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II. Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend –und verfahrensfehlerfrei– entschieden, dass die streitige Steuer für vom Kläger bezogene Sanierungsleistungen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist. |
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1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ist aber die Steuer für die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. |
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§ 15 UStG beruht auf Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG und ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH richtlinienkonform auszulegen. |
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a) Nach Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Dies ist nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG der Fall, sobald die Lieferung des Gegenstands oder die Dienstleistung an den vorsteuerabzugsberechtigten Steuerpflichtigen bewirkt wird. |
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b) Der Steuerpflichtige ist nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zum Vorsteuerabzug befugt, "soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden". |
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Dieses Recht gilt auch für den Abzug der geschuldeten oder entrichteten Steuer für Investitionen, die für die Zwecke der noch erst beabsichtigten, das Abzugsrecht eröffnenden Umsätze getätigt werden (vgl. EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 C-400/98 –Breitsohl–, Slg. 2000, I-4321, BStBl II 2003, 452, Rz 34; BFH-Urteil vom 8. März 2001 V R 24/98, BFHE 194, 522, BStBl II 2003, 430), unter der Voraussetzung, dass die Erklärung, zu besteuerten Umsätzen führende wirtschaftliche Tätigkeiten aufnehmen zu wollen, in gutem Glauben abgegeben worden ist und durch objektive Anhaltspunkte belegt wird (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2000, I-4279, BStBl II 2003, 446, Rz 41). |
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aa) Die Formulierung in Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG "für … verwendet werden" zeigt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nur entsteht, wenn die bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen direkt und unmittelbar mit Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, zusammenhängen, und dass der vom Steuerpflichtigen verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es Sache des nationalen Gerichts, das Kriterium des direkten und unmittelbaren Zusammenhangs auf den Sachverhalt des bei ihm anhängigen Rechtsstreits anzuwenden und dabei alle Umstände zu berücksichtigen, unter denen die betreffenden Umsätze ausgeführt worden sind (vgl. EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 C-98/98 –Midland Bank–, Slg. 2000, I-4177, Umsatzsteuer-Rundschau –UR– 2000, 342, Rz 20, 25). |
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bb) Das Recht auf Abzug der Steuer für die betreffenden Gegenstände oder Dienstleistungen setzt voraus, dass die für den Bezug dieser Leistungen getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der besteuerten Umsätze gehören. Die Aufwendungen müssen Teil der Kosten der Ausgangsumsätze sein, für die die Gegenstände und Dienstleistungen verwendet werden. Daher müssen die Kostenelemente in der Regel entstanden sein, bevor der Steuerpflichtige die besteuerten Umsätze ausführt, denen sie zuzurechnen sind (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2000, I-4177, UR 2000, 342, Rz 30; Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 582, m.w.N.). |
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cc) Die tatsächliche oder beabsichtigte Verwendung der Gegenstände oder Dienstleistungen bestimmt den Umfang des Vorsteuererstabzugs, zu dem der Steuerpflichtige nach Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG befugt ist, und den Umfang etwaiger Berichtigungen während der darauffolgenden Zeiträume, die unter den Voraussetzungen des Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. des § 15a UStG vorzunehmen sind (vgl. EuGH-Urteile vom 11. Juli 1991 C-97/90 –Lennartz–, Slg. 1991, I-3795, Rz 15; in Slg. 2000, I-4279, BStBl II 2003, 446, Rz 37; BFH-Urteil vom 25. April 2002 V R 58/00, BFHE 200, 434, BStBl II 2003, 435, unter II.1., m.w.N.). |
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2. Nach den vorgenannten Grundsätzen kann der Kläger die Steuern für die bezogenen Sanierungsleistungen nicht als Vorsteuerbeträge abziehen. |
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a) Da das Recht auf Vorsteuerabzug mit dem jeweiligen Leistungsbezug –hier in den Streitjahren 2000 bis 2004– entsteht, und da sich auch der Umfang des Rechts nur nach der im jeweiligen Besteuerungszeitraum des Leistungsbezugs beabsichtigten oder ggf. bereits erfolgten tatsächlichen Verwendung richtet, kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf die steuerpflichtige (§ 9 i.V.m. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) Lieferung des sanierten Betriebsgrundstücks im Jahr 2009 an (vgl. BFH-Urteil in BFHE 194, 522, BStBl II 2003, 430, unter II.1.b aa). |
