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Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Klagestattgabe, soweit dies die Körperschaftsteuerfestsetzung und die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für das Streitjahr betrifft (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Hinsichtlich der Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr wird das FG-Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). |
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Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass es sich bei den vom Kläger durchgeführten Veranstaltungen "E-Day" und "E-Congress" um keine Zweckbetriebe handelt, weil insoweit die Voraussetzungen von § 68 Nr. 8 AO vorliegen, so dass die begehrte Körperschaft– und Gewerbesteuerbefreiung zu gewähren ist. Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG erfüllt sind. |
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1. Entgegen der Auffassung des FG liegen hinsichtlich der Veranstaltungen "E-Day" und "E-Congress" die Voraussetzungen für die Gewährung der begehrten Körperschaftsteuer– und Gewerbesteuerbefreiung vor. |
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a) Der Kläger ist als gemeinnützig anerkannter eingetragener Verein gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) grundsätzlich von der Körperschaftsteuer befreit und gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG nur mit seinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben steuerpflichtig, soweit es sich nicht um Zweckbetriebe i.S. der §§ 65 bis 68 AO handelt (§ 64 Abs. 1 AO). § 3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) enthält eine entsprechende Regelung für die Befreiung von Gewerbesteuer. |
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b) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des FG, die den Senat binden (§ 118 Abs. 2 FGO), sind die vom Kläger durchgeführten Konferenzen "E-Day" sowie "E-Congress" wirtschaftliche Geschäftsbetriebe i.S. von § 14 AO, was im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist. |
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c) Das FG hat zu Unrecht für die mit den streitbefangenen Konferenzen zusammenhängenden Einnahmen des Klägers die besonderen Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 8 AO nicht beachtet und deshalb unzutreffend die Annahme von Zweckbetrieben verneint. |
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aa) Nach dieser Vorschrift, die im Verhältnis zu der allgemeinen Regelung in § 65 AO als spezielle Norm vorrangig ist (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 24. September 2014 V R 11/14, BFH/NV 2015, 388, Zeitschrift für das gesamte Mehrwertsteuerrecht 2015, 418, Rz 37, m.w.N.), sind Volkshochschulen und andere Einrichtungen auch Zweckbetriebe, soweit sie selbst Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durchführen; dies gilt auch, soweit die Einrichtungen den Teilnehmern dieser Veranstaltungen selbst Beherbergung und Beköstigung gewähren. |
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Ausweislich der Gesetzesbegründung hat die Bestimmung im Verhältnis zu § 65 AO lediglich klarstellenden Charakter, soweit es um die Rechtsfrage geht, ob von einer entsprechenden Einrichtung Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durchgeführt werden (BTDrucks 8/2827, S. 79). |
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bb) Im Streitfall liegen die Voraussetzungen von § 68 Nr. 8 AO vor. |
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Bei dem Kläger handelt es sich zwar nicht um eine Volkshochschule oder um eine allgemein anerkannte Einrichtung der Erwachsenenbildung (vgl. z.B. Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 68 AO Rz 36, m.w.N., und Klein/Gersch, AO, 13. Aufl., § 68 Rz 15, m.w.N.), wohl aber um eine andere steuerbegünstigte Einrichtung i.S. von § 68 Nr. 8 AO (vgl. dazu z.B. Uterhark in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 68 AO Rz 11). Die Satzungszwecke des Klägers umfassen nach § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO die Förderung der Erziehung, Volks– und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe. |
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Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des FG, die nach § 118 Abs. 2 FGO den Senat binden, steht im Übrigen fest, dass der Kläger mit seinen Kongressen Veranstaltungen belehrender Art i.S. von § 68 Nr. 8 AO durchgeführt hat, an die im Übrigen keine besonderen inhaltlichen Anforderungen zu stellen sind (vgl. z.B. Unger in Beermann/Gosch, AO § 68 Rz 27, m.w.N.). Somit genügt es, dass bei den streitbefangenen Veranstaltungen überwiegend Vorträge gehalten werden, die naturgemäß belehrenden Charakter haben. Die Durchführung der Kongresse steht auch im Einklang mit den in § 2 der Satzung des Klägers ausdrücklich genannten Maßnahmen zur Verwirklichung der Satzungszwecke, wonach u.a. die "Fortbildung von Mitgliedern und interessierten Nichtmitgliedern" im Mittelpunkt steht. |
