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1. Die Zuständigkeit des erkennenden Senats für das vorliegende Verfahren ergibt sich aus Teil A XI. Senat Nr. 2 des Geschäftsverteilungsplans (GVPL) des BFH. Die Zuständigkeit des VII. Senats des BFH gemäß Teil A VII. Senat Nr. 5 Buchst. b GVPL für Haftungssachen ist nicht begründet, da die Höhe der Steuer streitig ist. |
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2. Der erkennende Senat ist gemäß II.2.a bb der Ergänzenden Regelungen des GVPL für den gesamten Streitfall zuständig, weil über die im Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob Einwendungen der Klägerin gemäß § 166 AO ausgeschlossen sind, nur einheitlich entschieden werden kann und die Körperschaftsteuer den höchsten Streitwert hat; die Zuständigkeit erstreckt sich gemäß III.2. der Ergänzenden Regelungen des GVPL auch auf die die Steuern betreffenden Säumniszuschläge und Zinsen. |
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Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. |
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Die Revision ist unbegründet; sie ist deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht angenommen, dass der Kläger aufgrund von § 166 AO gehindert ist, Einwendungen gegen die Höhe der Steuer und steuerlichen Nebenleistungen, für die er haftet, zu erheben. Auch liegt ein schuldhaftes Verhalten des Klägers i.S. des § 69 AO vor, das zu einer Haftung in Höhe der Steuerschuld führt. |
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1. Zu Recht geht das FG davon aus, dass das FA den Kläger durch Haftungsbescheid in Haftung nehmen durfte. |
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a) Nach § 191 Abs. 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. |
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b) Nach § 69 i.V.m. § 34 AO haften die Geschäftsführer einer GmbH, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. |
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c) Als Geschäftsführer der GmbH war der Kläger deren gesetzlicher Vertreter (vgl. § 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) und hat als solcher seine gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AO bestehende Pflicht, rechtzeitig zutreffende Steuererklärungen abzugeben (§ 149 AO, § 18 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes –UStG–) und die fälligen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO, § 18 Abs. 4 Satz 2 UStG) zu erfüllen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO), verletzt. Diese objektive Pflichtwidrigkeit indiziert den gegenüber dem Kläger zu erhebenden Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 11. November 2008 VII R 19/08, BFHE 223, 303, BStBl II 2009, 342; vom 22. April 2015 XI R 43/11, BFHE 249, 315, BStBl II 2015, 755, Rz 20; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 AO Rz 29; Nacke, Haftung für Steuerschulden, 4. Aufl. 2017, Rz 2.133). |
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d) Die Einwendungen des Klägers gegen den Schuldvorwurf führen zu keiner anderen Beurteilung. |
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aa) Zutreffend hat das FG ein Überwachungsverschulden des Klägers bejaht. Wer einen Mitarbeiter mit der Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten beauftragt, hat ein Auswahl- und Überwachungsverschulden zu vertreten (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 5. März 1998 VII B 36/97, BFH/NV 1998, 1325; vom 26. November 2008 V B 210/07, BFH/NV 2009, 362). Neben der sorgfältigen Auswahl hat er die Person bei der Erfüllung der steuerlichen Aufgaben zu überwachen. Dabei ist die Konkretisierung der Überwachungsmaßnahmen weitgehend von den Umständen des Einzelfalls abhängig (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 30. August 1994 VII R 101/92, BFHE 175, 509, BStBl II 1995, 278; BFH-Beschlüsse vom 28. August 2008 VII B 240/07, BFH/NV 2008, 1983; in BFH/NV 2009, 362). Soweit das FG das Verschulden daran festmacht, dass die diversen Mängel der Kassenführung über einen Zeitraum von drei Jahren unentdeckt geblieben seien, ist dies nicht zu beanstanden. Es bedurfte daher nicht weiterer Ermittlungen. |
