen (zur Begründung siehe näher Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2014 X B 113/14, BFH/NV 2015, 510, Rz 18, m.w.N.). |
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Danach genügt es für den Austausch des Gegenstandes eines anhängigen finanzgerichtlichen Verfahrens bereits, wenn die beiden Verwaltungsakte einen lediglich teilweise identischen Regelungsbereich haben (Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 8. Februar 2001 VII R 59/99, BFHE 194, 466, BStBl II 2001, 506, unter II.1.a, und vom 27. April 2004 X R 28/02, BFH/NV 2004, 1287, unter II.1.a). Zwischen dem angefochtenen und dem ihn ändernden oder ersetzenden Verwaltungsakt muss eine sachliche Beziehung bestehen (BFH-Urteil in BFHE 194, 466, BStBl II 2001, 506, unter II.1.a). Insbesondere die –unter § 68 FGO fallende– "Ersetzung" einer angefochtenen Umsatzsteuer-Voranmeldung, die sich auf einen einzigen Monat bezieht, durch den Umsatzsteuer-Jahresbescheid (vgl. –zur Anfechtung einer Voranmeldung für ein Quartal– BFH-Urteil vom 3. November 2011 V R 32/10, BFHE 236, 228, BStBl II 2012, 525, Rz 16, m.w.N.) zeigt, dass der "neue" Bescheid auch noch ganz andere Lebensvorgänge erfassen kann als der ursprüngliche Bescheid. |
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bb) Vorliegend bezogen sich beide Haftungsbescheide auf dieselben beiden Spenden vom 24. Februar und 23. Mai 2011. In beiden Haftungsbescheiden ging es –auch wenn sie sich auf zwei verschiedene Zuwendungsbestätigungen bezogen– um exakt dieselben Sachverhalts- und Rechtsfragen. Der zweite Haftungsbescheid nahm in seiner Begründung den ersten Haftungsbescheid sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung umfassend in Bezug. Die Haftungsbeträge waren identisch. |
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Die erforderliche Teilidentität der Regelungsbereiche beider Bescheide ist schon deshalb gegeben, weil sie sich auf dieselben, nach unverändert gebliebener Auffassung des FA "fehlverwendeten" Zuwendungen beziehen. Die Normzwecke des § 68 FGO sind hier in geradezu prototypischer Weise erfüllt: Die Norm dient dazu, das bereits begonnene gerichtliche Verfahren fortsetzen zu können und die Durchführung eines erneuten Einspruchs- und Klageverfahrens zu vermeiden. Im Streitfall wäre mit der Durchführung neuer Verfahren kein Vorteil verbunden, weil sich sämtliche Sach- und Rechtsfragen, die sich beim bisherigen Haftungsbescheid stellten, auch beim neuen Bescheid stellen. |
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Allein der Umstand, dass der Kläger nun formal für eine andere Steuerschuld haften sollte als im ersten Bescheid, schließt die Anwendung des § 68 FGO nicht aus. Gerade in den Fällen der Spendenhaftung (unabhängig davon, ob nach § 10b Abs. 4 EStG oder nach § 9 Abs. 3 KStG) ist die Steuerschuld, für die gehaftet werden soll, in deutlich geringerem Maße konkretisiert als im Regelfall der Haftung (etwa in den Fällen der §§ 69 ff. AO). Es geht hier nicht um einen personenbezogenen, nach den individuellen Verhältnissen eines konkreten Steuerpflichtigen ermittelten Steuerbetrag, sondern um eine pauschale Haftungssumme, die sich allein nach der Höhe der Zuwendung richtet und unabhängig von den persönlichen einkommen- oder körperschaftsteuerlichen Verhältnissen des Zuwendenden ist. Auch differenziert der Haftungs-Prozentsatz nicht danach, ob die Zuwendungsbestätigung einem Einkommensteuersubjekt oder einem Körperschaftsteuersubjekt ausgestellt wurde, so dass der Austausch der Haftungsnorm (§ 9 Abs. 3 KStG statt zuvor § 10b Abs. 4 EStG) keine wesentlichen Auswirkungen hat. |
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Darüber hinaus gilt § 68 FGO auch dann, wenn der ersetzte Bescheid eine Ermessensentscheidung enthielt (BFH-Urteil vom 12. Mai 2016 II R 17/14, BFHE 253, 505, BStBl II 2016, 822, Rz 14). |
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2. Mit der vom FG gegebenen Begründung kann eine Veranlasserhaftung des Klägers nicht bejaht werden. |
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a) Gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 KStG haftet für die entgangene (Körperschaft-)Steuer, wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Bestätigung ausstellt (Ausstellerhaftung) oder veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden (Veranlasserhaftung). |
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Das FG hat angenommen, die beiden im Jahr 2011 auf dem Projekt-Spendenkonto eingegangenen –bzw. umgehend dorthin umgebuchten– Zuwendungen der GmbH über jeweils 500 EUR seien schon deshalb nicht zu den in der Zuwendungsbestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken (Natur- und Umweltschutz) verwendet worden, weil diese Beträge im Jahr 2014, also nach Ablauf der in § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 AO i.d.F. vor Inkrafttreten des Ehrenamtsstärkungsgesetzes genannten Jahresfrist, noch auf dem Projekt-Spendenkonto vorhanden waren, obwohl insgesamt unstreitig Mittel in einer Höhe, die den Stand des Projekt-Spendenkontos überstiegen haben, für Zwecke der Initiative verwendet worden seien. Dieser Rechtsauffassung kann der Senat nicht beitreten. |
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aa) Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 5 Sätze 1 und 3 AO i.d.F. vor Inkrafttreten des Ehrenamtsstärkungsgesetzes muss die Körperschaft ihre Mittel grundsätzlich zeitnah für ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden. Eine zeitnahe Mittelverwendung ist gegeben, wenn die Mittel spätestens in dem auf den Zufluss folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahr für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. |
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Im Ausgangspunkt zu Recht hat das FG der Beurteilung des Streitfalls hier die vor Inkrafttreten des Ehrenamtsstärkungsgesetzes geltende Fassung dieser Norm zugrunde gelegt. Die Änderung des § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 AO durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz (Verlängerung der Mittelverwendungsfrist auf zwei Jahre) ist nach Art. 12 Abs. 1 dieses Gesetzes zum 1. Januar 2013 in Kraft getreten. Zu diesem Zeitpunkt war die einjährige Mittelverwendungsfrist für Zuwendungen, die der Körperschaft im Jahr 2011 zugeflossen sind, bereits abgelaufen. Sie ist durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz nicht rückwirkend verlängert worden (im Ergebnis ebenso Nr. 29 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung –AEAO– zu § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO i.d.F. der Bekanntmachung vom 31. Januar 2014, BStBl I 2014, 290; Nummerierung in Nr. 30 geändert durch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26. Januar 2016, BStBl I 2016, 155). |