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Entgegen der Auffassung des FA ergibt sich Gegenteiliges nicht aus der –einschränkenden– Rechtsprechung des BFH zum originären Steuerbefreiungstatbestand in § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG, dem die Regelung in § 68 Nr. 8 AO nachgebildet ist. Zwar hat der BFH entschieden, dass bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG nicht alle Kurse zur Erlernung von Fähigkeiten oder Fertigkeiten "wissenschaftlicher oder belehrender Art" in den Anwendungsbereich dieses Steuerbefreiungstatbestandes fallen, sondern nur solche Kurse, die als Erziehung von Kindern und Jugendlichen, als Schul– oder Hochschulunterricht, als Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung zu qualifizieren sind (BFH-Urteil vom 27. April 2006 V R 53/04, BFHE 213, 256, BStBl II 2007, 16, Rz 24, m.w.N.). Unabhängig davon, ob der Kläger mit den streitbefangenen Veranstaltungen möglicherweise auch diese Voraussetzungen erfüllt, sind diese einschränkenden Rechtsgrundsätze nicht auf § 68 Nr. 8 AO zu übertragen, weil beide Bestimmungen nicht deckungsgleich und deshalb jeweils für sich zu betrachten sind (vgl. z.B. Musil, a.a.O., § 68 Rz 35, m.w.N., und Klein/Gersch, a.a.O., § 68 Rz 15 unter Bezugnahme auf BFH-Urteil vom 8. März 2012 V R 14/11, BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630). |
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d) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung ist aufzuheben. Die Sache ist insoweit spruchreif. Der Klage ist im Hinblick auf die begehrte Körperschaftsteuer– und Gewerbesteuerbefreiung in vollem Umfang stattzugeben. |
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2. Entgegen der Auffassung des FG können bezüglich der streitbefangenen Veranstaltungen auch die Voraussetzungen der begehrten Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG erfüllt sein. Der Senat kann insoweit nicht durcherkennen, weil die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG nicht ausreichen, um das Vorliegen aller gesetzlich festgelegten Bedingungen zu bejahen. |
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a) Nach dieser Bestimmung ist auf die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 AO), der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt die Steuerermäßigung nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 AO bezeichneten Zweckbetrieb ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht. |
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b) Im Streitfall ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen unter II.1.c, dass der Kläger mit seinen Veranstaltungen die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs i.S. von § 68 Nr. 8 AO erfüllt. |
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c) Ausgehend von den bisherigen Feststellungen des FG lässt sich aber nicht abschließend beurteilen, ob der Zweckbetrieb möglicherweise in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, was der begehrten Steuersatzermäßigung im Streitfall entgegenstehen könnte. |
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Entscheidend ist insoweit, ob der Kläger mit den Leistungen seines Zweckbetriebs in Wettbewerb zu anderen Unternehmern tritt, die vergleichbare Leistungen ohne Anspruch auf Ermäßigung am Markt anbieten. Welcher Art die Vorleistungen sind, die der Zweckbetrieb zur Erbringung seiner eigenen Leistung beansprucht, ist insoweit nicht von Bedeutung (BFH-Urteil in BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, Rz 31). Für diese weite Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG spricht dabei, dass der ermäßigte Steuersatz nur insoweit anzuwenden ist, als er zu keiner oder einer nur geringen Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung führt (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Kommission/Königreich Niederlande vom 3. März 2011 C-41/09, EU:C:2011:108, Rz 52). |
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Das FG hat die Frage des Vorliegens von Wettbewerbsverzerrungen –ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu Recht– ausdrücklich offen gelassen und keine weiteren tatsächlichen Feststellungen getroffen. Es wird bei seiner erneuten Entscheidung auch berücksichtigen müssen, dass die Regelung in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG entsprechend den unionsrechtlichen Vorgaben eng auszulegen ist (BFH-Urteil vom 24. September 2014 V R 11/14, BFH/NV 2015, 528, Rz 44 ff.). |
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d) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung ist aufzuheben. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Gelegenheit haben, die fehlenden tatsächlichen Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nachzuholen. |
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Sollte sich dabei ergeben, dass der Kläger ggf. selbst Beherbergungs– und Übernachtungsleistungen erbracht hat, wäre ggf. außerdem das Vorliegen der Steuersatzermäßigung i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG zu prüfen. |
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3. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. |
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