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Der Antrag ist zulässig und begründet. |
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1. Der BFH ist mit Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum zuständigen Gericht der Hauptsache geworden (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 03.02.2016 – V S 39/15, BFH/NV 2016, 1036, Rz 7). |
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2. Der Antrag ist auch zulässig. Es handelt sich wegen der Gewährung von AdV bis einen Monat nach Ergehen einer Entscheidung des FG und für den hier ausschließlich zu betrachtenden Verfahrensabschnitt des Rechtsmittelverfahrens erneut gestellten Antrag um einen erstmaligen Antrag gemäß § 69 Abs. 3 FGO. Die Zugangsvoraussetzungen gemäß § 69 Abs. 4 FGO sind erfüllt. Die Klägerin hat vor der Antragstellung beim BFH beim FA die AdV für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens beantragt, was dieses abgelehnt hat. |
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3. Der Antrag ist begründet. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids i.S. des § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO. |
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a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts u.a. aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Wird ein AdV-Antrag –wie hier– während der Anhängigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH gestellt, kann dieser allerdings wegen der im Falle der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels sogleich eintretenden Rechtskraftwirkung nur dann Erfolg haben, wenn neben den ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts zusätzlich ernstlich mit einer Zulassung der Revision zu rechnen ist (BFH-Beschlüsse vom 23.01.2015 – IX S 25/14, BFH/NV 2015, 497, Rz 18; vom 20.12.2018 – X S 41/18, BFH/NV 2019, 204, Rz 11). |
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b) Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Senat hat die Revision im Verfahren VIII B 66/19 mit Beschluss vom heutigen Tage zugelassen. Auch sind bei der gebotenen summarischen Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids gegeben. |
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aa) Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die u.a. zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern, sind gemäß § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG steuerfrei. FA (und FG) haben bei der Prüfung der Voraussetzung, ob die Klägerin Bezüge aus "öffentlichen Mitteln" erhalten hat, einen unzutreffenden Maßstab angelegt, sodass die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids ernstlich zweifelhaft ist. |
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bb) Nach Auffassung des FA in der Einspruchsentscheidung vom 06.11.2018 ist die Frage, ob Bezüge, die einer Pflegeperson (dem Steuerpflichtigen, hier der Klägerin) von einem Träger der freien Jugendhilfe gezahlt werden, "öffentliche Mittel" sind, nach den im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 22.10.2018 – IV C 3 – S 2342/07/0001:138 (BStBl I 2018, 1109, unter E) aufgestellten Kriterien zu prüfen. Danach muss es sich bei den über den Träger der freien Jugendhilfe ausgezahlten Geldern um "durchlaufende Posten" handeln, was laut BMF gegeben sei, wenn (1) der Pflegeperson das ihr zustehende Pflegegeld direkt vom örtlichen Jugendamt bewilligt worden ist, (2) eindeutige und unmissverständliche vertragliche Regelungen zwischen Jugendamt, freiem Träger und der Pflegeperson/Erziehungsstelle i.S. des § 33 SGB VIII bestehen, d.h. eine vertragliche Vereinbarung zwischen allen Parteien, dass das vom Jugendamt zweckgebunden an den freien Träger ausgezahlte Pflegegeld unverändert an die Pflegeperson weitergeleitet wird und sich durch diese formale, organisatorische Abwicklung dem Grunde und der Höhe nach am Pflegegeldanspruch der Pflegeperson nichts ändert und (3) eine Vollmacht und Erklärung der Pflegeperson vorliegen, mit der Weiterleitung des Pflegegeldes über den freien Träger einverstanden zu sein. Die an eine Pflegeperson ausgezahlten Beträge stammen aus Sicht des BMF nicht aus öffentlichen Mitteln, wenn der freie Träger der Jugendhilfe dem örtlichen Jugendamt eine Pflegeperson zur Verfügung stellt, diese Pflegeperson vergütet und dem zuständigen Jugendamt das gezahlte Pflegegeld in Rechnung stellt. Es handele sich –so das BMF-Schreiben in BStBl I 2018, 1109 (unter E)– auch dann nicht um öffentliche Mittel, wenn die Vergütungen des freien Trägers aus öffentlichen, zweckbestimmten Zuwendungen des Jugendamts gespeist würden, da insoweit nicht gewährleistet sei, dass über die Mittel nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften des öffentlichen Rechts verfügt werden könne und die Verwendung im Einzelnen einer gesetzlich geregelten Kontrolle unterliege. |
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cc) Dieser Maßstab entspricht nicht den Anforderungen, die der Senat (BFH-Urteile in BFH/NV 2015, 960, und in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432) bei Zahlungen an Pflegepersonen über zwischengeschaltete Träger der Jugendhilfe für eine Zahlung aus "öffentlichen Mitteln" aufgestellt hat. |
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Der Senat hat sich im Urteil in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432 unter Rz 44 die Kriterien des BMF-Schreibens (unverändert bereits im Vorgängerschreiben vom 21.04.2011, BStBl I 2011, 487 enthalten), dass es sich bei den Zahlungen um "durchlaufende Posten" handeln muss, nicht als Voraussetzungen für die Prüfung, ob "öffentliche Mittel" vorliegen, zu eigen gemacht. Er hat stattdessen unter Rz 46 der Entscheidung ausgeführt, eine Zahlung aus öffentlichen Mitteln sei auch bei Auszahlung über einen freien Träger der Jugendhilfe an die Pflegeperson "schon dann" anzunehmen, wenn die in einem Haushaltsplan ausgewiesenen Mittel nicht unmittelbar aus einer öffentlichen Kasse, sondern mittelbar über Dritte gezahlt würden, sofern über die Mittel nur nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften verfügt werden könne und ihre Verwendung im Einzelnen einer gesetzlich geregelten Kontrolle unterliege. |