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bb) Schon der Wortlaut des Gesetzes spricht gegen die Auffassung des FG. |
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(1) Wenn in § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO die Formulierungen "ihre Mittel" bzw. "die Mittel" verwendet werden, deutet dies darauf hin, dass eine Globalbetrachtung vorgenommen werden muss, in die sämtliche vorhandenen –bzw. zeitnah zu verwendenden– Mittel, aber auch sämtliche Mittelverwendungen (Satz 3) bzw. Investitionen (Satz 2) einzubeziehen sind. |
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(2) Hierfür spricht entscheidend auch, dass die zeitnah zu verwendenden Mittel nicht –wie im Streitfall– auf ggf. leicht zu separierende Einzel-Zuwendungen beschränkt sind, sondern beispielsweise auch Überschüsse aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, Zweckbetrieben oder der Vermögensverwaltung umfassen (dazu Nr. 3 AEAO zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO; Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010, § 7 Rz 19, § 9 Rz 76, 88). Derartige Überschüsse aus wirtschaftlichen oder vermögensverwaltenden Betätigungen ergeben sich aber stets nur als Saldogröße innerhalb des –einheitlichen– Vermögens der steuerbegünstigten Körperschaft. Einzel-Geldscheine oder Einzel-Bankgutschriften sind jedenfalls hier nicht identifizierbar, sondern gehen rechnerisch in der Saldogröße auf. Es ist aber nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber an die zeitnahe Mittelverwendung von Zuwendungen höhere Anforderungen hat stellen wollen als an die zeitnahe Mittelverwendung von Überschüssen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben oder der Vermögensverwaltung. Vielmehr behandelt § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO die zeitnah zu verwendenden Mittel aus allen Vermögensbereichen der steuerbegünstigten Körperschaft gleich. Der BFH hat schon in seiner früheren Rechtsprechung ausgesprochen, dass "Mittel" i.S. des § 55 AO nicht nur die der Körperschaft durch Spenden, Beiträge und Erträge ihres Vermögens und ihrer wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe zur Verfügung stehenden Geldbeträge sind, sondern sämtliche Vermögenswerte der Körperschaft (BFH-Urteil vom 23. Oktober 1991 I R 19/91, BFHE 165, 484, BStBl II 1992, 62, unter II.2.c vor aa). Wenn aber nicht nur laufende Einnahmen, sondern auch Vermögenswerte in die Prüfung einzubeziehen sind, dann spricht dies für eine Saldo- bzw. Globalbetrachtung der Mittelverwendung. |
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(3) Dass eine solche Globalbetrachtung genügt, dürfte auch die Auffassung der Finanzverwaltung sein. Insoweit heißt es in Nr. 28 AEAO zu § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO (wobei die dortige Formulierung bereits die Verlängerung der Mittelverwendungsfrist durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz aufnimmt): "Am Ende des Kalender- oder Wirtschaftsjahres noch vorhandene Mittel müssen in der Bilanz oder Vermögensaufstellung der Körperschaft zulässigerweise dem Vermögen oder einer zulässigen Rücklage zugeordnet oder als im zurückliegenden Jahr zugeflossene Mittel, die in den folgenden zwei Jahren für die steuerbegünstigten Zwecke zu verwenden sind, ausgewiesen sein. Soweit Mittel nicht schon im Jahr des Zuflusses für die steuerbegünstigten Zwecke verwendet oder zulässigerweise dem Vermögen zugeführt werden, ist ihre zeitnahe Verwendung nachzuweisen, zweckmäßigerweise durch eine Nebenrechnung (Mittelverwendungsrechnung)." Die hier angesprochene Zuordnung zum Vermögen oder zu einer Rücklage bezieht sich aber ebenfalls auf eine Saldogröße, nicht auf einen einzelnen separierbaren Aktivposten. |
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cc) Auch der Zweck des Grundsatzes der zeitnahen Mittelverwendung gebietet keine Betrachtung, die auf den einzelnen Geldschein bzw. die einzelne Gutschrift auf einem Bankkonto abstellt. |
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(1) Der Gesetzgeber verpflichtet gemeinnützige Körperschaften zur zeitnahen Mittelverwendung, um zu verhindern, dass steuerbegünstigt erworbene Mittel grundlos angesammelt oder zum Aufbau eines sonstigen Vermögens eingesetzt werden (allgemeine Meinung; vgl. nur Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rz 5.75). Zur Verhinderung einer übermäßigen Mittelansammlung genügt es aber schon, auf den Saldo der Mittelzugänge und -abflüsse abzustellen. Die individualisierende Betrachtung jeder einzelnen Geldbewegung würde den mit dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung verfolgten Zweck nicht in größerem Maße verwirklichen als eine Saldobetrachtung. |
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Ähnlich hat das Hessische FG (Urteil vom 14. Januar 1998 4 K 2594/94, EFG 1998, 757, rkr.) zur Frage der Zuordnung der einzelnen Spendeneinnahmen bei einer nur teilweisen Mittelfehlverwendung entschieden, dass eine schätzweise Aufteilung der Spendengelder zulässig sei. Zum einen sei der Weg der konkreten Einzelspende in der Regel durch Vermischung nicht mehr nachvollziehbar; zum anderen würde ansonsten eine Körperschaft, die ihre Aufzeichnungspflichten verletzt habe, bessergestellt. |
