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II. Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Zurückverweisung der Sache an dieses zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). |
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Wie der erkennende Senat bereits in seinem Beschluss in BFHE 225, 558 ausgeführt hat, beziffert die sog. Milchquote (Referenzmenge) den Umfang des Rechts eines Milcherzeugers, in seinem Betrieb erzeugte Milch an einen Abnehmer zu liefern, ohne dafür eine Milchabgabe zahlen zu müssen. Die Milchquote bezieht sich auf die Summe der Milchlieferungen in einem jeden Zwölfmonatszeitraum (Milchwirtschaftsjahr). Übertragungen, Überlassungen, Umwandlungen oder zeitweilige Neuzuweisungen von Milchquoten, welche während eines Zwölfmonatszeitraums erfolgt sind, sind nach Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 bei der erst nach Ablauf des Zwölfmonatszeitraums erfolgenden Prüfung zu berücksichtigen, ob der Erzeuger mehr Milch geliefert hat, als seinem Lieferrecht entspricht, und ob er deshalb abgabenpflichtig geworden ist. Die zum 1. April des betreffenden Zwölfmonatszeitraums zugeteilte Milchquote ist also entsprechend zu korrigieren, woraus sich die in Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 als verfügbare Milchquote bezeichnete Menge ergibt. Mit Recht weist deshalb die Revision sinngemäß darauf hin, dass ein Erzeuger, um abgabenfrei Milch liefern zu können, nicht etwa im Zeitpunkt der Lieferung im Besitz einer entsprechenden Milchquote sein muss; ob er abgabenpflichtig wird, hängt vielmehr ausschließlich davon ab, ob er am Ende des Milchwirtschaftsjahres mehr Milch geliefert hat, als ihm seine Milchquote gestattete, deren Höhe sich ebenfalls erst am Ende des Milchwirtschaftsjahres endgültig bestimmen lässt. § 19 Abs. 2 MilchAbgV bestätigt dies, weil er dahin zu verstehen ist, dass er für den Fall, dass die Milchlieferungen eines Erzeugers voraussichtlich zu einer Abgabenschuld führen werden, gestatten will, von seinem Milchgeld gleichsam Vorauszahlungen auf diese (erst künftig entstehende und überhaupt definitiv feststellbare) Abgabenschuld einzubehalten oder anderweit Sicherheit zu verlangen. |
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Im Streitfall hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren sinngemäß vorgetragen, der vormalige Inhaber des von ihr erworbenen Milchwirtschaftsbetriebs habe zwar zunächst nur über eine Milchquote verfügt, die abzüglich der von ihm selbst vor der Betriebsübergabe vorgenommenen Milchlieferungen –deren Zurechnung an den Verkäufer statt an den seinerzeitigen Pächter des von der Klägerin erworbenen Betriebs die Klägerin nicht widersprochen hat und welche auch das FG offenbar ohne weitere Prüfung als zutreffend unterstellt hat– nicht ausreichte, um der Klägerin abgabenfreie Milchlieferungen in dem Umfang zu gestatten, in dem sie diese in der zweiten Hälfte des Milchwirtschaftsjahres tatsächlich vorgenommen hat. Denn liefert ein Erzeuger während eines Zwölfmonatszeitraums Milch an eine Molkerei und macht damit von seiner Milchquote Gebrauch, so kann die Milchquote bzw. der so ausgenutzte Teil der Milchquote in demselben Zwölfmonatszeitraum weder von ihm noch von irgendeinem anderen Erzeuger dafür in Anspruch genommen werden, Milch abgabenfrei liefern zu dürfen, weil die Milchquote, wie dargelegt, das Recht zu einer einmaligen Milchlieferung in jedem Zwölfmonatszeitraum in der festgesetzten Höhe darstellt und dieses Recht verbraucht ist, wenn es genutzt worden ist. Die Übertragung einer einmal bereits ausgenutzten Milchquote kann, in welchem rechtlichen Zusammenhang sie auch immer vorgenommen wird, das Recht zur abgabenfreien Milchlieferung in dem betreffenden Zwölfmonatszeitraum nicht wieder aufleben lassen. |