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bb) Die Einwendungen des Klägers, es sei nicht geprüft worden, ob er einem Verbots- oder Rechtsirrtum unterlegen gewesen sei, und seine Qualifikation als gelernter Kfz-Mechaniker sei nicht beachtet worden, sind ebenfalls unbeachtlich. Zwar ist bei der Haftung nach § 69 AO auf den subjektiven Sorgfaltsmaßstab abzustellen, so dass auf die Sorgfalt abzustellen ist, die nach den Umständen und nach den persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten des Betreffenden zu fordern und zu der er imstande ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 23. September 2008 VII R 27/07, BFHE 222, 228, BStBl II 2009, 129; BFH-Beschluss vom 18. Januar 2008 VII B 63/07, BFH/NV 2008, 754). Gleichwohl ist der Geschäftsführer einer GmbH vor Übernahme der Geschäftsführerstellung gehalten, sich mit den elementarsten handelsrechtlichen Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH vertraut zu machen und Erkundigungen über die hierfür zu beachtenden allgemeinen Pflichten des Steuerrechts einzuziehen. Er kann sich also nicht auf seine mangelnden Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen berufen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1998, 1325; vom 17. August 2000 VII S 6/00, BFH/NV 2001, 411; vom 4. Mai 2004 VII B 318/03, BFH/NV 2004, 1363; vom 20. Oktober 2005 VII B 17/05, BFH/NV 2006, 241). Wer den Anforderungen an einen gewissenhaften Geschäftsführer nicht persönlich entsprechen kann, muss von der Übernahme des Geschäftsführeramtes absehen bzw. es niederlegen, oder die Hilfe eines Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe in Anspruch nehmen, um eine Haftungsinanspruchnahme nach § 69 AO zu vermeiden (BFH-Beschlüsse vom 5. März 1985 VII B 69/84, BFH/NV 1987, 422; in BFH/NV 1998, 1325; in BFH/NV 2004, 1363). Der Kläger als gelernter Kfz-Mechaniker kann sich daher im Streitfall hinsichtlich der Überwachungspflichten nicht auf seine fehlende Qualifikation oder auf einen Rechts- oder Verbotsirrtum berufen. Die Überwachungspflichten gehören zu den Grundpflichten einer Geschäftsführertätigkeit. |
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2. Das FG hat zutreffend angenommen, dass der Kläger die widerspruchslose Feststellung zur Insolvenztabelle gegen sich gelten lassen muss; er ist aufgrund von § 166 AO gehindert, Einwendungen gegen die Höhe der zur Insolvenztabelle festgestellten Steuern zu erheben, die dem Haftungsbescheid zugrunde liegen. |
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a) Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies nach § 166 AO neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten. |
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b) Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die widerspruchslose Feststellung einer Steuerforderung im Insolvenzverfahren als unanfechtbare Steuerfestsetzung i.S. des § 166 AO anzusehen ist. Der Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in den BFH-Urteilen vom 16. Mai 2017 VII R 25/16 (BFHE 257, 515, BStBl II 2017, 934), vom 27. September 2017 XI R 9/16 (BFHE 259, 221, BStBl II 2018, 515) und BFH-Beschluss vom 29. August 2018 XI R 57/17, denen er auch insoweit folgt. |
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c) Nichts anderes ergibt sich im Streitfall aus der Rüge des Klägers, er sei mit der Anwendung des § 166 AO von der Geltendmachung von Einwendungen gegen die Höhe der Haftungsschuld im Haftungsverfahren verfassungsrechtswidrig ausgeschlossen. Da die Regelung des § 166 AO den Zweck verfolgt, Verfahrensabläufe insbesondere in Fällen der Haftung zu vereinfachen, ist die Vorschrift mit Blick auf diesen Normzweck verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (ebenso Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 166 AO Rz 3; vgl. auch Krumm, Steuer und Wirtschaft 2012, 329). So hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 12. September 2018 1 BvR 1251/18 (juris) die Verfassungsbeschwerde gegen das Senatsurteil in BFHE 259, 221, BStBl II 2018, 515 nicht zur Entscheidung angenommen. |
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3. Soweit der Kläger einwendet, die Höhe der Haftungsschuld sei abweichend von der offenen Steuerschuld geringer anzusetzen, verkennt er, dass aufgrund seines Verschuldens die Steuern zu niedrig erklärt wurden und damit in der Folge die festgestellte Insolvenzforderung entstanden ist. Eine Herabsetzung ergibt sich gerade durch sein Verhalten nicht. |
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4. Sonstige Rechtsfehler der angefochtenen Vorentscheidung oder des Haftungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. |
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. |
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