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(2) Die Haftungsvorschrift des § 9 Abs. 3 Satz 2 KStG ist durch ihren pauschalierenden Ansatz von den Verhältnissen des einzelnen Zuwendenden und dessen Zuwendung abgekoppelt. Dies zeigt sich noch stärker an der Parallelvorschrift des § 10b Abs. 4 EStG, wo unabhängig von den individuellen einkommensteuerlichen Verhältnissen des Zuwendenden ein einheitlicher Haftungs-Prozentsatz von 30 % zwingend anzusetzen ist (zurückgehend auf die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf des Vereinsförderungsgesetzes, BTDrucks 11/4176, 17). In der Literatur wird dieser gesetzgeberische Gedanke, wonach eine konkrete Spezifizierung und Zuordnung des fehlverwendeten Betrages nicht erforderlich ist, auch auf den Haftungsgrund –die Mittelfehlverwendung als solche– übertragen (vgl. Geserich, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10b Rz E 54). Dann gibt es aber keinen aus dem Gesetz abzuleitenden Grund dafür, für die Prüfung der zeitnahen Mittelverwendung auf die einzelne Zuwendung –und nicht auf die Gesamtheit aller zeitnah zu verwendenden Zuwendungen und sonstigen Einnahmen bzw. Vermögenswerte der Körperschaft– abzustellen. |
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(3) Hinzu kommt, dass die Auslegung des FG sowohl die gemeinnützigen Körperschaften als auch die Finanzverwaltung zu einem hohen Verwaltungs- und Überprüfungsaufwand zwänge. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber dies an dieser Stelle gewollt haben könnte. |
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(4) Zudem käme es zu einer Ungleichbehandlung zwischen Körperschaften, die lediglich ein einziges Bankkonto nutzen –und bei denen es daher sofort zu einer Vermischung von Mittelzuflüssen mit dem vorhandenen Bankguthaben sowie zu einer unmittelbaren Verrechnung mit Abflüssen kommt–, und solchen, in aller Regel größeren Körperschaften, die aus organisatorischen oder anderen außersteuerlichen Gründen mehrere Bankkonten unterhalten. Nur die letztgenannten Körperschaften wären von der –vom FG vorgenommenen– verschärfenden Auslegung des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO betroffen. Es gibt aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber an dieser Stelle nach der Zahl der von einer Körperschaft unterhaltenen Bankkonten –und damit mittelbar nach der Größe der Körperschaft– differenzieren wollte. |
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(5) Soweit das FG meint, das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung sowie die vorgenommene "geldscheinbezogene" Auslegung sollten auch dazu beitragen, dass eine Körperschaft, die mehrere Projekte betreibe, die einzelne Zuwendung tatsächlich für den vom Zuwendenden genannten konkreten Zweck verwende (ebenso Hennigfeld, EFG 2016, 541), kann der Senat dem ebenfalls nicht folgen. Zum einen ist es nicht Zweck des Steuerrechts, die –rein zivilrechtlich im Verhältnis zwischen dem Zuwendenden und dem Zuwendungsempfänger zu beachtende– Zweckbindung für eines von mehreren gemeinnützigen Projekten des Empfängers sicherzustellen (so auch Hüttemann, Zeitschrift für das Recht der Non-Profit-Organisationen –npoR– 2016, 122, unter 4.b). Zum anderen kann die Körperschaft auch durch eine –ggf. projektbezogene– saldoorientierte Mittelverwendungsrechnung zivilrechtlich nachweisen, dass sie zweckgebundene Zuwendungen in voller Höhe zu den vorgegebenen Zwecken eingesetzt hat; das Abstellen auf den einzelnen Geldschein bzw. die einzelne Bankgutschrift ist auch hier nicht erforderlich. Umgekehrt könnte auch die vom FG offenbar verlangte zeitnahe Umbuchung auf ein Ausgabenkonto der gemeinnützigen Körperschaft nicht zweifelsfrei sicherstellen, dass genau diese Bankgutschrift –und nicht ein anderer, gleich hoher Geldbetrag– entsprechend der zivilrechtlichen Zweckbindung verwendet wird, sofern von diesem Ausgabenkonto auch anderweitige Projekte der Körperschaft finanziert werden. |
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Regelmäßig wird es für den Zuwendenden nicht von Interesse sein, dass eine größere Körperschaft, die mehrere Projekte unterstützt, exakt die von ihm veranlasste Bankgutschrift bzw. den von ihm übergebenen Geldschein für das jeweilige Projekt einsetzt. Er will vielmehr nur sichergehen, dass der von ihm zugewendete Betrag im Ergebnis dem von ihm bestimmten Zweck zugutekommt. Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass die vom FG vorgenommene Auslegung dazu führen würde, dass bei Körperschaften mit mehreren Projekten und mehreren Bankkonten zahlreiche Spender einen zivilrechtlichen Rückforderungsanspruch in Bezug auf ihre Zuwendungen hätten, obwohl diese Körperschaften tatsächlich Mittel in der vom jeweiligen Spender zugewandten Höhe für den vorgegebenen Zweck eingesetzt hätten. Dass dies vom Gesetzgeber gewollt sein könnte, ist nicht ersichtlich. |
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dd) Auch entspricht es der nahezu einhelligen Meinung in der Literatur, dass der Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung nicht gegenständlich, sondern auf das Gesamtvermögen bezogen ist (so ausdrücklich Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010, § 9 Rz 71; ebenso Nolte, Deutsches Steuerrecht –DStR– 2014, 1350: in der Mittelverwendungsrechnung werden "die Mittel insgesamt den Verwendungen gegenübergestellt"; ausführlich sowie mit Beispielen und Muster-Mittelverwendungsrechnungen Thiel, Der Betrieb –DB– 1992, 1900; Ley, Steuerberater-Jahrbuch 1998/1999, 301, 306 ff.; Buchna/Leichinger/ Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl. 2015, Tz. 2.5.9.1.2, S. 165 ff.; Schröder, DStR 2005, 1238; Spitaler/Schröder, DStR 2014, 2144 ff., 2194 ff.) und es daher nicht auf die Verwendung eines "bestimmten Geldscheins", sondern auf die Gegenüberstellung der zeitnah zu verwendenden Mittel und der zweckverwirklichenden Aufwendungen im entsprechenden Wirtschaftsjahr ankommt (Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rz 5.20; zur Einbeziehung sämtlicher –entindividualisierter– Einnahmen in den Mittelvortrag ebenda, Rz 5.94; Hüttemann, npoR 2016, 122, unter 4.b; Unger in Beermann/Gosch, AO § 55 Rz 44). Sofern der Mittelvortrag geringer ist als die Mittel, die im Folgejahr tatsächlich für gemeinnützige Zwecke verausgabt wurden, ist nachgewiesen, dass der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung genügt wurde (Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010, § 9 Rz 77). Diese Saldobetrachtung gilt unabhängig davon, ob im Einzelfall ein konkreter Geldschein noch in einer Barkasse vorhanden ist oder eine Zuwendung einem Bankkonto gutgeschrieben wurde, auf dem –ungeachtet der Verwendung anderweitig vorhandener Mittel für steuerbegünstigte Zwecke– zwischenzeitlich keine Belastungsbuchungen stattgefunden haben. |