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Die Klägerin hat jedoch –wenn auch beiläufig– im erstinstanzlichen Verfahren weiter ausgeführt, der Verkäufer habe vor dem Ende des Milchwirtschaftsjahres einen Betrieb mit einer nicht ausgeschöpften Milchquote hinzuerworben, wodurch sich seine Milchquote so erhöht habe, dass sie ausreichte, die von dem Verkäufer selbst (bzw. dem vermeintlichen Pächter) vorgenommenen Lieferungen trotz des Übergangs der bereits bei Betriebsübergang für den Verkäufer festgesetzten Quote auf die Klägerin abzudecken. |
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Diesem Vortrag ist das FG in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter nachgegangen und es hat ihn in rechtlicher Hinsicht offenbar für nicht entscheidungserheblich gehalten. Der angebliche Übergang einer –zusätzlichen– Milchquote auf den Verkäufer ist indes für die Beurteilung der Abgabenpflicht der Klägerin im Streitfall von entscheidender Bedeutung; denn er bewirkt infolge der Erhöhung der dem Verkäufer im Streitjahr insgesamt zur Verfügung stehenden Milchquote, dass die auf die Klägerin übergegangene Quote, welche nunmehr nur noch einen Teil der dem Verkäufer in dem Milchwirtschaftsjahr insgesamt zur Verfügung stehenden Quote darstellte, entsprechend der mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung in vollem Umfang beliefert werden konnte, weil die von der Quote des Verkäufers vorrangig abzubuchenden eigenen Milchlieferungen desselben –das tatsächliche Vorbringen der Klägerin als zutreffend unterstellt– durch die hinzuerworbene Quote abgedeckt waren und folglich die Nutzbarkeit der auf die Klägerin übergegangenen Quote nicht beeinträchtigten. |
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Das ist dem FG –ebenso wie offenbar dem HZA– möglicherweise deshalb nicht deutlich geworden, weil der Verkäufer allerdings nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im Zeitpunkt der Übergabe seines Betriebs an die Klägerin diese zusätzliche Milchquote noch nicht besaß. Die einschlägigen Vorschriften des Gemeinschafts- und des nationalen Rechts können indes nicht dahin ausgelegt werden, dass derjenige, auf den während eines Milchwirtschaftsjahres ein Milcherzeugungsbetrieb und die für diesen maßgebliche Milchquote übergegangen sind, nur in dem Umfang ein Recht zur abgabenfreien Milchlieferung erwirbt, in dem der abgebende Betrieb unter Berücksichtigung seiner Milchlieferungen in dem bereits verstrichenen Teil des Milchwirtschaftsjahres im Zeitpunkt des Übergangs eine (noch ungenutzte) Milchquote besessen hat, so dass –mag der vormalige Milcherzeuger sich weiterhin als Milcherzeuger betätigt haben oder z.B. eine Milchquote nachträglich nur erworben haben, um einer Verpflichtung zur Übertragung einer noch belieferbaren Milchquote nachkommen zu können– von dem vormaligen Milcherzeuger nach der Betriebsübergabe getätigte Rechtsgeschäfte, die den Übergang einer Milchquote auf denselben zur Folge haben, für das Milchlieferungsrecht des Erwerbers nicht von Bedeutung sein könnten. |
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Die Milchquote ist, wie bemerkt, jahresbezogen. Erst am Ende des Milchwirtschaftsjahres lässt sich feststellen und ist festzustellen, wie groß sie ist. Denn Abgaben und Hinzuerwerbe während des Milchwirtschaftsjahres sind zu berücksichtigen (Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003). Die Milchlieferungen während des Milchwirtschaftsjahres werden zusammengerechnet und nicht etwa einzelnen Monaten oder gar Zeitpunkten zugeordnet. Dass diese Grundsätze nicht gölten, wenn ein Betrieb während eines Milchwirtschaftsjahres von einem Milcherzeuger auf einen anderen übergeht, in diesem Falle also das Milchwirtschaftsjahr für die Abgabenberechnung gleichsam in zwei Teilzeiträume aufzuteilen ist, ist den einschlägigen Vorschriften nicht zu entnehmen. Mit Recht führt die Revision dagegen auch an, dass der Zweck der Milchabgabenregelung eine solche Aufteilung nicht verlange. |
