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II. 1. Die Revision ist zulässig. |
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a) Soweit sie durch die KG eingelegt wurde, folgt die Klagebefugnis aus § 48 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wonach zur Vertretung berufene Geschäftsführer Klage gegen einen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erheben können. Hierbei handelt es sich um einen Fall gesetzlicher Prozessstandschaft. Die Personengesellschaft erhebt –ihrerseits vertreten durch ihre Geschäftsführung– als Prozessstandschafterin Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid, der sich inhaltlich nicht an die Gesellschaft, sondern an die Gesellschafter als Subjekte der Einkommensteuer richtet (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 27. Mai 2004 IV R 48/02, BFHE 206, 211, BStBl II 2004, 964; BFH-Beschluss vom 24. Mai 2005 IV B 233/03, BFH/NV 2005, 1831). Daneben können einzelne Gesellschafter unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Nrn. 3 bis 5 FGO klagebefugt sein. |
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b) Auch die von X erhobene Klage war zulässig. |
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Für die Streitjahre 1991 bis 1999 sowie den überwiegenden Teil des Jahres 2000 erhob X als Rechtsnachfolger der ehemaligen Kommanditistin Y Klage. Rechtsnachfolger der Y waren Z und X als Miterben einer Erbengemeinschaft. Nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO kann, wenn zur Vertretung berufene Geschäftsführer oder Klagebevollmächtigte nicht vorhanden sind, jeder Gesellschafter, Gemeinschafter oder Mitberechtigte Klage erheben. Bei einer Erbengemeinschaft ist grundsätzlich kein zur Vertretung berufener Geschäftsführer vorhanden (BFH-Urteil vom 18. Mai 2004 IX R 49/02, BFHE 206, 168, BStBl II 2004, 929; BFH-Beschluss vom 19. Oktober 2009 VIII B 190/08, BFH/NV 2010, 224). Im Streitfall war die Erbengemeinschaft offensichtlich zerstritten und ein Empfangs- oder Klagebevollmächtigter nicht bestellt worden. Entsprechend konnte jeder Miterbe nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO Klage erheben. |
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Betreffend die Zeit nach dem Tod von Y am … Dezember 2000 folgt die Klagebefugnis des X aus § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO. Kommanditanteile sind nach § 177 des Handelsgesetzbuchs (HGB) grundsätzlich vererblich. Mehrere Erben werden allerdings nicht in Erbengemeinschaft Kommanditisten; vielmehr geht der Kommanditanteil auf den einzelnen Erben im Wege der Sonderrechtsnachfolge in der Weise über, dass er entsprechend seiner Erbquote einen Anteil erwirbt (vgl. z.B. Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 30. Mai 2000 1 W 931/99, Der Betrieb 2000, 2011; Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 177 Rz 3). |
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2. Die Revision ist auch begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des FG sowie zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG hat für die Streitjahre zu Unrecht die Änderbarkeit der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der KG nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO verneint. |
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a) Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Das nachträglich, d.h. nach Erlass des Steuerbescheids eintretende Ereignis muss zu einer Änderung des Sachverhalts führen, den die Finanzbehörde bei ihrer Steuerfestsetzung zugrunde gelegt hat. Bei dem Ereignis muss es sich um einen Umstand handeln, den die Finanzbehörde bei der Steuerfestsetzung nicht berücksichtigen konnte, weil er –insbesondere bei einem künftigen Ereignis– noch nicht bekannt oder nicht vorhersehbar war. Die Sachverhaltsbezogenheit dieses Merkmals schließt es somit aus, eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorzunehmen, wenn sich nur die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts geändert hat (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 26. Oktober 1988 II R 55/86, BFHE 154, 493, BStBl II 1989, 75; vom 19. August 1999 IV R 73/98, BFHE 190, 5, BStBl II 2000, 18). Das Ereignis muss sich steuerlich vielmehr für die Vergangenheit mit der Folge auswirken, dass der Steuerbescheid, der vor Eintritt des Ereignisses rechtmäßig war, durch dessen Eintritt rechtswidrig wird (vgl. BFH-Urteil vom 26. Januar 2006 VI R 2/03, BFH/NV 2006, 1045). Zivilgerichtlichen Urteilen kann deshalb Rückwirkung i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zukommen, wenn der Tatbestand, an den ein Steuergesetz anknüpft, rückwirkend verändert wird (BFH-Urteil vom 3. August 1988 I R 115/84, BFH/NV 1989, 482). |