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b) Der Kläger tätigte nach den Feststellungen des FG, an die der erkennende Senat mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen gebunden ist (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), die Aufwendungen zur Boden- und Grundwassersanierung im Hinblick auf eine beabsichtigte Veräußerung des Grundstücks. Denn wie er dem Konkursgericht bereits mit Schreiben vom 24. Juni 1999 mitgeteilt hatte, war eine freihändige Grundstücksveräußerung aufgrund des Sanierungsbedarfs bislang nicht möglich; mit Hilfe der Sanierungsmaßnahmen sollte der dann zu erwartende Veräußerungserlös nicht nur die bisherigen dinglichen Belastungen und den noch aufzunehmenden Kredit von –zunächst– 1.300.000 DM abdecken, sondern der Masse darüber hinaus ein mindestens sechsstelliger Betrag zufließen. |
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Mit Beginn des Abbruchs der Gebäude im März 2000 führte der Kläger bereits Vertragsverhandlungen mit der KG, die das Grundstück nur umsatzsteuerfrei erwerben wollte. Nachdem sich der Kläger mit Schreiben vom 15. Juni 2000 wegen der Genehmigung einer Kreditaufnahme von weiteren … DM und wegen der Zustimmung zu der beabsichtigten Veräußerung des Betriebsgrundstücks an die KG an das Konkursgericht gewandt hatte, schloss er mit der KG am 20. Juni 2000 einen Kaufvertrag über die umsatzsteuerfreie Veräußerung des Grundstücks zu einem Preis von … DM. Bestandteil des Vertrags war die Verpflichtung des Klägers zur erfolgreichen Grundwassersanierung zunächst bis zum 31. Dezember 2001, bevor diese Frist um ein Jahr verlängert wurde und die KG schließlich am 20. Dezember 2002 vom Vertrag zurücktrat. |
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c) Gegenüber diesem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang der vom Kläger bezogenen Sanierungsleistungen mit der beabsichtigten (steuerfreien) Grundstücksveräußerung tritt der (lediglich mittelbare) Zusammenhang der Boden- und Grundwassersanierung mit den früheren Umsätzen der GmbH (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG; BFH-Urteile in BFHE 182, 432, BStBl II 1997, 552, unter II.1.a; vom 2. September 2010 V R 34/09, BFHE 231, 321, BStBl II 2011, 991, unter II.1.a) zurück (vgl. auch BFH-Entscheidungen in BFH/NV 1998, 1533, unter II.2.; vom 29. Mai 2008 V B 224/07, BFH/NV 2008, 1545, unter II.1.a, b). |
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Die Aufwendungen für die Sanierungsleistungen gehören –entgegen der Wertung des Klägers– jedenfalls im Streitfall nicht zu den Kostenelementen der früheren Ausgangsumsätze der …verarbeitenden GmbH (vgl. dazu EuGH-Urteil in Slg. 2000, I-4177, UR 2000, 342, Rz 31). Denn eine solche Einordnung ließe unberücksichtigt, dass die Aufwendungen erst entstanden sind, nachdem der Betrieb der GmbH eingestellt worden war, und dass der Kläger die streitigen Sanierungsleistungen von Beginn an im Hinblick auf die beabsichtigte (steuerfreie) Grundstücksveräußerung bezogen und sich im Kaufvertrag vom 20. Juni 2000 gegenüber der KG zur Grundwassersanierung und zum Abbruch der Betriebsgebäude verpflichtet hat (vgl. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1545, unter II.1.b). |
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Dieser unmittelbare Zusammenhang zwischen den im Streitfall durchgeführten Sanierungsleistungen (bzw. den dafür aufgewendeten Kosten) und dem beabsichtigten (steuerfreien) Grundstücksverkauf an die KG ergibt sich mit aller Deutlichkeit aus dem Schreiben des Klägers vom 15. Juni 2000 an das Konkursgericht, in dem es u.a. heißt: "Da die Abbruch- und Sanierungskosten jedoch zum Zwecke der Veräußerung des Betriebsgrundstückes aufgewendet werden, lassen die steuerrechtlichen Vorschriften insoweit den Vorsteuerabzug nicht zu". |
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Deshalb ist es entgegen der Ansicht des Klägers unerheblich, ob die GmbH für die Altlastenbeseitigung ggf. hätte Rückstellungen bilden müssen oder gar gebildet hat. |
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d) Eine andere als die Absicht des Klägers, das Grundstück steuerfrei zu liefern, hat das FG den Streitzeitraum 2000 bis 2004 betreffend nicht festgestellt. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. |
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aa) Die Feststellung, ob eine Absicht zur steuerpflichtigen Veräußerung vorlag oder nicht, ist Sache der Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG. Das Revisionsgericht kann die Feststellungen der Tatsacheninstanz nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. Die Schlussfolgerungen des FG haben schon dann Bestand, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind (vgl. BFH-Entscheidungen vom 14. September 1994 IX R 71/93, BFHE 175, 416, BStBl II 1995, 116, zu I. a.E.; vom 9. Oktober 2002 V R 24/99, juris). |