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Der erkennende Senat ist durch § 118 Abs. 2 FGO nicht gehindert, das vorgenannte Vorbringen, dass der Verkäufer des Betriebs der Klägerin vor dem Ende des Milchwirtschaftsjahres eine Milchquote hinzuerworben habe, bei seiner rechtlichen Würdigung zu berücksichtigen. Es handelt sich nicht um neues tatsächliches Vorbringen, das im Revisionsverfahren unzulässig wäre, sondern um Sachvortrag, den die Klägerin bereits in erster Instanz vorgebracht hat, wenn ihn auch das FG nicht beachtet hat. Die Sache muss deshalb gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO an das FG zurückgehen, damit dieses der Richtigkeit des betreffenden Sachvortrags der Klägerin nachgeht. Es wird dabei berücksichtigen können, dass der von der Klägerin geltend gemachte Übergang einer Milchquote von 617.690 kg durch die Bescheinigung der Landwirtschaftsbehörde vom 2. November 2005 nachgewiesen ist (§ 17 Abs. 1 MilchAbgV). Eine in entsprechender Anwendung eben genannter Vorschrift zu fordernde Bescheinigung über den Übergang der von dem Verkäufer nachträglich hinzuerworbenen Quote liegt allerdings bislang nicht vor. Dass sie von der Klägerin –offenbar aus Rechtsunkenntnis– nicht von sich aus im ersten Rechtsgang vorgelegt worden ist, rechtfertigt die Abweisung der Klage indes nicht. |
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Sollte der Klägerin allerdings im zweiten Rechtsgang eine formgerechte Bestätigung des Übergangs einer solchen zusätzlichen Milchquote nicht gelingen, wird ihre Klage nach Sachlage abzuweisen sein. Denn mit Recht hat das FG erkannt, dass durch eine –zudem erst nachträglich geschlossene– Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer, ungeachtet der von jenem bereits vorgenommenen Milchlieferungen solle dessen Milchquote in vollem Umfang auf den Käufer übergehen, für die nach Maßgabe öffentlichen Rechts zu beantwortende Frage ohne Bedeutung ist, ob und ggf. zu wessen Lasten eine Milchabgabe entsteht. Dies beantwortet sich, wie ausgeführt, danach, ob die Milchlieferungen des Verkäufers und die Milchlieferungen des Käufers in dem betreffenden Milchwirtschaftsjahr in der jeweiligen Summe die für jeden von diesen festgesetzte bzw. auf ihn –nach Maßgabe der Bescheinigung der Landwirtschaftsbehörde– übergegangene Milchquote unter Berücksichtigung aller Abgaben und Hinzuerwerbe während des Milchwirtschaftsjahres übersteigen. Die einschlägigen Rechtsvorschriften schließen zwar eine abweichende Zuweisung der Abgabenlast aufgrund einer Vereinbarung zwischen den als Abgabenschuldner in Betracht kommenden Milcherzeugern nicht ausdrücklich aus; es liegt jedoch auf der Hand, dass es nicht dem Sinn der Milchabgabenregelung und den mit ihr vom Verordnungsgeber verfolgten Zielen entspräche, es der Disposition der Milcherzeuger zu überlassen, wer von mehreren in Betracht kommenden Milcherzeugern Abgabenschuldner werden möchte. |
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Die zwischen der Klägerin und dem Verkäufer nachträglich geschlossene Vereinbarung nimmt indes unter den oben erörterten (bislang nicht festgestellten) Voraussetzungen in Wahrheit keine solche abweichende Zuordnung der Abgabenlast vor, sondern stellt sinngemäß lediglich der tatsächlichen Rechtslage entsprechend klar, dass der Klägerin das ihr übertragene Lieferrecht im Streitjahr unbeschadet der Milchlieferungen des Verkäufers ungeschmälert zur Verfügung stehen solle. |
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Dass die Klägerin sich im Übrigen auch nicht darauf berufen könnte, sie habe darauf vertraut, eine Milchmenge von rund 620.000 kg in dem strittigen Milchwirtschaftsjahr liefern zu können, hat bereits das HZA in seiner Revisionserwiderung zutreffend dargelegt. Der erkennende Senat kann daher davon absehen, hierzu gemäß § 126 Abs. 5 FGO Näheres auszuführen. |
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