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b) So liegt auch der Streitfall, in welchem die Feststellungsbescheide nach der insoweit maßgeblichen objektiven Sachlage im Zeitpunkt des Ergehens der zivilrechtlichen Urteile zunächst rechtmäßig waren (dazu aa) und nachträglich rechtswidrig wurden (dazu bb). |
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aa) Der Senat kann es offenlassen, ob die Feststellungsbescheide vor dem Ergehen der zivilrechtlichen Urteile mit Blick auf den objektiv zu verteilenden Gewinn deshalb rechtmäßig waren, weil die Gesellschafter nachträglich eine vom Gesellschaftsvertrag vom 1. Januar 1969 abweichende Gewinnverteilung vereinbart haben oder weil sie das wirtschaftliche Ergebnis eines unwirksamen Rechtsgeschäfts i.S. des § 41 Abs. 1 Satz 1 AO eintreten und bestehen ließen. Entsprechend braucht er auch der Frage nicht weiter nachzugehen, ob das FG i.S. des § 118 Abs. 2 FGO bindende Feststellungen dazu getroffen hat, dass keine über die Regelungen des Gesellschaftsvertrags vom 1. Januar 1969 hinausgehenden Vereinbarungen zur Gewinnverteilung zwischen Y und Z getroffen wurden. |
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aaa) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes sind als Einkünfte aus Gewerbebetrieb die Gewinnanteile der Gesellschafter festzustellen. Der Gewinnanteil ist der Anteil am Steuerbilanzgewinn der Gesellschaft, der auf der Grundlage der aus der Handelsbilanz abgeleiteten Steuerbilanz ermittelt und nach dem handelsrechtlichen Gewinnverteilungsschlüssel den Gesellschaftern (Mitunternehmern) zugerechnet wird (vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691; BFH-Urteil vom 29. Mai 2001 VIII R 10/00, BFHE 195, 486, BStBl II 2001, 747). Der handelsrechtlich maßgebliche Gewinnverteilungsschlüssel ergibt sich entweder aus dem Gesetz (vgl. zur KG § 168 Abs. 1 i.V.m. § 121 Abs. 1 und Abs. 2 HGB) oder –wie im Streitfall– aus gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. November 1980 GrS 1/79, BFHE 132, 244, BStBl II 1981, 164). Es ist insoweit zwar richtig, dass im Gesellschaftsvertrag vom 1. Januar 1969 eine Beteiligung der Gesellschafter am Gewinn entsprechend ihren Kapitalanteilen vorgesehen wurde und zusätzlich dem persönlich haftenden Gesellschafter für seine Tätigkeit eine Vergütung zu zahlen war. Für eine über diesen Umfang hinausgehende Zuweisung von Gewinnen an Z könnte allerdings sprechen, dass Y eine von den Regelungen des Gesellschaftsvertrags abweichende Gewinnverteilung bereits seit 1984 geduldet hat. Zwar hat das LG aus diesem Umstand keine einvernehmliche Feststellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses feststellen können, weil der aufgrund des zivilgerichtlichen Beibringungsgrundsatzes beweisbelastete Revisionskläger einen entsprechenden Nachweis schuldig geblieben ist. Unter der Geltung des finanzgerichtlichen Amtsermittlungsgrundsatzes hätte der Senat aber der Frage von Amts wegen weiter nachzugehen, ob Y nicht durch Duldung einer abweichenden Gewinnverteilung konkludent einer solchen Verteilung zugestimmt hat. |
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bbb) Darauf kommt es indessen nicht an, denn selbst wenn keine abweichende Gewinnverteilung vereinbart worden sein und damit Z die Zuweisung zusätzlicher Gewinne alleine veranlasst haben sollte, ergibt sich die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Feststellungsbescheide aus § 41 Abs. 1 Satz 1 AO. Danach bleibt ein unwirksames Rechtsgeschäft für die Besteuerung erheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Die Regelung bringt zum Ausdruck, dass es für Zwecke der Besteuerung auf den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt und nicht auf die zivilrechtliche Wirksamkeit der zugrunde liegenden Vereinbarung ankommt, soweit und solange die Beteiligten aus der anfänglichen oder späteren Unwirksamkeit keine Folgerungen ziehen und das wirtschaftliche Ergebnis eintreten und bestehen lassen, den Vollzug also nicht rückgängig machen (BFH-Urteil vom 10. August 2010 VIII R 44/07, BFH/NV 2011, 20). |