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Entgegen den Ausführungen des FG bezieht sich diese nahezu einhellige Literaturauffassung nicht lediglich auf Sachzuwendungen. Vielmehr sprechen die vom FG zitierten Autoren entweder ausdrücklich von "Geldscheinen" –und zeigen damit, dass sie vor allem Geldzuwendungen im Blick haben– oder sie nehmen von vornherein keine Differenzierung zwischen Geld- und Sachzuwendungen vor. Lediglich ein einziger Autor (Unger in Beermann/Gosch, AO § 55 Rz 44) bildet –im Anschluss an die abstrakte Aussage, dass es allein auf den Wert der Mittel und nicht auf den konkreten Vermögensgegenstand ankomme– ein Beispiel zu einer Sachzuwendung, lässt dabei aber in keiner Weise erkennen, dass er seine abstrakten Ausführungen auf Sachzuwendungen beschränkt wissen will. |
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b) Danach kann der Senat offen lassen, ob er dem FG darin folgen könnte, dass eine nicht zeitnahe Verwendung von Spendenmitteln –ungeachtet der gesetzlichen Heilungsmöglichkeit nach § 63 Abs. 4 AO– sogleich die Spendenhaftung auslösen soll. |
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Aus dem vom FG für seine Auffassung angeführten BFH-Beschluss vom 23. Februar 1999 XI B 128/98 (BFH/NV 1999, 1055, unter II.3.) kann dies jedenfalls nicht abgeleitet werden. Dort hatte der BFH die Mittelfehlverwendung allein darin gesehen, dass die Spendeneinnahmen zur Bildung einer Rücklage verwendet worden waren, die für die Eröffnung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (Erwerb eines Hotels) zweckgebunden war. Dies beruhte indes auf dem –unstreitigen und aus § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO abzuleitenden– Grundsatz, dass Mittel des ideellen Bereichs nicht in wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben verwendet werden dürfen. Zur Frage der zeitnahen Mittelverwendung hat sich der BFH in der angeführten Entscheidung hingegen nicht geäußert. |
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3. Die Entscheidung des FG stellt sich auch nicht aus anderen Gründen i.S. des § 126 Abs. 4 FGO als im Ergebnis richtig dar, weil der Senat beim gegenwärtigen Stand der Sachaufklärung keinen der drei vom FA im Haftungsbescheid herangezogenen Gründe bestätigen kann. |
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a) Das FA hat den Haftungsbescheid zunächst darauf gestützt, dass die streitgegenständlichen Zuwendungen von insgesamt 1.000 EUR nicht für den in der Zuwendungsbestätigung angegebenen Satzungszweck des Klägers (Umwelt- und Naturschutz) verwendet worden seien. Jedenfalls auf der Grundlage des derzeitigen –von den Beteiligten im zweiten Rechtsgang ggf. noch zu ergänzenden– Streitstoffs kann der Senat aber nicht zu dem Ergebnis kommen, dass diese Erwägungen des FA tragfähig sind. |
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aa) Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit "darauf gerichtet ist", die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 AO sind als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen u.a. "die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder, des Umweltschutzes …". |
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Die Förderung des Umweltschutzes umfasst alle Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen zu sichern, den Naturhaushalt (Boden, Wasser, Luft, Klima, Tiere, Pflanzen) zu schützen und eingetretene Schäden zu beheben (Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rz 3.103; ähnlich Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010, § 6 Rz 61; Buchna/Leichinger/ Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl. 2015, Tz. 2.2.6., S. 75). Insbesondere wird der Klimaschutz unter den Begriff des Umweltschutzes gefasst (so ausdrücklich Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler –HHSp–, § 52 AO Rz 158). |
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Die gesetzliche Formulierung "darauf gerichtet ist" zeigt, dass es weder auf den tatsächlichen Erfolg der Maßnahme noch auf die Vollendung der Förderung ankommt (BFH-Urteile vom 13. Dezember 1978 I R 39/78, BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482, unter I.4.b, und vom 23. November 1988 I R 11/88, BFHE 155, 461, BStBl II 1989, 391, unter II.3.c). Ausreichend ist vielmehr, dass die von der Körperschaft entfaltete Tätigkeit ein geeignetes Mittel zur Erreichung des in § 52 Abs. 2 AO genannten Gemeinwohlzwecks darstellt (so zutreffend Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rz 3.20). |
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Eine eher weite und die effektive Förderung des Schutzzwecks ermöglichende Auslegung der Gemeinwohlziele "Umweltschutz" und "Naturschutz" ist auch deshalb geboten, weil der Verfassungsgeber den "Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen" in Art. 20a des Grundgesetzes (GG) durch eine eigene Staatszielbestimmung hervorgehoben hat. Dabei handelt es sich um ein verfassungsrechtliches Rechtsgut von hohem Wert (Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2016 1 BvR 2821/11 u.a., Neue Juristische Wochenschrift 2017, 217, Rz 303). Dies hebt diese Gemeinwohlziele über andere steuerbegünstigte Betätigungen, die der einfache Gesetzgeber in den Katalog des § 52 Abs. 2 AO aufgenommen hat, heraus. |
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bb) Dies vorausgesetzt, ist zumindest fraglich, ob die vom FA vorgebrachten Argumente hinreichend tragfähig sind, um zu der Würdigung zu gelangen, der Kläger habe mit seinem Eintreten für die Rekommunalisierung der Energienetze nicht mehr dem Ziel des Umweltschutzes gedient. |
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(1) Das FA bringt zunächst vor, der Rückkauf der Energienetze stelle eine wirtschaftliche Maßnahme ohne direkte Auswirkung auf den Umweltschutz dar. Es seien zu viele Zwischenschritte erforderlich, um das vom Kläger bezeichnete Umweltschutzziel zu erreichen. Nicht der Kläger selbst, sondern erst die Stadt als neue Netzbetreiberin solle nach der Vorstellung des Klägers den Umweltschutz fördern. |
