|
II. Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, die Klägerin hätte die Hälfte des Grundstücks entgeltlich erworben, und verletzt damit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. |
|
|
1. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften bei Grundstücken steuerbar, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Im Streitfall hatte die Klägerin das Grundstück nur zu einem Viertel entgeltlich erworben und deshalb keinen Veräußerungsgewinn realisiert. Ist der Klägerin für den unentgeltlichen Erwerb zu drei Viertel nämlich die –außerhalb der Veräußerungsfrist gelegene– Anschaffung der Rechtsvorgängerin zuzuordnen, steht den Anschaffungskosten für den entgeltlich erworbenen Grundstücksteil von 59.700 EUR lediglich ein Veräußerungspreis von 60.000 EUR gegenüber, so dass sich nach Abzug der Veräußerungskosten kein Gewinn ergibt. |
|
|
Die Klägerin hat das Grundstück aufgrund des testamentarisch eingeräumten Vermächtnisses zu drei Viertel unentgeltlich –und damit nur zu einem Viertel entgeltlich– erworben. |
|
|
a) Der Senat pflichtet dem FG und den Beteiligten dahin bei, dass Rechtsgrundlage für den Erwerb des Grundstücks das testamentarisch eingeräumte Übernahmerecht ist. |
|
|
Wenn die Erblasserin in § 3 des notariellen Testaments der Klägerin das Recht einräumt, das Grundstück zu übernehmen, so ordnet sie ein Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) an. Aufgrund dessen erwirbt die bedachte Klägerin mit dem Tod der Erblasserin eine aufschiebend bedingte Forderung gemäß § 2174 BGB gegen den Beschwerten (hier die Erbengemeinschaft) auf Übertragung des Grundstücks gegen Zahlung des von der Erblasserin festgelegten Preises (vgl. zu Kaufrechtsvermächtnissen eingehend die Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 13. August 2008 II R 7/07, BFHE 222, 71, BStBl II 2008, 982, und vom 8. Oktober 2008 II R 15/07, BFHE 222, 93, BStBl II 2009, 245). Da die Erblasserin der Klägerin als begünstigter Miterbin über ihren Erbteil hinaus etwas zuwenden will (nämlich das gesamte Grundstück zu einem Preis, der unter dem Verkehrswert der Kaufsache liegt; vgl. dazu BFH-Urteil vom 6. Juni 2001 II R 76/99, BFHE 195, 415, BStBl II 2001, 605), erschöpft sich die Regelung nicht in einer Verteilung der Nachlassgegenstände im Rahmen der Erbteile (hier zu je 1/2) und es handelt sich damit nicht um eine Teilungsanordnung (§ 2048 BGB), sondern um ein Vermächtnis (vgl. zur Abgrenzung BFH-Urteil vom 15. März 1994 IX R 84/89, BFH/NV 1994, 847). |
|
|
b) Der Erwerb von Vermögen aufgrund eines Vermächtnisses ist zwar regelmäßig ein unentgeltlicher Vorgang. Etwas anderes gilt indes dann, wenn der Vermächtnisnehmer für den Erwerb des vermachten Gegenstandes eine Gegenleistung erbringen muss (BFH-Urteil vom 13. November 2002 I R 110/00, BFH/NV 2003, 820; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14. März 2006, BStBl I 2006, 253, Tz 63; aus dem Schrifttum vgl. z.B. Reiß in Kirchhof, EStG, 10. Aufl., § 16 Rz 92). So liegt ein in vollem Umfang entgeltliches Geschäft vor, wenn der Vermächtnisnehmer für den Erwerb des vermachten Gegenstandes eine Gegenleistung erbringen muss, deren Wert die vermächtnisweise Zuwendung annähernd ausgleicht (so BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 820). Ist das aber nicht der Fall, muss also der Vermächtnisnehmer den Wert der Zuwendung nicht voll ausgleichen, handelt es sich um ein teilentgeltliches Erwerbsgeschäft, das in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist (vgl. BFH-Urteil vom 31. Mai 2000 IX R 50, 51/97, BFH/NV 2000, 1396; vgl. dazu die h.M. im Schrifttum, z.B. Musil in Herrmann/Heuer/Raupach –HHR–, § 23 EStG Rz 236; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl., § 23 Rz 43; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz 98, jeweils m.w.N.). |