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Eine Verausgabung der Pflegegelder nach haushaltsrechtlichen Vorschriften und eine gesetzlich geregelte Kontrolle der Verwendung sind nach dem Senatsurteil in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432 gegeben, wenn der Finanzbedarf für die erforderlichen Leistungen in den Haushaltsplänen des Trägers des zuständigen Jugendamtes festgestellt wird, weil dann die Verwendung der Mittel regelmäßig der Rechnungskontrolle durch die Jugendhilfebehörde unterliegt. Es genügt für die haushalterisch erforderliche Kontrolle der zweckgerichteten Mittelverausgabung, wenn im Rahmen der Rechnungskontrolle der öffentlichen Hand die Feststellung möglich ist, dass die zur Förderung der Erziehung einer bestimmten Person bereitgestellten Mittel an die nach den ggf. vom freien Träger vorzulegenden Unterlagen verpflichtete Pflegeperson tatsächlich abgeflossen sind (Senatsurteil in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432 Rz 24, 25, 49, 50; vgl. auch zu § 3 Nr. 58 EStG BFH-Urteil vom 03.07.2019 – VI R 37/16, BFH/NV 2020, 46, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 20). |
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Der Annahme von Zahlungen "aus öffentlichen Mitteln" stehe –so das Senatsurteil in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432, Rz 26– nicht entgegen, wenn zur Begründung von Pflegeverhältnissen der Abschluss eines zivilrechtlichen Pflegevertrags erforderlich sei. |
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dd) Auf Grundlage des bislang festgestellten Sachverhalts lässt sich daher bei summarischer Prüfung nicht ausschließen, dass die Zahlungen der GmbH an die Klägerin aus öffentlichen Mitteln stammen. Es ist nicht ersichtlich, dass die von der Stadt S als zuständigem Jugendamt an die GmbH geleisteten Zahlungen nicht im Haushaltsplan der Stadt festgelegt waren und das Jugendamt nicht der öffentlichen Rechnungskontrolle unterlegen haben könnte. Nach Aussage des Zeugen Z vor dem FG hätte die GmbH der Stadt S auf Nachfrage auch die Verwendung der Mittel nachgewiesen, sodass die erforderliche Rechnungskontrolle der öffentlichen Hand möglich gewesen wäre. Dies genügt nach der bisherigen Senatsrechtsprechung für die Beurteilung der Zahlung eines zwischengeschalteten Trägers der freien Jugendhilfe als Zahlung aus öffentlichen Mitteln. |
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ee) Andere Umstände, die gegen eine Steuerfreiheit der Zahlungen gemäß § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG sprechen, sind den bisherigen Feststellungen ebenfalls nicht zu entnehmen. |
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Öffentlich-rechtliche Beihilfen i.S. des § 3 Nr. 11 EStG sind nur uneigennützig gewährte Unterstützungsleistungen. Leistungen, die im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erbracht werden, sind danach nicht steuerfrei. Auf dieser Grundlage hat der BFH Pflegesatzzahlungen, die für die Unterbringung von Kindern in Einrichtungen i.S. des § 34 SGB VIII gezahlt werden, nicht als steuerfreie Beihilfen i.S. des § 3 Nr. 11 EStG beurteilt (BFH-Urteil vom 23.09.1998 – XI R 9/98, BFH/NV 1999, 600). |
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Die von den Jugendämtern an Pflegeeltern –wie im Streitfall– geleisteten Erziehungsgelder hat der BFH jedoch grundsätzlich als nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei beurteilt (BFH-Urteil vom 28.06.1984 – IV R 49/83, BFHE 141, 154, BStBl II 1984, 571), da mit der Zahlung der Pflegegelder keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen Aufwands der Pflegeeltern beabsichtigt sei (BFH-Urteil vom 17.05.1990 – IV R 14/87, BFHE 161, 361, BStBl II 1990, 1018). Diesen steuerfreien Leistungen hat der BFH auch im Bereich des Bezugs von Pflegegeldern als steuerpflichtige Einnahmen gegenübergestellt aber Zahlungen an Personen, die Kinder des Erwerbs wegen in ihren Haushalt aufgenommen haben (BFH-Urteil in BFHE 161, 361, BStBl II 1990, 1018; Senatsurteil in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432, Rz 36 ff.). Der Senat (Senatsurteil in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432, Rz 39, 40) nimmt die Voraussetzungen eines erwerbsmäßigen Bezugs von Pflegegeld wie die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben in BStBl I 2018, 1109, unter A) erst an, wenn von der Pflegeperson mehr als sechs Kinder gleichzeitig im Haushalt aufgenommen werden. |
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Auf dieser Grundlage kann allein aus dem vom FG festgestellten Umstand, dass die GmbH von der Stadt S Entgelte nach Tagessätzen erhalten und der Klägerin, die nur ein Pflegekind betreute, ein pauschales Honorar samt einer Aufwandsentschädigung für Sachaufwendungen gezahlt hat, nicht auf eine erwerbsmäßige Pflegetätigkeit der Klägerin geschlossen werden. |
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c) Danach sind die Einnahmen der Klägerin aus der selbständigen Tätigkeit bei summarischer Betrachtung gemäß § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG steuerfrei. Die geltend gemachten Betriebsausgaben (12.589,40 EUR) sind gemäß § 3c Abs. 1 EStG nicht abzugsfähig. Die Berechnung der auszusetzenden Einkommensteuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen. |
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4. Die AdV ist der Klägerin ohne Sicherheitsleistung zu gewähren. Anhaltspunkte für eine Gefährdung oder Erschwerung der Vollstreckung bestehen nicht. |
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. |
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