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Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass jedenfalls zahlreiche Teilaspekte des Förderziels "Umweltschutz" –im Gegensatz zu beispielsweise der Kleingärtnerei oder einer Karnevalsfeier (vgl. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 23 AO)– kaum durch den Einzelnen, sondern wirkungsvoll nur durch die Allgemeinheit bzw. durch den Staat, etwa mittels der Einführung entsprechender, allgemeinverbindlicher verhaltenslenkender Normen oder umweltgerechter Handlungsalternativen oder einer umweltgerechten Ausgestaltung staatlicher Vorhaben, gefördert werden können. Dem Begehren nach Durchführung staatlicher bzw. gesetzgeberischer Maßnahmen sind aber häufig zahlreiche Zwischenschritte immanent; ebenso ist der Verfolgung des Ziels "Umweltschutz" die Setzung von Anreizen zu einer Verhaltensänderung Dritter immanent. Daraus folgt, dass zur Erreichung des eigentlichen Ziels "Umweltschutz" –stärker als bei anderen in § 52 Abs. 2 AO genannten Gemeinwohlzielen– auch Zwischenschritte erforderlich sein können, diese also der Verfolgung des Ziels "Umweltschutz" nicht von vornherein entgegenstehen. So hat der BFH einen Verein, der sich auf die Verbreitung kritischer Informationen über die Risiken einer bestimmten Energieerzeugungstechnologie beschränkte und an friedlichen Demonstrationen teilnahm, als gemeinnützig angesehen (ausführlich BFH-Urteil vom 29. August 1984 I R 203/81, BFHE 142, 51, BStBl II 1984, 844), obwohl weder durch Informationen noch durch Demonstrationen der Zustand der Umwelt unmittelbar beeinflusst oder gar verbessert wird. |
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(2) Ferner vertritt das FA die Auffassung, im Bereich des Umweltschutzes sei zu fordern, dass die begehrten Maßnahmen mit so großer Wahrscheinlichkeit eine derartige Verbesserung der Umwelt herbeiführen, dass demgegenüber die mit der Maßnahme für die Allgemeinheit verbundenen Kosten und die Beeinträchtigung des Wettbewerbs zurücktreten müssten. |
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Dies lässt sich indes weder dem Gesetz noch der bisherigen Rechtsprechung entnehmen. Zielkonflikte sind dem umfangreichen Katalog des § 52 Abs. 2 AO immanent. Sie führen aber nicht dazu, die –bei isolierter Betrachtung des Satzungszwecks einer Körperschaft gegebene– Förderung der Allgemeinheit allein deshalb zu versagen, weil die Tätigkeit dieser Körperschaft einen anderen der in § 52 Abs. 2 AO genannten Zwecke beeinträchtigt (vgl. BFH-Urteil vom 29. Oktober 1997 I R 13/97, BFHE 184, 226, BStBl II 1998, 9, unter II.4., zur –bejahten– Gemeinnützigkeit eines Motorsportclubs trotz Beeinträchtigung der Umwelt). |
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Eine gemeinnützige Körperschaft darf die von ihr verfolgten Zwecke auch einseitig vertreten, in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen und in ihrer subjektiven Abwägung höher als andere Ziele gewichten (ähnlich BFH-Urteil in BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482, unter I.4.c am Ende). Die endgültige Abwägung zwischen den widerstreitenden Zielen obliegt ohnehin nicht der Körperschaft, sondern den politischen Entscheidungsträgern, an die das Anliegen herangetragen wird, bzw. im Falle eines Volksbegehrens der Gesamtheit der abstimmenden Bürger. |
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Soweit das FA auf die Kosten des Rückerwerbs der Energienetze abstellt und hierin einen "materiellen Schaden" sowie eine "Gemeinschädlichkeit" erkennt, ist darauf hinzuweisen, dass die hierfür eingesetzten öffentlichen Mittel nicht verloren sind, sondern der nunmehr staatliche Netzbetreiber einen Gegenwert in Form eines Sachwerts sowie eine laufende Rendite (§ 21 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes) in Gestalt der Netzentgelte erlangt. |
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(3) Die vom FA vermissten Aussagen des Klägers zur grundsätzlichen Eignung einer Rekommunalisierung der Energienetze zur Verwirklichung des Ziels der "Energiewende" und des Klimaschutzes sind zum einen im Schreiben des Klägers vom 28. Februar 2013 sowie in dem eingereichten Gutachten vom 27. Februar 2013 enthalten und zum anderen –anders als das FA vorbringt– nicht etwa allein auf das Stromnetz beschränkt. Danach soll der Umbau des Stromnetzes zu einem "smart grid" ein effizienteres Zusammenspiel von Energieerzeugung, Netzmanagement und Stromnachfrage ermöglichen, um erneuerbare Energien besser zu integrieren. Das Gasnetz soll nach der Vorstellung des Klägers genutzt werden, um in Phasen, in denen sehr viel elektrischer Strom aus erneuerbaren Energien produziert wird, diesen überschüssigen Strom in Wasserstoff oder Methan umzuwandeln und diese gasförmigen Stoffe im Gasnetz zu speichern ("power to gas"). Das Fernwärmenetz soll ausgebaut werden, um durch bessere Brennstoffausnutzung (Verwendung der bei der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen anfallenden, normalerweise ungenutzt bleibenden Abwärme zu Heizzwecken) die CO2-Emissionen zu verringern ("Kraft-Wärme-Kopplung"). |
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cc) Umgekehrt gibt es durchaus Indizien, die das Vorbringen des Klägers, die Unterstützung der Volksinitiative sei auf die Förderung des Ziels "Umweltschutzes" gerichtet gewesen, als tragfähig erscheinen lassen könnten. |
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(1) So ist der öffentlichen Hand, die schon kraft des geltenden Verfassungsrechts nicht ausschließlich am ökonomischen Erfolg, sondern auch am Gemeinwohl orientiert ist, auch in ihrer Eigenschaft als Netzbetreiberin stets eine Abwägung zwischen rein ökonomischen Gesichtspunkten und anderen –z.B. umweltrelevanten– Aspekten möglich. Dass bei einer solchen Abwägung durch öffentliche Stellen bzw. öffentliche Anteilseigner auch der Umweltschutz in hervorgehobener Weise zu berücksichtigen ist, zeigt bereits die –vom FA bisher offenbar übersehene– Staatszielbestimmung des Art. 20a GG. Demgegenüber wird ein privater Energiekonzern, dessen Führung sich vorwiegend den Aktionären verpflichtet fühlen dürfte, Gesichtspunkte des Umweltschutzes, die –wie es häufig der Fall sein wird– bei isolierter Betrachtung den Gewinn des Unternehmens schmälern könnten, in der Regel eher nicht berücksichtigen, sofern es keine Rechtspflicht zur Beachtung umweltrelevanter Vorgaben gibt. |