|
|
c) Nur in Bezug auf den entgeltlichen Teil des Erwerbs liegt ein Anschaffungsvorgang vor und erfüllt die bedachte Klägerin mithin die Voraussetzungen eines steuerbaren Veräußerungsgeschäfts. Soweit sie unentgeltlich erworben hat, ist ihr nach § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen. Da der Vermächtnisnehmer nicht Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger des Erblassers ist (BFH-Urteil vom 6. März 1975 IV R 213/71, BFHE 116, 254, BStBl II 1975, 739), ist er Einzelrechtsnachfolger der Erbengemeinschaft, die ihrerseits den Nachlass unentgeltlich erworben und damit nicht angeschafft hat (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 5. Juli 1990 GrS 2/89, BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837; BFH-Beschluss vom 28. Januar 1998 VIII B 9/97, BFH/NV 1998, 959). Selbst wenn die Anschaffung durch den Erblasser gegen die Erbengemeinschaft wirkt (vgl. dazu Wernsmann, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 23 Rz B 81; HHR/Musil, § 23 EStG Rz 236) und die Klägerin nach § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG in diese Position eintritt, ist für eine Veräußerung in laufender Veräußerungsfrist nichts ersichtlich. |
|
|
2. Da das angefochtene Urteil den dargelegten Maßstäben nicht entspricht, ist es aufzuheben. |
|
|
a) Das FG geht unzutreffend davon aus, die Klägerin hätte Anschaffungskosten für die zusätzlich zu ihrem Erbteil erworbene Grundstückshälfte der Schwester getragen. Die Klägerin erwarb aber nicht nur –wie das FG ausführt– in Höhe ihres eigenen Anteils am Grundstückswert unentgeltlich. Vielmehr erwarb die Klägerin durch den Erbfall zunächst nur einen Anteil an der Erbengemeinschaft und eben nicht einen Anteil am Grundbesitz. Hinterlässt ein Erblasser mehrere Erben, so geht sein Vermögen mit seinem Tode im Ganzen auf die Erben über und wird bei ihnen zu gemeinschaftlichem Vermögen (§ 1922 Abs. 1, § 2032 Abs. 1 BGB). Das Grundstück, um das es hier geht, ging also auf die Erbengemeinschaft über. Von dieser erwarb es schließlich die Klägerin, und zwar –wie dargelegt– zu drei Viertel unentgeltlich. Rechtsgrundlage für diesen Erwerb ist das Vorausvermächtnis, mit dem die Erblasserin die Klägerin bedachte und mit dem sie die Erbengemeinschaft, bestehend aus der Klägerin und ihrer Schwester, belastete. In Erfüllung dieses Vermächtnisses gemäß § 2174 BGB kam sodann der Grundstücksübertragungsvertrag vom 17. April 2003 zustande, mit dem die Erbengemeinschaft der Klägerin –in einer mit "Teilerbauseinandersetzung" (§ 2 des Vertrags) überschriebenen Klausel– das Grundstück übertrug. |
|
|
b) Die Klägerin hat mit der Veräußerung des Grundstücks für 240.000 EUR ein nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbares Veräußerungsgeschäft nur insoweit verwirklicht, als sie das Grundstück aufgrund des Grundstücksübertragungsvertrags in Erfüllung des Vermächtnisses entgeltlich erworben hatte. Dies geschah hier in Höhe von 25 %. Denn die Klägerin musste lediglich einen Betrag von 25 % des Verkehrswerts an die Miterbin zahlen. Damit ist den Anschaffungskosten von 59.700 EUR ein anteiliger Veräußerungspreis von 60.000 EUR gegenüberzustellen, so dass sich unter Berücksichtigung von unstreitigen Veräußerungskosten kein Gewinn nach § 23 Abs. 3 EStG ergibt. |
|
|
3. Die Sache ist spruchreif; der Klage ist stattzugeben. Die Klägerin hat nach den tatsächlichen Feststellungen des FG keinen Veräußerungsgewinn erzielt. |
|
|
Ob, wie die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung vorträgt, darüber hinaus ein Verlust entstanden ist, kann offenbleiben, weil sie explizit den Antrag gestellt hat, keine Einkünfte zu berücksichtigen. Der BFH darf nach § 96 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 121 FGO nicht über diesen Antrag hinausgehen. |
|