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(1) Im Streitfall waren die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 AO –bezogen auf die Rechtslage bei Erlass der ursprünglichen Gewinnfeststellungsbescheide– erfüllt. Insoweit machen Z und die KG zu Recht geltend, indem Z ein höherer Gewinnanteil zugewiesen worden sei als zunächst vertraglich vereinbart, hätten die Gesellschafter so gehandelt, als hätte eine wirksame geänderte Gewinnverteilungsabrede vorgelegen. Dass dies tatsächlich der Fall war, hat zwar das FG nicht festgestellt, es ergibt sich aber zwingend aus dem Umstand, dass Z durch das LG A zur Zustimmung zu Bilanzfeststellungs- und Gewinnverwendungsbeschlüssen verurteilt und damit im Ergebnis zur Rückzahlung entsprechend überhöhter Gewinnzuweisungen verpflichtet wurde, weil das LG mangels Erweislichkeit einer abweichenden Gewinnverteilungsabrede von der im Gesellschaftsvertrag vom 1. Januar 1969 vereinbarten Gewinnverteilung ausgehen musste. Dies setzt aber notwendig voraus, dass Z zuvor auch wirklich –aus Sicht des LG überhöhte– Gewinne zugewiesen wurden und er die entsprechenden Zahlungen auch erhalten hat. |
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(2) Nichts anderes ergibt sich daraus, dass Z nach den Feststellungen des FG in den Jahresabschlüssen der KG unter Ergebnisverwendung sowie im Rahmen der Kapitalkontenentwicklung die streitige Tätigkeitsvergütung und die weiteren als Vorabgewinn behandelten Beträge zugewiesen wurden und er alleine die entsprechenden Jahresabschlüsse und Steuererklärungen unterschrieben und beim FA eingereicht hat. Der Anwendung des § 41 Abs. 1 Satz 1 AO steht dieser Umstand nicht entgegen. Denn als Mitunternehmerin hatte Y die Möglichkeit, im Rahmen ihrer Kontrollrechte von der Handhabung in den Jahresabschlüssen Kenntnis zu nehmen. Als Kommanditistin standen Y mangels entgegenstehender Regelungen im Gesellschaftsvertrag die Kontrollrechte nach § 166 HGB zu. Diese Rechte vermittelten Mitunternehmerinitiative (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 2. Oktober 1997 IV R 75/96, BFHE 184, 418, BStBl II 1998, 137; vom 21. Juli 2010 IV R 63/07, BFH/NV 2011, 214, m.w.N.) und setzten Y in die Lage, der Ergebnisverwendung zu widersprechen und damit die Wirkung des § 41 Abs. 1 Satz 1 AO nicht eintreten zu lassen. |
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bb) Durch das Einreichen seiner Klage vor dem LG A hat X als Rechtsnachfolger der Y nach außen erkennbar dokumentiert, dass er mit der aus seiner Sicht einseitig von Z vorgenommenen Gewinnverteilung nicht (mehr) einverstanden war. In Bezug auf § 41 Abs. 1 Satz 1 AO hat X damit zugleich zum Ausdruck gebracht, dass er nunmehr aus der anfänglichen oder späteren Unwirksamkeit Folgerungen ziehen und das wirtschaftliche Ergebnis gerade nicht mehr eintreten und bestehen lassen wollte. Dieses faktische Abstandnehmen vom Eintreten- bzw. Bestehenlassen der Folgerungen des tatsächlich realisierten Sachverhalts wirkt jedenfalls dann nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zurück, wenn später durch rechtskräftiges Urteil die Unwirksamkeit des zunächst nach § 41 Abs. 1 Satz 1 AO der Besteuerung zugrunde zu legenden Rechtsgeschäfts bestätigt wird und deshalb der rechtswidrige Zustand nicht mehr fortbesteht. Ob sich eine Rückwirkung über diesen Einzelfall hinaus auch aus § 894 Satz 1 ZPO ergeben könnte, braucht der Senat nicht zu entscheiden. |
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3. Da das FG nach den vorstehenden Ausführungen die vom FA auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO gestützte Änderung der Feststellungsbescheide für die Streitjahre zu Unrecht als rechtswidrig angesehen hat, war sein Urteil aufzuheben und die gegen die Änderung gerichtete Klage abzuweisen. |
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 1 und § 139 Abs. 4 FGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese das Revisionsverfahren durch einen umfangreichen Schriftsatz gefördert und durch Stellung eines Antrags ein Kostenrisiko getragen haben (vgl. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 I R 10/92, BFHE 184, 212, BStBl II 1998, 63). |
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