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Auf der anderen Seite macht allein der vorstehend dargestellte Umstand, dass öffentliche Stellen bei ihren Planungen und Entscheidungen schon von selbst auch die Belange des Natur- und Umweltschutzes zu berücksichtigen haben, die Tätigkeit einer Körperschaft, die zur Förderung des Umweltschutzes auf den Prozess der öffentlichen Willensbildung Einfluss nimmt, nicht überflüssig (so ausdrücklich BFH-Urteil in BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482, unter I.4.c). |
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(2) Darüber hinaus hat der Kläger weitere Indizien dafür vorgetragen, dass die von ihm befürwortete Rekommunalisierung der Energienetze noch in einem hinreichenden –die Annahme einer Mittelfehlverwendung ausschließenden– Maße mit dem Satzungsziel "Umweltschutz" in Zusammenhang zu bringen war. |
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So hat das FG bereits festgestellt, dass die Anhörung zu der Volksinitiative durch den Umweltausschuss der Bürgerschaft –und nicht etwa, wie es die Auffassung des FA nahegelegt hätte, durch den Wirtschafts- oder Finanzausschuss– durchgeführt worden ist. |
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Das Thema der vom Kläger am 29. Oktober 2010 veranstalteten –vom FG ebenfalls festgestellten– Fachtagung lautete: "Rekommunalisierung der Netze — Chancen für erneuerbare Energien". Damit hat der Kläger selbst die Rekommunalisierung der Netze in Zusammenhang mit der Förderung erneuerbarer Energien gebracht und in einen technisch-fachlichen Rahmen stellen wollen. |
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Im Revisionsverfahren hat der Kläger auf nunmehrige Äußerungen der Stadt Hamburg hingewiesen, die den Rückkauf der Energienetze als Teil ihrer Energiewende bezeichne und zukunftsfähige Netze als einen von drei strategisch entscheidenden Bereichen für die Energiewende benenne. Sollte das FG dies im zweiten Rechtsgang tatsächlich feststellen können, läge in dieser Äußerung einer Landesregierung ein erhebliches Indiz für die Eignung der vom Kläger entfalteten Tätigkeit zur Förderung des Umweltschutzes. Gleiches gilt für den vom Kläger zitierten Auszug aus dem Koalitionsvertrag derjenigen Bundestagsfraktionen, die die gegenwärtige Bundesregierung tragen. |
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b) Darüber hinaus hat das FA den Haftungsbescheid auf die –selbständig tragende– Begründung gestützt, der Kläger habe sich mit der Unterstützung der Volksinitiative in einer die Gemeinnützigkeit ausschließenden Weise unzulässig politisch betätigt. Steuersystematisch geht es dabei um die Prüfung, ob die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft sich –bei einem Satzungszweck, der als solcher den Anforderungen des § 52 Abs. 2 AO genügt– auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke beschränkt (vgl. § 63 Abs. 1 AO) oder ob daneben entgegen § 56 AO auch allgemeinpolitische Zwecke verfolgt werden (vgl. zu dieser Prüfungssystematik BFH-Urteil vom 9. Februar 2011 I R 19/10, BFH/NV 2011, 1113, Rz 8). |
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Auch insoweit kann der Senat beim gegenwärtigen Stand der Feststellungen dem Vorbringen des FA aber nicht beitreten, so dass weitere Sachaufklärung erforderlich sein wird. |
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aa) Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass insbesondere bei einer Körperschaft, deren Satzungsziel die Förderung des Umweltschutzes ist, der Versuch der Einflussnahme auf die Willensbildung staatlicher Stellen noch als Förderung der Allgemeinheit anzusehen ist und keine unzulässige politische Betätigung darstellt, solange der Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung (Art. 2 Abs. 1 GG) nicht verlassen wird (BFH-Urteil in BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482, unter I.4.c, betreffend Verein, der sich gegen den Bau einer Eisenbahnstrecke wendet; ausführlich BFH-Urteil in BFHE 142, 51, BStBl II 1984, 844, betreffend Verein, der sich gegen die Nutzung der Kernenergie wendet; BFH-Urteil vom 29. August 1984 I R 215/81, BFHE 142, 243, BStBl II 1985, 106, betreffend Verein, der sich gegen eine nukleare Entsorgungsanlage wendet). |
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Zur Begründung heißt es in diesen Entscheidungen (insbesondere im BFH-Urteil in BFHE 142, 51, BStBl II 1984, 844, unter 3.b, 4.b, 6.), der Schutz der Umwelt sei zu einem besonders wichtigen Gegenstand der allgemeinen Politik geworden. Diese Entwicklung lasse deutlich werden, dass eine gewisse Beeinflussung der politischen Meinungsbildung –zumindest im Bereich des Umweltschutzes– die Förderung der Allgemeinheit und damit auch die Gemeinnützigkeit nicht auszuschließen vermöge. Unter diesen Umständen könne offenbleiben, ob eine wirkungsvolle Förderung des Umweltschutzes unter den heutigen Bedingungen überhaupt ohne eine gewisse politische Zielsetzung denkbar und in der Praxis erreichbar und zu verwirklichen sei. Demgegenüber fehle es an der Gemeinnützigkeit, wenn ein politischer Zweck als alleiniger oder überwiegender Zweck in der Satzung festgelegt sei und/oder die Körperschaft mit ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich oder überwiegend einen solchen politischen Zweck verfolge. Dies könne aber nicht gelten, wenn eine als einziger Vereinszweck in der Satzung festgelegte und ausdrücklich im Gesetz genannte, als gemeinnützig begünstigte Tätigkeit nach den gegebenen Verhältnissen im Einzelfall zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden sei. Insbesondere das Eintreten für eine Änderung der Energiepolitik könne die Verneinung einer Förderung der Allgemeinheit nicht rechtfertigen. Dies folge aus dem grundsätzlichen Interessenwiderstreit zwischen der Energienutzung und dem Schutz der Umwelt. Wenn und solange die Körperschaft durch ihr Wirken im Einklang mit ihrem Satzungszweck mit dazu beitrage, eine Lösung für die Umweltprobleme der Energienutzung zu finden, liege dies ganz allgemein im Interesse der Öffentlichkeit und sei damit auf die Förderung der Allgemeinheit gerichtet. Dass eine Körperschaft ihre Auffassung durch kritische Information und Diskussion der Öffentlichkeit und auch Politikern nahebringe, mache sie noch nicht zu einem politischen Verein. Die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung trete in solchen Fällen gegenüber der Förderung des Umweltschutzes weit in den Hintergrund. Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, dass fast jeder (Umweltschutz-)Verein als politischer Verein zu behandeln wäre und gemeinnützige Tätigkeiten in diesem Bereich fast gänzlich ausgeschlossen wären. Nur wenn sich aus dem Vereinszweck und der tatsächlichen Geschäftsführung eine alleinige oder doch andere Zwecke weit überwiegende politische Zielsetzung und deren Verwirklichung ergäben, könne von einem politischen Verein auszugehen sein. |