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bb) Die Vorsteuern, die mit vor dem 1. April 2000 bezogenen Abbruch- und Sanierungsleistungen zusammenhingen, stehen nicht im Streit. |
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Angesichts der festgestellten Vertragsverhandlungen des Klägers mit der KG, die in den späteren Vertragsschluss mündeten, ist das FG nachvollziehbar und rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass spätestens mit Beginn des Voranmeldungszeitraums April 2000 die umsatzsteuerfreie Lieferung des Grundstücks beabsichtigt war. Dass der Kläger diese Absicht mit Rücktritt der KG vom Kaufvertrag im Voranmeldungszeitraum Dezember 2002 geändert habe, ist nicht zu erkennen. |
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Der bloße Vortrag des Klägers, er habe nur in der Zeit vom 20. Juni 2000 bis 20. Dezember 2002 das Grundstück umsatzsteuerfrei liefern wollen, im Übrigen habe er bereits aus wirtschaftlichen Gründen und um sich vor etwaigen Schadensersatzansprüchen zu schützen die steuerpflichtige Lieferung beabsichtigt, ist nicht geeignet, eine solche Absicht objektiv zu belegen. Dies gilt zumal vor dem Hintergrund, dass der Kläger im Juli 2003 beim FA eine verbindliche Auskunft darüber beantragt hatte, ob eine steuerfreie Veräußerung des Grundstücks ohne Auswirkung auf den Vorsteuerabzug aus den für das Grundstück getätigten Sanierungsaufwendungen sei. |
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e) Die vorhandene Absicht ist eine innere Tatsache, die nicht rückwirkend wegfällt, wenn sie später aufgegeben wird. Die Aufgabe der Absicht, mit den Eingangsleistungen besteuerte Umsätze auszuführen, und die neue Absicht, sie für steuerfreie Umsätze zu verwenden, führt nicht zum rückwirkenden Wegfall der Entstehung des Anspruchs auf Vorsteuerabzug (BFH-Urteil vom 16. Mai 2002 V R 56/00, BFHE 199, 37, BStBl II 2006, 725, unter II.2.c); entsprechendes gilt auch für den umgekehrten Fall, in dem die Eingangsleistungen zunächst für die Ausführung eines steuerfreien Umsatzes bestimmt waren, später jedoch für die Zwecke einer der Umsatzsteuer unterliegenden Tätigkeit verwendet wurden. |
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Nach diesen Grundsätzen stellt eine in einem Folgezeitraum erfolgte Absichtsänderung keine Tatsache mit steuerlicher Rückwirkung dar, die nach § 164 Abs. 2, § 165 Abs. 2 oder § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung zur Änderung der Steuerfestsetzung für den Besteuerungszeitraum der Entstehung des Vorsteuerabzugs berechtigen könnte. |
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f) Die Frage einer etwaigen Vorsteuerberichtigung stellt sich für den Streitzeitraum, in dem der Kläger die Sanierungsleistungen in der Absicht bezogen hat, eine steuerfreie Grundstückslieferung auszuführen, nicht (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 1991, I-3795, Rz 15). |
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g) Einer Vorlage an den EuGH bedarf es nicht. An der Auslegung des Unionsrechts bestehen keine "vernünftigen Zweifel". Durch die EuGH-Rechtsprechung ist geklärt, dass für das Recht auf Vorsteuerabzug allein der Zeitpunkt des Leistungsbezugs maßgeblich ist und ein etwaiger Anspruch auf Berichtigung nur die nachfolgenden Besteuerungszeiträume betrifft (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 2. Juni 2005 C-378/02 –Waterschap Zeeuws Vlaanderen–, Slg. 2005, I-4685, UR 2005, 437, Rz 37 f., m.w.N.). |
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3. Die vom Kläger gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor. |
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a) Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Mit der Rüge, das FG habe davon ausgehen müssen, dass der Kläger bereits aus wirtschaftlichen Gründen und um sich vor etwaigen Schadensersatzansprüchen zu schützen den steuerpflichtigen Verkauf beabsichtigt habe, hat der Kläger nicht bezeichnet, welche objektiven Belege einer bestimmten Verwendungsabsicht das FG unbeachtet gelassen und welche Beweismittel es nicht ausgeschöpft habe. |
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Im Kern wendet sich der Kläger gegen die Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG, die –wie oben ausgeführt– nicht zu beanstanden ist. |
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b) Eine Überraschungsentscheidung liegt nicht vor. Der Kläger selbst trägt nicht vor, dass das FG seine Entscheidung auf einen Gesichtspunkt gestützt habe, mit dem kein Beteiligter habe rechnen müssen (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 18. September 2009 IV B 140/08, BFH/NV 2010, 220). Im Übrigen kann bei einer Rechtsäußerung nur eines Mitglieds des zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers regelmäßig nicht gefolgert werden, dass die Rechtsfrage eindeutig geklärt sei und der Senat von der Rechtsauffassung nicht abweichen bzw. sie anders beurteilen könnte (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14. April 2011 VI B 120/10, BFH/NV 2011, 1185). |
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