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Darüber hinaus darf die Betätigung den Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung (Art. 2 Abs. 1 GG) nicht verlassen (BFH-Urteil in BFHE 142, 51, BStBl II 1984, 844, unter 3.b (3); ausführlich BFH-Urteil in BFHE 142, 243, BStBl II 1985, 106, unter 5.). Dabei soll diese Grenze überschritten sein, wenn der Verein ankündigt, künftig möglicherweise Sitzblockaden durchzuführen und polizeiliche Anordnungen eventuell nicht zu beachten (BFH-Urteil in BFHE 142, 243, BStBl II 1985, 106, unter 5.b). |
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In einer Entscheidung zum Satzungsziel "Völkerverständigung" (heute § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 13 AO) hat der BFH (Urteil in BFHE 155, 461, BStBl II 1989, 391, unter II.4.b) für eine noch unschädliche Einflussnahme auf die politische Diskussion in seiner Subsumtion darauf abgestellt, dass |
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die Beschäftigung mit politischen Vorgängen im Rahmen dessen liegt, was das Eintreten für die satzungsmäßigen Ziele und deren Verwirklichung erfordert und zulässt, |
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die von der Körperschaft zu ihren satzungsmäßigen Zielen vertretenen Auffassungen –trotz "zum Teil drastischer Sprechweise"– objektiv und sachlich fundiert sind, |
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und die Körperschaft sich parteipolitisch neutral verhält. |
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Die Finanzverwaltung hat sich diesen Rechtsprechungsgrundsätzen angeschlossen (Nr. 15 AEAO zu § 52 AO); ebenso die ganz herrschende Literaturauffassung (Buchna/Leichinger/Seeger/ Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl. 2015, Tz. 2.2.7., S. 84 f.; Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rz 3.51 ff.; Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl. 2010, § 6 Rz 40; Klein/Gersch, 13. Aufl., § 52 AO Rz 48; Weitemeyer/Kamp, DStR 2016, 2623; ausführlich Hüttemann, DB 2015, 821). |
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bb) Daraus ergibt sich die folgende Grundsystematik für die Prüfung, ob eine Körperschaft sich in einer die Gemeinnützigkeit ausschließenden Weise allgemeinpolitisch betätigt: |
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(1) Das Betreiben oder Unterstützen von Parteipolitik ist immer gemeinnützigkeitsschädlich (vgl. hierzu BFH-Entscheidungen vom 14. März 1990 I B 79/89, BFH/NV 1991, 485; vom 23. September 1999 XI R 63/98, BFHE 190, 338, BStBl II 2000, 200, unter II.1.b, und in BFH/NV 2011, 1113, Rz 9). Dies folgt bereits aus der systematischen Unterscheidung des Ertragsteuerrechts zwischen der Förderung gemeinnütziger Zwecke einerseits (z.B. § 10b Abs. 1, 1a EStG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG) und der Förderung politischer Parteien andererseits (§ 10b Abs. 2 EStG; im Bereich des KStG ist insoweit gar keine Begünstigung vorgesehen). Diese Unterscheidung darf nicht durch eine Vermischung dieser Förderobjekte unterlaufen werden. Daher ist insoweit eine strikte Betrachtung geboten. |
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(2) Äußerungen, die zwar in dem Sinne als "politisch" anzusehen sind, als sie das Gemeinwesen betreffen, die aber zugleich parteipolitisch neutral bleiben, stehen der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft nicht grundsätzlich entgegen. Dies gilt wegen der Erkenntnis, dass der Umweltschutz durch staatliche Maßnahmen in besonders wirksamer Weise gefördert werden kann, vor allem für Körperschaften, die den Umweltschutz fördern. Auch diese Betätigungen müssen aber durch den Satzungszweck der Körperschaft gedeckt sein. |
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(3) Die politische Einflussnahme darf die anderen von der Körperschaft entfalteten Tätigkeiten jedenfalls nicht "weit überwiegen" (BFH-Urteil in BFHE 142, 51, BStBl II 1984, 844, unter 6., a.E.). |
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cc) Dies vorausgesetzt, sind beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens zunächst keine Gesichtspunkte erkennbar, die dafür sprechen könnten, dass die Unterstützung der Volksinitiative durch den Kläger seine Verpflichtung zur parteipolitischen Neutralität verletzt haben könnte. Er hat nicht zur Unterstützung einer bestimmten politischen Partei aufgerufen. Zudem treten nahezu alle relevanten politischen Parteien dafür ein, den Klimawandel zu begrenzen und erneuerbare Energien zu fördern. |
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Auch spricht aus den bereits unter a) angeführten Gründen beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand Vieles dafür, dass das Werben des Klägers für eine Rekommunalisierung der Energienetze –auch im Wege der Unterstützung einer Volksinitiative– sich im Rahmen seines Satzungszwecks "Umweltschutz" gehalten hat (ebenso –konkret zum vorliegenden Verfahren– Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rz 3.54). |
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c) Schließlich hat das FA die Haftungsinanspruchnahme des Klägers auf die Erwägung gestützt, zum einen sei nicht dieser, sondern die "Volksinitiative" der eigentliche Zuwendungsempfänger; jedenfalls habe der Kläger seine projektbezogenen Spendeneinnahmen in unzulässiger Weise an die "Volksinitiative" weitergeleitet. |
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aa) Insoweit hat der Senat keine rechtlichen Bedenken gegen die Ausführungen des FG, eine Ausstellerhaftung unter dem Gesichtspunkt, dass der Kläger gar nicht der eigentliche Zuwendungsempfänger gewesen sei, komme nicht in Betracht. |
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bb) Zu dem weiter vom FA angeführten Gesichtspunkt der Weiterleitung fehlt es bisher an Feststellungen des FG. Der Kläger hatte zwar –unter Vorlage entsprechender Unterlagen– vorgetragen, die Mittel seien niemals in den Verfügungsbereich der Initiative gelangt, sondern zum ganz überwiegenden Teil zur Deckung seiner eigenen Kosten (insbesondere Personalkosten) verwendet, und zu einem kleineren Teil an die Verbraucherzentrale –einem der anderen Partner des Klägers in der Initiative– weitergeleitet worden, um deren projektbedingte Kosten zu decken. Das FG hat sich zu diesem Vorbringen aber bisher keine eigene Überzeugung gebildet. |
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4. Aber auch umgekehrt kann der Senat beim derzeitigen Stand der Sachaufklärung nicht zu dem Ergebnis kommen, der Haftungsbescheid sei aufzuheben, was eine Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO) bedeuten und eine Zurückverweisung an das FG entbehrlich machen würde. |
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Eine solche aufhebende Entscheidung wäre dann zu treffen, wenn dem FA ein Ermessensfehler unterlaufen wäre. Ein solcher Ermessensfehler wäre bereits dann zu bejahen, wenn das FA den Sachverhalt in Bezug auf die ermessensleitenden Gesichtspunkte unzureichend ermittelt hätte (vgl. BFH-Urteile vom 15. Juni 1983 I R 76/82, BFHE 139, 146, BStBl II 1983, 672, unter II.2. vor a, und vom 11. Juni 1997 X R 14/95, BFHE 183, 21, BStBl II 1997, 642, unter II.1.). |
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Bei der Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Haftungsnorm handelt es sich indes nicht um eine Ermessensentscheidung i.S. des § 5 AO und des § 102 FGO, sondern um eine vom FG in vollem Umfang zu überprüfende, rechtlich gebundene Entscheidung. Erst die nach § 191 AO zu treffende Entscheidung, ob bzw. gegen wen ein Haftungsbescheid ergehen soll (Entschließungs- und Auswahlermessen) unterliegt den Beschränkungen des § 102 FGO (zum Ganzen BFH-Urteile vom 13. April 1978 V R 109/75, BFHE 125, 126, BStBl II 1978, 508, unter 1.; vom 13. Juni 1997 VII R 96/96, BFH/NV 1998, 4, unter 1.; vom 11. März 2004 VII R 52/02, BFHE 205, 14, BStBl II 2004, 579, unter II.1.a, und vom 20. September 2016 X R 36/15, BFH/NV 2017, 593, unter II.1.a; Wernsmann in HHSp, § 5 AO Rz 59, 120). |
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Vorliegend betrifft die bisher unzureichende Begründung des Haftungsbescheids (dazu oben 3.) nicht die Ermessensebene, sondern die tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftungsnorm. Die in diesem Bereich gegebenen Unzulänglichkeiten zwingen daher nicht zur Aufhebung des Haftungsbescheids, sondern zu weiteren Ermittlungen des FG. |
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5. Aus den genannten Gründen ist der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung reif und muss daher an die Vorinstanz zurückverwiesen werden. Für den zweiten Rechtsgang weist der Senat –ohne die Bindungswirkung des § 126 Abs. 5 FGO– auf die folgenden Punkte hin: |
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a) Im rechtlichen Ausgangspunkt hat das FA zutreffend angenommen, dass die Veranlasserhaftung nach § 9 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KStG unter den zeitlichen Vorgaben des Streitfalls im subjektiven Tatbestand mindestens grobe Fahrlässigkeit voraussetzt. |
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Zwar ordnet § 34 Abs. 8a letzter Satz KStG i.d.F. des Ehrenamtsstärkungsgesetzes an, dass § 9 Abs. 3 Satz 2 KStG in der durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz geänderten Fassung –die nunmehr ein Verschuldenserfordernis auch für die Veranlasserhaftung vorsieht– "erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 anzuwenden" ist. Da es vorliegend um Zuwendungen des Veranlagungszeitraums 2011 geht, könnte die gesetzliche Übergangsregelung so verstanden werden, dass die –begünstigende– Neuregelung im Streitfall noch nicht anwendbar ist. |
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Das FG hat hierzu aber zu Recht ausgeführt, dass die Verwirklichung des Haftungstatbestands neben der Leistung einer Zuwendung auch die Nichtverwendung der Mittel "zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken" voraussetzt. Ohne die Ausstellung einer Zuwendungsbestätigung kann daher der Tatbestand der Veranlasserhaftung nicht verwirklicht werden (für das Abstellen auf den Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung Krämer in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Kommentar zum KStG und EStG, § 9 KStG Rz 384). Die Zuwendungsbestätigung ist vorliegend aber erst am 12. September 2013 ausgestellt worden. Mithin ist der Haftungstatbestand erst im Veranlagungszeitraum 2013 verwirklicht worden. Diese Auslegung des FG hat auch das FA im Revisionsverfahren nicht mehr beanstandet. |
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Gleiches würde sich im Übrigen –auch hierauf hat das FG hingewiesen– ergeben, wenn man den Zeitpunkt des Ergehens des Haftungsbescheids für maßgeblich halten würde (so Schauhoff/ Kirchhain, Finanz-Rundschau 2013, 301, 310 f.). Auch dieser lag im Veranlagungszeitraum 2013. |
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b) Auch wenn das FA es während des erstinstanzlichen Verfahrens ausdrücklich unstreitig gestellt hatte, dass die vom Kläger zeitnah für Zwecke der Initiative verwendeten Mittel die Eingänge auf dem Projekt-Spendenkonto überstiegen haben, hat es während des Revisionsverfahrens Zweifel an den vom Kläger vorgelegten Mittelverwendungsrechnungen geäußert. Das FG kann daher im zweiten Rechtsgang auch der Frage nachgehen, ob der Kläger die ihm im Jahr 2011 zugewendeten Mittel insgesamt innerhalb der in § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO genannten Frist für seine steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet hat. Es wird sich in diesem Fall allerdings ergänzend auch damit auseinandersetzen müssen, ob ein etwaiger Verstoß gegen die genannte Norm lediglich für die Gemeinnützigkeit des Klägers –mit Heilungsmöglichkeit nach § 63 Abs. 4 AO– oder zusätzlich auch für die Spendenhaftung Bedeutung haben könnte (vgl. dazu oben 2.b). |
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6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. |
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